Antrag Nr. 1738/2021:
Gemeinsamer Antrag von SPD-Fraktion, CDU-Fraktion, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Gruppe Linke & Piraten, FDP-Fraktion und Fraktion Die FRAKTION zur Stärkung des Kommunalen Präventionsrates

Informationen:

verwandte Drucksachen:

1738/2021 (Originalvorlage)

Beratungsverlauf:

Antragsteller(in):

Gemeinsamer Antrag von SPD-Fraktion, CDU-Fraktion, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Gruppe Linke & Piraten, FDP-Fraktion und Fraktion Die FRAKTION

Inhalt der Drucksache:

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Gemeinsamer Antrag von SPD-Fraktion, CDU-Fraktion, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Gruppe Linke & Piraten, FDP-Fraktion und Fraktion Die FRAKTION zur Stärkung des Kommunalen Präventionsrates

Antrag

  • Der Rat und die Verwaltung der Landeshauptstadt Hannover nehmen für sich an, im alltäglichen Handeln, bei der Entwicklung insbesondere von sozial-, bildungs-, ordnungspolitischen und städtebaulichen Konzepten sowie der Erstellung von Anträgen und Drucksachen präventive Aspekte für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum und urbaner Sicherheit zu berücksichtigen.
  • Rat und Verwaltung sollten bei Bedarf die Expertise des Kommunalen Präventionsrates (KPR) einholen.
  • Die Dezernatsvertreter*innen und Fachbereiche, die mit Präventionsthemen befasst sind, nehmen bei Bedarf des KPR an den Sitzungen teil.
  • In einem Jahresbericht wird der Rat künftig durch eine Informationsdrucksache über Schwerpunktthemen, Aktionen und Projekte des KPR unterrichtet

Diese Maßnahmen sollen zusätzlich zu der besseren Finanzausstattung (DS H- 0427/2021) zu mehr Sichtbarkeit und einer Stärkung des KPR führen. Darüber hinaus wird für das Verwaltungshandeln in die Allgemeine Dienstanweisung 02/23 folgender Abschnitt nebst Anlage zur Erläuterung (siehe Anlage 1 zum Beschluss) eingefügt:

„In Drucksachen, die Auswirkungen auf das sichere Zusammenleben haben, müssen präventive Aspekte für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum berücksichtigt werden, dabei liegt der Fokus auf der individuellen Sicherheit und angstfreien Nutzung des öffentlichen Raums. Neubau und Bestand sind in allen Phasen des Planungsprozesses unter Berücksichtigung dieser Aspekte zu begleiten, um Nutzungskonflikte, die Entstehung von Angsträumen und Verwahrlosung langfristig zu vermeiden. Impulse der Lebensqualität erfordern die Berücksichtigung der subjektiven und objektiven Sicherheit. Dazu kann auf die Expertise des Kommunalen Präventionsrates und seiner Netzwerkpartner*innen zurückgegriffen werden. (siehe Anlage zu ADA 02/23 Erläuterungen zur Berücksichtigung urbaner Sicherheit sowie präventiver Aspekte im öffentlichen Raum).“

Begründung


Der Kommunale Präventionsrat der Landeshauptstadt Hannover (KPR) bietet seit seiner Gründung 1995 eine Plattform für die Auseinandersetzung mit aktuellen präventionsrelevanten Themen, um gemeinsam Lösungen, Impulse und Handlungsschritte zu koordinieren. Ein Schwerpunkt liegt hier auf der Berücksichtigung urbaner Sicherheit sowie präventiver Aspekte im öffentlichen Raum.

Es ist Aufgabe des KPR, frühzeitig Probleme und Gefährdungspotenziale zu erkennen und sich mit diesen auseinander zu setzen und Handlungsempfehlungen zu entwickeln. Er soll die mit dem Thema Prävention Befassten der Stadt vernetzen und dadurch eine effektive Präventionsarbeit ermöglichen. Dabei steht die Bündelung vorhandener Kapazitäten und eine gemeinsame Abstimmung im Vordergrund.

Im Rahmen der Zusammenarbeit werden Themen, Lagebilder und Lösungsansätze diskutiert und unter präventiven Gesichtspunkten bewertet, um entsprechende Zielsetzungen zu definieren und die weitere Bearbeitung der Themen zu koordinieren.

Der KPR leistet mit seinem Sachverstand und seiner Expertise einen wichtigen Beitrag zur Prävention in der Landeshauptstadt Hannover.

Der KPR hat sich 2020 in einem Organisations- und Weiterentwicklungsprozess intensiv mit seiner zukünftigen Rolle, Organisation, inhaltlicher Themensetzung und Öffentlichkeitsarbeit auseinandergesetzt. Ziel des Prozesses war, einen stärkeren Fokus auf alle Facetten urbaner Sicherheit sowie präventiver Aspekte zu legen, die Praxisnähe der Präventionsarbeit zu stärken, Empfehlungen für Politik, Verwaltung und Kooperationspartner*innen zu erarbeiten und eine stärkere und öffentlichkeitswirksamere Positionierung in der Präventionslandschaft sowie der Stadtgesellschaft Hannovers zu erreichen.

Mit der Drucksache Nr. 2346/2017 (Änderungsantrag zu Drucksache Nr. 1611/2017 Sicherheit und Ordnung im Öffentlichen Raum) hatte der Rat seinerzeit einleitend festgestellt, dass Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum in Hannover stets unter die Vorgabe einer toleranten und weltoffenen Stadt zu stellen seien. Der öffentliche Raum solle so gestaltet werden, dass sich dort alle wohlfühlen könnten, unabhängig von Geschlecht, Alter oder Herkunft. Im Sinne städtebaulicher Prävention sei die Entstehung von Angsträumen vermeiden. Hierbei sei das Sicherheitsgefühl von Frauen gesondert zu berücksichtigen. An Orten, wo das Sicherheitsempfinden eingeschränkt zu sein scheine, solle durch geeignete Maßnahmen, wie z.B. eine bessere Beleuchtung, die Schaffung von Sichtverbindungen sowie verbesserte Wegebeschilderung das Sicherheitsgefühl erhöht werden.

Die Evaluation der Arbeit verschiedener Präventionsräte deutscher Kommunen hat ergeben, dass die Unterstützung von Prävention und verbesserter urbaner Sicherheit durch die Verwaltungen und Räte für eine erfolgreiche Präventionsarbeit unerlässlich ist. Dabei spielen natürlich die Perspektiven anderer Fachbereiche ebenfalls eine große Rolle, denn für eine verbesserte urbane Sicherheit müssen Themen multidimensional betrachtet werden.

Die letzten Sicherheitsberichte der Polizei weisen darauf hin, dass die Sicherheit im öffentlichen Raum weiterhin sinkend ist, im Gegensatz dazu jedoch die Fälle der häuslichen Gewalt steigen. Auch hier verfügt der KPR über Expertise, die noch mehr als bisher in den Gremien gehört werden sollte.

Deshalb ist sowohl das Bekenntnis des Rates als auch der Verwaltung notwendig, sich in der kommunalpolitischen Arbeit stärker als bisher präventiven Aspekten für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum und der Beurteilung urbaner Sicherheit zu widmen, und - im Falle des Verwaltungshandeln - die Berücksichtigung präventiver Aspekte für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum und urbaner Sicherheit in der ADA zu fixieren.

Anlage 1:

Anlage zur ADA 02/23 – Erläuterungen zur Berücksichtigung urbaner Sicherheit sowie präventiver Aspekte im öffentlichen Raum

Die folgenden Erläuterungen dienen der Orientierung und Verdeutlichung der in der ADA 02/23 genannten Aspekte und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

1. Präventive Aspekte für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum

- Prävention: Vorbeugung von rechtswidrigen Taten für ein sicheres Miteinander. Bsp.: Vorbeugung von Sachbeschädigung, Diebstahl, Körperverletzung

- Sicherheit im öffentlichen Raum: heterogene Inanspruchnahme durch verschiedene Menschen unterschiedlichster Nutzungen und Bedürfnisse und damit einhergehendes erhöhtes Konfliktpotenzial.

2. Phasen des Planungsprozesses

- Sicherheitsaspekte sollten frühzeitig in die Planungsprozesse eingebracht werden, d.h. möglichst im Vorfeld der öffentlichen Rechtsplanung z. B. im Zuge von Stadtentwicklungsprozessen1

- Gemischte Nutzungen sowie Belebung und Überschaubarkeit des öffentlichen Raumes fördern die Sicherheit im Quartier

- Förderung der Verantwortung der Menschen für den Raum durch entsprechende bauliche Maßnahmen stärkt die „natürliche soziale Kontrolle“

- Schutz durch Nutzungsverantwortung nach Abschluss des Bauprozesses (Nutzungsmanagement, bspw. Reinigung und Instandhaltung)2

- Sicherheit kann sowohl durch die baulich-präventive Gestaltung als auch durch die Stärkung der Interaktionen und Beziehungen unter der Bevölkerung gefördert werden3

3. Nutzungskonflikte, Angsträume, Verwahrlosung

- Stärkung des Sicherheitsempfindens durch bauliche Faktoren wie Übersichtlichkeit, bedarfsgerechte Ausstattungen für verschiedene Nutzergruppen und ausreichende Beleuchtung, Trennung und/oder Kombination von Nutz-, Spiel-, Aufenthalts- und Rückzugsflächen4

- Bedarfsorientierte Einbeziehung der potenziellen Nutzungsgruppen in die Planung und Gestaltung der öffentlichen Räume für ein größeres Verantwortungsbewusstsein der Nutzer*innen und zur Identifikation mit dem neu entstehenden Umfeld

- Erhöhung des Schutzes vor Verwahrlosung durch städtebauliche, architektonische Gestaltung und technische Ausstattung (Lesbarkeit und Orientierung, Robustheit der Ausstattung und technischen Sicherung), Management (Kooperation in der Nachbarschaft und mit Institutionen), Nutzungsverantwortung (Beteiligung der Nutzer*innen, Anstoßen von Eigenverantwortung)5

4. Subjektive und objektive Sicherheit

- Kriminalprävention unterscheidet zwischen objektiver und subjektiver Sicherheit

- Objektive Sicherheit meint die tatsächlich vorhandene Kriminalität, Indikatoren können bspw. polizeiliche Kriminalstatistiken und Dunkelfeldstudien sein

- Subjektive Sicherheit meint das gefühlte Sicherheitsempfinden, welches sich nach der Kriminalitätsfurcht der/des Einzelnen richtet und auch auf eigenen Erfahrungen beruht

5. Kommunaler Präventionsrat und Netzwerkpartner*innen

Der Kommunale Präventionsrat der Landeshauptstadt Hannover bietet eine Plattform für die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen der Prävention und urbanen Sicherheit, um gemeinsam mit Präventionsschaffenden unterschiedlicher Blickrichtungen und Herangehensweisen Lösungen, Impulse und Handlungsschritte zu koordinieren. Er ist gehalten, frühzeitig Probleme und Gefährdungspotenziale zu erkennen und sich mit diesen auseinander zu setzen. Der KPR hat die Aufgabe daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten, die sich an unterschiedliche Adressaten richten können. Der KPR leistet mit seinem Sachverstand und seiner Expertise einen Beitrag zur urbanen Sicherheit und Prävention in der Landeshauptstadt Hannover.

Der Kommunale Präventionsrat der Landeshauptstadt Hannover setzt sich zusammen aus den mit dem Thema Prävention befassten Behörden, aus Vertreter*innen der Ratsfraktionen und Organisationen, die einen besonderen Präventionsbezug aufweisen.

Die Geschäftsstelle des Kommunalen Präventionsrates finden Sie unter: www.kpr-hannover.de

Netzwerkpartner*innen sind:


Deutsch-Europäisches Forum für Urbane Sicherheit e.V. (DEFUS): https://www.defus.de

Fußnoten:

1) vgl. Ratgeber zur Formulierung von Stellungnahmen – Kriminalprävention durch Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten in der Bauleitplanung LKA Niedersachsen Mai 2020, S. 1.

2) vgl. SICHERE RÄUME Arbeitshilfe für die Planung und Bewertung öffentlicher Räume unter Sicherheitsaspekten, Sicherheitspartnerschaft im Städtebau in Niedersachsen S. 9.

3) vgl. Ratgeber zur Formulierung von Stellungnahmen – Kriminalprävention durch Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten in der Bauleitplanung LKA Niedersachsen Mai 2020, S. 33.

4) vgl. Ratgeber zur Formulierung von Stellungnahmen – Kriminalprävention durch Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten in der Bauleitplanung LKA Niedersachsen Mai 2020, S. 38.

5) vgl. SICHERE RÄUME Arbeitshilfe für die Planung und Bewertung öffentlicher Räume unter Sicherheitsaspekten, Sicherheitspartnerschaft im Städtebau in Niedersachsen S. 9.