Anfrage Nr. 1780/2019:
Anfrage der Fraktion Die Hannoveraner zu Zwangsverheiratungen von jungen Mädchen in den Heimatländern ihrer Eltern

Inhalt der Drucksache:

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Anfrage der Fraktion Die Hannoveraner zu Zwangsverheiratungen von jungen Mädchen in den Heimatländern ihrer Eltern

Viele Jugendliche mit ausländischen Wurzeln machen in den Sommerferien Urlaub im Heimatland ihrer Eltern. Dies kann für manche von ihnen jedoch fatale Folgen haben:
Lt. Petra Koch-Knöbel, Frauenbeauftragte im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, drohe einigen dort die Zwangsverheiratung.
Auch bei der Frauenrechtsorganisation „Terre des Femmes“ kennt Referentin Myria Böhmecke das Risiko Sommerferien: Oft stiegen kurz vor Ferienbeginn die Anfragen verängstigter Mädchen bei Hilfs- und Beratungsstellen.
„Zwangsverheiratungen in Berlin sind keine Einzelfälle“, betont Böhmecke. Sie drohten Mädchen und jungen Frauen auch bundesweit noch in der zweiten und dritten Migranten-Generation.
Es sei nicht allein ein islamisches Phänomen, sondern liege vor allem an streng patriarchalischen Strukturen in den Familien.
Im November 2018 veröffentlichte der Berliner Arbeitskreis gegen Zwangsverheiratung die jüngsten Zahlen aus einer Umfrage bei rund 1.000 Hilfseinrichtungen und Schulen in der Hauptstadt. Danach gab es 2017 in 570 Fällen Beratungen zum Thema Zwangsehen.
Die meisten Betroffenen waren Mädchen zwischen 16 und 21 Jahren mit arabischen und türkischen Wurzeln. Es gab aber genauso auch Familien aus kurdischen Gebieten, vom Balkan, sowie aus Bulgarien und Rumänien. Es gab jüdische, jesidische und christliche Elternhäuser. 117 Mal wurde eine Zwangsheirat nach der Berliner Umfrage vollzogen, 92 Mal war sie konkret geplant, 113 Mal wurde sie befürchtet.

Da es sich hier um ein bundesweites Problem handelt fragen wir vor diesem Hintergrund die Verwaltung:
1. Wie viele junge Mädchen aus Hannover sind von 2015-2018 nicht aus den Sommerferien
zurückgekehrt, da sie offensichtlich im Heimatland ihrer Eltern gegen ihren Willen
zwangsverheiratet wurden?

2. Welche Beratungsstellen gibt es in der Stadt Hannover, an die sich junge Mädchen wenden können, die eine Zwangsheirat im Heimatland ihrer Eltern befürchten? Und wie wird in solch einem Fall konkret vorgegangen, um den Mädchen zu helfen und um sie vor allem
auch zu schützen? Welche Maßnahmen werden i. d. R. gegen die Personen ergriffen, die die Zwangsheirat geplant haben?
3. Gibt es auch für Hannover Zahlen, wie oft eine Zwangsheirat tatsächlich durchgeführt
wurde, wie oft sie geplant war und wie oft eine solche befürchtet wurde?

Jens Böning
Fraktionsvorsitzender