Drucksache Nr. 1557/2012:
Partizipation von Kindern und Jugendlichen

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
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1557/2012
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Partizipation von Kindern und Jugendlichen

Antrag,

  1. der Umsetzung der nachstehenden konzeptionellen Weiterentwicklung einer sozialräumlich angelegten Partizipation von Kindern und Jugendlichen in Hannover,
  2. der Freigabe von Mitteln in Höhe von bis zu 75.000 € für die Einrichtung einer Personalstelle beim Stadtjugendring e.V. und damit verbundenen Sachkosten

    zuzustimmen.

Der Beschluss erfolgt unter dem Vorbehalt der Genehmigung der Haushaltssatzung.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die Konzeption richtet sich generell an beide Geschlechter. Die Beteiligungsmaßnahmen sind entsprechend ihrem tatsächlichen Anteil in der Bevölkerung differenziert auszuweisen.

In der geschlechterdifferenzierten Kinder- und Jugendarbeit werden Kinder und Jugendliche als Mädchen und als Jungen in ihren jeweiligen sozialen und kulturellen Hintergründen wahrgenommen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfolgen das Ziel, Mädchen und Jungen in ihrer Präsenz zu stärken und Chancengleichheit untereinander zu fördern.

Die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse von Mädchen und Jungen werden spezifisch aufgegriffen und die Angebotsplanung entsprechend bedarfsorientiert vorgenommen, um den unterschiedlichen Bedürfnissen von Mädchen und Jungen gerecht zu werden. Es findet eine besondere Ansprache in Schrift, Wort und Methoden Verwendung, die eine Ausgrenzung des jeweils anderen Geschlechts vermeidet. Hierzu gehört es, Eigenständigkeit und unterschiedliche Ausdrucksweisen zu beachten, aufzugreifen und zu fördern.

Kostentabelle

Darstellung der zu erwartenden finanziellen Auswirkungen in Euro:
Teilfinanzhaushalt 51 - Investitionstätigkeit
Bezeichnung
EinzahlungenAuszahlungen
Zuwendungen für Investitionstätigkeit 0,00 €
Beiträge u.ä. Entgelte für Investitionstätigkeit 0,00 €
Veräußerung von Sachvermögen 0,00 €
Veräußerung von Finanzvermögensanlagen 0,00 €
Sonstige Investitionstätigkeit 0,00 €
  
  
  
Erwerb von Grundstücken und Gebäuden 0,00 €
Baumaßnahmen 0,00 €
Erwerb von bewegl. Sachvermögen 0,00 €
Erwerb von Finanzvermögensanlagen 0,00 €
Zuwendungen für Investitionstätigkeit 0,00 €
Sonstige Investitionstätigkeit 0,00 €
  
Saldo Investitionstätigkeit 0,00 €
0,00 €

Teilergebnishaushalt 51 - Investitionstätigkeit
Produkt 36201
Kinder- und Jugendarbeit
Angaben pro Jahr
Ordentliche ErträgeOrdentliche Aufwendungen
Zuwendungen und allg. Umlagen 0,00 €
Sonstige Transfererträge 0,00 €
Öffentlichrechtl. Entgelte 0,00 €
Privatrechtl. Entgelte 0,00 €
Kostenerstattungen 0,00 €
Auflösung Sonderposten (anteilige Zuwendungen) 0,00 €
Sonstige ordentl. Erträge 0,00 €
  
Außerordentliche Erträge 0,00 €
  
Erträge aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Personalaufwendungen 0,00 €
Sach- und Dienstleistungen 0,00 €
Abschreibungen 0,00 €
Zinsen o.ä. (TH 99) 0,00 €
Transferaufwendungen 75.000,00 €
Sonstige ordentliche Aufwendungen 0,00 €
  
Saldo ordentliches Ergebnis -75.000,00 €
Außerordentliche Aufwendungen 0,00 €
Saldo außerordentliches Ergebnis 0,00 €
Aufwendungen aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Saldo aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Saldo gesamt -75.000,00 €

Begründung des Antrages

Die Verwaltung legt als Ergebnis einer Diskussion mit dem Kreisjugendwerk der Arbeiterwohlfahrt (KJW) und JANUN e.V. als Träger von mobilen Beteiligungswerkstätten, dem Verein Politik zum Anfassen e.V. als durchführender Kooperationspartner von „Pimp your Town“ sowie dem Stadtjugendring e.V., die konzeptionellen Grundlagen zur Umsetzung des Ratsauftrages (DS 1896/2011) vor.
1. Grundlage der Kinder- und Jugendbeteiligung

"Global denken und lokal handeln" lautet der Grundsatz für den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen seit der Klimakonferenz der Vereinten Nationen von 1992 in Rio. Diejenigen, die politische und pädagogische Verantwortung tragen, sind sich seitdem einig, dass zu einer Perspektive der Menschheit neben einer nachhaltigen Entwicklung auch die Förderung und Umsetzung von Beteiligung und Partizipation gehört.

Zum Anliegen von Sozialisation in der Kinder- und Jugendarbeit gehört daher das Ermöglichen von Partizipation der nachwachsenden Generation als Grundlage des Lebens
und Lernens. Durch die Betroffenheit und Verarbeitung von Erfahrungen des Beteiligtseins entfaltet sich langfristig die Wahrnehmung von Verantwortung im Nahbereich der Menschen. Dazu gehört auch der kommunale Wirkungszusammenhang. Wo Kinder und Jugendliche in das politische und institutionelle Geschehen eingebunden werden, eröffnen sich ihnen vielfältige Handlungs- und Lernfelder. Partizipation schafft damit einen Erfahrungszugewinn in Lebenswelten, die früher für die Einflussnahme junger Menschen wenig zugänglich waren. Dies ermöglicht die Erweiterung des persönlichen Handlungsrepertoires und die Entwicklung neuer Kompetenzen.

Partizipation ist ein Schlüssel für gelingende Aneignungs- und Bildungsprozesse. Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Beteiligung und Mitgestaltung. Dieses Recht gehört zur Basis unserer Demokratie und wurde in den letzten Jahrzehnten in zahlreichen internationalen und nationalen Gesetzestexten festgeschrieben: beispielsweise in der UN Kinderrechtskonvention, im Bürgerlichen Gesetzbuch, im Baugesetz, im Kinder- und Jugendhilfegesetz sowie in den einzelnen Ländergesetzen.

2. Partizipation in Hannover

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen kann in Hannover auf eine langjährige Tradition zurückblicken und ist im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit ein wichtiges Handlungsfeld. Insbesondere in den Jugendverbänden bildet Partizipation in Form von Selbstorganisation eine traditionell wesentliche Grundlage im Selbstverständnis der Organisationen und die Basis für demokratische Prozesse. Darüber hinaus hat der Rat der Stadt Hannover bereits vor über zehn Jahren ein Budget zur Durchführung von Beteiligungsprozessen bereitgestellt. Aus diesen Mitteln wurden zunächst einzelne Projekte gefördert, später die Personalstellen bei den Trägern JANUN e. V. und dem Kreisjugendwerk der AWO teilweise abgesichert. Andere Initiativen und Organisationen wie z. B. „Politik zum Anfassen e.V.“ ergänzten die Angebote. Auf dieser strukturellen Basis wurde eine Vielzahl von Beteiligungsprojekten durchgeführt, die hier nur beispielhaft aufgezählt werden können:
2.1 Projekte und Maßnahmen

Von der Rathausschule zu „Rathaus live“
Das Projekt Rathausschule wurde in Zusammenarbeit vom Fachbereich Planen und Stadtentwicklung mit dem Fachbereich Jugend und Familie entwickelt. In dieser Form wird es seit ein paar Jahren nicht mehr durchgeführt. Es wurde von „Rathaus Live“ abgelöst. Im Rahmen dieses Projekts demokratischer Teilhabe bearbeiten Schulklassen Themen, die in den Ratsgremien diskutiert werden. Der weitergehende Umgang mit diesen Inhalten wird durch Besuche der Ratsgremien nachvollzogen und im Unterricht weiterbehandelt.

Rathaus-Rallye
Neukonzeption einer Rallye durch das Neue Rathaus von Hannover, in der SchülerInnen selbständig das Neue Rathaus entdecken können und dabei Sachverhalte der kommunalen Selbstverwaltung erlernen.

„Pimp Your Town“
Ein in Bezug auf die Funktionsweisen der Kommunalpolitik und der Ratsgremien weitergehendes Beteiligungsprojekt stellt „Pimp our Town“ dar. Im Rahmen eines Planspiels wird die Zusammenarbeit unterschiedlicher Ratsgremien einschließlich der Simulation einer Ratssitzung von Schulklassen nachvollzogen. Die Ideen und Vorschläge der beteiligten Schülerinnen und Schüler werden in der Regel von den Ratsfraktionen aufgegriffen und in konkrete Stadtpolitik umgemünzt. Zur weiteren Bearbeitung werden Fachverwaltungen der Landeshauptstadt jeweils mit der Bitte um Beratung und Stellungnahmen einbezogen.

Umfrage1417
Eine Schulklasse führt eine Befragung zum Thema „Freizeitverhalten und Lebensqualität der Jugendlichen im Orts- oder Stadtteil“ durch, wertet diese aus und präsentiert die Ergebnisse der Öffentlichkeit zusammen mit dem Medienbus der Landeshauptstadt Hannover.

Ortsrat zum Anfassen
Das Projekt ist ein Planspiel zur Rats- bzw. Bezirksratsarbeit, bei dem SchülerInnen in der Rolle von PolitikerInnen, Anträge und Anfragen erarbeiten und in einer simulierten Sitzung beraten.

Sahlkamp - Charta
SchülerInnen entwickeln ein Regelwerk für den Stadtteil Sahlkamp. Von vier ansässigen Schulen recherchieren sie Positionen anderer BewohnerInnen und bilden anschließend, in Anlehnung an existierende politische Strukturen, ein Parlament im Rathaus, wo sie Inhalt, Sanktionen und Verbreitungsmöglichkeiten der Charta beraten und beschließen. Eine Schulklasse begleitet den Prozess journalistisch.

Stadtbesitzer
Im Rahmen des "Communauten-Programms" der Stiftung Niedersachsen erstellen SchülerInnen Stadtteilrallyes mit kommunal- und wirtschaftspolitischem Bezug, mit denen sich SchülerInnen selbständig kommunalpolitisches Wissen aneignen können.

Kinderstadt
In einem mehrtägig angelegten Planspiel simulieren Kinder das System einer Stadtgesellschaft mit allen Gewerken, Institutionen, Verwaltung und Politik. Dazu werden den Kindern Strukturen angeboten, in denen sie demokratische Verhältnisse gemäß des Aufbaus einer Stadtverwaltung abbilden, Betriebe betreiben, dort ausbilden und auf Jobsuche gehen. Nicht selten wird auch eine eigene Kinderstadtwährung eingeführt.

Verkehrswegesicherung
Kinder erkunden ihren Schulweg und zeigen Erwachsenen Gefahrenstellen aus ihrer Perspektive. Dazu werden kindgemäße Dokumentations- und Beobachtungsunterlagen erstellt, begleitete Begehungen durchgeführt und Modelle gebaut. Die Ergebnisse finden Eingang in die Fachverwaltungen und, wenn die Ideen zu mehr Sicherheit auf dem Schulweg führen und die Voraussetzungen erfüllt sind, auch realisiert.

Kinderstadtpläne
Um sich in ihrem Stadtteil besser zurechtzufinden und sich wichtige Orte anzueignen, weisen Kinder in eigens zu diesem Zweck erarbeiteten Kinderstadtplänen auf ihre Lieblingsorte, Ausflugsziele und Sehenswürdigkeiten hin. Diese Kinderstadtpläne werden in den entsprechenden Stückzahlen erstellt. Sie sind optisch kindergerecht professionell gestaltet und kostenlos zu erhalten.

Weltkindertag und Kinderrechte
In der UN-Kinderrechtskonvention (KRK) werden alle Personen unter 18 Jahren als Kinder definiert und es wird bekräftigt, dass allen Kindern alle Menschenrechte zustehen. Den Kinderrechten in der UN-KRK liegen vier zentrale Grundprinzipien zugrunde: Nichtdiskriminierung, Vorrang des Kindeswohls, Recht auf Entwicklung und Berücksichtigung der Meinung des Kindes. Darüber hinaus finden sich in dem „Gebäude der Kinderrechte“ aus insgesamt 54 Artikeln zahlreiche weitere Rechte von Kindern, die sich in Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechte unterscheiden lassen. Im Rahmen breit angelegter Beteiligungsprojekte wurden Inhalte und Bedeutung der Rechte der Kinder vermittelt und in unterschiedlichen Settings mit Erwachsenen als außerschulische Bildungsdiskurse thematisiert. Aus diesem Ansatz heraus kristallisierten sich auch Aktivitäten zum „Recht auf Spielen“ anlässlich des Weltspieltags.

Entwicklung von Mitbestimmungsstrukturen


Verschiedene Projekte in Stadtteilen mit Kindern oder mit Jugendlichen hatten zum Ziel, den Umgang mit Normen und Werten als Regelwerk zu vereinheitlichen. Dazu wurden verschiedene Formen der Organisation wie Kinder- und Jugendparlamente oder auch Stärkung der Schülervertretungen durchgeführt. Soweit darüber hinaus auch inhaltlich gearbeitet wurde, standen Themen zu Umwelt und Nachhaltigkeit, Migration und Integration und Bedarfsanalysen zur Angebotsstruktur für Kinder- und Jugendliche im Vordergrund. Auch Einrichtungen für die offene Arbeit mit Jugendlichen entwickelten mit ihren Gruppen Beteiligungsstrukturen.

Freiraumgestaltung
Ein Vielzahl von Projekten zur Gestaltung von Spielplätzen, Freiflächen und Stadtplätzen in Kooperation mit dem Fachbereich Umwelt und Stadtgrün sowie Projekte zur Gestaltung von Räumen in Kindertagesstätten, in Jugendtreffs und in Schulen einschließlich entsprechender Außenflächengestaltung bildeten eine Zeit lang den Schwerpunkt der Beteiligungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen.

Programm „Soziale Stadt“
Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen ist im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ obligatorisch. Aufgrund des vielfältigen und erfahrungsreichen Hintergrunds der Träger, die Beteiligungsprojekte im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit durchführen, wurden Methoden dieser Form außerschulischer Bildung für Bau- und Planungsprozesse nachgefragt.

Demokratie ist machbar – Jugendbeteiligung in Jugendzentren
In einem auf drei Jahre angelegten Beteiligungsprojekt im Jugendzentrum Buchholz wurden exemplarisch Formen und Methoden entwickelt, wie auch dreißig Jahre nach der
Hochzeit der Selbstverwaltung in Jugendzentren Partizipation umgesetzt und etabliert werden kann.

Fortbildung Multiplikatorenschulung
Die Verwaltung wurde beauftragt, unter Beteiligung kompetenter Kooperationspartner ein Weiterbildungskonzept zur Steigerung selbstständig durchgeführter Beteiligungsprozesse in Einrichtungen der Jugendhilfe unter Bedingungen, die eng mit der Realität der Beteiligungspraxis und -standards in Hannover verknüpft sind, zu realisieren. Es umfasste über alle Module hinweg 175 Stunden Ausbildung. Insgesamt wurden über 40 ExpertInnen mit besonderen ModeratorInnenkompetenzen für Beteiligungsprozesse in Hannover ausgebildet.
2.2 Aktuelle neue Entwicklungen

Neuorganisation der Kinder- und Jugendarbeit
Die Neuorganisation ist ein grundsätzlich auf Partizipation von Kindern und Jugendlichen angelegtes Konzept. Wesentliches Element der Neuorganisation ist eine Sozialraumanalyse in den Sozialräumlichen Koordinierungsrunden, welche unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen selbst und unter Anwendung von altersgemäßen Partizipationsmethoden durchgeführt wird. Dabei kommen jeweils auch aufsuchende Arbeitsansätze zum Tragen.

Die beiden mobilen Beteiligungswerkstätten „Linie 21“ sowie „Rollende Baustelle“ sind beauftragt, im Rahmen der Arbeit der Sozialräumlichen Koordinierungsrunden die MitarbeiterInnen aus den Einrichtungen für die Kinder- und Jugendarbeit in der Anwendung jugendgerechter Methoden der Sozialraumanalyse auszubilden. Die Fachkräfte sollen von ihnen in die Lage versetzt werden, mit Kindern und Jugendlichen aus ihrem Sozialraum und Einzugsgebiet entsprechende Projekte zu entwickeln, durchzuführen und auszuwerten. Dieses Programm ergänzt die extern durchzuführenden Sozialraumanalysen.

Jugend und Stadtentwicklung
Mit der Bedeutung der unterschiedlichen Formen Jugendlicher, sich urbane Räume anzueignen und der Erkenntnisse um die Bedeutung ihrer Bewegungs- und Aneignungsmuster im städtebaulichen Kontext gewinnt der Einbezug Jugendlicher in stadtplanerische Vorhaben an Bedeutung: „Jugend im Quartier“, „Ringlinie 100/200“, Events an ungewöhnlichen Orten (Parkhaus - Jam) und „Jugend bewegt Stadt“ sowie „Das Plus entwickeln“ stehen als Beispiele dafür, wie in einem interdisziplinären Rahmen unter Einbezug verschiedener Fachbereiche „Jugend und Stadtentwicklung“ zusammengebracht wird.


Beirat zur Förderung von Jugendkulturen
Auch im kulturellen Zusammenhang wird eine Idee realisiert, die es Initiativen Jugendlicher ermöglicht, „unkompliziert und verwaltungsvereinfacht“ ihre Ideen zu realisieren. Zur Durchführung haben die Ratsgremien einen Beirat berufen, der sich aus jeweils szenekundigen ExpertInnen zusammensetzt.
2.3 Arbeitsgruppe Kinder- und Jugendbeteiligung

Zwischen den beiden bisher von der Landeshauptstadt Hannover geförderten Beteiligungsträgern (Linie 21, Rollende Baustelle) und dem Bereich Kinder- und Jugendarbeit der Stadt hat sich in den vergangenen Jahren eine regelmäßig tagende Arbeitsgruppe entwickelt. In der Arbeitsgruppe werden die verschiedenen Beteiligungsideen, Projektentwicklungen und konkrete Maßnahmen fachlich beraten und Aktivitäten gegenseitig abgestimmt. Die Arbeitsgruppe tagt etwa vier Mal jährlich auf Einladung des Bereichs Kinder- und Jugendarbeit. Zukünftig können auch der Verein „Politik zum Anfassen e.V.“ und der im Folgenden beschriebene neue Ansatz der Kinder- und Jugendbeteiligung des Stadtjugendringes e. V. in der Arbeitsgruppe mitarbeiten.
2.4 Mehrbedarfsanzeigen

Die Beteiligungswerkstätten JANUN (Linie 21) und Kreisjugendwerk der AWO (Rollende Baustelle) haben gegenüber der Verwaltung zum Ausdruck gebracht, dass ihre langjährige Projektarbeit seit Jahren nicht auskömmlich ist. Zur Absicherung ihrer Stellen seien sie verpflichtet, zusätzliche Mittel zu akquirieren, was sich zusehend als besonders schwierig erweist, nicht zuletzt, weil sie in Hannover über vierzig ModeratorInnen für Beteiligung ausgebildet haben. Die beiden Träger können zwischenzeitlich mit ihrem klassischen Ansatz „Planen mit Phantasie“ als Urgesteine in der Beteiligungstopografie Hannovers angesehen werden. Der Verein "Politik zum Anfassen e.V." hat ebenfalls einen derartigen Bedarf signalisiert.
3. Sozialräumlich angelegte Partizipation von Kindern und Jugendlichen im Stadtjugendring e. V.

Als Ergänzung zu den bestehenden Partizipationsansätzen in der Stadt Hannover soll gemäß Beschluss aus der DS 1896/2011 beim Stadtjugendring e.V. eine hauptamtliche Stelle für eine/n pädagogischen Mitarbeiter/in eingerichtet werden. Zu den Aufgaben der/des Stelleninhaber/in gehört die Entwicklung, Koordination und Durchführung der vom Stadtjugendring e. V. entwickelten Partizipationsprojekte. Die Autonomie der bestehenden Träger in Bezug auf Entwicklung und Durchführung eigener Maßnahmen bleibt hiervon unberührt.

Partizipationsprojekte sind, wie alle anderen Vorhaben auch, in erster Linie als sozialräumliche Vorhaben zu konzipieren und in enger Abstimmung mit den Strukturen der Neuorganisation der Kinder- und Jugendarbeit durchzuführen. Von der Einrichtung der neuen Stelle werden Impulse erwartet, um die Weiterentwicklung der Partizipations- und Beteiligungskultur in Hannover zu forcieren.

Die Stelle soll in der Zentrale des Stadtjugendringes angesiedelt werden, eine entsprechende Infrastruktur steht dort bereit. Es ist mit Personalkosten in Höhe von ca. 50.000 € zu rechnen. Sachmittel zur Umsetzung konkreter Partizipationsprojekte sollen dem Stadtjugendring e. V. bis zu 25.000 € zur Verfügung gestellt werden. Die Zusammenarbeit soll über die Arbeitsgruppe Kinder- und Jugendbeteiligung (siehe 2.3) gewährleistet werden.

3.1 Projektskizze

Im Folgenden wird eine erste Projektidee seitens des Stadtjugendringes beschrieben, die beispielhaft aufzeigen soll, in welchem Rahmen die zukünftige Stelle und Mittel eingesetzt werden könnten. Die Idee setzt sich zusammen aus einem aufsuchenden Moment (das Rote Sofa) und hat im weiteren einen Vernetzungsaspekt, in dem konkrete Vereinbarungen z.B mit Politik getroffen werden können und weitere Akteure aus dem Sozialraum angesprochen werden (Verwaltung, freie Träger, etc. ). Im Verlauf des Projektes können sich weitere Ideen entwickeln.

a. Das Rote Sofa
Das Rote Sofa ist ein signifikantes Symbol, dient als Medium im städtischen Raum und wird dort platziert, wo sich Jugendliche aufhalten. Es ist Anziehungspunkt, hat Aufforderungscharakter und ermuntert, insbesondere durch die pädagogische Begleitung und ein technische Team, Jugendliche sich zu Fragen ihres Lebens in der Stadt zu äußern. Gemäß einem Interviewleitfaden mit möglichst persönlichen und ihre Lebenswelt betreffenden Themen werden Jugendlichen befragt. Die Jungen und Mädchen sitzen auf einem Sofa, es wird ein Gespräch geführt und ggf. dabei aufgenommen. Die Aufnahmen werden aufbereitet

Ergänzend können auch PolitikerInnen auf dem Sofa sitzen und sich dem Gespräch und den Fragen der Jugendlichen stellen. Zielorte für das „Rollende rote Sofa“ sind die Treffpunkte und Aufenthaltsorte von Jugendlichen in der Stadt. (Supermärkte, Plätze, Haltestellen, Baggerseen, Schwimmbäder, Parkhäuser, Spielplätze, Jugendzentren etc.)

Das Sofa steht auf einem erkennbaren Anhänger, der entsprechend gestaltet ist und von einem ebenfalls erkennbaren Bulli gezogen wird. Zur Besatzung gehören zwei MitarbeiterInnen, die das Fahrzeug und das Sofa bedienen.

Materielle Ausstattung / Kosten /Personal
Zum Projekt gehören ein Fahrzeug, ein Sofa, ein Büro mit einer entsprechenden Ausstattung und eine Personalstelle. Die Kosten sind aus dem in der DS 1896 / 2012 bereitgestellten Ansatz zu bestreiten. Die einzustellende Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter muss entsprechende Qualifikationen vorweisen.

b. „place 4 you (th)“
Die Ergebnisse des roten Sofas können beispielsweise in einer zeitlich bestimmten Phase im Ablauf eines (Schul-) Jahres in den Sozialräumen mit Jugendlichen im Rahmen eines Partizipationsprojektes aufgegriffen werden, indem mit StadtbezirkspolitikerInnen zu den Ergebnissen gearbeitet wird.

Möglich ist es auch, die verschiedenen Gruppen von Kindern und Jugendlichen im Sozialraum an ihren Orten aufzusuchen und in pädagogisch betreuten Workshops ihre Belange aufzugreifen. Danach können sich gemeinsame Veranstaltungen mit den (für Kinder und Jugendliche zuständigen) BezirksratspolitikerInnen sowie mit MitarbeiterInnen aus den entsprechenden Bereichen der Verwaltung ergeben. Der Verlauf gliedert sich in konkrete Phasen, die jeweils zu präzisieren sind.

Einordnung in und Vernetzung mit bestehenden Strukturen
Ein solches Projekt würde eine wesentliche Ergänzung der Arbeit der sozialräumlichen Koordinationsrunden bieten, weil, es den Jungen und Mädchen als unabhängiger Akteur gegenüber tritt. Es bedient sich in seiner Arbeit sozialräumlicher Methoden. Das Projekt grenzt sich gegenüber „Pimp your Town“ dadurch ab, dass es in eine offene Struktur hineinwirkt.

Bezüglich der real anzusetzenden Mittel (Ernstcharakter!) sind frühzeitig Kontakte zu den Bereichen Kinder- und Jugendarbeit, Umwelt und Stadtgrün sowie Stadtplanung aufzunehmen. Einzubeziehen sind auch die BezirksbürgermeisterInnen und -räte. Dies betrifft insbesondere die Bereiche, in denen es um konkrete Investitionen im Freiraum geht. Vermieden werden müssen dabei jugendferne Parallelstrukturen, die die Gremienwelt der Erwachsenen abbilden oder gar mehrheitlich mit Erwachsenen besetzt sind.

Transparenz
Jugendliche sollen in jeder Phase des Projektes „im Bilde darüber sein“, was aus ihren Ideen geworden ist und auf welchem Stand der Umsetzung sich ihr Projekt befindet. Gängige Verfahren der Benachrichtigung per Brief oder E-Mail (Niedrigschwelligkeit) scheiden dabei als alleinige Kommunikationswege aus. Zu denken ist eher an die Möglichkeiten sozialer Netzwerke, in denen über Ergebnisse und Zwischenschritte informiert werden kann (blogs / Twitter). Hier können auch Videosequenzen eingestellt werden. Über die sozialen Netzwerke wird es möglich sein, den Kontakt zu Cliquen zu halten, die nicht organisiert sind, aber durch diese Beteiligungsmethode aktiviert werden konnten.

Trägerschaft
Träger des Projekts wird der Stadtjugendring e.V. sein. Er trägt dafür Sorge, dass beteiligte Stellen, die Fachverwaltung, Bezirksräte sowie auch das Stadtbezirksmanagement und die MitarbeiterInnen in den Einrichtungen einbezogen werden.
4. Weiteres Verfahren

Bereits in der Phase der Entwicklung der hier grob skizzierten Projektansätze, die sich von den bisherigen Projektideen dadurch unterscheiden, dass sie in eine „offene Struktur“ hineinwirken und im Sinne der in der Neuorganisation akzentuierten „aufsuchenden Arbeit“ verknüpft sind, hat es bei anderen Trägern, die Partizipationsprojekte durchführen, erste Reaktionen gegeben. Beispielsweise gibt es von Seiten der Träger der Linie 21, Rollende Baustelle und Politik zum Anfassen Klärungsbedarf bezüglich einiger konzeptioneller Überlegungen in Bezug auf die Projektidee „Rotes Sofa“. Darüber hinaus bestehen bereits weitere Projektideen, die den sozialräumlichen und aufsuchenden Aspekt aufgreifen.

Es wird daher Aufgabe der Arbeitsgruppe Kinder- und Jugendbeteiligung sein, vorhandene Ideen und Arbeitsansätze weiter zu entwickeln sowie eine offene Jugendbeteiligung mit der Erreichbarkeit derjenigen, die bisher wenig oder gar nicht erreicht werden konnten, auszubauen.

Dem Jugendhilfeausschuss soll ein Auswertungsbericht des Projektträgers vorgelegt werden.
51.5 
Hannover / 20.06.2012