Drucksache Nr. 1583/2011 N1:

Unterbringung von Flüchtlingen in der Landeshauptstadt Hannover

Informationen:

Beratungsverlauf:

Nachrichtlich:

  • Stadtbezirksräte 01 - 13

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Stadtentwicklungs- und Bauausschuss
In den Sozialausschuss
In den Migrationsausschuss
In den Ausschuss für Haushalt Finanzen und Rechnungsprüfung
In den Verwaltungsausschuss
In die Ratsversammlung
An die Stadtbezirksräte 01 - 13 (zur Kenntnis)
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
Zu TOP
1. Neufassung
1583/2011 N1
1
 
BITTE AUFBEWAHREN - wird nicht noch einmal versandt


Unterbringung von Flüchtlingen in der Landeshauptstadt Hannover

Antrag,


zu beschließen:

- Der zukünftigen Unterbringung von Aussiedlern und ausländischen Flüchtlingen gemäß der als Anlage beigefügten Konzeption wird zugestimmt.

- Der langfristigen Anmietung der Gebäude Haltenhoffstr. 181 und 183 für 5 bis 8 Jahrevoraussichtlich zum 01.08.12 im Rahmen dieses Konzeptes wird zugestimmt. Die Verlängerung des Mietvertrages über 8 Jahre hinaus ist möglich, bedarf aber der Befassung der Ratsgremien.

Der Beschluss steht unter dem Vorbehalt der Finanzierung durch die Etatisierung entsprechender Mittel im Haushalt 2012.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten


Bei den Unterkünften handelt es sich um Aussiedler- und Flüchtlingswohnheime sowie um Wohnungen für Einzelpersonen und Familien. Alle Heimleitungen von Aussiedler- und Flüchtlingswohnheimen werden in regelmäßigen Treffen dafür sensibilisiert, sowohl die Problematiken der einzelnen Personengruppen, die sich aus ihrer Flüchtlings- oder Zuwanderungssituation ergeben, zu beachten, als auch beim Zusammenleben im Wohnheim die speziellen Wohn-, Lebens oder auch Schutzbedürfnisse zu ermitteln und ihnen Rechnung zu tragen.

Kostentabelle

Darstellung der zu erwartenden finanziellen Auswirkungen in Euro:
Teilfinanzhaushalt 61 - Investitionstätigkeit
Bezeichnung
EinzahlungenAuszahlungen
Zuwendungen für Investitionstätigkeit 0,00 €
Beiträge u.ä. Entgelte für Investitionstätigkeit 0,00 €
Veräußerung von Sachvermögen 0,00 €
Veräußerung von Finanzvermögensanlagen 0,00 €
Sonstige Investitionstätigkeit 0,00 €
  
  
  
Erwerb von Grundstücken und Gebäuden 0,00 €
Baumaßnahmen 0,00 €
Erwerb von bewegl. Sachvermögen 0,00 €
Erwerb von Finanzvermögensanlagen 0,00 €
Zuwendungen für Investitionstätigkeit 0,00 €
Sonstige Investitionstätigkeit 0,00 €
  
Saldo Investitionstätigkeit 0,00 €
0,00 €

Teilergebnishaushalt 61 - Investitionstätigkeit
Produkt 31505
Unterbringung von Personen
Angaben pro Jahr
Ordentliche ErträgeOrdentliche Aufwendungen
Zuwendungen und allg. Umlagen 0,00 €
Sonstige Transfererträge 0,00 €
Öffentlichrechtl. Entgelte 0,00 €
Privatrechtl. Entgelte 0,00 €
Kostenerstattungen 0,00 €
Auflösung Sonderposten (anteilige Zuwendungen) 0,00 €
Sonstige ordentl. Erträge 0,00 €
  
Außerordentliche Erträge 0,00 €
  
Erträge aus internen Leistungsbeziehungen
Personalaufwendungen 0,00 €
Sach- und Dienstleistungen 618.333,00 €
Abschreibungen 0,00 €
Zinsen o.ä. (TH 99) 0,00 €
Transferaufwendungen 0,00 €
Sonstige ordentliche Aufwendungen 1.317.100,00 €
  
Saldo ordentliches Ergebnis -1.935.433,00 €
Außerordentliche Aufwendungen 0,00 €
Saldo außerordentliches Ergebnis 0,00 €
Aufwendungen aus internen Leistungsbeziehungen
Saldo aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Saldo gesamt -1.935.433,00 €
Die möglicherweise einzunehmenden Erträge werden an dieser Stelle nicht beziffert, da zum einen Einrichtungen neu in Betrieb gehen und zum anderen ein Großteil der unterzubringenden Flüchtlinge sich nicht an den Kosten der Unterbringung zu beteiligen hat. Die Kostentabelle umfasst, die Jahreskosten für das Gesamtkonzept.

Die Jahreskosten für das Objekt Haltenhoffstraße betragen 310.000€ sonstige ordentliche Aufwendungen und 251.000€ Sach- und Dienstleistungen.

Begründung des Antrages


Die Landeshauptstadt Hannover ist nach dem Gesetz zur Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen und zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (Aufnahmegesetz - AufnG -) vom 11.03.2004 in der aktuellen Fassung verpflichtet, Ausländer und Ausländerinnen, die einen Asylantrag gestellt haben und die nicht oder nicht mehr verpflichtet sind in einer Aufnahmeeinrichtung des Landes zu wohnen und die ihr zugewiesen sind, unterzubringen. Die Unterbringung soll nach § 53 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften erfolgen.

Bei der Ausgestaltung der Unterbringung soll der besonderen Problematik von Menschen, die keine Wohnung haben und unter Heimatverlust sowie eventuell unter den Folgeschäden erlittener Repressalien leiden, mit einem umfassenden Angebot an sozialarbeiterischem Handeln sowie einem menschenwürdigen Wohnen Rechnung getragen werden.

Hierbei zeichnet sich die Betreuung der Flüchtlinge im Wesentlichen durch die Erschließung ihrer persönlichen Ressourcen aus.

Die Flüchtlinge sollen die in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Normen und Werte verinnerlichen und schätzen lernen, indem sie durch das alltägliche und unmittelbare Miteinander einer Hausgemeinschaft dazu angehalten werden.





1. Ausgangslage

1.1 Flüchtlingsbegriff
Der Begriff „Flüchtlinge“ ist differenziert zu betrachten. Nach dem Verständnis insbesondere von Flüchtlings- und Migrantenorganisationen und auch in der Öffentlichkeit werden als Flüchtlinge die Personen bezeichnet, die aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland kommen. Dabei spielt es keine Rolle, ob Asyl beantragt oder ein Asylantrag abgelehnt wurde.

Flüchtlinge im rechtlichen Sinne sind aber nur die Personen, die als Flüchtlinge vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anerkannt sind (Asylberechtigte oder Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskommission).

Bei dem unterzubringenden Personenkreis handelt es sich ausländerrechtlich ganz überwiegend entweder um Personen, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist, die aber nicht mehr in einer Aufnahmeeinrichtung des Landes leben müssen und der Stadt zugewiesen sind oder um Personen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, deren Aufenthalt aber noch nicht beendet werden kann, weil Abschiebungshindernisse vorliegen.

1.2 Flüchtlinge in Hannover
In der Stadt Hannover erhalten gegenwärtig rund 800 Personen laufende Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Bei diesen Personen handelt es sich um Ausländerinnen und Ausländer, die keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus haben, z.B. Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge.

Der Personenkreis der Leistungsberechtigten des AsylbLG ist aus dem Anwendungsbereich des SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende) und des SGB XII (Sozialhilfe) gesetzlich ausgeschlossen.

Die Leistungen zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes, zu denen auch der notwendige Bedarf an Unterkunft zu zählen ist, sind für die Dauer von mindestens 4 Jahren des Leistungsbezugs grundsätzlich durch Sachleistungen zu erbringen.

Das gesetzlich vorgesehene Sachleistungsprinzip endet mit Erteilung eines Aufenthaltstitels, welcher den Ausländerinnen und Ausländern eine längerfristige Aufenthaltsperspektive eröffnet (z.B. Bleiberecht oder Anerkennung als ausländische Flüchtlinge) und der damit verbundenen „Überleitung“ in das SGB II / SGB XII oder mit der Zuerkennung von Leistungen des AsylbLG in besonderen Fällen (= entsprechende Anwendung der Vorschriften des SGB XII).

Die Wohnsituation der Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen nach dem AsylbLG gestaltet sich in Hannover sehr vielfältig.

Der weit überwiegende Teil der Leistungsberechtigten (rd. 75 v.H.) lebt privat in Mietwohnungen oder bei Angehörigen, Freunden und Bekannten.
In diesen Fällen erfolgt keine Unterbringung durch die Behörde.

Sie sind damit auch nicht Teil der Konzeption zur Unterbringung von Flüchtlingen im Bereich der Landeshauptstadt Hannover.
Lediglich etwa 25 v.H. der Leistungsberechtigten sind in Unterkünften der Landeshauptstadt, vorwiegend in Gemeinschaftsunterkünften, vereinzelt auch in von der Verwaltung zur Verfügung gestellten Wohnungen, untergebracht.

1.3 Bisherige Entwicklung
Anfang der 90er Jahre war die Verwaltung durch einen starken Zustrom von AussiedlerInnen und ausländischen Flüchtlingen gezwungen, erhebliche Kapazitäten für die Unterbringung dieser Personen zu schaffen. Bei den Unterbringungseinrichtungen handelte es sich sowohl um feste Gebäude als auch um Modulanlagen.

Seit 1997 waren die Unterbringungszahlen kontinuierlich rückläufig. Dem wurde Rechnung getragen, indem in der Vergangenheit Wohnheime geschlossen bzw. abgebaut wurden. Das letzte im Jahr 2006 vorgelegte Konzept ging ab September 2006 von 390 unterzubringenden Personen aus, wovon für 300 Personen Wohnheimplätze und für 90 Personen Plätze in Wohnungen vorgesehen waren. Der rückläufige Trend bei den Zahlen der unterzubringenden Personen hat jedoch angehalten, so dass weitere Wohnheime geschlossen und Wohnungen aufgegeben wurden. Seit Mai 2010 ist nunmehr wieder ein Anstieg der Asylbewerberzahlen und damit auch der unterzubringenden Personen zu verzeichnen. Die Verwaltung hat daher, die hier vorgelegte Konzeption erarbeitet. Das Konzept zeigt auf wie in der Zukunft die Unterbringung von Flüchtlingen (und Aussiedlern) in Hannover realisiert wird.

1.4 Derzeitiger Sachstand (05.07.2011)
Die Landeshauptstadt Hannover verfügt derzeit über 3 Wohnheime für die Unterbringung von Aussiedlern und ausländischen Flüchtlingen mit insgesamt 235 Plätzen.

Unterkunft
Kapazität
Betreiber
Vertragslaufzeit



Betrieb
Gebäude
Rumannstr. 17/19
85
Caritas
unbefristet
Eigentum der LHH
Hildesheimer Str. 161
100
EFG
14.08.2015
Mietvertrag bis 14.08.2015
Alte Peiner Str. 2 *
50
Fair Facility
17.10.2012
Eigentum der LHH

Zurzeit sind 260 Personen untergebracht, davon 212 in Wohnheimen und 48 in Wohnungen.



______________________________
*Es handelt sich um eine nachgenutzte vorhandene Modulanlage, die maximal bis Mitte Oktober 2012 betrieben wird. Es wird ein Ersatzgebäude an einem alternativen Standort gesucht.
Dabei ist insbesondere zu beachten, dass eine Belegung zu 100 % in den Wohnheimen nicht erreicht werden kann, da im Gegensatz zur der Vergangenheit der Hauptteil der vorsprechenden und zugewiesenen Personen Einzelpersonen sind. Dies hat dazu geführt, dass wieder vermehrt Mehrbettzimmer entstanden sind, da nicht für jede Person ein eigenes Zimmer zur Verfügung steht.


In einem Zimmer, das theoretisch bis zu 7 Personen Platz bietet, bringt die Verwaltung nicht mehr als 4 Einzelpersonen unter und somit sind zwar 3 Plätze rechnerisch frei, aber tatsächlich nicht belegbar. Dies gilt noch mehr, wenn Familien untergebracht sind, z. B. 3 Personen und in den Zimmern niemand zusätzlich untergebracht werden kann.

Das hat dazu geführt, dass die Personen wie folgt untergebracht sind:
Unterkunft
Art der Unterkunft
Personenzahl
Gemeinschaftsunterkunft
Aussiedler- und Flüchtlingswohnheime
175
Gemeinschaftsunterkunft
Obdachwohnheime
37
Wohnungen
Angemietet oder eigene zur Flüchtlingsunterbringung
27
Wohnungen
Obdachwohnungen
21

Die Unterbringungsmöglichkeiten im Obdachbereich werden bereits jetzt zur Unterbringung genutzt, damit die Verwaltung ihrer gesetzlichen Pflicht zur Aufnahme und Unterbringung nachkommen kann. Jedoch sind diese Unterkünfte für einen anderen Personenkreis gedacht, der eine andere soziale Betreuung benötigt, so dass diese Lösung keine langfristige sein kann.

2. Prognose
Im Aussiedlerbereich werden derzeit nur noch vereinzelt Personen zugewiesen – im Jahr 2010 waren es insgesamt nur 3 Personen. Diese Zahl kann daher vernachlässigt werden.

Im Bereich der Flüchtlingsunterbringung dagegen hat sich die Zahl der unterzubringenden Personen wieder deutlich erhöht.

Allein die Zahl der Asylanträge im Jahr 2010 ist im Gegensatz zu 2009 von 33.033 Anträge auf 48.589 Anträge und somit um rund 50 % gestiegen.

Dies hat dazu geführt, dass der Stadt Hannover vom Land im August 2010 erstmals seit Jahren wieder eine Quote aufzunehmender Personen mitgeteilt wurde. Nach den Ausführungen zu dem Erlass hat die Stadt Hannover 492 Personen bis zum Ende 2011 aufzunehmen und unterzubringen.

Hinzu kommt eine nicht unerhebliche Anzahl von Personen, die keinen Antrag auf Asyl gestellt haben, deswegen nicht auf die Quote angerechnet werden, sondern von sich aus vorsprechen und dann ebenfalls unterzubringen sind.

Vor dem Hintergrund, dass diese Zahlen noch nicht die aktuellen Ereignisse in Nordafrika berücksichtigen, kann sich die Quote der aufzunehmenden Flüchtlinge noch erhöhen.

Belastbare – da nicht errechenbare - Zahlen für die Zukunft können nicht genannt werden.

Die Verwaltung geht derzeit davon aus, dass unter Berücksichtigung der o. a. Aufnahmequote sowie der Fluktuation von Flüchtlingen, Kapazitäten für eine Größenordnung von mindestens 450 unterzubringenden Personen vorgehalten werden müssen.

Bei überproportional ansteigenden Flüchtlingszahlen und entsprechenden Zuweisungen des Landes zur Unterbringung von aufzunehmenden Personen, muss evtl. auch eine kurzfristige Ausweitung der vorgenannten Kapazitäten ins Kalkül gezogen werden.

Vor diesem Hintergrund hat die Verwaltung die in der Anlage beschriebene Vorgehensweise in einem gestuften Verfahren entwickelt. Es wird um Zustimmung zu der Vorgehensweise und damit auch um Zustimmung zum Abschluss des Mietvertrages für die Gebäude Haltenhoffstr. 181 und 183 gebeten.

Die Neufassung der Drucksache war erforderlich, da im Rahmen der Diskussionen im Stadtbezirksrat festgehalten wurde, dass die Anmietung der Haltenhoffstr. 181 und 183 für den Zeitraum von 5 bis maximal 8 Jahren erfolgen soll. Bei einer notwendigen Vertragsverlängerung, auf Grund eines vorhandenen Bedarfes, ist eine neue Beschlussfassung der Ratsgremien erforderlich. Auf diese Weise besteht die Möglichkeit, auf Veränderungen im Unterbringungsbedarf kurz- bis mittelfristig reagieren zu können. Dieser Auffassung schließt sich die Verwaltung an.
61.4 
Hannover / 06.09.2011