Informationsdrucksache Nr. 1510/2024:
HannoverAktivPass: Entwicklung der Teilhabeleistungen

Inhalt der Drucksache:

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1510/2024
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HannoverAktivPass: Entwicklung der Teilhabeleistungen

Mit dem HannoverAktivPass (HAP) wurde in der Landeshauptstadt Hannover im Jahr 2009 erfolgreich ein Teilhabeinstrument eingeführt, mit dem einkommensschwachen Menschen der Zugang zur gesellschaftlichen Teilhabe vereinfacht bzw. ermöglicht wird.

Da besonders Kinder und Jugendliche von den ermäßigten Angeboten profitieren, zählt der HAP zu den Schlüsselmaßnahmen des „Hannoverschen Wegs“ für Perspektiven von Kindern in Armut, der maßgeblich dazu beiträgt, ihnen Zugänge zu Bildung, Sport, Kultur, Freizeit und Sozialem zu öffnen. Die Folgen von Einkommensarmut bereits so früh wie möglich abzumildern und Kindern und Jugendlichen in allen Altersphasen soziale und kulturelle Teilhabe-, Gesundheits- und Bildungschancen zu bieten, war auch Konsens auf dem Ende Mai 2024 von der Koordinationsstelle Sozialplanung (Dezernat III) im Auftrag der Ratsgremien (DS H-0252/2022) durchgeführten Fachtag zum Thema „Armut und Teilhabe“.

Zum Doppelhaushalt 2021/2022 wurde eine im Verwaltungsentwurf vorgeschlagene Kürzung des Haushaltsansatzes für den HannoverAktivPass (HAP) in Höhe von rd. 300.000 € im Produkt 35102 (Bürgerschaftliches Engagement und soziale Stadtteilentwicklung) vom Rat beschlossen und etatisiert. Die Kürzung basierte auf der Annahme, dass über den HAP in Anspruch genommene Teilhabeleistungen über Bundesmittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT, Zuständigkeit Region Hannover) finanziert und so kommunale Kosten gesenkt werden können.

Parallel dazu beschloss der Rat den Haushaltsbegleitantrag H-0140-2021, mit dem die Verwaltung aufgefordert wurde, die Konsequenzen der Umsetzung der Kürzung beim HAP unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte zu prüfen, um eine abschließende Entscheidung zu der Kürzung zu treffen.

Mit der folgenden Informationsdrucksache und Anlage 1 legt die Verwaltung dem Sozialausschuss nun die entsprechende Auswertung zur finalen Entscheidungsfindung dar.

Darstellung der Entwicklung des HAP seit 2019:



Durch Eintreten der COVID-19-Pandemie, in deren Folge Kontaktverbote und Einrichtungsschließungen zu einer wesentlich geringeren Inanspruchnahme der Teilhabeangebote und Erstattungen über den HAP führten, konnte die Kürzung in den Jahren 2021 und 2022 aufgefangen werden. Auch übertragene Haushaltsmittel aus den Vorjahren machten dies möglich.

Im abgeschlossenen Haushaltsjahr 2023 hat sich mit 127.383 Nutzungen des HAP die Inanspruchnahme des Teilhabeinstrumentes im Vergleich zu den Jahren vor der Pandemie wieder normalisiert, so dass die Verwaltung nun erstmalig einen Überblick gewinnen konnte über ein vollständiges Jahr ohne Pandemieauswirkungen. Auf dieser Grundlage kann nun dargestellt werden, ob die zur Verfügung stehenden gekürzten Mittel ohne Einschränkung der Teilhabemöglichkeiten für die Berechtigten auskömmlich sind.

Detail-Übersicht der Entwicklungen der Erstattungen über den HannoverAktivPass:


2019
2020 *
2021 *
2022
2023 **
HH-Ansatz für
HAP-Erstattungen (€)
730.000
730.000
421.310
430.498
437.000
Genehmigte Übertragung von Haushaltsresten aus den Vorjahren (€)
-
-
-
214.000
100.000
Ausgezahlte HAP-Erstattungen (€)
661.100
405.900
381.000
527.400
649.000 **
Ausgestellte Aktivpässe
93.258
99.824
103.776
104.555
112.966
Gemeldete Nutzungen HAP
115.400
59.042
45.016
101.206
127.383
* Hochphase der Corona-Pandemie
** Der trotz Übertragung von Haushaltsresten aus den Vorjahren verbliebene Mehraufwand für Erstattungen 2023 konnte einmalig durch nicht verbrauchte Mittel im Produkt 35102 (Bürgerschaftliches Engagement und soziale Stadtteilentwicklung) gedeckt werden.

Die Tabelle zeigt, dass die gekürzten Mittel im Jahr 2023 nicht auskömmlich waren, da der Haushaltsansatz von 437.000 € durch Erstattungen im Umfang von rd. 649.000 € um 212.000 € überschritten wurde.
Darüber hinaus zeigt die Tabelle, dass die Anzahl der Berechtigten bzw. der ausgestellten Aktivpässe im Verlauf der Jahre stetig ansteigt. Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Berechtigten u.a. auf Grund weiterer angekündigter Wohngeldreformen ansteigen wird.

In Folge dessen muss entweder der Haushaltsansatz wieder erhöht werden oder entschieden werden, welche Teilhabeleistungen zukünftig nicht mehr über den HAP ermöglicht werden sollen.

Berücksichtigung der Anforderungen des HH-Begleitantrags H-0140-2021:



Gemäß Ratsauftrag (H-0140-2021) wurde die Verwaltung aufgefordert sicherzustellen,

1. dass die Kürzung der Haushaltsansätze beim HannoverAktivPass nicht dazu führt, dass berechtigte, nicht durch Bundesmittel zu realisierende Teilnahmen nicht mehr gewährt werden können,

2. die Kürzung bzw. daraus erwachsende Verwaltungsprozesse zurückzunehmen,


a) wenn sie sich nicht umsetzen lässt, ohne dass Teilhabeleistungen kontingentiert werden müssen,

b) wenn Änderungen der Bundesgesetzgebung zu Ungunsten von Teilhabeleistungen der Berechtigten im HannoverAktivPass erfolgen,

c) wenn die Kürzung und daraus erwachsende Verwaltungsprozesse dazu führen, dass für den HannoverAktivPass mehr Bearbeitungskosten anfallen, so dass weniger Mittel den Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zur Verfügung stehen.

Die Verwaltung nimmt zu den Aspekten des HH-Begleitantrages wie folgt Stellung:

Zu 1.:

Prüfung der Annahme, dass über den HAP in Anspruch genommene Teilhabeleistungen über Bundesmittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT, Zuständigkeit Region Hannover) finanziert werden:

Bereits kurz nach Einführung des BuT wurde den politischen Entscheidungsträger*innen mit der Beschlussdrucksache 1446/2012 (Fortführung des HAP) dargestellt, dass auch das BuT z.B. die Übernahme von Sportvereinsbeiträgen vorsieht (vgl. die u.g. Übersicht). In den Gremien des Rates wurde – dies berücksichtigend – dennoch die Weiterführung des HAP unter den bis dato geltenden Regeln einstimmig beschlossen.

Demgegenüber basiert die im Haushalt 2021/2022 verankerte Kürzung der HAP-Mittel auf der Annahme, dass über den HAP in Anspruch genommene Teilhabeleistungen über Bundesmittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT, Zuständigkeit Region Hannover) finanziert und so kommunale Kosten gesenkt werden können. Vor diesem Hintergrund sind im Folgenden die Leistungen des Bundesteilhabegesetzes (BuT) für Kinder und Jugendliche denen des HannoverAktivPasses tabellarisch gegenübergestellt:

Kostenübernahme über das
Bildungs- und Teilhabepaket (BuT)
Kostenübernahme über den
Hannover-Aktiv-Pass (HAP)
Ausflüge und Fahrten mit Schule, Kita und Kindertagespflege
Keine Erstattung über den HAP
Mittagessen in Schule, Kita und Kindertagespflege
Keine Erstattung über den HAP
Schulbedarf
Keine Erstattung über den HAP
Schüler*innenbeförderung
Keine Erstattung über den HAP
Lernförderung
Keine Erstattung über den HAP
Leistungen zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft:
Über BuT-Mittel bezuschusst werden Unternehmungen, die eine Freizeitgestaltung von Kindern und Jugendlichen in der Gemeinschaft fördern: Schwimmkurse, Vereinsmitgliedschaften, Freizeiten, Musikunterricht u.ä..
Pro Person stehen hierfür monatlich max. 15 € zur Verfügung, die auf verschiedene Angebote aufgeteilt oder für eine größere Aktivität angespart werden können.
(Quelle: Region Hannover)
HAP-Ermäßigungen für
· Eintritt in Schwimmbäder, Herrenhäuser Gärten, Museen, Theater, Kinoschule und andere kulturelle Veranstaltungen
· Teilnehmer*innenbeiträge bei Schwimmkursen, Musikunterricht, Freizeit- und Bildungsangeboten
· Ferienfreizeiten und Feriencard
· Kinderkultur-Abo, Kurse in Stadtteilzentren, Kulturtreffs, Kunstschulen
Der Tabelle lässt sich entnehmen, dass es in der Kategorie der BuT-Leistungen „zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft“ Überschneidungen zum HAP gibt. Für diese Kategorie von BuT-Leistungen liegt der monatliche Höchstbetrag insgesamt bei max. 15 € pro Kind/Jugendlichem. Da sich mittels 15 € in der Regel nur ein einzelnes Angebot (re)finanzieren lässt, müssen sich Eltern in der Folge entscheiden, welche der Teilhabeleistungen sie für ihr Kind über das BuT in Anspruch nehmen und welche nicht.

Alle Berechtigten werden beim Versand des HAP auf die vorrangige Nutzung des BuT hingewiesen. Durch den HAP können also zusätzliche Teilhabeleistungen wahrgenommen werden, so dass für ein Kind z.B. der Sportvereinsbeitrag über das BuT finanziert werden könnte, das Kind über den HAP aber zusätzlich auch Schwimmen lernen kann (oder umgekehrt).

Vor diesem Hintergrund lässt sich aus Sicht der Verwaltung nicht von einer Doppelfinanzierung sprechen, sondern von einem ergänzenden Teilhabeinstrument und einem Mehrwert an Teilhabe, der hannoverschen Kindern nur durch eine Kombination beider Angebote zu Gute kommt.

Zu 2.:

Mehrkosten durch erhöhten Personaleinsatz:

Ein signifikanter Unterschied zwischen dem HAP und dem BuT liegt aus Sicht der Verwaltung im jeweiligen Verfahren und entsprechend nötigen Personaleinsatz.

Der HAP wird nach Stichtagserhebung im Oktober einmal zum Jahreswechsel automatisch, d.h. ohne Antragstellung an den Kreis der Berechtigten verschickt und darüber hinaus unterjährig für Neu-Berechtigte je nach Leistungsbezug von den Bürgerämtern oder den Sachbearbeiter*innen im Fachbereich Soziales ausgestellt. Die Erstattungen werden kumuliert von den jeweiligen Einrichtungen / Kooperationspartner*innen beim Bereich 50.5 abgerufen. Dieses Verfahren wurde mit den Drucksachen DS 0868/2009 N1 und DS 0978/2011 vom Rat beschlossen, um ein explizit niedrigschwelliges Teilhabeinstrument zu etablieren und den Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten.

Um Leistungen nach dem BuT zu bekommen, muss demgegenüber eine individuelle Antragstellung erfolgen, die auf Basis des Anspruchs des Kindes/Jugendlichen geprüft wird. In Folge dessen liegt der Personaleinsatz für das BuT bei der Regionsverwaltung deutlich höher als bei der LHH für den HAP. Für die Sachbearbeitung des HAP im Bereich 50.5 stehen 1,25 Stellen zur Verfügung, über die die Erstattungen an Einrichtungen / Kooperationspartner*innen geprüft und ausgezahlt werden, die Organisation von Druck und Massenversand des HAP einmal jährlich an rd. 110.000 Hannoveraner*innen erfolgt und über die das Info-Telefon (Hotline) für Auskünfte, Rückfragen und die Prüfung der Berechtigung zum Erhalt des HAP und der Region-S-Karte bedient wird.

Die personenbezogenen Daten der HAP-Berechtigten werden in den Jobcentern, in den Bereichen 50.1, 50.2, 50.3 und 57.1 erhoben, in einer gesicherten Cloud der Druckerei zur einmaligen Verwendung für den Massenversand zur Verfügung gestellt und anschließend gelöscht. Der Bereich 50.5 erhebt für den Kreis der Berechtigten selbst keinerlei Daten und nimmt auch keine Datenspeicherung vor, so dass personenbezogene Abgleiche der Inanspruchnahme von BuT- und HAP-Leistungen nicht möglich sind.

Eine Umstellung des Verfahrens beim HAP auf ein individuelles Antragsverfahren, um personenbezogene Abgleiche mit BuT-Leistungen anzustellen und potenzielle Überschneidungen durch BuT und HAP auszuschließen, würde aus Sicht der Verwaltung die Niedrigschwelligkeit dieses Teilhabeinstrumentes verringern und Verwaltungsprozesse mit erheblich höherem Personaleinsatz bzw. -kosten für Einzelprüfungen nach sich ziehen. Diese zusätzlichen Kosten müssten voraussichtlich zu Lasten der zur Verfügung stehenden Mittel gehen und hätten wiederum eine Einschränkung der Erstattungen für Teilhabeangebote zur Folge.

Zusammenfassung:



1.
Die Auswertung und der Abgleich mit Teilhabeleistungen über das BuT kommt zu dem Ergebnis, dass aus Sicht der Verwaltung nicht von einer Doppelfinanzierung gesprochen werden kann, sondern von einem ergänzenden Teilhabeinstrument und einem Mehrwert an Teilhabe, der hannoverschen Kindern erst durch eine Kombination beider Angebote zu Gute kommt.

2.
Weiterhin wurde dargestellt, dass die gekürzten Mittel im Jahr 2023 nicht auskömmlich waren und die Anzahl der Berechtigten bzw. der ausgestellten Aktivpässe im Verlauf der Jahre stetig ansteigt und voraussichtlich weiter ansteigen wird.

In Folge dessen muss entweder zu Gunsten der ergänzenden Teilhabeleistungen der Haushaltsansatz beim HAP wieder erhöht werden oder entschieden werden, welche Teilhabeleistungen zukünftig nicht mehr über den HAP ermöglicht werden sollen.

Das Teilhabeinstrument HAP basiert ausschließlich auf Beschlüssen des Rates – von der Einführung im Jahr 2009 über die Definition des Kreises der Berechtigten, die Festlegung der Teilhabebereiche (Bildung, Sport, Kultur, Freizeit, Soziales) und Zielgruppen bis hin zu konkreten Angeboten und zum konkreten Einsatz der Mittel (z.B. für Schwimmkurse, Sprachkurse, Elternbildung etc.). Dementsprechend ist aus Sicht der Verwaltung ein Ratsbeschluss notwendig, der den Wegfall bestimmter Angebote, die Einschränkung des Kreises der Berechtigten und/oder der Zielgruppen festlegt, um die Kürzung der Mittel für den HAP zu kompensieren. Vor diesem Hintergrund legt die Verwaltung dem Sozialausschuss in der Anlage 1 die Liste der Erstattungen und Nutzungen des HAP im Jahr 2023 als Grundlage für eine finale Entscheidungsfindung vor, ob und wenn ja, welche Teilhabeleitungen über den HAP zukünftig nicht mehr erfolgen sollen und dabei den Vorgaben des Haushaltsbegleitantrages H-0140-2021 zu entsprechen.

Sollte sich die aktuelle Beschlusslage nicht ändern, müssten aus Sicht der Verwaltung, sobald sich zukünftig eine Überschreitung des Budgets abzeichnet, seitens der LHH zunächst alle Kooperationsvereinbarungen zum HAP gekündigt werden.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Mit dem HannoverAktivPass wird Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aller Geschlechter, die über wenig Einkommen verfügen, die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in den Bereichen Bildung, Sport, Kultur, Freizeit und Soziales ermöglicht. Benachteiligungen soll entgegengewirkt und Chancengleichheit erreicht werden.

Ergebnis der Klimawirkungsprüfung

Die Klimawirkungsprüfung ist nicht betroffen.

Kostentabelle

Es entstehen keine direkten finanziellen Auswirkungen, vorbehaltlich der finalen Entscheidung gemäß Haushaltsbegleitantrag H-0140-2021.

50.5 
Hannover / Aug 7, 2024