Informationsdrucksache Nr. 1711/2021:

Dornröschenbrücke – Festlegung der weiterzuverfolgenden Variante und weiteres Vorgehen

Inhalt der Drucksache:

Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".
Landeshauptstadt HannoverInformationsdrucksache-ZeichenInformationsdrucksache
In den Stadtentwicklungs- und Bauausschuss
An den Stadtbezirksrat Linden-Limmer (zur Kenntnis)
An den Stadtbezirksrat Nord (zur Kenntnis)
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
Zu TOP
 
1711/2021
1
 
BITTE AUFBEWAHREN - wird nicht noch einmal versandt


Dornröschenbrücke – Festlegung der weiterzuverfolgenden Variante und weiteres Vorgehen

.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Genderspezifische Aspekte und Belange wurden bei der geplanten Maßnahme beachtet.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

Ausgangslage

Die in den 1950er Jahren errichtete Dornröschenbrücke, die über die Leine führt und die Stadtteile Linden-Nord und Nordstadt miteinander verbindet, stellt einen der am meisten frequentierten Wegeabschnitte des innerörtlichen Fuß- und Radwegenetzes in Hannover dar. Die im Jahresdurchschnitt erfassten ca.1,4 Mio. Bewegungen mit dem Rad und der zusätzliche Fußverkehr splitten sich dabei auf in den sog. „Alltagsverkehr“, also Wege von und zur Arbeit oder Ausbildung, zum Einkauf oder sonstigen Erledigungen und den „Freizeitverkehr“, der vor allem durch die attraktiven innerörtlichen Ziele (Kultur, Gastronomie, Sport- und Parkanlagen) generiert wird.



Hinzu kommen starke Längsbeziehungen insbesondere per Rad parallel zum Fluss mit der Möglichkeit, das Gewässer an dieser Stelle überqueren zu können. Die Brücke ist aber nicht nur Durchgangsort, sondern auch Teil eines beleuchteten Wegenetzes, das ganzjährig sportlichen Aktivitäten dient und zum Joggen und Spazierengehen, zum Skaten oder als Teil von Radstrecken intensiv genutzt wird. Schließlich ist die Brücke selber beliebter Treffpunkt und Aufenthaltsort vor allem eines jüngeren Publikums, was durch ihre Gesamtbreite von 8,00 m unterstützt und ermöglicht wird.



In Kenntnis der Bedeutung und Funktionen der Brücke plant die Verwaltung aufgrund baulich-statischer Erfordernisse, das mittlerweile über 60 Jahre alte schlanke Bauwerk nun durch einen adäquaten Neubau zu ersetzen, der den geschilderten Ansprüchen an Querung und Aufenthalt gerecht werden kann.

Dabei ist der Neubau der Dornröschenbrücke im Kontext zu weiteren Maßnahmen an und Investitionen in die Brückenbauwerke entlang der Leine und Ihme in den zurückliegenden und kommenden Monaten und Jahren zu sehen, was im Einzelnen im Abschnitt „Weitere Baumaßnahmen über Leine und Ihme im Stadtgebiet Hannover“ dargestellt wird.



Bild 1: Bestandsbauwerk Dornröschenbrücke in Seitenansicht und -schnitt


Beschreibung des Vorhabens

Anlass für den Ersatzneubau der Dornröschenbrücke



Am Bauwerk, das nicht für den KFZ-Verkehr ausgelegt ist, sondern als reine Geh- und Radwegbrücke bemessen wurde, wurden im Rahmen der turnusmäßigen Brückenprüfungen deutliche Risse und Betonschäden festgestellt, sodass eine statische Nachrechnung der Brücke veranlasst wurde.

Bei dieser Nachrechnung wurden erhebliche statische Defizite am Tragwerk festgestellt. Die Tragfähigkeit der Brücke ist eingeschränkt. Anstatt der zu erreichenden 4 kN/m2 konnten nur 1 kN/m2 nachgewiesen werden. Im Rahmen der Nachrechnung wurden dann verschiedene Ansätze einer Sanierung betrachtet, die leider nicht zielführend waren. Es ergaben sich bei den möglichen Sanierungsvarianten neue statische Auswirkungen auf das Bauwerk, die dann an anderer Stelle zu Defiziten führen würden. Letztlich ist festzuhalten, dass sich die Tragfähigkeit der Brücke durch eine Sanierung nicht wiederherstellen lässt.

Trotz der eingeschränkten Tragfähigkeit hält die Verwaltung nach Abstimmung mit dem Prüfingenieur eine Offenhaltung der Brücke noch bis Ende 2024 für vertretbar. Eine Verlängerung des Abrisszeitpunktes darüber hinaus – etwa durch Verstärkungen oder Unterstützungen - wird von der Verwaltung allerdings als nicht möglich eingeschätzt. Um die eingeschränkte Tragfähigkeit abzusichern, wurden zwischenzeitlich Poller an den Brückenenden aufgestellt, sodass Kfz-Verkehr verlässlich ausgeschlossen werden konnte.

Des Weiteren wurden für ein regelmäßiges Monitoring Zugänge zum Hohlkasten der Brücke geschaffen, um dort Kontrollen am Bauwerk vornehmen zu können. Für das weitere Offenhalten der Brücke ist ein regelmäßiges Monitoring der geschädigten Bereiche Grundvoraussetzung. Sollten bei dieser Überwachung relevante Verschlechterungen auftreten, kann u.U. eine sofortige Sperrung der Brücke erforderlich werden.

Nach den bisherigen Planungen eines Ersatzneubaus würde das Bauwerk vom zweiten Quartal 2022 bis zum vierten Quartal 2023 für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen nicht zur Verfügung stehen.

Rahmenbedingungen für und Herleitung zu der seitens der Verwaltung vorgeschlagenen Variante



Bei der Planung des Ersatzneubaus sind verschiedene Rahmenbedingungen zu beachten, die die Art der Brückenkonstruktion und daraus ableitend deren Bauweise bestimmen. Diese werden zum einen durch den Nutzungszweck (zugelassene Verkehrsmittel, Aufenthaltsfunktion, technische und sonstige Ausstattung z.B. Möblierung und Beleuchtung) und die Dimensionen des Bauwerkes selbst (Länge und Stützweiten, Höhe in Bezug auf Schiffsverkehr, Breiten und Standorte der Auflagepunkte, Pfeiler oder Pylonen etc.) und zum anderen durch die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel definiert.

Darüber hinaus spielen gestalterische und baukulturelle Aspekte im Schnittbereich von Stadt und Landschaft eine wichtige Rolle, was in den ersten Überlegungen bestandsorientierte Varianten hervorbrachte (siehe Anlage 1), da sich die heutige sehr schlank konstruierte monolithische Brücke optimal in die Umgebung einpasst.

Für die Anschlussbereiche ist auf der Seite zum Stadtbezirk Linden-Limmer konkret der Zugang zum und die Anbindung an den Brackebuschgarten zu beachten. Darüber hinaus ist geplant, in diesem Bereich das Leineufer zukünftig zugänglich und damit den Fluss auch erlebbar zu machen. Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Planung bestand darin, bei den angelaufenen Planungen ein besonderes Augenmerk auf die Entflechtung der heute konfliktbehafteten Verkehrsströme der Fußgänger*innen und Radfahrenden zu richten sowie eine passende Weiterleitung der Verkehre in Richtung Brackebuschgarten aber auch entlang des Leineufers zu schaffen .

Auf der Seite zum Stadtbezirk Nord sind die direkte Lage und die Abmessungen der Unterführung des Bremer Damms zu berücksichtigen. Damit - wie heute - die Verkehrsströme direkt geführt werden können, ist auch ein Ersatzneubau möglichst auf diesen Punkt der Unterführung auszurichten. Auf Nachfrage bei der für den Bremer Damm zuständigen Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr wurde von dort mitgeteilt, dass eine Erneuerung des Bremer Damms innerhalb der nächsten 10 Jahre nicht zu erwarten ist. Damit wurde eine Verlegung der Unterführung nicht weiter betrachtet.

Auf Grund dieser Randbedingungen ist ein Ersatzneubau an gleicher Stelle geplant.

Die Planungen der Verwaltung befinden sich noch in der Entwurfsphase, sodass konkrete Bautermine noch nicht vorliegen. Die Bauzeit wurde mit 18 Monaten für die im ersten Schritt diskutierten bestandsorientierten Varianten zunächst geschätzt.


Variantenvergleich und –abwägung zur Verkehrsführung während des Bauzeitraumes

Eine Umleitung für den Rad- und Fußverkehr für die eingangs betrachteten bestandsorientierten Varianten ist während der Bauzeit (Abbruch und Neubau) der Dornröschenbrücke über die benachbarten Bestandsbrücken (stromaufwärts die Justus-Garten-Brücke und stromabwärts die Schwanenburgbrücke) grundsätzlich gegeben. Je nach Zielen und Wegebeziehungen können damit Umwege verbunden sein.




Gegenüberstellung der Alternativen der Radverkehrsführung mit und ohne Ersatzbrücke

Für die verschiedenen Varianten ergeben sich diverse Möglichkeiten der Radverkehrsführung während der Baumaßnahme. Als Quell- und Zielverkehre sind Verbindungen zwischen Nordstadt und Linden bzw. zwischen Linden und Innenstadt aufgenommen. Diese sind mit den unterschiedlichen Umweglängen im nachfolgenden Bild 2 dargestellt und in der Tabelle 1 gegenübergestellt.


Bild 2: Umleitungsverkehr während der Sperrung der Dornröschenbrücke

















Variante 1-3
Behelfsbrücke während Bau Variante 1-3
Attraktive Alternative „Leinertbrücke“ für die Verbindung Linden-Innenstadt

Radverkehrsführung über die benachbarten Bestandsbrücken (Justus-Garten-BrückeSchwanenburgbrücke)
zusätzliche Radverkehrsführung
über eine Behelfsbrücke auf Höhe In den Kämpen
Radverkehrsführung durch Verbesserung der Wegeführung über die Leinertbrücke im Zuge der Spinnereistraße
Dauer der Sperrung der Dorn-
röschen-
brücke
14 Monate
14 Monate
Umweg-
längen
~610/1540 m
~660 m
~230 m

Tabelle 1: Gegenüberstellung der Radverkehrsführungen für die verschieden
Möglichkeiten/Varianten


Mit dem Ziel eines vertretbaren Kosten-Nutzen-Abgleichs hat die Stadtverwaltung parallel zu den ersten objektbezogenen Überlegungen auch verschiedene Möglichkeiten zur Führung des Fuß- und Radverkehrs während der Bauzeit der stark frequentierten Brücke angestellt. Die Prüfergebnisse der ersten Untersuchungsphase, die ansatzweise auch schon in der Beantwortung der Ratsanfrage der Gruppe DIE LINKE.PIRATEN (DS 0993-2021 F1) dargestellt wurden, werden im Folgenden noch einmal kurz erläutert:

1. Bau einer Behelfsbrücke neben der Dornröschenbrücke oder an anderer Stelle

Aufgrund der sehr beengten Platzverhältnisse zwischen der Unterführung des Bremer Damms und dem Widerlager der heutigen Brücke sowie der erforderlichen Flächen für die Baustelleneinrichtung und Baustellenlogistik ist ein Offenhalten der Verkehre bei den o.g. Varianten während der Bauzeit sowohl längs der Leine als auch über eine direkt neben dem Neubau aufzustellende Behelfsbrücke nicht möglich.

Einzig möglich wäre der Bau einer Behelfsbrücke im Bereich der Straße „In den Kämpen“ (unweit des Biergartens Dornröschen). Dieser wurde im Rahmen der Diskussion in den Gremien aufgrund seines offenkundigen Missverhältnisses zwischen den Kosten für diese temporäre Einrichtung (rd. 700.000 € für einen Zeitraum von rd. 1,5 Jahren) und dem Nutzen (die Brücke liegt nördlich der Hauptwegebeziehungen und ist für Wege in Richtung Innenstadt von Linden aus eher unattraktiv, bietet als Verbindung zwischen Nordstadt und Linden keine Vorteile gegenüber einer Führung über die Justus-Garten-Brücke und ist mit einem Querschnitt von 2,50 m für den kombinierten Fuß- und Radverkehr auch schmal bemessen) bereits abgelehnt.



2. Bau einer Pontonbrücke

Die Leine ist in diesem Abschnitt eine Bundeswasserstraße erster Ordnung. Die Baulast liegt bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Eine durchgängige Sperrung für den Schiffsverkehr auf der Leine wird aber von der Wasserschifffahrtsverwaltung abgelehnt, sodass diese Alternative grundsätzlich ausscheidet.
3. Einsatz einer Fähre

Die Leine ist im Baubereich wie o.a. eine Bundeswasserstraße erster Ordnung bei der mit wechselnden Wasserständen und auch mit Hochwasser zu rechnen ist. Aufgrund der Sicherheitsanforderungen ist ein Fährverkehr aber z.B. bei Hochwasser oder bei Eisgang nicht möglich. Auch wäre eine Einschränkung der genehmigten Wasserskianlage erforderlich. In der Summe wird eine solche Lösung durch die Wasserschifffahrtsverwaltung nicht mitgetragen.

Unabhängig davon stellt eine im Takt verkehrende Fähre mit den durch die erforderlichen Wartezeiten verursachten Zeitverlusten grundsätzlich keine durchgängige und zügige Überführungsmöglichkeit der Leine und somit auch keine attraktive Behelfsüberquerung für den Alltagsradverkehr dar. Eine solche Einrichtung wäre sicher für den Freizeit- und Erholungsverkehr bzw. aus touristischen Zwecken z.B. zur Erreichung der Herrenhäuser Gärten interessant, was aber ein eigenständiges Projekt darstellen würde.


Die Kosten für einen entsprechenden Fährdienst (Genehmigungsverfahren / Erwerb oder Miete einer geeigneten Fähre / Personalfindung und Personalkosten) sowie die erforderliche bauliche Infrastruktur (Anlagesteg, Zuwegungen etc.) wurden aufgrund der zuvor genannten Punkte von der Verwaltung nicht ermittelt.
4. Bau einer Seilbahn

Eine Seilbahn zur Querung der Leine als temporärer Ersatz für die Dornröschenbrücke während der Bauzeit wurde von der Verwaltung nicht näher geprüft. Zum einen ist im Bereich der Dornröschenbrücke nicht genügend Platz für die dafür erforderlichen Einrichtungen vorhanden, zum anderen würden die Kosten für eine Seilbahn, auch nach den Erkenntnissen aus der Anhörung im Bauausschuss, vermutlich deutlich höher liegen als für eine Behelfsbrücke. Kostenintensiv sind besonders die Endstationen mit ihrer erforderlichen technischen Ausrüstung. Ein weiterer Nachteil einer Seilbahnlösung als temporärer Lückenschluss gegenüber einer Wegeführung über Brücken ist der relativ zeitaufwendige Umstieg in Kabinen und die für die Mitnahme von Rädern im besten Fall begrenzte Kapazität. Schließlich – und damit scheidet eine Seilbahn schon aus zeitlichen Gründen aus – wäre für den Bau einer Seilbahn ein Planfeststellungsverfahren erforderlich.
Zu den weiteren von der Verwaltung zugesagten Prüfungen ergeben sich folgende Prüfergebnisse:
5. Prüfung, ob sich die Bauzeit für einen Ersatzneubau an alter Stelle deutlich verkürzen lässt.

Durch eine detailliertere Betrachtung und Optimierung der Bauabläufe ist zwar eine Verkürzung der Bauzeit von 18 auf 15 Monate und der Sperrzeit auf 14 Monate möglich. Das ist aber keine wesentliche Reduzierung der Zeiträume und daher nicht zielführend.






6. Prüfung, ob und unter welchen Bedingungen – vor allem auch zeitlichen Voraussetzungen – eine Erweiterung der Justus-Garten-Brücke zunächst für den Umleitungsverkehr realistisch möglich ist, um dann als Dauerlösung zu dienen.

Das Bestandsbauwerk der Justus-Garten-Brücke wurde hinsichtlich einer Verbreiterung von heute 3,5 m auf neu 5,5 m untersucht. Dazu konnte als mögliche Variante das Überbauen der Deckbrücke mit einem Bogen, Auflagern der Randfelder auf einer Traverse in der Nähe der Bogenfußpunkte und einem 2-fachen Abhängen des Mittelfeldes am Bogen ermittelt werden (siehe Bild 3). Diese Verstärkungsvariante ließe sich allerdings nur als eigenständiges Projekt umsetzen. Diese Maßnahme ist sowohl zeitlich (~18 Monate) als auch finanziell (~1,5 - 2 Mio. €) vor dem Ersatzneubau der Dornröschenbrücke, der aus o.g. Tragsicherheitsgründen bis Ende 2024 sicherzustellen ist, nicht darstellbar. D.h. nach Abschluss des Ersatzneubaus könnte dieses Projekt zur Planung und Umsetzung als eigenständiges Projekt angegangen werden. Um hier eine wirklich wirkungsvolle Gesamtlösung zu erhalten, ist dann aber auch zu beachten, dass bisher keine ähnlich qualitätsvolle Radverkehrsanlage entlang des Üstra-Betriebshofes in Richtung Leinertbrücke besteht und hier konsequenterweise ebenfalls eine Aufweitung der Wege stattfinden müsste, was sich aber aufgrund der beengten Platzverhältnisse als schwierig darstellt.

Für das durchaus sinnvolle Gesamtprojekt wären dann die entsprechenden Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen. Bisher ist ein solches Projekt nicht im aktuellen Haushalt oder in der MifriFi enthalten.



Bild 3: Ansicht einer Variante zur Verbreiterung des Bestandsbauwerks Justus-Garten-Brücke







7. Prüfung, ob und wie eine attraktive Alternative „auf Zeit“ oder „auf Dauer“ über eine Verbesserung der Wegeführung über die Leinertbrücke im Zuge der Spinnereistraße (durch Ausbau der Radverkehrsanlagen auf dieser Verbindung) angeboten werden kann.

Überlegenswert ist im Zusammenhang mit einer generellen Prüfung, ob die Fuß- und Radwegebeziehungen über die Leine/Ihme im Bereich Lindens verbessert werden könnten und ob die Radverkehrsanlagen im Zuge der Leinertbrücke auch als Alternative zur Justus-Garten-Brücke für Radfahrende Richtung Linden verbessert werden können. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund interessant, als dass die zuführenden Wege entlang des Ostufers der Ihme im Zuge der Hochwasserschutzmaßnahmen deutlich verbessert wurden und im Zuge der D-Linie die Radverkehrsanlagen entlang der Goethestraße und der Braunstraße ebenfalls eine deutliche Aufwertung erfahren haben oder erfahren werden.

Die Leinertbrücke hat in beide Fahrtrichtungen eine Nebenanlage mit Geh- und Radweg. Auf der Nebenanlage sind am Rand des Gehwegs zum Radweg hin Masten für die Oberleitung der Stadtbahn mit dem Bauwerk verbunden. Da sich diese Masten nicht ohne große Eingriffe in die Bauwerkskonstruktion versetzen lassen, ist eine Verbreiterung des 1,7 m breiten Radwegs nicht möglich. Aus diesem Grund kann auf der Leinertbrücke nur mit einer Verlagerung des Radverkehrs auf die Fahrbahn mittels Pop-up-Radweg eine Verbesserung der Radverkehrsverbindung zwischen Stadtzentrum und Linden erreicht werden. Im Anschluss an die Leinertbrücke wären in beide Fahrtrichtungen, d.h. in der Spinnereistraße aber auch perspektivisch in der Königsworther Straße sowie insbesondere in der Fössestraße und am Küchengarten Verbesserungen für eine schnelle Verbindung erforderlich, die zunächst konzeptionell von der Verwaltung zu bearbeiten wären.

Da in den nächsten Jahren diverse Bauprojekte Dritter (Bau der D-Linie, Leitungsbau, Revitalisierung des Ihmezentrums) in diesem Bereich zu erwarten sind, ist eine kurzfristige Umsetzung dieser zusätzlich unterstützenden Variante derzeit nicht möglich. Denn während dieser Maßnahmen kommt es in den nächsten Jahren immer wieder zu Sperrungen von Fahrspuren, die eine Verlagerung des Radverkehrs auf eine derzeitige Fahrspur nicht zulassen.
8. Prüfung, ob und mit welchen Konsequenzen es möglich wäre, einen Ersatzneubau für die Dornröschenbrücke direkt neben der alten Brücke zu errichten, um diese parallel zum Neubau noch eine Weile nutzen zu können und so die Sperrzeit zu minimieren.
Die Verwaltung hat aufgrund der Diskussionen um die Umleitungen insbesondere für den Radverkehr die Möglichkeit eines dauerhaften Ersatzneubaus (nicht zu verwechseln mit einer temporären Behelfsbrücke!) direkt neben der Dornröschenbrücke - mit dem Ziel, die Sperrzeit der Dornröschenbrücke deutlich zu reduzieren - geprüft.
Diese Prüfung wurde mit zwei weiteren Varianten abgeschlossen. Dabei wurde der den ersten Entwürfen zu Grunde liegende Gedanke, das vorhandene monolithische Bauwerk durch ein ähnliches Bauwerk zu ersetzen, aufgegeben und es wurden Alternativen geprüft.

Die beiden neu entwickelten Varianten zeichnen sich tatsächlich durch eine sehr geringe Sperrzeit für den Verkehr von in etwa einem Monat aus. Es handelt sich bei den Varianten um eine Pylonbrücke und um eine einfeldrige Bogenbrücke in Stahlbauweise mit obenliegendem Bogen und abgehängter Fahrbahn sowie auf jeder Seite einem daran anschließenden Einzelbauwerk im Vorlandbereich (insgesamt drei Einfeldbauwerke).

Bei beiden Varianten würden die neuen Bauwerke neben dem Bestandsbauwerk errichtet. Dabei kann die Montage der Pylon- oder Bogenbrücke aufgrund der örtlich nötigen Montage- und Einhubflächen nur stromabwärts (westlich) der Bestandsbrücke erfolgen. Die Pylonbrücke würde in Seitenlage verbleiben, die einfeldrige Bogenbrücke würde nach Abbruch der heutigen Dornröschenbrücke in die Bestandslage verschoben werden können.

Die Pylonbrücke (siehe Bild 4) wird von der Verwaltung aus zwei Gründen nicht weiterverfolgt. Zum einen könnte diese Brückenvariante nicht in die Bestandslage verschoben werden, sodass sowohl ein optimaler Zugang zum Brackebuschgarten und den anschließenden Wegverbindungen, als auch ein direkter Zugang vom Brackebuschgarten zum Gewässer sowie auch eine direkte Zuführung auf die Unterführung des Bremer Damms behindert bzw. nicht möglich wären. Das heißt, dass die Lösung einen dauerhaften Verschwenk der heute direkten Wegebeziehung mit sich bringen würde. Darüber hinaus fügt sich die Pylonbrücke unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten auch nicht optimal in das Umfeld ein, da der ca. 25 m hohe Pylon städtebaulich in Konkurrenz zum Kirchturm der ehemaligen Gerhard-Uhlhorn-Kirche tritt.



Bild 4: Pylonbrücke in Seitenlage


Die einfeldrige Bogenbrücke (Bild 4) hingegen lässt sich nach ihrer Erstellung vor Ort und nach Abriss der so lange noch nutzbaren Bestandsbrücke hydraulisch an die Stelle der heutigen Dornröschenbrücke verschieben (Bild 5), sodass die zuvor genannten Randbedingungen der Verkehrsführungen mit dieser Variante erfüllt werden können.




Bild 5: Ansicht der Variante „einfeldrige Bogenbrücke“








Bild 6: Draufsicht auf die Bestands- und Seitenlage der Variante „einfeldrige Bogenbrücke“


Im Folgenden werden die verschiedenen Bauphasen und die Verkehrsführung der Variante „einfeldrige Bogenbrücke“ beschrieben:

Bauphase 1:

Der Verkehr läuft weiter über die Dornröschenbrücke. In Seitenlage neben dem Bestandsbauwerk wird die einfeldrige Bogenbrücke gebaut.

Bauphase 2:

Der Verkehr wird auf die neue einfeldrige Bogenbrücke umgelegt, nachdem auf beiden Seiten eine Behelfszuwegung zum neuen Bauwerk angelegt wurde. Dies ist hier - anders als bei den Varianten 1-3 - möglich, da auf Grund der andersartigen Brückenkonstruktion die landseitigen Widerlager der Vorlandbrücken etwas weiter Richtung Fluss gebaut werden können.
Die Dornröschenbrücke kann nun abgebrochen werden.

Bauphase 3:

Der Verkehr läuft (wenn auch zeitweilig mit Einschränkungen im Bereich der Anbindungen) weiter auf der neuen einfeldrigen Bogenbrücke. Die beiden Vorlandbrücken sowie die Wegeanbindungen an den Brackebuschgarten und an die nördliche Unterführung des Bremer Damms werden nun hergestellt.

Bauphase 4:

Die einfeldrige Bogenbrücke wird über eine Verschubbahn in die ehemalige Bestandslage der Dornröschenbrücke und somit in die Endlage verschoben. Eine Vollsperrung im Bereich der Dornröschenbrücke ist in dieser Bauphase erforderlich, d.h. der Verkehr wird über die benachbarten Bestandsbauwerke umgeleitet.

Bauphase 5:

Der Verkehr kann auf der neuen Dornröschenbrücke freigegeben werden.
Die Behelfszuwegungen zur einfeldrigen Bogenbrücke in Seitenlage und die weiteren Baubehelfe werden zurückgebaut. Die Maßnahme ist abgeschlossen.

Im Gegensatz zu den bestandsorientierten Varianten wird die Gesamtbauzeit hier mit 18 Monaten wiederum um etwa 3 Monate insgesamt länger dauern. Allerdings bedeutet diese Variante eine Sperrzeit von nur in etwa 1 Monat im Vergleich zu einer Sperrzeit von etwa 14 Monaten.
Hier können durch die Aufrechterhaltung des Verkehrs während der überwiegenden Bauzeit jedoch zum Teil erhebliche Behinderungen im Bauablauf auftreten, die zu derzeit schwer abzuschätzenden zusätzlichen Kosten (durchaus im 6-stelligen Bereich) im Vergleich zu den Varianten mit Sperrungen für den Verkehr führen können.

Nachfolgend sind die wichtigsten Kennwerte der einzelnen Varianten in einer Tabelle zusammengefasst:



Variante 1-3
Behelfs-
brücke während Bau Variante 1-3
Vari-
ante 4
Vari-
ante 5
Attraktive Alternative „Leinert-brücke“ für die Ver-
bindung Linden-
Innenstadt
Geschätzte Bauzeit
15 Monate

18 Monate
18 Monate

Geschätzte Sperrzeit der Dornröschen-
brücke
14 Monate
14 Monate
1 Monat
unter 1 Monat

Umweglängen
~610/1540 m
~660 m
~610/1540 m
~610/1540 m
~230 m
Bauablauf
keine Behinde-
rungen
keine Behinde-
rungen
Behinderungen im Bauablauf durch Aufrechterhaltung des öffentlichen Verkehrs

Kosten-
schätzung
6 Mio. €
700.000 €
6 Mio. €*
6 Mio. € *

*ggf. zusätzliche Kosten aus Erschwernissen
Tabelle 2: Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile der möglichen Varianten

Aufgrund der zuvor beschriebenen Prüfergebnisse und anhand der Abwägung der jeweiligen Vor- und Nachteile der möglichen Varianten, die in Tabelle 2 gegenübergestellt sind, ergibt sich für die Verwaltung der Vorzug für die Variante 5.


Weiteres Vorgehen - Ausblick für den Ersatzneubau der Dornröschenbrücke

Neben den oben dargestellten Untersuchungen zu den unterschiedlichen Varianten für einen Ersatzneubau der Dornröschenbrücke steht die Frage nach Aufenthaltsmöglichkeiten auf der Brücke in Diskussion. Die heutige Dornröschenbrücke wird gerade bei guten Wetterbedingungen von vielen Bürger*innen zum Aufenthalt genutzt. Der Aufenthalt in der Natur und insbesondere am Wasser ist sehr beliebt. Dies führt dazu, dass sich viele Bürger*innen auf die Fahrbahn der heutigen Dornröschenbrücke setzen, um in Gesellschaft z.B. den Sonnenuntergang zu beobachten.
Dieser Umstand wurde mit der Aufnahme von Sitzmöglichkeiten in die Planung der Varianten für den Ersatzneubau aufgenommen. Hierzu wird kontrovers in Politik und Gesellschaft diskutiert.
Mit dem Antrag aus der Drucksache 15-0583-2021 N1 wurde aus dem Bezirksrat Linden-Limmer ein Beteiligungsverfahren initiiert, das von der Verwaltung aktuell vorbereitet wird. Nach Antrag sind in dem Beteiligungsverfahren Fragen nach Aufenthaltsmöglichkeiten und Umleitungen während der Bauzeit zu berücksichtigen.

Die Verwaltung plant eine Beteiligung über ein Online-Tool, das die Bürger*innen zu einem Fragebogen führt. Aufmerksam gemacht werden soll auf die Möglichkeit der Beteiligung in der örtlichen Presse, den sozialen Medien sowie mit Plakaten, die im Nahbereich der Brücke angebracht werden.

Die Laufzeit für die Beteiligung soll 4 Wochen sein. Auch eine Beteiligung offline soll den Bürger*innen ermöglicht werden.

Nach Abschluss und Auswertung des Beteiligungsverfahrens sowie Einarbeitung in die Entwurfsplanung des Ersatzneubaus wird die Drucksache im Herbst 2021 in die entsprechenden politischen Gremien zum Beschluss eingebracht.

Bei Vorliegen eines Beschlusses wird die öffentliche Ausschreibung und Vergabe erfolgen, bevor die Baumaßnahme starten kann.


Weitere Baumaßnahmen über Leine und Ihme im Stadtgebiet Hannover

Neben dem Ersatzneubau der Dornröschenbrücke liegen weitere Brückenbauwerke über Leine und Ihme im Stadtgebiet im Zuständigkeitsbereich der Landeshauptstadt Hannover. Grundsätzlich werden die Bauwerke regelmäßig nach regulatorischen Vorgaben im Sinne der Verkehrssicherungspflicht geprüft und ggf. nach der einschlägigen Nachrechnungsrichtlinie nachgerechnet. Daraus ergeben sich regelmäßig umzusetzende Sanierungsmaßnahmen, um die Brücken in einem guten und langfristig gebrauchsfähigen Zustand zu erhalten.

Entlang der Ihme und der Leine stehen mittelfristig weitere Maßnahmen an Bauwerken über die Leine und Ihme im Stadtgebiet Hannovers an, über die die Verwaltung an dieser Stelle im Zusammenhang zur geplanten Erneuerung der Dornröschenbrücke berichten möchte:


a) Sanierung der Brücke Arthur-Menge-Ufer:
Eine Nachrechnung ist abgeschlossen. Am Bauwerk bereits wurde eine kurzfristige Kompensationsmaßnahme mit Wegnahme einer Fahrspur und erzwungen zu fahrenden Fahrspuren umgesetzt. Bis Ende 2025 ist das Defizit durch den Austausch der Betonfahrbahnplatte und einen Korrosionsschutz an den Stahlträgern zu beseitigen. Die Maßnahme ist in Vorbereitung. Eine Umsetzung ist in 2023 vorgesehen.

b) Sanierung der Schlossbrücke:
An dem Bauwerk sind Arbeiten an der Abdichtung und Natursteinarbeiten erforderlich. Eine Nachrechnung der Schlossbrücke ist aktuell in Bearbeitung, sodass noch keine Aussage darüber getroffen werden kann, ob weitere konstruktive Arbeiten auszuführen sind.

c) Sanierung der Stadionbrücke:
Eine Nachrechnung ist abgeschlossen. Bis Ende 2034 ist das festgestellte Defizit durch den Austausch der Betonfahrplatte und einen Korrosionsschutz am Stahltragwerk zu beseitigen. Eine Umsetzung ist nach Abschluss der Arbeiten an der Brücke Arthur-Menge-Ufer geplant.

d) Sanierung der Leinertbrücke:
Eine Nachrechnung ist abgeschlossen. Um alle Nachweise zu erbringen, ist das Bauwerk dauerhaft zu leichtern. Alternativlösungen werden derzeit entwickelt.

e) Legionsbrücke:
Eine Nachrechnung ist abgeschlossen. Bis Ende 2031 ist das festgestellte Defizit über den Austausch der Fahrplatte und einen Korrosionsschutz am Stahltragwerk zu beseitigen. Eine Umsetzung ist nach Abschluss der Arbeiten an der Brücke Arthur-Menge-Ufer geplant.



f) Geh- und Radwegbrücke Schwanenburgbrücke:
Hier steht mittelfristig eine Erneuerung durch die NLStBV zusammen mit der Erneuerung der Brücke über die Limmerstraße sowie der Anschlussstelle Limmerstrasse/Westschnellweg an.
g) Neubau der Geh- und Radwegverbindung am Wehr Herrenhausen:
Nach Ratsantrag H-0171/2019 ist eine barrierefreie Verbindung im Bereich des Wehres Herrenhausen der Wasserstadt Limmer mit der Innenstadt zu erreichen. Es liegt eine Planung für eine umsetzbare Variante vor, eine Drucksache ist aktuell in Vorbereitung.

66.3 
Hannover / 05.07.2021