Drucksache Nr. 1775/2009:

Orientierungswerte zur Berücksichtigung des Bedarfs an Spielflächen für Kinder und Jugendliche im kommunalen Einflussbereich

Informationen:

verwandte Drucksachen:

1775/2009 (Originalvorlage)

Beratungsverlauf:

Nachrichtlich:

  • Stadtbezirksräte 01 - 13

Inhalt der Drucksache:

Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".
Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Stadtentwicklungs- und Bauausschuss
In den Ausschuss für Umweltschutz und Grünflächen
In den Jugendhilfeausschuss
In den Verwaltungsausschuss
An die Stadtbezirksräte 01 - 13 (zur Kenntnis)
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
Zu TOP
 
1775/2009
1
 


Orientierungswerte zur Berücksichtigung des Bedarfs an Spielflächen für Kinder und Jugendliche im kommunalen Einflussbereich

Antrag,

die Orientierungswerte zur Berücksichtigung des Bedarfs an Spielflächen im kommunalen Einflussbereich (Anlage 1 zu dieser Drucksache) als in der Regel anzuwendende Handlungsrichtlinie zu beschließen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die Anwendung der zum Beschluss empfohlenen Orientierungswerte wirkt sich in besonderer Weise positiv auf Familien mit Kindern aus, da sie die stadtweit gleichartige, angemessene Berücksichtigung des Spielbedürfnisses von Kindern unterschiedlichen Alters in der verbindlichen Bauleitplanung der Landeshauptstadt Hannover sowie in den Bauvorhaben privater Investoren regelt.

Kostentabelle

Für den Bau öffentlicher Spielplätze entstehen finanzielle Auswirkungen, die im Zusammenhang mit den Einzelbaumaßnahmen bzw. - sofern erforderlich - im Zusammenhang mit der Aufstellung von Bebauungsplänen ermittelt und dargestellt werden.

Begründung des Antrages:

Der beantragte Beschluss ist erforderlich, um nach der Aufhebung des Niedersächsischen Spielplatzgesetzes (NSpPG) transparente Orientierungswerte zu einer angemessenen Versorgung mit Spielflächen festzulegen. Die zur Orientierung vorgeschlagenen Planungsgrößen sollen im Rahmen der Bebauungsplanung zu einer vorzunehmenden Abwägung beitragen, diese jedoch in keiner Weise im Vorwege beeinflussen.



Das NSpPG wurde mit Wirkung zum 13.12.2008 ersatzlos aufgehoben. In der kontroversen Diskussion im Nds. Landtag setzte sich die Auffassung durch, dass die Bedarfsermittlung und Bereitstellung öffentlichen Spielraumes als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft von den Städten und Gemeinden in eigenem Ermessen zu regeln sei.
Auch für die bisher bei mehr als zwei Wohnungen erforderlichen Kleinkinderspielplätze auf privaten Grundstücken zog sich das Land mit der Aufhebung des Gesetzes aus der Regulierung zurück. Somit bleibt nur die DIN 18034 - Spielplätze und Freiräume zum Spielen als technisches Regelwerk übrig. Diese bietet jedoch keine ausreichende Handreichung für die verbindliche Bauleitplanung.

In der verbindlichen Bauleitplanung sind die sachgerechte Auseinandersetzung mit dem Spielbedürfnis von Kindern sowie die Einstellung der Belange von Familien in die planerische Abwägung weiterhin erforderlich. Mit dem Programm "HannoverplusZehn" hat die Landeshauptstadt Hannover zudem bereits ihre Absicht bekundet, die Bedürfnisse von Familien in der Stadtentwicklung in besonderer Weise zu berücksichtigen. Sie beabsichtigt, die Versorgung von Kindern mit Spielplätzen auch nach Wegfall der landesgesetzlichen Regelung in gleicher Qualität zu erhalten.

Die Festsetzung von öffentlichen Spielplätzen bleibt weiterhin eine Möglichkeit, den Belangen von Kindern und Familien in Verfahren zur verbindlichen Bauleitplanung Rechnung zu tragen. Über das Instrument des städtebaulichen Vertrages besteht zudem die Möglichkeit, die Übernahme von Kosten für die Spielplatzherstellung als angemessene Folgeleistung der Sekundärerschließung zu vereinbaren.

Der Bedarf an privaten Kleinkinderspielplätzen kann über die öffentlichen Spielflächen von der Sache her nur teilweise abgedeckt werden, da diese nicht die enge räumliche Nähe zur Wohnung bieten können, die die Spielbereiche auf dem Grundstück auszeichnet. Hier kann durch fachliche Beratung der Bauherren und der Investoren darauf hingewirkt werden, dass auch für die Kleinsten und deren Betreuungspersonen eine angemessene städtebauliche Qualität erreicht wird. Über städtebauliche Verträge besteht ebenfalls die Möglichkeit, Einfluss auf den Bau und die Gestaltung von Kleinkinderspielflächen auf den privaten Grundstücken zu nehmen.

Um eine stadtweit einheitliche und nachvollziehbare Vorgehensweise zum Thema Spielplätze und bei der Verteilung der entstehenden Lasten zu gewährleisten, hat die Verwaltung die in der Anlage 1 enthaltenen Orientierungswerte zusammengestellt.


Bisherige Bedarfsermittlung
Die Verwaltung hat bei der Planung und dem Bau von Kinderspielplätzen bisher neben dem nun nicht mehr bestehenden NSpPG zusätzlich den Teilplan Spielplätze des Fachprogramms Erholung Freizeit Sport (Landeshauptstadt Hannover, Schriften zur Stadtentwicklung, Band 11, 1980) als fachliche Richtschnur zugrunde gelegt. In diesem Fachplan wurden bereits 1980 die Vorgaben des NSpPG an die Bebauungs- und Bevölkerungssituation in Hannover angepasst.

So war es erforderlich, die an Spielplatzfläche pro zulässiger Geschoßfläche orientierten Werte des NSpPG in Spielplatzfläche pro Einwohnerin und Einwohner (EW) umzuwandeln. Hiermit konnte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass im historischen Wohnungsbestand häufig keine Daten zu Wohnflächen und zulässigen Geschoßflächen vorliegen oder diese nur sehr aufwändig zu ermitteln wären.


Da nach dem NSpPG die Bewohnerinnen und Bewohner verdichteter Gebiete vergleichsweise schlechter gestellt wurden, strebte die hannoversche Berechnung zudem eine mehr am tatsächlichen Bedarf orientierte Verteilung der notwendigen Spielflächen an.

Die Berechnung berücksichtigt nicht nur
  • die Vorgaben des Gesetzes für die Altersgruppe der 6-12jährigen.
Hinzu kommen auch
  • ein Flächenansatz für Kinder und Jugendliche von 13 bis unter 18 Jahren sowie
  • ein anteiliger Ansatz für Kleinkinderspielplätze, soweit private Grundstücksbesitzer den Anforderungen des NSpPG nicht nachkommen konnten.

Somit liegt der nach dem Teilplan Spielplätze ermittelte Bedarf mit 2,55 m²/ EW stets etwas über den bisher nach dem NSpPG erforderlichen Werten.

Um bei der Planung neuer Spielplätze dort zu beginnen, wo aufgrund der Altersstruktur auch der höchste Bedarf zu verzeichnen war, wurde 1980 im Teilplan Spielplätze für jeden Stadtteil zusätzlich das Verhältnis zwischen der vorhandenen Spielplatzfläche und der Zahl der Kinder und Jugendlichen von 6 bis unter 18 Jahren ermittelt. Stadtteile mit besonders hohem Kinderanteil und wenigen Spielplätzen konnten so schneller mit Spielflächen versorgt werden als Stadtteile mit einem höheren Anteil älterer Menschen. Der damals ermittelte stadtweite Wert lag bei 19 m² Spielplatzfläche pro Kind/Jugendliche im Alter von 6 bis unter 18 Jahren.

Im Rahmen der verbindlichen Bauleitplanung wurde bisher zunächst anhand des Richtwertes 2,55 m²/EW ermittelt, welcher Spielflächenbedarf durch die neue Bebauung und deren zukünftige Einwohnerinnen und Einwohner entsteht. In einem zweiten Schritt wurde überprüft, ob dieser Bedarf durch die vorhandenen, in angemessener Entfernung zur neuen Wohnbebauung liegenden Spielangebote bereits gedeckt sei.

Sofern dies nicht der Fall war, wurde von der Verwaltung ein Standortvorschlag für einen neuen Spielplatz in das Bebauungsplanverfahren integriert. Der neue Spielplatz wurde nach fachlichen Kriterien hinsichtlich Mindestgröße, Ausstattung und Erreichbarkeit geplant. Wenn dabei mehr Spielfläche entstand, als durch den auslösenden Bebauungswunsch rechnerisch benötigt wurde, konnte der „Überhang“ späteren Bebauungsplänen zugute kommen. Diese Praxis führte zum heutigen Versorgungsgrad.

Weiterhin wurde sichergestellt, dass auch die Anforderungen des NSpPG mit der aktuellen Planung erfüllt werden konnten. Dies wurde in der Begründung zum Bebauungsplan dargelegt.

Für die privaten Spielplätze wurde der Bedarf anhand der Vorgaben des NSpPG ermittelt und im Rahmen der Bauordnung umgesetzt.

Bestand öffentlicher Spielplätze
Die Landeshauptstadt Hannover verfügt derzeit über 436 Spielplätze, 9 Spielparks und 144 Bolzplätze. Hinzu kommen außerhalb der Unterrichtszeit geöffnete Schulhöfe, Spielstraßen und weitere Angebote. Entsprechend dem Programm HannoverplusZehn - Pluspunkt 4.4 (Hannover schafft familienfreundliches Wohnen – schöne Spielplätze) gibt es in jedem Stadtteil einen größeren, besonders gut ausgestatteten und viele Funktionen bietenden Stadtteilspielplatz. Spielplätze mittlerer (Geräte-) Ausstattung und Naturspielplätze, bei denen überwiegend kostengünstige natürliche Materialen (Natursteine, Baumstämme etc.) zur Erneuerung verwendet wurden, vervollständigen das Angebot.

Wie nicht anders zu erwarten, sind insbesondere die zentrumsnahen Stadtteile tendenziell geringer mit öffentlichen Spielplätzen versorgt. Hier gibt es durch den vorhandenen baulichen Bestand zudem geringere Möglichkeiten, die bespielbare Fläche zu vergrößern.

Erfreulich ist der vergleichsweise gute Versorgungsgrad in verdichteten Stadtteilen, deren Infrastruktur in den letzten Jahren im Rahmen umfassender Programme beleuchtet und planerisch aufgewertet wurde, z.B. in der Nordstadt, im Sahlkamp und in Vahrenheide.

Zu dem aktuellen Bestand privater Spielplätze liegen der Verwaltung keine gesicherten Daten vor.

Interkommunaler Vergleich
Die Verwaltung hat Angaben zu Planungsrichtwerten für öffentliche Spielplatzflächen in anderen Städten recherchiert und verglichen. Standard ist der Bezug auf Einwohnerzahlen, wie im hannoverschen Berechnungsmodell, es werden jedoch unterschiedliche Flächenansätze pro Einwohnerin und Einwohner verwendet.

Stadt
Planungsrichtwert
öffentliche Spielplätze
(Spielplatzfläche in m²/Einwohner)
Millionenstädte

Berlin
1
Hamburg
1,5
Großstädte

Bremen
3
Düsseldorf
4
Nürnberg
3,4
Hannover
2,55


Im Vergleich zu den Millionenstädten Hamburg und Berlin liegt der hannoversche Planungsrichtwert etwas höher, im Vergleich mit Großstädten ähnlicher Gesamtbevölkerungszahl liegt er jedoch eher niedrig. Nürnberg hat seinen Planungsrichtwert erst im Jahr 2002 von 2 m²/EW auf 3,4 m²/EW erhöht. Unstrittig ist, dass diese Planungsrichtwerte in der Umsetzung auch in den genannten Städten noch nicht vollständig erreicht wurden.

Zu der Versorgung mit privaten Spielplätzen in anderen Städten liegen ebenfalls keine gesicherten Daten vor.

Handlungsempfehlung

Die Verwaltung schlägt vor, das bisherige, auch im Vergleich mit anderen Städten angemessene Verfahren zur Bedarfsberechnung für öffentliche Spielplätze beizubehalten, da sich dies seit 1980 in der Praxis bewährt hat und geeignet ist, die Versorgung von Kindern mit Spielplätzen auch nach Wegfall der landesgesetzlichen Regelung in gleicher Qualität zu erhalten.



Für eine weiterhin ausreichende wohnungsnahe Versorgung mit privaten Kleinkinderspielplätzen schlägt die Verwaltung vor, die fachliche Beratung privater Bauherren zu verstärken und im Einzelfall eine privatvertragliche Regelung anzustreben
61.15 
Hannover / 21.08.2009