Drucksache Nr. 1906/2018:
Flughafen Hannover-Langenhagen GmbH (FHG) – Anteilsverkauf 2018

Informationen:

verwandte Drucksachen:

1906/2018 (Originalvorlage)
1982/2018 (Änderungsantrag)

Beratungsverlauf:

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
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1906/2018
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Flughafen Hannover-Langenhagen GmbH (FHG) – Anteilsverkauf 2018

Antrag,

a) von dem Vorkaufsrecht der zum Verkauf stehenden Anteile der Fraport AG Frankfurter Airport Services Worldwide (Fraport) gemäß den gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen keinen Gebrauch zu machen,
b) dem Verkauf der Anteile in Höhe von 30% der Fraport an der FHG an die iCON Flughafen GmbH zuzustimmen und
c) die Stimmführerin/ den Stimmführer in der Gesellschafterversammlung der FHG anzuweisen, den notwendigen Änderungen des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Gender-Aspekte sind bei diesem Sachverhalt nicht relevant.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen auf den Haushalt der Landeshauptstadt Hannover.

Begründung des Antrages

Die Landeshauptstadt Hannover (LHH) ist mit einem Anteil von 35% an der Flughafen Hannover-Langenhagen GmbH (FHG) beteiligt. Weitere Gesellschafter sind die Hannoversche Beteiligungsgesellschaft Niedersachsen mbH, für das Land Niedersachsen, mit einem Anteil von 35% und die Fraport mit einem Anteil von 30%. Dem Gesellschaftsanteil entsprechend werden jeweils 3 Sitze im Aufsichtsrat durch die LHH und das Land Niedersachsen besetzt. Die Fraport besetzt 2 Sitze und die Seite der Arbeitnehmer/ Arbeitnehmerinnen der FHG 4 Sitze.

Fraport beabsichtigt, ihre Anteile für 109,2 Mio. € zu veräußern. Diese Verkaufsabsicht ist den Mitgesellschaftern schriftlich am 28.05.2018 mitgeteilt worden. Damit ist das sogenannte Voranbietungsverfahren gemäß Gesellschaftsvertrag in Kraft getreten. Der Kaufinteressent ist die iCON Flughafen GmbH (iCON), eine mittelbare deutsche Tochtergesellschaft eines Infrastrukturfonds mit Geschäftssitz in Guernsey, der sich auf Investitionen in Europa und Nordamerika fokussiert (siehe Ausführungen unter Kurzvorstellung). Nach einer durchgeführten Risikoprüfung (sog. „Due Diligence“) wurde ein Kaufvertrag zwischen Fraport und iCON unterzeichnet und notariell beurkundet, der den Mitgesellschaftern am 10.08.2018 vorgelegt wurde. Der geplante Anteilsverkauf tritt in Kraft, sobald die Mitgesellschafter von ihrem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch machen -alternativ mit Fristablauf von einem Monat nach Vorlage des Kaufvertrages zzgl. einer weiteren Woche nach Eingang einer zusätzlichen Mitteilung von Fraport- und ihre Zustimmung zur Transaktion erteilen. Das Fristende für die Wahrnehmung des Vorkaufsrechtes ist daher voraussichtlich der 18.09.2018. Die Zustimmung zur Transaktion kann im Falle der Nichtausübung des Vorkaufsrechtes gesichert nicht verweigert werden (siehe Ausführungen unter Voranbietungsverfahren/Vorkaufsrecht).

Durch den geplanten Verkauf der Fraportanteile ist eine Einflussnahme für iCON als neuer Minderheitsgesellschafter aufgrund gesellschaftsrechtlicher Regelungen nur beschränkt möglich (siehe Ausführungen unter gesellschaftsrechtliche Regelungen). Maßgebliche Entscheidungen können unverändert die öffentlich-rechtlichen Anteilseigner Stadt und Land treffen.

Ein Verkauf von Fraport an einen seriösen Investor wie iCON mit Branchenerfahrung, der den Fokus auf die unternehmerische Verantwortung legt und ein passives Beteiligungsmanagement anstrebt, ist aus Sicht der Gesellschafter LHH und Land Niedersachsen positiv zu bewerten. Im Zusammenhang mit der teilprivatisierten Struktur der FHG sind in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht worden.

Nach betriebswirtschaftlichen indikativen Berechnungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ebner Stolz GmbH & Co. KG im Ertragswertverfahren in Anlehnung an die Berechnungsmethodik des IDW S1 Standards „Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen“ übersteigt der Kaufpreis von 109,2 Mio. € für 30% der Anteile den berechneten anteiligen Unternehmenswert deutlich. Haupteinflussfaktoren auf den Unternehmenswert sind neben den Zinssätzen, der Marktrisikoprämie und dem Betafaktor die ewige Rente, die auf der Ergebnissituation in 10 Jahren basiert. Der Unternehmenswertberechnung liegt die aktuelle Planung von der FHG zu Grunde, welche bereits von steigenden Ergebnissen im Planungszeitraum ausgeht.

Da die LHH zum vertraglich vereinbarten Preis von 109,2 Mio. € kaufen müsste, bzw. zur Hälfte dieses Preises für 15% der Anteile, ist ein Anteilskauf der LHH vor dem Hintergrund o.g. Unternehmenswertermittlung betriebswirtschaftlich und haushaltspolitisch als nicht vorteilhaft einzustufen.

Die Verwaltung empfiehlt daher, von dem Vorkaufrecht keinen Gebrauch zu machen, weder für 15%, noch für 30% der Fraportanteile, und dem Verkauf von 30% der Fraportanteile an der FHG an iCON zuzustimmen.









Kurzvorstellung des Kaufinteressenten
iCON Infrastructure LLP (iCON LLP) ist eine unabhängige Investment Management Gesellschaft mit Sitz in London, die u.a. je 100% an vier Fonds-Investment-Management Tochtergesellschaften mit Sitz in Guernsey hält. Die jüngste davon, die iCON Infrastructure Management IV Limited ist hierbei General Partner (Komplementär) der hier kapitalgebenden Fondsgesellschaft iCON Infrastructure Partners IV L.P. (iCON IV), ebenfalls mit Sitz in Guernsey. An dieser Fondsgesellschaft sind 47 große institutionelle Investoren, darunter mehrere große deutsche Pensionskassen und Vermögensverwalter als Limited Partner (Kommanditisten) beteiligt. Das Fondsvolumen beträgt 1,2 Mrd. €, das Investitionsvolumen je Investor max. 75 Mio. Euro. Diese Fondsgesellschaft ist mittelbarer alleiniger Anteilseigner des Kaufinteressenten iCON Flughafen GmbH (iCON) mit Sitz in Deutschland.

Der globale Marktanteil der iCON LLP beträgt rd. 0,5%. Das Geschäftsmodell besteht in Anlagedienstleistungen mit Schwerpunkt auf nationalen Infrastrukturprojekten in den Segmenten Public Services und Transport. Wesentliche Finanzierungsrisiken sind nicht ersichtlich und kritische Vorkommnisse sind nicht bekannt.

Durch die Person des Geschäftsführers von iCON, zugleich Mitglied des Investment Committees von iCON LLP, Herrn Schränkler als ehemaliger Vorsitzender der Geschäftsführung der Hochtief Airport GmbH, ist die Erfahrung mit Flughäfen gegeben.

Es ist von iCON eine Haltedauer an der FHG bis zu 15 Jahre beabsichtigt. Aus der Minderheitsgesellschafterrolle wird von iCON lediglich ein passives Beteiligungsmanagement angestrebt.


Voranbietungsverfahren/ Vorkaufsrecht
Nach § 21 Absatz 1 des Gesellschaftsvertrages der FHG gibt es eine zweiphasige Voranbietungspflicht gegenüber den Mitgesellschaftern. Will Fraport ihren Anteil veräußern, ist sie verpflichtet, den Anteil in der ersten Phase den verbleibenden Gesellschaftern jeweils zur Hälfte schriftlich mit einer Annahmefrist von einem Monat zum Erwerb anzubieten.

Am 28.05.2018 ist bei der Landeshauptstadt Hannover und beim Land Niedersachsen die offizielle Mitteilung zur Verkaufsabsicht der Fraport eingegangen, welche den Startpunkt der ersten Phase des Voranbietungsverfahrens markierte. In dieser Mitteilung wurde ein Kaufpreis von 54,6 Mio. € für 15% der Anteile benannt, zu dem Stadt und Land bei Interesse hätten bis zum 28.06.2018 kaufen können. Sofern mindestens ein Mitgesellschafter in dieser ersten Phase die Annahmefrist zum Erwerb verstreichen lässt, startet nach Mitteilung durch Fraport die zweite ebenfalls einmonatige Phase des Voranbietungsverfahrens. Da sich weder das Land noch die LHH gegenüber Fraport in dieser Phase geäußert haben, hat Fraport die LHH und das Land am 29.06.2018 offiziell über den Start der zweiten Voranbietungsphase informiert.

In dieser zweiten Phase des Voranbietungsverfahrens ist von Fraport zusätzlich der originäre Anteil des verzichtenden Gesellschafters dem jeweils anderen Gesellschafter anzubieten, so dass ein Erwerb von bis zu 30% für Stadt oder Land zu einem Kaufpreis von 109,2 Mio. € möglich gewesen wäre. Für die Wahrnehmung dieses angewachsenen Erwerbsrechtes gilt ebenfalls eine Frist von einem Monat. Die LHH und das Land haben am 30.07.2018 gegenüber Fraport erklärt, im Rahmen der Voranbietungsphase nicht kaufen zu wollen.



Ab diesem Zeitpunkt konnte nun Fraport ihre Anteile einem Dritten zum Kauf anbieten. Für die übrigen Gesellschafter besteht jedoch zuvor gem. § 21 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages ein Vorkaufsrecht der Anteile zu den mit dem Dritten vereinbarten Bedingungen, d.h. insbesondere zum endverhandelten Kaufpreis. Der Veräußerer (Fraport) hat den Inhalt des mit dem Erwerber (iCON) geschlossenen Vertrages unverzüglich den vorkaufsberechtigten Gesellschaftern (LHH und Land) in Form eines notariell beurkundeten Kaufvertrages mitzuteilen. Dieser Kaufvertrag ist bei der LHH am 10.08.2018 eingegangen. Die Frist zur Ausübung der ersten Phase des Vorkaufsrechtes beträgt einen Monat ab Empfang der vertraglichen Bedingungen, also bis zum 10.09.2018.

Sofern mindestens ein Mitgesellschafter auf sein Vorkaufsrecht bis zum Ablauf vorgenannter Frist aktiv verzichtet oder sofern mindestens ein Mitgesellschafter die Annahmefrist verstreichen lässt, startet die zweite Phase des Vorkaufsrechtes nach Mitteilung durch Fraport. In dieser zweiten Phase des Vorkaufsrechtes wird im Falle der Nichtausübung beider Mitgesellschafter im Rahmen der ersten Phase diesen von Fraport jeweils ein angewachsenes Erwerbsrecht für bis zu 30 % der Anteile angeboten.
Die zweite Phase des Vorkaufsrechts beträgt eine Woche ab Mitteilung durch Fraport. Vorausgesetzt, die Mitteilung von Fraport würde zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Fristende der ersten Phase eingehen, wäre das finale Ende des Vorkaufsrechtes am 18.09.2018.

Sollte keiner der Mitgesellschafter bis zum Ablauf vorgenannter Frist sein Vorkaufsrecht bzw. angewachsenes Vorkaufsrecht ausgeübt haben, kann der Anteilsverkauf von Fraport an iCON vollzogen werden. Vorab ist eine Zustimmung der Mitgesellschafter erforderlich.

Nach Kündigung des zwischen den Gesellschaftern abgeschlossenen Konsortialvertrages durch Fraport zum 31.12.2017 können die Gesellschafter ihre Zustimmung, sofern gem. § 21 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages in der Person des Erwerbers ein wichtiger Grund gegeben wäre, zur Veräußerung auf Grund nachvertraglicher Wirkungen von § 5 Ziffer 1 des gekündigten Konsortialvertrages nicht mehr gesichert verweigern. Eine justiziable rechtliche Begründung für das Vorliegen eines wichtigen Grundes wäre ungeachtet dessen ohnehin nur äußerst schwierig zu erbringen.
























Gesellschaftsrechtliche Regelungen
Ein Minderheitsgesellschafter kann nicht eigenmächtig eingreifen, da insbesondere für Beschlüsse über wesentliche Umstrukturierungen, Ausschüttungen, Investitionsmaßnahmen, Veräußerungen von Grundstücken und Beteiligungen, die Unternehmensplanung wie auch für die Besetzung der Geschäftsführung je nach Sachverhalt entweder eine einfache Mehrheit in der Gesellschafterversammlung erforderlich ist, welche unverändert durch öffentlich-rechtliche Gesellschafter gegeben wäre oder eine einfache Mehrheit im Aufsichtsrat erforderlich ist, welche unverändert durch öffentlich-rechtliche Gesellschafter zusammen mit der Arbeitnehmerseite gegeben wäre. Darüber hinaus bestehen keine besonderen Minderheitenschutzrechte für iCON. Es ist zudem auch nicht beabsichtigt, einen Konsortialvertrag zu schließen. Es erfolgt ein Eintritt in die bestehende gesellschaftsvertragliche Situation. Das Procedere zur Ausübung des Vorkaufsrechtes bei einer etwaigen Weiterveräußerung von Anteilen bleibt unverändert.

Somit sind die Einflussmöglichkeiten eines Minderheitsgesellschafters beschränkt. Er verfügt lediglich über folgende Rechte:
• Er könnte eine Satzungsänderung, für die eine ¾ Mehrheit erforderlich ist, verhindern (Sperrminorität), z.B. Kapitalerhöhung.
• Ein mit mindestens 10 % beteiligter Gesellschafter kann unter Angabe des Zwecks die Einberufung von Gesellschafterversammlungen verlangen bzw. bei Verweigerung selbst einladen; für Aufsichtsratssitzungen genügt ein schriftlicher Antrag eines Gesellschafters unter Angabe des Zwecks.
• Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseignerseite können gem. § 103 Abs. 1 Aktiengesetz i.V.m.
§ 1 Abs. 1 Nr. 3 Drittelbeteiligungsgesetz nur mit einer ¾ Mehrheit abberufen werden.
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Hannover / 20.08.2018