Drucksache Nr. 1656/2021:
Erklärung zur Städteinitiative Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten - eine neue kommunale Initiative für stadtverträglichen Verkehr

Informationen:

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1656/2021 (Originalvorlage)

Beratungsverlauf:

Inhalt der Drucksache:

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1656/2021
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Erklärung zur Städteinitiative Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten - eine neue kommunale Initiative für stadtverträglichen Verkehr

Antrag, zu beschließen:

Die Landeshauptstadt Hannover tritt der „Städteinitiative Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten - eine neue kommunale Initiative für stadtverträglichen Verkehr “ bei.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die Erklärung wirkt sich in gleicher Weise auf die Belange aller Menschen aus.

Kostentabelle

Die Erklärung zur Städteinitiative generiert keine Kosten.

Begründung des Antrages

I.

Die „Städteinitiative lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten – eine neue kommunale Initiative für stadtverträglichen Verkehr“ (als Anlage beigefügt) wurde von mehreren deutschen Städten initiiert und verknüpft die Zukunftsfähigkeit der Städte mit einer stadt- und umweltverträglichen Gestaltung der Mobilität. Sie geht davon aus, dass lebenswerte Städte insbesondere durch attraktive öffentliche Räume sowie Straßen und Plätze mit vielfältigen Funktionen geprägt werden. Dabei ist die Lebensqualität in der Stadt und ihren Teilräumen neben Faktoren wie der Gestaltung der öffentlichen Räume und der Randnutzungen auch direkt abhängig von einem stadtverträglichen Geschwindigkeitsniveau des Straßenverkehrs.

Die positiven Wirkungen von Tempo 30 auf die Lebensqualität und Attraktivität der städtischen Umwelt (durch höhere Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer*innen (insb. Kinder, Senioren, Menschen mit Handicap) im Längs- und Querverkehr, verminderte Lärm- und Luftbelastungen, steigende Lebens- und Aufenthaltsqualitäten, bessere Möglichkeiten zur vielfältigen Nutzung des öffentlichen Raumes z.B. für Außengastronomie oder Auslagen von Geschäften usw.) sind seit langem bekannt und in zahlreichen Untersuchungen fachlich dokumentiert und anerkannt. Die für den Großteil der Wohngebiete in deutschen Städten eingeführten „Tempo-30-Zonen“, aber auch einzelne streckenbezogene Anordnungen von „Verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen“ (mit streckenbezogener Tempo-20-Anordnung) in vielfrequentierten Innenstadt- oder Zentrenlagen haben sich bewährt und sind dementsprechend akzeptiert.

II.

Den Kommunen fehlt allerdings die rechtliche Grundlage zur eigenverantwortlichen Regelung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen bzw. Straßen des sog. „Vorfahrtsstraßennetzes“.

Die aktuellen Regelungen in der Straßenverkehrsordnung sehen hier nur die Möglichkeit für Tempo 30 unter bestimmten strengen Ausnahmen – z.B. aufgrund besonderer Verkehrssicherheitsaspekte, vor Schulen oder Kitas mit direkter Zugänglichkeit zur Straße, vor lärmsensiblen Einrichtungen wie Kliniken oder Altenheimen - vor, während z.B. städtebauliche oder andere Aspekte nicht entscheidungsrelevant sind.

Dadurch sind vielfach räumlich sehr begrenzte und für die Verkehrsteilnehmer*innen oft nicht nachvollziehbare Geschwindigkeitsregelungen entstanden. Diese könnten bei einer Übertragung in die Entscheidungsverantwortung der zuständigen örtlichen Straßenverkehrsbehörden z.B. in belebten Stadtteil- oder Quartierszentren zu sinnvollen und für die Verkehrsteilnehmer*innen nachvollziehbaren Straßenabschnitten mit Tempo 30 zusammengefasst werden, indem sie sich an den spezifischen lokalen Verhältnissen ausrichten.

III.

Die vor diesem Hintergrund durch die fachlich zuständigen Stadtbaurät*innen der beteiligten Städte erstunterzeichnete und mit dem Deutschen Städtetag (DST) gemeinsam auf den Weg gebrachte „Städteinitiative lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten – eine neue kommunale Initiative für stadtverträglichen Verkehr“ (eine gemeinsame Pressekonferenz u.a. mit Vertreter*innen der Städte und des DST dazu findet am 6.7. statt) zielt also darauf ab, auf Bundesebene die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die kommunalen Straßenverkehrsbehörden in die Lage versetzt werden, auf Grundlage örtlicher Kenntnisse eigenständig anordnen zu können.

Eine Unterstützung der Initiative durch die Räte der Städte würde das Gewicht der Forderung, dass die Kommunen diese Gestaltungsfreiheit nicht nur wünschen, sondern im Sinne einer Regelfreiheit für sich auch klar einfordern, gegenüber dem fachlichen Aufschlag noch einmal deutlich erhöhen.

IV.

Nach einer entsprechenden gesetzlichen Änderung – die auch durch eine Entschließung des Deutschen Bundestages im vergangenen Jahr eingefordert wurde (s. Anlage) - wäre für Hannover zunächst ein Verfahrensvorschlag mit einem gesamtstädtischen Konzept zu erarbeiten, das darlegt, nach welchen Kriterien eine Prüfung und Anordnung von Tempo 30 im „Vorfahrtsstraßennetz“ erfolgen könnte und sollte. Dies sollte in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren geschehen (wie z.B. der Anzahl der Fahrspuren in den jeweiligen Abschnitten, den möglichen Auswirkungen auf die ÖPNV-Bedienungsqualität, der Vereinbarkeit mit der Radverkehrsführung, den Vorteilen für anliegende Nutzungen wie Läden, Gastronomie oder soziale Einrichtungen usw.).

Eine Prüfung könnte beispielsweise (nicht abschließend gemeint) für Abschnitte der Ferdinand-Wallbrecht-Straße, Jakobistraße, Waldstraße, Wedekindstraße, Friesenstraße, Sutelstraße, Geibelstraße, Altenbekener Damm, Großer Hillen, Wunstorfer Straße, Badenstedter Straße, Falkenstraße oder auch Marienstraße erfolgen. Für diese oder andere Straßen wurden in der Vergangenheit bereits immer wieder Anfragen an die Verwaltung mit der Bitte um Prüfung einer abschnittsweisen Reduzierung der Fahrgeschwindigkeiten gerichtet, sodass von einer hohen Akzeptanz bei Bürger*innen und Anlieger*innen auszugehen ist.

V.

Bei der „Städteinitiative Tempo 30 für mehr Lebensqualität in Städten und Gemeinden“ geht es also nicht um eine Vorentscheidung hinsichtlich konkreter Regelungen, sondern um die Forderung an den Gesetzgeber, die Verantwortlichkeit und Gestaltungsfreiheit bzgl. der verkehrsrechtlichen Anordnungen den Kommunen selbst zu überlassen, die sich dazu aufgrund der Kenntnisse der örtlichen Situation bestens in der Lage sehen. Die Initiative schließt damit nahtlos an das „Modellprojekt der Region Hannover „Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen in Niedersachsen““ (DS Nr. 3068/2017 N1) an.

61.15 
Hannover / 30.06.2021