Drucksache Nr. 1669/2017 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der CDU-Fraktion zur Unterstützung von Vermietern und Mietern
in der Ratssitzung am 24.08.2017, TOP 3.2.2.

Inhalt der Drucksache:

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1669/2017 F1
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Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der CDU-Fraktion zur Unterstützung von Vermietern und Mietern
in der Ratssitzung am 24.08.2017, TOP 3.2.2.

Hannover hat es, wie alle Großstädte, mit einem sich zunehmend verknappenden und dadurch umkämpfteren Wohnungsmarkt zu tun. Für Mieter stellt dies ein schwieriges Umfeld dar, aber auch Vermieter sehen sich zunehmend herausfordernden Situationen gegenüber. So stehen sie Mietnomaden, einer nicht angezeigten Untervermietung, Überbelegungen oder Zweckentfremdungen oft machtlos gegenüber.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:

1. Wie unterstützt die Verwaltung Vermieter und Mieter in ihren Rechten bisher?

2. Welche Erfahrungen hat die Verwaltung aus dem Austausch mit anderen Kommunen und deren Unterstützungsangeboten und wie werden die eigenen und fremden Maßnahmen seitens der Verwaltung beurteilt?

3. Gibt es Überlegungen seitens der Verwaltung, inwieweit Vermieter ordnungsrechtlich unterstützt werden könnten? Wenn ja, welche? Falls nein, warum nicht?

Jens Seidel
Vorsitzender

Text der Antwort


Frage 1: Wie unterstützt die Verwaltung Vermieter und Mieter in ihren Rechten bisher?

Das (Wohnungs-) Mietrecht wird durch Bundesrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Es ist im Wesentlichen ziviles Vertragsrecht, d.h. die beiden Vertragspartner Vermieter und Mieter haben im Rahmen der gesetzlichen Regelungen einen gemeinsamen Vertrag abgeschlossen, in dem die beiderseitigen Pflichten und Rechte geregelt sind. Vertragsverletzungen müssen zwischen den Parteien geklärt werden, notfalls mit Hilfe der ordentlichen Gerichte.

Ein staatlicher Eingriff aufgrund einer Mietvertragsverletzung ist weder zugunsten des Mieters noch des Vermieters vorgesehen. Dafür wäre eine entsprechende Mietrechtsänderung des Bundesgesetzgebers notwendig. Die städtische Verwaltung als öffentliche Behörde ist zu Rechtsdienstleistungen (wie z.B. einer Rechtsberatung) nur im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Aufgaben- und Zuständigkeitsbereichs berechtigt (§ 8 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetzes - RDG). Da eine Rechtsberatung außerhalb ihrer Aufgaben deshalb nicht erlaubt ist, werden betroffene Mieter an dazu berechtigte Institutionen (Mietervereine, Verbraucherzentrale, Rechtsanwälte, Gerichte) verwiesen. Das Gleiche gilt für betroffene Vermieter, die sich z.B. auch bei Grund- und Eigentümer-Vereinen beraten lassen können. Für Ratsuchende mit geringem Einkommen - unabhängig ob Mieter oder Vermieter - gibt es die Möglichkeit, Beratungshilfe beim Amtsgericht zu beantragen.

Eine „kommunale Wohnberatung“ gibt es nicht. Wie die Verwaltung aber bereits sehr umfangreich in einer der letzten Ratssitzungen vorgetragen hat (vgl. DS 0825/2017) berät die Verwaltung Haushalte, die eine Räumungsklage wegen Mietschulden erhalten haben. Ziel ist es, einen Wohnraumverlust zu vermeiden.


Frage 2: Welche Erfahrungen hat die Verwaltung aus dem Austausch mit anderen Kommunen und deren Unterstützungsangeboten und wie werden die eigenen und fremden Maßnahmen seitens der Verwaltung beurteilt?

Die wohnungspolitischen Rahmenbedingungen (Wohnungsmarkt, rechtliche Grundlagen, gewachsene Strukturen, Finanzkraft der Kommune) sind in den großen Städten sehr unterschiedlich. Von Bundesland zu Bundesland unterscheiden sich insbesondere rechtliche Gegebenheiten grundsätzlich. In Niedersachsen gibt es z.B. derzeit kein Wohnungsaufsichtsgesetz oder ein allgemeines Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum. Das niedersächsische Gesetz über Zweckentfremdung von Wohnraum wurde Ende 2003 abgeschafft. Insofern hat die Verwaltung derzeit - anders als andere Kommunen außerhalb Niedersachsens - keine Handhabe gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum, sei es durch den Vermieter oder durch den Mieter. Lediglich wenn eine bautechnische oder brandschutztechnische Gefahrenlage besteht, kann z.B. die Bauordnung im Einzelfall eingreifen.

Auf Landesebene werden Gespräche geführt, ein Wohnungsaufsichtsgesetz zu erlassen. Die darin zu treffenden Regelungen könnten die Gemeinden in die Lage versetzen, bereits frühzeitig, nämlich wenn sog. Missstände drohen, den Eigentümer aufzufordern, diese Missstände abzustellen. Bei Nichtleistung könnte über Ordnungswidrigkeitenverfahren bzw. deren Androhung „Druck“ auf die Eigentümer ausgeübt werden.

Aufgabe der Wohnungsaufsicht könnte es sein, präventiv und repressiv tätig zu werden. Die Gemeinden können bereits eingreifen, wenn Anzeichen von Verwahrlosung sichtbar werden, um eine Abwärtsspirale des Gebäudes oder des Quartiers zu verhindern. Ein WAG könnte auf den Mieterschutz sowie den Schutz vor verwahrlosten Immobilien abstellen und wäre daher als Gesetz der Daseinsvorsorge zu konzipieren. Es wäre nur anwendbar auf Wohnraum, der im Rahmen eines Mietverhältnisses o-der mietähnlichen Nutzungsverhältnisses überlassen wurde. Bei Gebäuden, die baurechtlich nicht als Wohnraum genehmigt worden sind, gleichwohl aber (illegal) als Wohnraum vermietet werden, könnte das WAG nicht angewendet werden. Gleiches gilt bei der (drohenden) Verwahrlosung von selbstgenutztem Wohneigentum.

Mit dem WAG gäbe es u. U. einige zusätzliche Handlungsmöglichkeiten im Vergleich zum bisher in Nds. Bestehenden Recht.

Als Unterstützung für die Vermieter beteiligt sich die Stadt Hannover seit vielen Jahren im Rahmen der Prävention und Befriedung von Problematiken innerhalb von Mietverhältnissen an den Kosten für eine Wohnbegleitung. Sie zahlt 50% des Honorars für einen „Wohncoach“, den der Vermieter beauftragt, um aufgetretene Probleme mit einem Mieter, z.B. Mietschulden, unangepasstes Verhalten, Probleme mit der Hausgemeinschaft, zu lösen. Dieses recht erfolgreiche Konzept wurde erstmals in Hannover initiiert und zwischenzeitlich von verschiedenen Städten übernommen.

Frage 3: Gibt es Überlegungen seitens der Verwaltung, inwieweit Vermieter ordnungsrechtlich unterstützt werden könnten? Wenn ja, welche? Falls nein, warum nicht?



Für privatrechtliche Streitigkeiten zwischen den Mietvertragspartnern sind die ordentlichen Gerichte zuständig. Erst wenn sie über das reine private Interesse hinausgehen und auch öffentliche Interessen berühren, könnten sich wie oben erwähnt, möglicherweise ordnungsrechtliche Eingriffsmöglichkeiten der öffentlichen Hand ergeben.

Die Unverletzlichkeit der Wohnung und der Schutz der Familie sind Grundrechte und entsprechend stark geschützt. Staatliches Handeln, das in diese Grundrechte eingreift, bedarf daher neben einer gesetzlichen Ermächtigung auch eines gewichtigen Grundes. Wenn die Voraussetzungen vorliegen, wird die städtische Ordnungsverwaltung im Rahmen ihrer derzeitigen gesetzlichen Möglichkeiten aber auch schon jetzt tätig.

Derzeit gibt es bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Eingriffsmöglichkeiten sowie das allgemeine Nds. Gefahrenabwehrrecht als weitere Handlungsmöglichkeit. Zu nennen sind:


- Rückbaugebot nach § 179 Abs. 1 BauGB

- Einschreiten der unteren Bauaufsichtsbehörde nach § 79 NBauO

- Niedersächsisches allgemeines Gefahrenabwehrrecht:


Verwaltungsbehörden und Polizei können nach § 11 Nds. SOG die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine konkrete Gefahr abzuwehren, soweit diese nicht unter das Bauordnungsrecht oder einen anderen Bereich der besonderen Gefah-renabwehr fällt und soweit die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nds. SOG vorliegen

Andere gesetzliche Grundlagen können nur der Bundes- oder der Landesgesetzgeber schaffen - nicht die Kommune.

Die Landesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) in die parlamentarische Beratung gegeben. Das Verfahren ist derzeit nicht abgeschlossen. Erst wenn das Gesetz vom Landtag beschlossen ist, kann der Rat der Landeshauptstadt Hannover von der darin vorgesehenen Ermächtigung Gebrauch machen und eine entsprechende Satzung erlassen. Auf dieser Grundlage könnte zukünftig vermehrt gegen Zweckentfremdung und unzulässige Untervermietung von Wohnraum vorgegangen werden.