Informationsdrucksache Nr. 1862/2014:
Städtische Kooperation mit dem Unterstützerkreis Flüchtlinge

Inhalt der Drucksache:

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1862/2014
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Städtische Kooperation mit dem Unterstützerkreis Flüchtlinge

Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland ist in den ersten 7 Monaten dieses Jahres weiter stark gestiegen: Von Januar bis Juli 2014 wurden beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 77.109 Anträge auf Asyl gestellt, allein im Juli 19.431. Das entspricht einer Steigerung gegenüber dem Vorjahresmonat Juli 2013 um 75,6 % (!) und ist dabei der höchste Monatswert seit Juli 1993.

Das bedeutet, dass Region und Landeshauptstadt Hannover wesentlich mehr Asylbewerberinnen und Asylbewerber aufnehmen müssen, als bisher geplant. Statt der ursprünglichen Zahl von 814 Asylsuchenden werden es nach heutigem Stand voraussichtlich 1.323 Flüchtlinge für die Zeit ab 1.7.2014 bis Juni 2015 sein. Aufgrund der Prognosen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ist die Tendenz weiterhin steigend, so dass auch künftig von einer weiteren Erhöhung der Quote auszugehen ist.

Derzeit sind in städtischen Einrichtungen und Wohnungen rund 1.330 Flüchtlinge untergebracht, zu einem großen Teil in Gemeinschaftsunterkünften. Rund um die bestehenden und neu eingerichteten Flüchtlingswohnheime finden sich erfreulicherweise immer Bürgerinnen und Bürger der Landeshauptstadt, die die Neuankömmlinge beraten und unterstützen.

Der Verein „Unterstützerkreis Flüchtlingsunterkünfte Hannover e.V.“ wurde im April 2013 gegründet. Ziel des Vereins ist es, die Willkommenskultur für Flüchtlinge in Hannover zu fördern und die Flüchtlinge bei einem erfolgreichen Start in Hannover zu unterstützen. Die Hilfe vor Ort umfasst dabei u. a. ganz individuelle, praktische und konkrete Hilfsangebote, z. B. durch persönliche Gespräche, aber auch in enger Zusammenarbeit mit Heimleitung und den in den Unterkünften tätigen Sozialarbeitern. Darüber hinaus sieht der Verein seine Aufgabe auch darin, neue Unterstützerkreise aus dem Umfeld der Nachbarschaft bestehender, aber auch neu entstehender Heime zu initiieren und weiter zu entwickeln sowie bestehende Kreise zu vernetzen.

Die Stadtverwaltung begrüßt diese praktische Umsetzung von Willkommenskultur ganz ausdrücklich und hat daher den Unterstützerkreis Flüchtlinge in den letzten Monaten zu Gesprächen eingeladen. In diesen Gesprächen ist dem Unterstützerkreis und seinen Mitgliedern zunächst der ausdrückliche Dank und die Wertschätzung seitens der Stadt für ihre Initiative und ihre Arbeit als besonders wertvolle Form bürgerschaftlichen Engagements und wichtiger Beitrag zum Bild Hannovers als einer weltoffenen und solidarischen Stadt ausgedrückt worden.

Weiterhin wurde mit dem Unterstützerkreis konkrete Punkte der Zusammenarbeit zwischen ihm und der Stadtverwaltung angesprochen. Dabei hat der Unterstützerkreis Wünsche und Bedarfe aus seiner Sicht geäußert und es sind Umsetzungsmöglichkeiten eruiert worden.

Dies betrifft - als wesentliche Punkte - z. B.:

- Förderung des Arbeitskreises selbst


In den anderthalb Jahren seines Bestehens hat der Flüchtlingsunterstützerkreis eine wichtige politische Aufgabe übernommen. Er steht mit seinen Vorstandsmitgliedern für viele Ebenen als Experten und Diskussionspartner zum Thema Flüchtlinge, Willkommenskultur und ehrenamtliches Engagement zur Verfügung. Da diese Aufgaben neben dem direkten Engagement für die Flüchtlinge gerade in 2014 stark zugenommen haben, hat die Verwaltung in die Wege geleitet, dass im Rahmen einer Kooperation des Flüchtlingsunterstützerkreises mit dem Freiwilligen Zentrum Hannover eine Honorarkraft die Vereinsarbeit in Verwaltungs- und Koordinierungsangelegenheiten unterstützt. Gefördert werden soll diese Kooperation aus Zuwendungsmitteln des Lokalen Integrationsplanes.


Außerdem wurde der Unterstützerkreis ausdrücklich auf die allgemeinen städtischen Möglichkeiten zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements in der LHH aufmerksam gemacht: Durch den Förderfonds können z. B. Formen der Anerkennung wie z.B. Aufwandsentschädigungen, Qualifizierungen , Belobigungen, etc. unterstützt werden. Hier können alle Vereine, Initiativen, Einrichtungen oder Projekte Fördermittel beantragen, die ansonsten für diesen Zweck keine anderen Zuwendungen erhalten. Darüber hinaus besteht durch das Netzwerk Bürgermitwirkung als übergreifender Verbund verschiedener Organisationen und Einrichtungen mit dem Ziel, das bürgerschaftliche Engagement in der Zivilgesellschaft zu stärken und weiter zu entwickeln, somit die Möglichkeit des regelmäßigen Informations- und Erfahrungsaustausches, verfügbare Kompetenzen und Ressourcen aufmerksam zu vernetzen. Der Förderkreis hat diese Möglichkeiten mit Interesse zur Kenntnis genommen.


- Beschäftigungsangebot
Seitens des Unterstützerkreises wurde insbesondere eine - tagesstrukturierende - Beschäftigungschance für Flüchtlinge gewünscht. Wie bereits mit Drucksache-Nr. 1616/2014 berichtet, richtet die Verwaltung dazu zunächst eine Maßnahme auf Basis des § 5 AsylblG zur Beschäftigung von Flüchtlingen ein. Dieses Projekt startet ab 15.09.2014 mit 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern modellhaft für zunächst ein Jahr und sieht auch einen vorbereitenden Sprachkurs vor. Freiwilligkeit soll dabei durchgängiges Prinzip sein. Im Vordergrund der Maßnahme stehen Teilhabe, Abbau von Sprachbarrieren, die Strukturierung des Tagesablaufs und eine gelebte Willkommenskultur. Mit dem Unterstützerkreis Flüchtlinge wurde verabredet, dass von dort aus diese Maßnahme aktiv beworben wird und auch interessierte Flüchtlinge gemeldet werden. Nach Abschluss der Maßnahme wird die Verwaltung eine Auswertung vornehmen und im Rahmen einer Informationsdrucksache berichten.


- Elternarbeit/Kinderbetreuung

In einer Räumlichkeit einer Flüchtlingsunterkunft soll durch die OE 51 ein sog. „Eltern-Café“ als niedrigschwelliges Angebot für Eltern und ihre Kinder angeboten werden, mit dem ihnen Schutz und Hilfe angeboten wird, sich in der neuen Lebenssituation zurechtzufinden. Die Freiwilligkeit der Teilnahme und Einbettung der Angebote in den Familienalltag ist ein Grundprinzip des Angebotes, das regelmäßig stundenweise angeboten wird. Eine verlässliche Betreuung durch feste Ansprechpartner soll dabei sowohl den Bedürfnissen der Kinder als auch ihren Eltern gerecht werden und ein Beitrag zur Integration sein. Angebotsziele sind u.a.: unterstützende, integrative Maßnahmen zum Abbau von Sprachbarrieren sowie positiven Bindungserfahrungen, Möglichkeiten, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, Beratung / Begleitung zu Erziehungsfragen und Bildungssystemen (Kita, Schule) und auch die Vermittlung in weiterführende, professionelle Beratung, ggf. nach Klärung der Aufenthaltssituation.


- Dolmetschereinsatz
Bei Vorsprachen von nicht deutsch sprechenden Flüchtlingen wird zur Vermeidung von Verständigungsschwierigkeiten der Verwaltungsdolmetscherpool von den Sachbearbeitern bereits jetzt häufig in Anspruch genommen. Wunschgemäß wurde mit dem Unterstützerkreis vereinbart, dass dieser bereits bei Terminvereinbarungen auf die Notwendigkeit eines Dolmetschers hinweist, so dass eine/r solche/r zeitnah zur Verfügung stehen kann.
Insgesamt ist gesamtstädtisch zu überprüfen, inwieweit Sprachkompetenzen bei künftigen Stellenausschreibungen konkreter im Anforderungsprofil verdeutlicht werden können.

- Verwaltungspraktikum
Die LHH prüft auf Wunsch des Unterstützerkreises, ob es Möglichkeiten gibt, Flüchtlingen bei Bedarf ein Praktikum anbieten zu können oder sogar eine Ausbildung zu ermöglichen.

- Fahrradgestellung
Mobilität ist für die Flüchtlinge ein wichtiges Thema. Die LHH hat den Wunsch aufgenommen, Fahrräder aus dem Fundus des Fundbüros für die Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen und nach Vermittlung des Unterstützerkreises in die Unterkünfte zu transportieren.

- Verbesserte Erstinformation
Zusätzlich zu bestehenden Angeboten plant die Verwaltung an Standorten der Unterkünfte sogenannte Ankommenskurse mit einem Volumen von ca. 80 bis 100 Stunden durchzuführen, welche die Überführung in reguläre Integrationskurse zum Ziel haben. Die Finanzierung eines solchen Kurses in räumlicher Nähe zum Flüchtlingswohnheim kann aus Mitteln des Lokalen Integrationsplanes realisiert werden.

- Kommunikation
Die Verwaltung wird den Anregungen des Unterstützerkreises folgen und z. B. in Neubauten ausreichend große Gemeinschaftsräume einplanen, die auch für Schulungsmaßnahmen in größeren Gruppen genutzt werden können.

Des Weiteren wird konstruktiv geprüft, welche Möglichkeiten es für die Realisierung von Internetzugängen in den Unterkünften gibt. Bei Neubauvorhaben soll außerdem die Möglichkeit geschaffen werden, in allen Bewohnerzimmern ein TV–Gerät anzuschließen, um Satellitenfernsehen empfangen zu können.

- Nachbetreuung
Für die Nachbetreuung von Flüchtlingen, die aus den Heimen in eigene Wohnungen ziehen, bestehen zahlreiche Angebote der LHH sowie freier Träger, die zum Teil auch von der LHH finanziell gefördert werden. Dennoch greift das Sozialdezernat die Anregung des Unterstützerkreises auf und prüft, ob und inwieweit neben den bestehenden Angeboten unmittelbar bei Auszug in die eigene Wohnung aktiver auf die Betroffenen zugegangen werden kann.
Darüber hinaus wurden in den Treffen diverse Ansprechpartner für verschiedene Fragestellungen innerhalb der Verwaltung konkret benannt, so z. B. für Fragen des Ausländer- und Staatsangehörigenrechts, für Ausbildungsfragen und zum bürgerschaftlichen Engagement.

Die Sozialverwaltung und der Unterstützerkreis Flüchtlinge planen weitere regelmäßige Treffen, um sich zu Fragen konkreter Bedarfe von Flüchtlingen und möglichen Lösungsansätzen zu verständigen und damit Teilhabe und Willkommenskultur zu stärken sowie praktisch wirksam werden zu lassen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die genannten Maßnahmen richten sich gleichermaßen an weibliche und männliche Flüchtlinge sowie deren Kinder.

Kostentabelle

Es entstehen begrenzte finanzielle Auswirkungen, die im Rahmen bestehender Haushaltsmittel abgedeckt werden können.

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Hannover / 04.09.2014