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Die mit der Fortschreibung des Wohnkonzeptes verfolgten Ziele wirken sich in gleicher Weise auf Männer und Frauen bzw. auf alle gesellschaftlichen Gruppen aus. Ferner ist damit eine geschlechtsbezogene bzw. gruppenbezogene Bevorzugung oder Benachteiligung nicht verbunden.
Die Klimawirkungsprüfung ergab keine Auswirkungen.
Mit dem Wohnkonzept für sich entstehen keine finanziellen Auswirkungen. Die Umsetzung der vorgeschlagenen Ziele und Maßnahmen erfolgt im Rahmen der dafür vorgesehenen Haushaltsmittel.
1. ANLASS FÜR DIE FORTSCHREIBUNG DES WOHNKONZEPTES
2011 bis 2013 wurde im Dialog mit maßgeblichen Akteur*innen des hannoverschen Wohnungsmarktes und begleitet durch das Unternehmen GEWOS das Wohnkonzept 2025 der LH Hannover entwickelt, welches seit dem Ratsbeschluss im April 2013 die Grundlage für die strategische Bearbeitung des Themas Wohnen darstellt.
Das Programm fußt auf der Prognose der Wohnungsnachfrage bis 2025, einer Bewertung des Flächenangebotes für Wohnungsneubau in seinen Quantitäten und Qualitäten, sowie einer Beurteilung von Angebot und Nachfrage vor dem Hintergrund bekannter gesellschaftlicher und weiterer Trends. Daraus abgeleitet ergaben sich Handlungsempfehlungen in vier strategischen Ansätzen:
- Intensivierung des Wohnungsneubaus
- Weiterentwicklung des Wohnungsbestandes
- Sicherung und Schaffung von preiswertem Wohnraum sowie
- Stärkung von Kommunikation, Kooperation und Beratung.
Mithilfe des Wohnkonzeptes und der Wohnungsbauoffensive (letztere seit 2016) konnten auf dem hannoverschen Wohnungsmarkt deutliche Verbesserungen erzielt werden: Der Wohnungsneubau stieg deutlich auf durchschnittlich 1.200 Wohneinheiten pro Jahr, auch die Zahl der geschaffenen Baurechte und der Baugenehmigungen lag erheblich höher als in den Jahren zuvor.
Die Situation auf dem Wohnungsmarkt stellt trotz der genannten Erfolge weiterhin große Herausforderungen. Eine Ursache ist die hohe Nachfrage nach Wohnraum durch das starke Bevölkerungswachstum der Landeshauptstadt Hannover seit 2011 im Zuge internationaler Zuwanderung (zuletzt 2022 starker Zuzug aus der Ukraine). Hinzu kommen Herausforderungen für die Entwicklung des Wohnungsmarktes, die sich insbesondere aus der Alterung der Bevölkerung, aus der Einkommensentwicklung großer Teile der Bevölkerung und aus den Notwendigkeiten der Anpassung an den Klimawandel ergeben. Auch stark gestiegene Bau- und Energiekosten, Fachkräftemangel und eine drastische Verteuerung der Baufinanzierung führen zu einer Verunsicherung auf dem Markt und machen Anpassungen in der wohnungspolitischen Strategie der LH Hannover für den Zeitraum bis 2035 erforderlich.
Zur fachlichen Bewertung der wohnungspolitischen Ansätze und der Möglichkeiten, die für eine Fortschreibung des Wohnkonzeptes zur Verfügung stehen, wurden verwaltungsintern zwei fachbereichsübergreifende Workshops und auf dieser Grundlage zwei Gespräche mit Politiker*innen des Stadtentwicklungs- und Bauausschusses durchgeführt. Diese Drucksache fußt auf den Ergebnissen des verwaltungsinternen Austauschs und der in der Diskussion erfolgten Vereinbarungen mit der Politik. Der Beschluss der Fortschreibung des Wohnkonzeptes mit den aufgeführten Zielsetzungen und strategischen Ansätzen der hannoverschen Wohnungspolitik sowie der Instrumente und deren Umsetzung sichert die Fortsetzung der erfolgreichen Wohnungspolitik der letzten Jahre in der Landeshauptstadt.
2. WOHNUNGSMARKT HANNOVER - AKTUELLE ENTWICKLUNGEN VON ANGEBOT UND NACHFRAGE
Wohnungsbestand, Baufertigstellungen und Wohnraumförderung
Die Stadt Hannover weist einen Wohnungsbestand von aktuell ca. 300.000 Wohnungen auf, davon 84 Prozent in Mehrfamilienhäusern und 16 Prozent in Ein- und Zweifamilienhäusern. Drei Viertel der Einwohnenden wohnen zur Miete.
In der bisherigen Laufzeit des Wohnkonzeptes – und hier insbesondere seit 2016, der Gründung der hannoverschen Wohnungsbauoffensive als lokales Bündnis für Wohnen – konnte das Baugeschehen deutlich auf durchschnittlich 1.200 Wohneinheiten pro Jahr gesteigert werden. Dazu wurden seit 2013 bis 2022 jährlich ca. 1.500 Baurechte geschaffen und durchschnittlich Genehmigungen für 2.400 Wohnungen erteilt, erheblich mehr als in den Jahren zuvor.
Die städtische Zielsetzung, trotz der widrigen Rahmenbedingungen preiswerten Wohnraum zu schaffen, wurde durch das kommunale Wohnraumförderprogramm seit 2013 bis März 2023 mit insgesamt 1.346 weitgehend fertiggestellten, geförderten Wohnungen, davon 765 mit Belegrecht verfolgt. Weitere 936 geförderte Wohnungen, davon 406 mit Belegrecht befinden sich im Bau.
Wohnungsangebot bleibt knapp
Bundesweit ist die Zahl der leerstehenden Wohnungen regional sehr unterschiedlich verteilt: So fällt der Wohnungsleerstand in ländlichen Regionen oft höher aus als in städtischen Regionen. In den meisten Städten nimmt der Wohnungsleerstand seit rund einer Dekade sogar kontinuierlich ab. Auch in Hannover zeigt sich dieser Trend, der bundesweit in allen deutschen Ballungsräumen zu beobachten ist: 2011 betrug der Wohnungsleerstand in der niedersächsischen Landeshauptstadt 2,9 Prozent (knapp 8.300 Wohnungen). 2015 und 2016 fällt der Anteil leerstehender Wohnungen auf einen Tiefstwert von 1,6 Prozent (knapp 4.300 Wohnungen). Seit 2017 (1,8 Prozent) steigt der Wohnungsleerstand wieder leicht, erreicht in 2020 und 2021 – geprägt auch von den Auswirkungen durch Corona – erstmals wieder 2,0 Prozent (ca. 5.100 Wohnungen). 2022 klettert der Wohnungsleerstand erneut auf nunmehr 2,3 Prozent (knapp 6.700 Wohnungen). Diese Entwicklung darf nicht als Entspannung missinterpretiert werden. Eine Leerstandsquote von 3 Prozent wird als für einen funktionierenden Mietwohnungsmarkt notwendige Wohnungswechselreserve vorausgesetzt. Wird dieser Wert unterschritten, funktioniert der Wohnungswechsel nur noch dadurch, dass die Mieter*innen für die Zeit des Wohnungswechsels zwei Mieten zahlen.
Es ist möglich, dass in Zeiten von sich verzögernden Modernisierungen oder Fertigstellungen sowie der Miet- und Immobilienpreisentwicklung Wohnungswechsel länger dauern werden. Dies dokumentiert auch die abnehmende Umzugsintensität innerhalb der Stadt: 2001 zog noch etwa jede*r zehnte Bewohner*in innerhalb der Stadt Hannover um, 2021 ist es in etwa nur noch jede*r sechzehnte.
Bevölkerungs- und Haushaltszahlen steigen
Seit 2011 ist die Bevölkerung der LH Hannover deutlich gewachsen und damit die Nachfrage nach Wohnraum. In den letzten zehn Jahren von 2013 bis 2022 wuchs die Zahl der Einwohnenden laut Melderegister um 33.200 (+6,4 Prozent). Neben internationaler Zuwanderung sind vor allem der Syrien- und zuletzt der Ukrainekrieg ursächlich, der zu einer ungewöhnlich hohen Zuwanderung 2022 geführt hat. Die aktuell gerechnete verwaltungsinterne Bevölkerungsprognose erwartet bis Anfang 2035 ein weiteres, wenn auch verhältnismäßig leichtes Wachstum der Bevölkerungszahl. Entscheidend für den Wohnungsmarkt ist aber die Entwicklung der Haushalte als Nachfragende von Wohnraum in Hannover. Die aktuelle Haushalteprognose geht von einem Anstieg der Zahl der Haushalte um 6.400 (+2,1 Prozent) zwischen 2022 und 2035 aus. Dies entspricht im Schnitt plus 490 Haushalte pro Jahr.
Positive Wanderungsbilanz
Da die natürliche Bevölkerungsentwicklung durch Geburten und Sterbefälle in Hannover seit Jahren recht ausgeglichen ist, sind die räumlichen Bevölkerungsbewegungen prägend für die Einwohner*innenentwicklung der letzten Jahre. Die Landeshauptstadt Hannover hat insgesamt eine positive Wanderungsbilanz zu verzeichnen, insbesondere beim Zuzug aus dem übrigen Niedersachsen außerhalb der Region Hannover und aus dem Ausland. Die quantitativ wichtigste Zuwanderungsgruppe sind die 18- bis 29-Jährigen. Diese Entwicklung hat nicht nur Einfluss auf die Quantität, sondern ebenso auf die Struktur der Wohnungsnachfrage. Junge Menschen fragen beispielsweise eher kleinere und preiswertere Wohnungen nach, mittlere Altersgruppen interessieren sich verstärkt für Wohneigentum und für größere Wohnungen, in denen Kinder aufwachsen können.
Demografischer Wandel
Der demografische Wandel zeigt sich auch in der Stadt Hannover neben der Internationalisierung der Bevölkerung an der Alterung der Bevölkerung: Insbesondere die große Gruppe der Baby-Boomer ist dafür verantwortlich, dass eine hohe Zahl von Personen ins Senior*innenalter hineinwächst. Das in den letzten Jahren recht konstante Durchschnittsalter der Hannoveraner*innen durch die hohe Zuwanderung vor allem junger Erwachsener ändert daran nichts.
Diese Entwicklung birgt den Bedarf von anders geplanten Wohnräumen für selbstbestimmte Wohn- und Lebensformen im Alter und bei Behinderung, aber auch von öffentlichen Räumen und von Infrastrukturanpassungen für barrierefreie Bedürfnisse. Während die Mehrzahl der privaten Bestandsgebäude bislang eher nicht dem Anspruch der Barrierefreiheit entsprechen, haben die Wohnungsgesellschaften und Baugenossenschaften in den letzten Jahren in ihren Beständen große Anstrengungen unternommen, um entsprechende Angebote zu schaffen. Im Neubau ist Barrierefreiheit mittlerweile vorgeschrieben, so dass sich hieraus die größten Effekte diesbezüglich für den Wohnungsmarkt ergeben.
Wachstum der Haushalte ist bedingt durch die Zunahme von Einpersonenhaushalten
Die Zahl der kleinen Haushalte steigt bis Anfang 2035: Die Einpersonenhaushalte um 5.000 (2,9 %) und die Zweipersonenhaushalte um 1.700 (2,2 %). Die Zahl der Haushalte mit 3 und mehr Personen geht dagegen etwas zurück.
Trotz der Erfolge der Wohnungsbauoffensive 2016, die sich u.a. in der deutlichen Intensivierung des Wohnungsneubaus zeigt, wird die Nachfrage auch zukünftig beständig hoch bleiben. Die sich durch veränderte Wohnansprüche und Wohnbedarfe (u.a. energetisch, altersgerecht) ergebende Knappheit wird nur durch neue Kompromisse befriedigt werden können. So wird u. a. durch erhöhte Dichte reagiert. Neubaubedarf besteht besonders für kleine und auch große Wohnungen, die besonders stark nachgefragt sind. Diese beiden Wohnungsmarktsegmente verengen sich zunehmend, insbesondere in den preiswerten Anteilen. Die Nachfrage am Wohnungsmarkt wird im Wesentlichen durch die Entwicklung der Haushalte – sowohl in ihrer Anzahl als auch in ihrer Struktur – und durch deren Kaufkraft bestimmt. Von 2011 bis 2021 stieg die Kaufkraft der Haushalte um rund 20 Prozent, die inserierten Mieten stiegen im gleichen Zeitraum um fast 53 Prozent.
Miet- und Immobilienpreise sind deutlich gestiegen
Die schwierige Situation, die trotz aller Erfolge für viele Wohnungssuchende nach wie vor besteht, zeigt sich in der Mietenentwicklung, die in Hannover – dem bundesweiten Trend folgend – in den letzten Jahren deutlich an Dynamik gewonnen hat: Seit 2011 stieg die Angebotsmiete inserierter Mietwohnungen um fast 53 Prozent von 6,19 auf 9,44 €/m². Zunehmend werden auch Mietwohnungen mit bestehenden Mietverträgen teurer: Hier stieg die ortsübliche Vergleichsmiete seit 2011 von 5,82 €/m² um mehr als 35 Prozent auf 7,87 €/m². Es gibt immer weniger preiswerte Mietwohnungen auf dem Markt, was sich an der Verschiebung der angebotenen Preisklassen dokumentiert: Wurden 2011 drei Viertel der Wohnungen für unter 8 € angeboten, lagen 2021 ca. 80 Prozent der angebotenen Wohnungen im Segment 8 € und mehr. Auch die Umzugsintensität sank vor diesem Hintergrund deutlich. 2022 sind 3.096 Neuanträge auf Wohnungsvermittlung durch die Stadt Hannover anerkannt worden. Die Zahl der noch nicht vermittelten Antragsteller*innen hat 2022 mit 1.867 eine Höchstmarke erreicht. Grund hierfür sind v.a. die geflüchteten Menschen aus der Ukraine. Auch die hohe Zahl der vor allem ins Umland abwandernden Familien macht den Handlungsbedarf für preiswerte Wohnungen deutlich.
Mehr Menschen werden zukünftig auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sein
Zudem ist in der Stadt Hannover der Anstieg der Bedarfsgruppen für preiswertes Wohnen zu beobachten: Allein die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften mit Bezug von Transferleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts betrug Ende 2021 gut 47.000. Gut 5.600 Haushalte erhielten darüber hinaus Ende 2022 Wohngeld, eine Zunahme von mehr als 2.000 Haushalten im Vergleich zu 2015. Gleichzeitig ist durch auslaufende Vertragsbindungen ein Rückgang an Belegrechtswohnungen zu verzeichnen. Trotz intensiver Bemühungen der kommunalen Wohnraumförderung könnten bis Ende 2026 fast ein Viertel an geförderten Wohnungen wegfallen. Auch die Zahl der inserierten Wohnungen, die im Rahmen der geltenden Mietobergrenzen von Transferleistungsempfänger*innen angemietet werden können, hat sich deutlich reduziert und liegt 2021 noch bei 1/3 der Inserate; 2012 entsprachen noch rund die Hälfte aller inserierten Wohnungen in Hannover den Kriterien für die Kosten der Unterkunft laut Sozialgesetz. Diese Angaben zu den inserierten Mietwohnungen sind aber eher theoretisch, denn bei den inserierten Mietwohnungen besteht die Konkurrenz mit anderen Wohnungssuchenden. Hinzu kommt ein Defizit an barrierefreien und altersgerechten Wohnungen.
Die Konkurrenz um preiswerten Wohnraum nimmt zu
Die Verfügbarkeit preiswerter Wohnungen ist von besonderer Bedeutung. Eine in ihrer Größenordnung für Hannover relevante Nachfragegruppe sind die Studierenden und Auszubildenden, die sich in der Konkurrenz um preiswerten Wohnraum im Marktsegment der kleinen Wohnungen befinden. Aber auch Familien konkurrieren im Segment des preiswerten Wohnraums. Diese Gruppe ist vor allem auf familiengerechte, geräumige und bezahlbare Wohnungen angewiesen.
Zukünftig mehr Senior*innenhaushalte, aber auch mehr davon in Armut
In jedem fünften Haushalt in Hannover leben aktuell Senior*innen im Alter von 60 Jahren und mehr. Immer mehr Senior*innen verbleiben in ihren Wohnungen, auch bei Pflegebedarf. Das ist ausgesprochener Wille der Einzelnen und auch sozialpolitisch gewünscht. Allein durch den demografischen Wandel wird sich die Zahl der Zuhause ambulant zu betreuenden Menschen dramatisch erhöhen. Pflege zu Hause benötigt baulichen Rahmen: Barrierefreiheit – auch im Wohnumfeld. Dazu braucht es Bestandsentwicklung. 2020 sind in der Stadt Hannover rund 14.000 Empfänger*innen im Alter von 60 Jahren und mehr auf Transferleistungen angewiesen. Bis 2030 wird ihre Zahl auf 20.000 geschätzt.
3. WOHNBAUFLÄCHENPOTENZIALE
Bilanz des Wohnkonzeptes 2025
Im Jahre 2013 wurde das Wohnkonzept 2025 vom Rat verabschiedet. Das Mengengerüst umfasste rund 150 Projekte verteilt auf das gesamte Stadtgebiet Hannovers. Im Ergebnis wurden von 12.300 vorgesehenen Wohneinheiten in 2013 bis Ende 2022 ca. 8.600 Wohnungen realisiert. Im Bau befinden sich derzeit ca. 7.300 Wohneinheiten. Bis Ende 2025 werden diese ganz überwiegend dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen, sodass in der Summe die im Wohnkonzept angegebenen 12.300 Wohneinheiten mit 15.900 Wohneinheiten deutlich übertroffen werden. Einige Projekte sind aber auch entfallen (10 %), etwa weil sich die Planungsziele verändert haben. Dazu gehören z. B. der Hauptgüterbahnhof, die Grundschule Meterstraße und der Sportpark Misburg. Dafür sind im Betrachtungszeitraum 2013 bis 2022 sind aber auch neue Projekte hinzugekommen. Angestoßen durch den Strukturwandel und dem damit verbundenen dynamischen Stadtumbau bieten sich neue Chancen der Anpassung des Stadtorganismus in Richtung Wohnnutzung. Diese Dekade (2013 bis 2022) ist extrem stark geprägt von der Nachfrage nach neuem Wohnraum und dem damit verbundenen Flächenbedarf für Infrastruktureinrichtungen wie Schule, Kita, Sport, Erschließung.
Mit Hilfe des Wohnkonzeptes 2025 konnte ein bedeutsamer Beitrag zur Wohnungsversorgung geleistet werden und die Fortschreibung des Wohnkonzeptes bis 2035 ist der logisch richtige Schritt zur strategischen Steuerung des Wohnungsneubaus für die kommende Dekade.
Das Mengengerüst - Wohnbauflächen
Das aktuell identifizierte Wohnbauflächenpotenzial für die Jahre 2023 bis 2035 beläuft sich derzeit auf ca. 12.000 Wohneinheiten. Hier werden nur Projekte gelistet, die größer sind als 10 Wohneinheiten.
Es sind auch die Vorschauflächen aus dem früheren Konzept (ca. 1.500 WE) enthalten, deren Realisierung u.U. problembehaftet sein kann. Hinzu kommen Planungsrechte, die bisher nicht abgerufen wurden. Sie belaufen sich Ende 2022 auf ca. 2.900 Wohneinheiten. Natürlich sind darunter Projekte, die schon längere Zeit auf ihre bauliche Umsetzung warten (z.B. Eichenweg, An der Feldmark), diese fallen aber quantitativ nicht ins Gewicht. In den Jahren 2023 bis 2024 sollen Planungsrechte für weitere 5.600 Wohneinheiten entstehen. Im Zeitraum ab 2025 ist bisher die Neuschaffung von Baurechten für 2.000 Wohneinheiten geplant.
Das Wohnbauflächenpotenzial verteilt sich ziemlich ausgeglichen auf das gesamte Stadtgebiet. Auf die jeweiligen Stadtbezirke entfallen durchschnittlich etwa 800 neue Wohneinheiten. Der Entwicklungsschwerpunkt liegt da, wo die großen Projekte verortet sind: Kronsberg Süd im Stadtbezirk Kirchrode-Bemerode-Wülferode und die Wasserstadt Limmer im Stadtbezirk Linden-Limmer.
4. ERGEBNISSE DER WOHNUNGSBEDARFSPROGNOSE 2035
Dem Wohnkonzept 2025 lag ein Gutachten zu Grunde (GEWOS), das für den Zeitraum 2012 bis 2025 einen Zusatzbedarf von 610 WE und einen Ersatzbedarf von 580 WE, insgesamt ca. 1.200 WE auswies. Im Rahmen ihres Wohnraumversorgungskonzeptes errechnete die Region 2018 in einer eigenen Wohnungsbedarfsprognose für alle 21 Kommunen (empirica) einen Gesamtbedarf für die LH Hannover von 1.620 WE/Jahr. Für die vorliegende Fortschreibung des Wohnkonzeptes hat die LH Hannover beim Unternehmen ALP Institut für Wohnen und Stadtentwicklung aus Hamburg eine Wohnungsbedarfsprognose in Auftrag gegeben, um zu aktualisierten Einschätzungen zu kommen, wie hoch der Bedarf an Wohnraum in den Prognosejahren angenommen werden kann.
Die aktuelle Wohnungsbedarfsprognose stellt die Ergebnisse für den Prognosezeitraum 2022 bis 2035 vor. Der Schätzung lag eine interne Bevölkerungs- und Haushalteprognose mit Datenstand Ende 2022 zugrunde. Fragestellungen waren insbesondere: Wie viele Wohnungen sind erforderlich, um alle Haushalte bis 2035 mit Wohnraum zu versorgen? Wie viele Wohnungen sollten jährlich neugebaut werden? Und wie hoch sollte der Anteil an gefördertem Wohnraum am Neubau sein?
Der zu ermittelnde Neubaubedarf basiert auf den Komponenten Nachholbedarf, Ersatzbedarf und Zusatzbedarf.
Nachholbedarf
Der hannoversche Wohnungsmarkt ist angespannt. Der Leerstand liegt mit ca. 2 % unterhalb der sogenannten Fluktuationsreserve, die notwendig ist, um Wohnungswechsel reibungslos und ohne Doppelbelastung der Mieter*innen und andererseits vorübergehende Nutzungsunterbrechungen für Sanierungs- oder Modernisierungsarbeiten zu ermöglichen. Die Gutachter schätzen den Nachholbedarf – also das aktuelle Defizit auf dem Wohnungsmarkt – mit der Differenz zwischen tatsächlicher Leerstandszahl und der mit 3 % vom Wohnungsbestand angenommenen notwendigen Fluktuationsreserve ab. Danach besteht im Jahr 2022 ein Nachholbedarf von ca. 3.200 Wohnungen. Die seit Jahren wieder steigenden Zahlen der Wanderungsverluste von Familienhaushalten ins Umland zeigen die Evidenz dieses Nachholbedarfs ebenso wie die zunehmende Belegungsdichte in Bestandswohnungen.
Ersatzbedarf
Der Ersatzbedarf beschreibt die Kompensation von Wohnungen, die dem Wohnungsmarkt aufgrund von z. B. Abriss, Umnutzung oder Zusammenlegung nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Höhe des Ersatzbedarfs kann nur näherungsweise bestimmt werden, beispielsweise werden viele Umnutzungen oder Zusammenlegungen nicht statistisch erfasst. Zur Ermittlung des Wohnungsabgangs wurden vom Gutachter für Ein- und Zweifamilienhäuser 0,1 % und für Mehrfamilienhäuser 0,2 % des Wohnungsbestands pro Jahr angesetzt. Bezogen auf den Wohnungsbestand von ca. 300.000 entspricht dies einem Ersatzbedarf von rund 550 Wohnungen im Jahr.
Der ermittelte Ersatzbedarf ist nicht vollumfänglich flächenrelevant. So ist ein Abriss und Neubau an gleicher Stelle nicht flächenrelevant, wenn die Nutzungsart des Gebäudes nicht geändert wird und die Flächen in ähnlicher Intensität genutzt werden. Flächenrelevanter Ersatzbedarf ergibt sich z.B. aus Wohnungen, die aufgrund des Sanierungszustandes unbewohnbar sind und dem Markt entsprechend nicht mehr zur Verfügung stehen. Für diese Gebäude muss an anderer Stelle Ersatz geschaffen werden. Ebenfalls flächenrelevant ist die Umnutzung/Umwandlung oder die Zusammenlegung von Wohnraum. Als Anteil des flächenrelevanten Neubaubedarfs wurden 30 % angesetzt, so dass sich ein flächenrelevanter Ersatzbedarf von jährlich 165 Wohnungen darstellt.
Zusatzbedarf
Der Zusatzbedarf beschreibt den zusätzlichen Bedarf an Wohnraum, der sich aus der steigenden Anzahl von Haushalten ergibt. Entsprechend der aktuellen Haushaltsprognose der Stadt Hannover ist mit einem Anstieg um rund 6.400 Haushalte bis 2035 zu rechnen. Dies entspricht einem moderaten Zuwachs um ca. 2,1 %, und einem jährlichen Zusatzbedarf von ca. 490 Wohnungen.
Der bis Ende 2022 erfolgte starke Zuzug aus der Ukraine wurde in der Haushaltsprognose berücksichtigt. Er betrifft häufig Frauen mit einem oder zwei Kindern.
Die folgende Tabelle zeigt den prognostizierten gesamten Neubaubedarf in der LH Hannover bis 2035 aufgeteilt nach den beschriebenen Komponenten.
Neubaubedarf insgesamt
Wohneinheiten (WE) | 2022 bis 2025 | 2022 bis 2030 | 2022 bis 2035 | Ø pro Jahr |
Nachholbedarf | 3.181 | 3.225 | 3.294 | 253 |
Ersatzbedarf | 1.663 | 4.412 | 7.136 | 549 |
Zusatzbedarf | 2.523 | 4.009 | 6.362 | 489 |
Neubaubedarf gesamt | 7.367 | 11.647 | 16.792 | 1.292 |
Anmerkungen: Abweichungen in den Summen ergeben sich durch Rundungen.
Quelle: ALP Institut für Wohnen und Stadtentwicklung, Hamburg, 2023.
Insgesamt prognostizieren die Gutachter den Neubaubedarf auf 16.792 Wohneinheiten bis 2035. Das entspricht einem jährlichen Neubaubedarf von 1.292 Wohnungen. Es wird angenommen, dass der Ersatzbedarf zu ca. 30 % flächenrelevant ist. Der flächenrelevante Neubaubedarf liegt somit insgesamt bei 11.797 Wohneinheiten also jährlich bei 907 Wohnungen.
Bedarf an preiswertem Wohnraum
Für die Nachfragegruppe mit niedrigem Einkommen ergibt sich für sämtliche Wohnungsgrößenklassen ein Missverhältnis von Angebot und Nachfrage. Dabei gilt: Eine große Bedarfsgemeinschaft findet nahezu keine Angebote auf dem freien Mietwohnungsmarkt. Einpersonenhaushalte, die auf die Erstattung der Kosten der Unterkunft angewiesen sind, müssen auf dem freien Wohnungsmarkt mit anderen Alleinlebenden um die wenigen für sie in Frage kommenden Wohnungen konkurrieren. Bei der Gruppe der Senior*innenhaushalte wird ein klarer Trend der wachsenden Nachfrage nach preiswertem Wohnraum identifiziert: Die Entwicklung der Anzahl der Grundsicherungsempfangenden im Alter verläuft dynamischer als die der über 65-Jährigen insgesamt und lässt bis 2030 einen deutlichen Anstieg des Anteils einkommensschwacher Senior*innenhaushalte mit Bedarf nach preiswertem Wohnraum erwarten.
Barrierefreiheit
Die Nachfrage nach barrierefreien Wohnungen wird durch die prognostizierte Anzahl der Senior*innenhaushalte bestimmt. Hier wird davon ausgegangen, dass rund 27 % aller Senior*innenhaushalte auf eine barrierefreie Wohnung angewiesen sind. Danach ist von einer Nachfrage nach barrierefreien Wohnungen von rund 16.540 Haushalten im Jahr 2022 auszugehen. Im Prognosezeitraum kann, aufgrund der Zunahme der Senior*innenhaushalte, von einem jährlichen Nachfrageanstieg von rund 210 Haushalten ausgegangen werden.
In der Bilanz zeigt sich für 2022 entsprechend ein Defizit von rund 2.500 barrierefreien Wohnungen. Rechnerisch gleicht sich dieses Defizit jedoch bis 2025 aus, da laut niedersächsischer Bauordnung im Neubau ab einem Gebäude mit mehr als 4 Wohnungen 80 % barrierefreie Wohnungen errichtet werden müssen. In der Realität besteht jedoch für die Nutzung der neu gebauten barrierefreien Wohnungen Konkurrenz zwischen darauf angewiesenen und sonstigen Nachfragenden. Bei diesen neu errichteten Wohnungen handelt es sich tendenziell um höherpreisige Wohnungen, die im großen Umfang auch von jüngeren, finanzstarken Nachfragegruppen nachgefragt werden. Aus diesem Grund wird das Angebot an barrierefreien Wohnungen für die Nachfragegruppen, die aus körperlichen Gründen auf diese Wohnungen angewiesen sind, weiterhin vergleichsweise gering bleiben. Dies gilt insbesondere für Nachfragende nach preisgünstigem Wohnraum.
5. ZIELSETZUNGEN UND STRATEGISCHE ANSÄTZE
Das hier zum Beschluss vorgelegte Wohnkonzept 2035 ist ein Zielkonzept, das aus dem gutachterlich festgestellten Bedarf an zusätzlichen Wohneinheiten die Notwendigkeit zur Fortschreibung des laufenden Wohnkonzeptes 2025 ableitet. Nach Einschätzung sowohl der Verwaltung als auch der Politik sollen dessen vier strategische Ansätze auch zukünftig die Handlungsfelder der hannoverschen Wohnungspolitik bilden:
- Weiterentwicklung des Wohnungsbestandes
- Sicherung und Schaffung von preiswertem Wohnraum
- Wohnungsneubau
- Stärkung von Kommunikation, Kooperation und Beratung
Mit dem Beschluss zur Fortschreibung des Wohnkonzeptes geht der Prüfauftrag zur Ermittlung entsprechender zusätzlicher Flächenpotentiale im Rahmen der bewährten Wohnbauflächeninitiative einher. Dies geschieht unter Abwägung der Flächenansprüche verschiedener Nutzungen wie Wohnen, Gewerbe, Kultur, Freizeit, sozialer und technischer Infrastruktur untereinander sowie dem Gebot des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden. Zur besseren Koordinierung der unterschiedlichen Flächenansprüche ist im Fachbereich Planen und Stadtentwicklung eine zusätzliche Stelle eingerichtet und zum 01.10.2023 besetzt worden.
Darüber hinausgehend schreibt die Verwaltung derzeit ein Fachgutachten aus zur strategischen Neuausrichtung der städtischen Bodenpolitik mit dem Ziel einer hannoverschen Baulandstrategie, die u.a. auch die wohnungspolitischen Handlungsspielräume der LH Hannover erweitern soll.
Die Wohnungsbedarfsprognose 2035 stellt insgesamt bis 2035 einen zusätzlichen jährlichen Bedarf an rund 1.300 neuen Wohnungen fest. Jährlich 907 Wohnungen davon sind flächenrelevant, d.h. hierfür müssen neue Wohnbauflächen identifiziert und zur Baureife gebracht werden. Die sich ändernden Rahmenbedingungen erfordern zukünftig neben dem Wohnungsneubau eine verstärkte Hinwendung zu den beiden Ansätzen „Weiterentwicklung des Wohnungsbestandes“ sowie „Sicherung und Schaffung von preiswertem Wohnraum“. Um auch in den 2030er Jahren handlungsfähig beim Wohnungsneubau zu sein, leitet die Verwaltung aus den neuen Bedarfszahlen den Auftrag ab, auch in den kommenden Jahren bis 2035 entsprechend dem Bedarf neue Flächen für den Wohnungsneubau zu identifizieren und für diese Flächen Wohnbaurechte zu schaffen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass Bauleitplanung ein komplexes, anspruchsvolles und vor allem über die erforderlichen Abwägungen ein ergebnisoffener Prozess ist. Dies führt mitunter dazu, dass bei nicht auflösbaren Nutzungsbaupflichten Planverfahren nicht erfolgreich zum Abschluss gebracht werden können. Eine verantwortungsvolle Planungsorganisation muss diesem Umstand Rechnung tragen, Das geschieht, indem das zu entwickelnde Potential höher angesetzt wird, als es für die unmittelbare Zielerreichung ausreichend erscheint. Dem schwierigen Planungsumfeld Rechnung tragend wird in diesem Konzept das erforderliche Potential um etwa 50 % höher angenommen, um auf alle Eventualitäten reagieren zu können.
Maßnahmen zur Bestandsentwicklung, wie z.B. Dachgeschoss-Ausbau, Aufstockung und bauliche Ergänzung bei Zeilen- und Reihenbauten sowie die Umwandlung von bisherigem Nichtwohnraum in Wohnraum stellen zwar ein großes Potenzial zur Schaffung zusätzlicher Wohnungen dar. Die LH Hannover hat im Wohnungsbestand jedoch in den meisten Fällen nur eine begleitende, unterstützende Rolle. Die Verwaltung ist aufgefordert, mehr Experimentierfreude zu zeigen, z.B. bei Nachverdichtungen. Die tatsächlichen Handlungsmöglichkeiten liegen aber in erster Linie bei den meist privaten Eigentümer*innen und Unternehmen. Dies bezieht sich auch auf Maßnahmen, die den Wohnungsbestand an den Klimawandel, aber auch an die sich ändernden Bedürfnisse einer alternden Gesellschaft anpassen, an die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung und an sich verändernde Lebensmodelle. Die Entwicklung des für die Zukunft nachfragegerechten Wohnungsbestands in Quantität und Qualität liegt zum großen Teil in den Händen von privatwirtschaftlichen Anbieter*innen, den Genossenschaften und den kommunalen Wohnungsunternehmen. Der Politik fällt in diesem Zusammenspiel die Rolle zu, gesetzliche Festlegungen zu entschlacken und Einzelbelange wie Brandschutz, Schallschutz, Barrierefreiheit und die Energiestandards auf den Prüfstand zu stellen und zu hinterfragen.
Neben der Schaffung von neuen Baurechten und der kommunalen Förderung des Wohnungsneubaus mit Sozialquote (mindestens 30 Prozent) und Sozialbindung sind zukünftig verstärkt Maßnahmen zur Sicherung vorhandener preiswerter Wohnungen im Bestand notwendig, damit das Wohnungsangebot auch außerhalb der Förderprogramme in seinen Qualitäten (Anteil Mietwohnungen, Höhe des Mietpreises, Größe, Zuschnitt, Ausstattung) der heutigen und der zu erwartenden Nachfrage entsprechend erhalten und auch erweitert wird.
Für die Fortschreibung des Wohnkonzepts stehen der Stadt Hannover eine Reihe wohnungspolitischer Instrumente zur Verfügung, die zum Teil bereits in der Anwendung stehen. Der Gesetzgeber hat einige Instrumente in ihren Möglichkeiten erweitert, andere sind neu hinzugekommen, die nun zur Realisierung der wohnungspolitischen Ziele der Landeshauptstadt Hannover eingesetzt werden können. Hierüber ist am 07.11.2022 im Austausch zwischen Verwaltung und den politischen Vertreter*innen des Stadtentwicklungs- und Bauausschusses Einigung erzielt worden.
6. POTENTIELL ANWENDBARE WOHNUNGSPOLITISCHE INSTRUMENTE
Zur Bewältigung der Herausforderungen für die kommunale Wohnungspolitik stehen zahlreiche Instrumente zur Verfügung, die je nach lokaler Situation in ihrer Anwendung hilfreich und in Ihrer Wirkungsweise unterschiedlich sind. Es handelt sich sowohl um gesetzlich verankerte und geregelte wie auch um Maßnahmen, die Kommunen im Rahmen ihrer finanziellen und personellen Möglichkeiten in eigener Regie ausgestalten und anwenden können. Die folgenden Instrumente werden von der Verwaltung teilweise angewendet oder es ist denkbar, sie zur Anwendung zu bringen.
Um zu einer gemeinsamen Einschätzung für Hannover zu gelangen, haben mehrere Gespräche zwischen der Verwaltung und den politischen Vertreter*innen des Stadtentwicklungs- und Bauausschusses stattgefunden, in denen eine Einigung auf den zukünftigen Einsatz der im folgenden aufgezählten wohnungspolitischen Instrumente im fortgeschriebenen Wohnkonzept erfolgt ist. Darüber hinaus werden im Sinne der integrierten nachhaltigen Stadtentwicklung zukünftig bei der Erstellung von Bebauungsplänen - mehr noch als in der Vergangenheit - vorausschauend mögliche Entwicklungen antizipiert und so weit wie möglich in den Plänen berücksichtigt, um die Entwicklungszeit zu verkürzen und so eine zukünftig notwendige Transformation der Entwicklungsbereiche zu erleichtern.
6.1 STÄDTISCHES WOHNRAUMFÖRDERPROGRAMM
Der Rat hat die Fortschreibungen und Aufstockungen des städtischen – seit 2013 bestehenden – kommunalen Wohnraumförderprogramms beschlossen. Bis 2026 stehen bisher insgesamt 68,8 Mio. € für Baukostenzuschüsse zur Verfügung (einschließlich der jährlichen 2 Mio. € aus dem Investitionsmemorandum für Vorhaben in 2017 bis 2026). Zum Stand März 2023 sind davon allerdings bereits 67,4 Mio. € für fertiggestellte, im Bau oder in der konkreten Planung befindliche Objekte mit rund 3.500 Wohnungen belegt. Von diesen Vorhaben wurden rund 1.350 WE (weitgehend) fertiggestellt, ca. 940 WE sind im Bau. Für 1.170 dieser Wohnungen bekommt die LH Hannover neue Belegrechte. Hinzukommen ca. 480 Belegrechte aus den restlichen Vorhaben mit ca. 1.240 Wohnungen, deren Planungen weit fortgeschritten sind und mit deren Bau spätestens im nächsten Jahr begonnen werden soll.
Neu aufgenommen wurde durch Ratsbeschluss vom 19.05.2022 der Programmteil E, mit dem für die Zielgruppe mit einem Einkommen von 60 Prozent über der Wohnberechtigungsscheingrenze durch die Zahlung von Aufwendungszuschüssen sogenannte 8 € Mieten finanziert werden sollen.
Das städtische Wohnraumförderprogramm ist damit ein erfolgreiches Instrument zur Herstellung bezahlbarer Wohnungen, das auf der Grundlage der erfolgten Beschlüsse weitergeführt werden soll. Da allerdings fast alle Mittel bis 2026 schon verplant sind, ist eine Erhöhung der Finanzierungsmittel dringend erforderlich. Zumindest Vorhaben in Gebieten mit schon abgeschlossenen oder in Vorbereitung befindlichen städtebaulichen Verträgen, die eine Sozialquote aufweisen, sollten weiter gefördert werden können. Dies ist zur Sicherstellung ihrer Finanzierung notwendig, damit sie auch tatsächlich realisiert werden können und weiterhin dringend benötigte preiswerte Wohnungen und Belegrechte neu geschaffen werden. Bekannt sind Vorhaben mit ca. 1.500 geförderten Wohnungen, die im Rahmen der Sozialquote in den nächsten 10 Jahren entstehen sollen. Hierfür würden im Falle einer Fortschreibung des städtischen Wohnraumförderprogramms insgesamt ca. 30 Mio. € für städtische Baukostenzuschüsse benötigt.
Das Wohnraumförderprogramm hat gezeigt, dass durch Kombination von kommunalen Festlegungen und attraktiven Finanzierungsangeboten der Neubau von preiswerten Wohnungen erfolgreich befördert werden kann. Aktuelle Anfragen von Investoren zeigen, dass die Attraktivität des Förderprogramms der LH Hannover und auch des Landes durch die momentane Entwicklung der Zinsen bereits stark angewachsen ist. Es bestand in der Diskussion jedoch Einigkeit über die Zielsetzung, dass das Land seine Verantwortung in der Wohnraumförderung wieder stärker wahrnimmt und der städtische Haushalt langfristig davon wieder entlastet wird.
Das Programm ist - soweit eine Mittelaufstockung erfolgt - zurzeit bis 2026 vorgesehen. Im Anschluss ist zu prüfen, ob und wie die LH Hannover das kommunale Förderprogramm weiter fortschreibt, oder ob und wie zur Förderung der wohnungspolitischen Ziele der LH Hannover auch andere Maßnahmen zur Anwendung kommen sollen – etwa der Bau oder die Sicherung im Bestand von dauerhaft preisgedämpften Wohnungen durch das kommunale Unternehmen hanova oder durch die ZVK.
Ebenfalls ist die Versorgung von Menschen, die auf dem Wohnungsmarkt chancenlos wären, zu gewährleisten. Es braucht ein geschütztes Marktsegment für Menschen mit besonderen Zugangsproblemen, wie aktuell Wohnungslose (auf der Straße oder bei Freunden lebend, untergebracht in Gemeinschaftsunterkünften für Obdachlose, Wohnungen für Obdachlose, Flüchtlingsunterkünften, Frauenhäusern u.a.), für von Wohnungslosigkeit Bedrohte (durch Kündigung, Räumungsklagen, Zwangsräumungen u.a.), für Menschen, die in unzumutbaren Wohnverhältnissen leben (Schlichtwohnen, beengte Wohnverhältnisse u.a.) und für ehemals von Wohnungslosigkeit Betroffene (Bedarf an Nachbetreuung zur Prävention vor erneutem Wohnungsverlust).
6.2 HANNOVERSCHE WOHNUNGSBAUOFFENSIVE
Die hannoversche Wohnungsbauoffensive 2016 basiert als lokales Bündnis für Wohnen auf verbindlichen Absprachen der LH Hannover und der Arbeitsgemeinschaft der Wohnungsunternehmen in der Region Hannover (ArGeWo) unter der Mitwirkung des Verbandes der Wohnungswirtschaft Niedersachsen und Bremen e.V. (vdw), des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V. (BFW) und der Arbeitsgemeinschaft der Wohnungsgenossenschaften in der Region Hannover.
Erklärtes Ziel der Wohnungsbauoffensive ist die Steigerung der Wohnungsneubautätigkeit im freifinanzierten und im geförderten Segment. Dieses ist in der Laufzeit der Offensive auch erreicht worden. Dazu erfolgten Vereinbarungen zu Ausschreibungen und Vergabeverfahren, Förderung, Energieeffizienz und Infrastrukturkostenbeteiligung sowie Schaffung von geförderten und von Belegrechtswohnungen.
Die Bündnispartner*innen sind sich einig, dass das lokale Bündnis auch in den kommenden Jahren weiterbestehen soll. Aufgrund der großen Herausforderungen vor dem Hintergrund der weltweiten Krisen besteht aber im Neubaubereich aufgrund der immensen Kostensteigerungen eine erhebliche Verunsicherung, so dass sich die Wohnungsunternehmen in nächster Zeit mehr auf die Bestandsentwicklung konzentrieren wollen, wie z. B. den Dachausbau, Nachverdichtung im Bestand und Investitionen in den Klimaschutz. Um hier zu Erleichterungen für die Schaffung von Wohnraum im Bestand zu kommen, wird aktuell auch mit dem Land Niedersachsen zur Weiterentwicklung der Niedersächsischen Bauordnung diskutiert.
Der Oberbürgermeister steht im Austausch mit den Partner*innen der Wohnungsbauoffensive, um die Vereinbarung weiterzuentwickeln und im Jahr 2023 neu abzuschließen. Grundlagen hierfür werden eine gemeinsame Bewertung des bisher Erreichten, der Entwicklungen des hannoverschen Wohnungsmarktes und die Ergebnisse der aktuellen Wohnungsbedarfsprognose sein.
Die Verwaltung wird den Prozess zur Weiterentwicklung und anschließenden Weiterführung des Bündnisses für Wohnen in der LH Hannover vorantreiben und hierzu Drucksachen in die politische Abstimmung geben.
6.3 HANNOVERSCHER WEG SOZIALGERECHTE BODENNUTZUNG
Wie in vielen anderen deutschen Großstädten werden Investoren in Hannover über das sogenannte Modell der Sozialgerechten Bodennutzung an der Finanzierung von notwendiger sozialer Folgeinfrastruktur von Wohnungsbauprojekten beteiligt. Der durch die Schaffung von Baurechten entstandene Planungsmehrwert verbleibt also nicht zu 100 Prozent beim Planungsbegünstigten, sondern wird zu einem festgelegten Teil für stadtentwicklungspolitische Zielsetzungen verwendet. Dafür werden die Investor*innen in städtebaulichen Verträgen zur Realisierung städtebaulicher, infrastruktureller, ökologischer, energetischer sowie Mobilitätsanforderungen der Landeshauptstadt Hannover verpflichtet. Außerdem werden die Investor*innen auf der Grundlage des Infrastrukturkostenkonzepts zur Beteiligung an den Infrastrukturkosten für Kitas herangezogen. Seit 2016 haben Wohnungsbauinvestoren so mit ca. 39 Mio. € ca. 1.200 Kitaplätze mitfinanziert und sich an der Schaffung und Aufwertung von Spielplätzen beteiligt.
In der Diskussion herrschte Einigkeit, dass das hannoversche Modell der sozialgerechten Bodennutzung weitergeführt werden soll. Die Verwaltung wird das Modell den aktuellen Rahmenbedingungen entsprechend kontinuierlich anpassen und weiterentwickeln.
6.4 HANOVA - KOMMUNALES WOHNUNGSUNTERNEHMEN
Das kommunale Wohnungsunternehmen hanova ist schon heute die stärkste Partnerin der LH Hannover bei der Neuschaffung und Sicherung von preiswertem Wohnraum. Neben dem großen Bestand von rund 15.000 Wohnungen, von denen der größte Anteil unterhalb der sonst üblichen Marktmiete vermietet wird, hat das Unternehmen auch beim Abruf der Mittel aus dem städtischen Wohnraumförderprogramm einen großen Anteil: Von den im Zeitraum zwischen 2013 und 2024 fertiggestellten, bzw. im Bau oder in konkreter Planung stehenden ca. 3.500 Wohnungen verantwortet die hanova 691 Wohnungen. Von den 1.650 neu gebauten bzw. im Bau oder Planung stehenden Belegrechtswohnungen kommen 424 von der hanova.
Es sollte geprüft werden, unter welchen Voraussetzungen (z. B. über die Mutter-/Tochterbeziehung) Teile der von der hanova geschaffenen gebundenen Wohnungen dauerhaft zur Verfügung stehen können und nicht nach Ablauf der Frist aus der Preis- und Nutzungsbindung herausfallen, wie dies trotz intensiver Bemühungen bei den privaten Fördergeldnehmern meist der Fall ist. In der Diskussion zur Fortschreibung des Wohnkonzepts wurde deutlich, dass die hanova aber auch die ZVK für die Wohnungspolitik der Stadt von herausragender Bedeutung sind.
Zum Beispiel wäre der Bau von Wohnungen für Auszubildende oder für andere Mitarbeitende zu prüfen
(Stadt Hannover als attraktiver Arbeitgeber). Auch bei der Quartiersentwicklung etwa im Rahmen des Programms Sozialer Zusammenhalt könnten die hanova und / oder die ZVK eine besondere Rolle spielen. Durch bauliche Ergänzungen des Wohnungsbestands – in dem etwa Zeilenbauten zu Baublöcken ergänzt werden – könnte eine soziale, bauliche und energetische (Quartiers-) Aufwertung und Ergänzung im Bestand erreicht werden. Serielles Bauen, Modulbauten, die Minimierung von Erschließungskosten auf bereits bestehendes Bauland, usw. und weitere Aspekte können zu geringeren Kosten führen, so dass mit Einbindung von Fördermitteln auch niedrigere Eingangspreise und damit geringere Mieten erreicht werden können. Mit Hilfe von beispielhaften Modellvorhaben könnten wohnungspolitische Ziele der LH Hannover verwirklicht werden.
Die Verwaltung wird Empfehlungen entwickeln, wie die kommunalen Unternehmen zukünftig die wohnungspolitischen Zielsetzungen der Stadt noch besser unterstützen können, und diese Empfehlungen in die politische Beratung geben.
6.5 ZENTRALES FLÄCHENMANAGEMENT
Die Anzahl kommunaler Flächen, die für die weitere Stadtentwicklung genutzt werden können, ist stark begrenzt. Bei zunehmender Nachfrage in einer wachsenden Stadt steigen die Flächenansprüche und nehmen Konkurrenzen zu. Die effiziente und nachhaltige Nutzung der verbleibenden kommunalen Flächen wird damit immer bedeutender. Beim Fachbereich Planen und Stadtentwicklung wurde daher die Flächennutzungsplanung mit einer zusätzlichen Stelle für das zentrale Flächenmanagement verstärkt. Das Flächenmanagement soll zukünftig in einer ressortübergreifenden Diskussion die (kommunalen) Flächen bezüglich ihrer Eignung für bestimmte Nutzungen (Wohnen, Gewerbe, Einzelhandel, Infrastruktur und andere Nutzungen) bewerten und zwischen den Fachbereichen Einigung zu den Nutzungen herbeiführen.
Außerdem entwickelt das zentrale Flächenmanagement Konzepte, wie die Flächen den jeweiligen Nutzungen zugeführt werden können. Zielsetzung im Zusammenhang mit dem Wohnungsneubau ist es, in diesem Klärungs- und Abstimmungsprozess die für den prognostizierten Bedarf bis 2035 benötigten Baurechte im Stadtgebiet räumlich zu verorten und einer politischen Beschlussfassung als Basis für die spätere Bauleitplanung zuzuführen.
Die Verwaltung wird mit dem zentralen Flächenmanagement im Zusammenspiel mit einer aktiven Bodenpolitik eine strategische, vorausschauende Flächenpolitik für alle Nutzungen und mit besonderem Fokus für die Wohnnutzung betreiben.
6.6 AKTIVE BODENPOLITIK
Städte benötigen Flächen für den sozialen Wohnungsbau, für Gewerbe, für soziale und andere Infrastrukturen und für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. Aktive Bodenpolitik dient der Begrenzung der Preissteigerung durch Eindämmung der Bodenspekulation und bündelt die Ziele der Flächenpolitik und der Stadtentwicklung, damit die Stadt bei knapper werdenden Flächen den Herausforderungen für Gemeinwohl, Klimaschutz und die Gewährleistung der Daseinsvorsorge auf lange Sicht gerecht werden kann. Aktuell betreibt die Verwaltung im Rahmen der finanziellen und personellen Möglichkeiten Flächenvorsorge für Wohn- und Gewerbeflächen, beschafft Erholungs-, Ausgleich- und Ersatzflächen. Die Flächenvorsorge – unterstützt durch das zentrale Flächenmanagement – soll zukünftig fortgesetzt und verstärkt werden.
Es besteht Einigkeit darüber, dass die Landeshauptstadt Hannover auf dem Bodenmarkt eine aktivere Rolle als bisher einnehmen soll, um zukünftig Entwicklungen aktiver zu beeinflussen, mit denen stadtentwicklungspolitische Zielsetzungen (Nutzergruppen, Gestaltung, Klimagerechtigkeit, preisgedämpfter Wohnraum, u.a.) erreicht werden können. Eine aktive Bodenpolitik würde unter dem Aspekt der Innenentwicklung auch eine aktivere Rolle der Stadt in der Grundstücksentwicklung erfordern. Die Haushaltslage ist aber so angespannt wie nie. Die Spielräume für eine aktivere Liegenschaftspolitik und die mit den genutzten bodenpolitischen Instrumenten verbundenen zusätzlichen Ausgaben müssen daher vor diesem Hintergrund geprüft und in ihrer Wirksamkeit bewertet werden. Der Rat hat hierzu einen Prüfauftrag beschlossen. Die Verwaltung bereitet aktuell die Vergabe eines Gutachtens zur Klärung der Organisation und eines hannoverschen Wegs zur Anwendung einer bestimmten Auswahl bodenpolitischer Instrumente vor.
6.7 BAULANDMOBILISIERUNGSGESETZ
Das Baugesetzbuch (BauGB) enthält ein umfangreiches Instrumentarium zur Bewältigung der aktuellen wohnungspolitischen Herausforderungen: Die Bauleitplanung inkl. Abschluss städtebaulicher Verträge, Instrumente zur Sicherung der Bauleitplanung wie z. B. Vorkaufsrecht, Maßnahmen der Bodenordnung, städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen, Erhaltungssatzungen und städtebauliche Gebote standen auch vor der Novellierung zum Baulandmobilisierungsgesetz zur Verfügung.'
Das Baulandmobilisierungsgesetz ergänzt Weiterentwicklungen von bestehenden Instrumenten zur Beschleunigung von Prozessen, zur Sicherung bezahlbaren Wohnraums und zur stadtweiten Beschränkung der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen unabhängig von kommunalen Satzungen. Seit dem 24.09.22 liegt die Verordnung des Landes Niedersachsen vor, so dass die Neuregelungen für die LH Hannover als Gebiet mit einem anerkannt angespannten Wohnungsmarkt greifen und angewendet werden müssen.
6.7.1 Sektoraler Bebauungsplan für Wohnungsbau (§ 9 Abs. 2d BauGB)
Mit diesem können zukünftig im unbeplanten Innenbereich in einem einfachen Bebauungsplan Flächen bestimmt werden, auf denen Wohngebäude errichtet werden können, insbesondere auch Wohnungen, die die Kriterien der sozialen Wohnraumförderung erfüllen. Das bislang planungsrechtlich zulässige Maß der baulichen Nutzung im Sinne einer Verdichtung kann verändert werden. Sofern der Angemessenheitsgrundsatz erfüllt ist, sind begleitend städtebauliche Verträge oder Selbstverpflichtungen der Bauherr*in möglich. Mit dem sektoralen Bebauungsplan kann in einem schlanken Verfahren (ggf. nur Textsatzung) ein Beitrag zur Wohnraumversorgung, insbesondere zur Versorgung mit preiswerten Wohnungen geleistet werden.
6.7.2 Erweiterungen beim allgemeinen und besonderen Vorkaufsrecht (§ 24, § 25, § 28 BauGB)
Das allgemeine Vorkaufsrecht kann in Gebieten im Planbereich und nach §34 II BauGB, die vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, nun auch bei einem unbebauten Grundstück, welches eingefriedet ist oder zu vorläufigen Zwecken bebaut ist, zur Deckung eines Wohnbedarfs ausgeübt werden. Durch Satzung kann im Innenbereich für unbebaute oder brachliegende Grundstücke, im Planbereich für brachliegende Grundstücke ein Vorkaufsrecht begründet werden, wenn die Grundstücke vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können (besonderes Vorkaufsrecht). Dies setzt natürlich entsprechende Haushaltsmittel voraus (s.o.).
6.7.3 Erweiterte Befreiungsmöglichkeit (§ 31 BauGB)
Zugunsten des Wohnungsbaus kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes unter erleichterten Voraussetzungen befreit werden. Eine Befreiung ist nicht ausgeschlossen, auch wenn die Grundzüge der Planung berührt sind. Voraussetzungen für eine „erleichterte Befreiung“ sind: es liegt ein Einzelfall vor, die Befreiung erfolgt zugunsten des Wohnungsbaus, die Befreiung muss unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sein, die Verordnung des Landes darf noch nicht abgelaufen sein.
6.7.4 Erweiterte Abweichungsmöglichkeit vom Erfordernis des Einfügens (§ 34 Abs. 3a BauGB)
Der § 34 Absatz 3a BauGB wurde um eine Regelung erweitert, wonach bei der Errichtung von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nicht nur im Einzelfall (also auch in vergleichbaren Fällen) abgewichen werden kann.
6.7.5 Erweiterungen beim Baugebot (§ 176 BauGB)
Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans kann der Eigentümer verpflichtet werden, sein Grundstück mit einer oder mehreren Wohneinheiten zu bebauen, wenn in dem Bebauungsplan Wohnnutzungen zugelassen sind und auch dann, wenn andere Vorhaben zulässig wären. Die Neuregelung ermöglicht es der Gemeinde auch, bei Übernahmeverlangen des Eigentümers das Grundstück zugunsten einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft zu übernehmen.
6.7.6 Einführung eines speziell der Innenentwicklung gewidmeten Entwicklungskonzeptes (§ 176a BauGB)
Die Gemeinde kann in einem städtebaulichen Entwicklungskonzept Aussagen zu Maßnahmen treffen, die der Stärkung der Innenentwicklung dienen. Damit sollen mit Hilfe einer gesamthaften Betrachtung von Brachflächen, Gebäudeleerstand, Baulücken oder untergenutzten Grundstücken Flächen leichter einer neuen Entwicklung zur Deckung eines dringenden Wohnbedarfs zugeführt werden. Es soll als Begründungshilfe z. B. bei der Ausübung von Vorkaufsrechten oder von Baugeboten dienen.
6.7.7 Genehmigungsvorbehalt bei der Bildung von Wohnungseigentum in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (§ 250 BauGB)
Nach dieser Vorschrift wird in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt bei bestehenden Gebäuden die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum einem Genehmigungsvorbehalt unterstellt. Das Genehmigungserfordernis gilt nicht, wenn sich in dem Wohngebäude nicht mehr als fünf Wohnungen befinden. Bei Vorliegen eines Genehmigungstatbestandes ist die Genehmigung für die Umwandlung zu erteilen (§ 250 Abs. 3 Nr. 1 bis 5). Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn dies für die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnraum erforderlich ist. Die Regelung, die die Umwandlungsgenehmigung auch ohne Vorliegen besonderer städtebaulicher Voraussetzungen und entsprechender Satzung vorsieht, ist neu.
Mit DS Nr. 2384-2020 bestand der Ratsauftrag an die Verwaltung, die Voraussetzungen für die Einführung von Sozialen Erhaltungssatzungen nach § 172 BauGB in Teilgebieten der Stadt zu prüfen. In Sozialen Erhaltungssatzungsgebieten bestünde zusätzlich zum Genehmigungsvorbehalt für die Teilung und Umwandlung von Wohnraum auch ein Genehmigungsvorbehalt für bestimmte mietpreisrelevante Modernisierungs- und Veränderungs-Maßnahmen.
Nun gehen die Vorschriften des § 250 BauGB den Sozialen Erhaltungssatzungen vor (§ 250 Abs. 7 Satz 1 BauGB). Daher gilt nun ein stadtweiter Genehmigungsvorbehalt für die Teilung und Umwandlung von Mietwohnraum in Eigentum. Daher ist die beauftragte Prüfung auf Einsatz von Sozialen Erhaltungssatzungen derzeit nicht zielführend und der Ratsauftrag DS Nr. 2384-2020 wird ausgesetzt. Der Vollzug und die daraus resultierende Wirkung der Neuregelungen im Baulandmobilisierungsgesetz auf die Entwicklung des Wohnungsbestandes in den Quartieren sind abzuwarten.
Fazit
Der zukünftige Einsatz einzelner Elemente des Baulandmobilisierungsgesetzes führt absehbar zu einem erheblich höheren Verfahrens- und Verwaltungsaufwand (z. B. Innenentwicklungskonzept, sektoraler Bebauungsplan, besonderes Vorkaufsrecht, Baugebote, Genehmigungsvorbehalt für die Teilung und Umwandlung von Wohnraum), insbesondere bei Maßnahmen, die den Interessen der Grundstückseigentümer*innen zuwiderlaufen. Zum Teil sind hierfür bereits neue Stellen eingerichtet worden. Inwieweit die momentan vorgesehenen Personalkapazitäten ausreichen, wird sich im Laufe des Vollzugs darstellen. Auch organisatorische Veränderungen werden sich im noch neuen Vollzug bewähren müssen und gegebenenfalls Bedarf für zusätzliches Personal auslösen. Ebenfalls haushaltsrelevant wird eine verstärkte Nutzung des Vorkaufsrechtes sein. Beim Erlass eines Baugebotes muss mit einem Übernahmeverlangen der Eigentümer*in gerechnet werden. Auch dies würde die Bereitstellung von Haushaltsmittel auslösen.
Die Verwaltung wird auf der Grundlage der Erfahrungen aus dem Vollzug über die Entwicklungen berichten und gegebenenfalls Beschlussdrucksachen zu notwendigen finanziellen und personellen Aufstockungen vorlegen. Aus den genannten Gründen wird der Ratsauftrag DS Nr. 2384-2020 derzeit nicht weiterverfolgt.
6.8 GRUNDSTEUER C
Mit der Grundsteuer C soll durch erhöhte Hebesätze finanzieller Druck auf die Eigentümer*innen von unbebauten, baureifen Grundstücken ausgeübt werden. Dadurch sollen die hier identifizierten Wohnbaupotenziale mobilisiert werden. Eingeführt werden kann die Grundsteuer C erst ab dem 1.1.2025 auf der Grundlage der dann vorliegenden Grundsteuermessbeträge, die 2022 im Rahmen der Hauptfeststellung ermittelt wurden.
Für die Anwendung der Grundsteuer C bedarf es einer Allgemeinverfügung der Stadt, in der die städtebaulichen Gründe für die Erhebung der Grundsteuer C dargelegt und die Wahl des Gebietes, in dem die Grundsteuer C greifen soll, begründet werden muss.
Es wurde vereinbart, dass die Verwaltung den Einsatz dieses Instrumentes mit der Definition von Grundstücken, für die die Grundsteuer C angewendet werden kann, weiter prüfen wird (auch hinsichtlich Kosten / Nutzen).
6.9 ZWECKENTFREMDUNGSSATZUNG
Zielsetzung des Instruments Zweckentfremdungssatzung ist die Verhinderung von unerlaubter Zweckentfremdung des Wohnungsbestandes zu gewerblicher oder touristischer Nutzung bzw. Leerstand. Im Satzungsgebiet besteht ein grundsätzlicher Genehmigungsvorbehalt, wann und unter welchen Voraussetzungen die Zweckentfremdung von Wohnraum ausnahmsweise erlaubt ist.
Der Rat hat einen Beschluss zur Einführung einer Zweckentfremdungssatzung für Hannover gefasst. Eingerichtet werden soll eine Stelle für die Vorbereitung und den Erlass sowie zwei weitere Stellen für den Vollzug der Satzung und ggfs. den Einsatz weiterer wohnungspolitischer Instrumente. In der Diskussion herrschte Einigkeit, dass die Verwaltung mit dieser knappen Personalausstattung die aufwändige systematische Feststellung und Verhinderung von Wohnraumzweckentfremdung im gesamten Stadtgebiet nicht gewährleisten kann. Vielmehr verspricht sich die Politik eine positive Signalwirkung durch den Beschluss der Satzung und man erwartet, dass Informationen und Hinweisen zu Zweckentfremdungen, durch die Verwaltung dann im engen - durch die knappe personelle Ausstattung gesetzten - Rahmen nachgegangen werden kann.
6.10 PROGRAMM SOZIALER ZUSAMMENHALT
Das Städtebauförderungsprogramm „Sozialer Zusammenhalt“ dient der Beseitigung von Missständen in Quartieren, die gleichermaßen durch bauliche und soziale Handlungsbedarfe gekennzeichnet sind. Mittel aus der Städtebauförderung können investiv und nachrangig eingesetzt werden. Das Programm verfolgt einen integrierten Handlungsansatz einschließlich Erhöhung der Nutzungsvielfalt, Neugestaltung der öffentlichen Räume, Klimaschutz und Klimafolgenanpassung, Errichtung und Modernisierung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen sowie Aufbau bzw. Stärkung nachbarschaftlicher Unterstützungsnetzwerke.
Die 2022 in Kraft getretene Städtebauförderungsrichtlinie (RdErl. d. MW v. 14.12.2022) geht davon aus, dass mit der vorrangig einzusetzenden Wohnraumförderung Modernisierungsvorhaben auskömmlich zu finanzieren sind. Der Einsatz von Städtebauförderungsmitteln für die Modernisierung des Wohnungsbestands ist daher zunehmend auf die Bereiche beschränkt, die die Wohnraumförderung nicht erreicht - z. B. das Wohnumfeld. Der Quartiersentwicklung kommt hierbei die Aufgabe zu, durch integrierte Handlungsansätze ein investitionsförderndes Umfeld zu schaffen sowie weitere Förderzugänge für die Bestandsentwicklung zu erschließen.
In der Diskussion bestand Einigkeit, dieses Instrument weiterzuführen.
6.11 ERGÄNZUNG / AUFSTOCKUNG / DACHAUSBAU
In der Diskussion bestand Einigkeit darüber, dass stadtverträgliche Nachverdichtung und damit kosten- und ressourcensparende sowie klimaschonende Weiterentwicklung des Wohnungsbestandes zukünftig neben dem weiterhin notwendigen Wohnungsneubau erheblich an Bedeutung im wohnungspolitischen Instrumentenkasten gewinnen wird und hierfür Möglichkeiten geschaffen bzw. verbessert werden sollten.
Dachausbauten und -aufstockungen, Parkplatzüberbauungen sowie die Ergänzung von Zeilenbauten zum Block sind Ansätze, die bereits heute vereinzelt umgesetzt werden. Da etwa der hohe Bodenpreis entfällt und auch Erschließungskosten weitgehend wegfallen, kann dadurch dazu beigetragen werden, im Bestand neue kostengünstigere Wohnungen zu errichten. In diesem Zusammenhang häufig eingesetzte begleitende Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes und zur energetischen Sanierung können eine nachhaltige Quartiersentwicklung unterstützen. Eine effiziente Nutzung der vorhandenen Wohnbauflächen ist vor dem Hintergrund immer knapper werdender Flächen in der Stadt von besonderer Bedeutung.
Häufig steht umfassenden Nachverdichtungen und Dachgeschossausbauten das geltende Baurecht entgegen. Die LH Hannover steht mit dem Land, der AKNDS und dem BDA in konstruktiven Gesprächen, um für die zukunftsfähige Weiterentwicklung des Wohnungsbestandes sachgerechte Anpassungen der NBauO zu initiieren. Die Verwaltung wird die Zusammenarbeit und die Abläufe zur internen Abstimmung zu baulichen Ergänzungen im Bestand verbessern, um diese wohnungspolitische Zielsetzung zu befördern.
6.12 UMWANDLUNG VON NICHTWOHNRAUM IN WOHNRAUM
Auch durch Umwandlung von Gebäuden, deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, kann ohne radikale Eingriffe in vorhandene Baustrukturen der Wohnungsbestand ergänzt werden. Aufgrund bestehender Immissions- und Schadstoffbelastungen sowie isolierter Lagen kommen viele Standorte für eine Umnutzung zum Wohnen jedoch nicht in Frage. Dieses Instrument spielt daher mengenmäßig nur eine eher untergeordnete Rolle. In vielen Fällen steht das Baurecht entgegen, so dass Bebauungsplanverfahren durchzuführen sind. Zu berücksichtigen ist auch der jeweilige Aufwand zur Erfüllung bauordnungsrechtlicher Vorschriften (siehe 6.11). Die Bedarfe anderer Flächennutzungen, (z. B. Infrastruktur, Gewerbe...) sind zu berücksichtigen und abzustimmen. Derzeit ist jeweils eine Einzelfallprüfung erforderlich.
Beispiele aus anderen Städten zeigen, dass innovative und nachbarschaftsfördernde Wohnkonzepte in ehemals gewerblich genutzten Gebäuden auch in kleinteiliger Nutzungsmischung möglich sind. Die Bedeutung einer kleinteiligen Nutzungsmischung ist insbesondere im Rahmen des Innenstadtkonzeptes deutlich geworden (Nutzung der Obergeschosse von Einzelhandelsgroßstrukturen für Dienstleistungen, Büro und Wohnen). Die bei Abriss und Neubau meist entstehenden Eingriffe in vorhandene Grünstrukturen können bei Umnutzung besser vermieden werden.
Es wurde vereinbart, dass die Umnutzung von Gebäuden zu Wohnraum nach Einzelfallprüfung auch zukünftig weiterbetrieben werden soll.
7. FAZIT UND AUSBLICK
Das dynamische Nachfragewachstum der letzten Jahre und die Annahme, dass sich dieses fortsetzt, macht ein langfristiges Planen und Handeln weiterhin notwendig. Es besteht die Notwendigkeit des Wohnungsneubaus und der Ausweisung zusätzlicher Neubauflächen.
Um den bis 2035 flächenrelevanten Neubaubedarf von ca. 11.800 Wohnungen tatsächlich realisieren zu können, sind die laufenden Anstrengungen der Wohnbauflächeninitiative fortzuführen und so auszurichten, dass kurzfristig die zusätzlich benötigten Flächen mit Eignung für den Wohnungsneubau zur Verfügung stehen.
Die Stadt Hannover sollte die Rahmenbedingungen für den Neubau von mindestens 16.800 Wohnungen bis zum Jahr 2035 schaffen, dies entspricht rund 1.300 WE pro Jahr. Die Verwaltung schafft nicht nur neue Flächen, sondern prüft laufend bestehende Potenziale (Vorschauflächen), ob sie noch realisierbar sind, und entwickelt ggf. Ersatzflächen. Dabei hat die Innenentwicklung bzw. Flächenkonversion stets Vorrang vor einer ohnehin nur sehr begrenzt möglichen Außenentwicklung.
Neben zusätzlichen Neubauflächen müssen daher insbesondere weitere Innenentwicklungspotenziale im Stadtgebiet zum Beispiel auf brachgefallenen Flächen identifiziert werden. Besondere Bedeutung gewinnt angesichts der Flächenknappheit dabei ein vorausschauendes Flächenmanagement sowie eine gemeinwohlorientierte Bodenpolitik.