Antrag Nr. 15-3211/2019:
Wiedereinführung einer Fehlbelegungsabgabe für Sozialwohnungen Realisierung durch Einführung eines städtischen Fonds

Inhalt der Drucksache:

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Wiedereinführung einer Fehlbelegungsabgabe für Sozialwohnungen Realisierung durch Einführung eines städtischen Fonds

Antrag

Der Bezirksrat möge zur Weiterleitung in den Rat der Stadt Hannover beschließen:

Der Bezirksrat Hannover Mitte fordert Rat und Stadtverwaltung auf, sich für die Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe bei Sozialwohnungen bei der Landesregierung einzusetzen.

Begründung

In der Sondersitzung des Stadtbezirksrats zum Thema “Obdachlosigkeit und ihre Bekämpfung” wurde deutlich, dass die Zahl der Sozialwohnungen mit Belegrecht durch die Stadt seit Jahren rückläufig ist. Das bedeutet, dass es für ALLE Berechtigten immer schwieriger wird, eine dieser Wohnungen zu bekommen.
Gleichzeitig fehlt für Mieter solcher Wohnungen, deren Einkommenssituation sich gebessert hat, eine Motivation, diese Wohnungen wieder freizugeben.

Vorteile der Wiedereinführung:
- würde die Differenz zwischen der zu niedrig gezahlten Sozialmiete und dem durchschnittlichen Mietlevel eingefordert, besteht kein Grund, auszuziehen (die soziale Durchmischung aufzuheben) - auch woanders wird die “Durchschnittsmiete” verlangt - aufgrund der Digitalisierung hat sich der nötige Verwaltungsaufwand stark reduziert
- zusätzliche Mittel werden erbracht, damit Extra-Wohnraum gezielt bezuschußt wird, solange nicht genügend Belegrechtswohnungen existieren

Vorschlag zur Umsetzung im Bereich der Stadt Hannover:
- wer über der Einkommensgrenze liegt, zahlt die Miet-Differenz in einen Fonds ein
- wer unter der Grenze verdient, kann einen Zuschuss aus dem Fonds beantragen
- jeweils gemäß aktuellem Mietspiegel

Die Firmen, in denen die Stadt Hannover ein Mitspracherecht hat (hanova etc.) sollen durch einen Ratsbeschluss, andere Öffentliche Vermieter (Wohnungsgenossenschaften etc.) durch einen Appell auf diese Problematik aufmerksam gemacht werden.

Fakten:
Gemäß einem Redebeitrag von Dr. Gardemin (Stadtentwicklungsausschuss) ist die Zahl der Belegrechtswohnungen von 1998 bis 2017 für die gesamte Stadt um mehr als 40% gesunken ; von 32.000 auf 19.000.
Gemäß der Antwort auf eine Anfrage der CDU im Bezirksrat Mitte am 18.4.2016 gab es bei einem Gesamtbestand von ca. 22.700 Wohnungen gerade einmal ca. 350 Wohnungen mit Belegrecht, also weniger als 2% (Stand Ende 2014) !
Seniorenwohnungen wurden hier nicht berücksichtigt.

Davon wiederum wird nur ein kleiner Anteil jährlich frei. Wer einmal - bei schlechten finanziellen Verhältnissen - eine Wohnung erhalten konnte, behält diese Wohnung in der Regel unbefristet - auch bei verbesserten finanziellen oder privaten Verhältnissen wie z.B. berufl. Aufstieg, Partnerschaft.

Angesichts sehr hoher Mieten im freien Wohnungsmarkt erscheint die 2003 erfolgte Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe in Niedersachsen nicht mehr gerechtfertigt . Diese wurde damals aufgehoben wegen des Verwaltungsaufwandes und des Wunsches, etwas Besserverdienende in den Wohnungen zu halten, um für eine günstigere soziale Durchmischung zu sorgen.

Zitat aus der Antwort der Verwaltung:
Die Prüfung der Voraussetzungen für den Bezug einer geförderten Wohnung - darunter auch die Höhe des Einkommens – erfolgt nur bei Bezug der Wohnung. Es werden in der Regel unbefristete Mietverträge gemäß dem allgemeinen Mietrecht abgeschlossen. Entsprechend der Gesetzeslage erfolgen im laufenden Mietverhältnis keine weiteren Überprüfungen.
(...)
Ein Auszugsgebot bei zu hohem Einkommen ist im Übrigen mit dem derzeitigen Miet- und Förderrecht nicht darstellbar. Bei entsprechenden Änderungen wäre eventuell die Erhöhung der vom Mieter zu tragenden Aufwendungen möglich, wenn sein Einkommen die Fördergrenzen übersteigt, wie z.B. früher die Fehlbelegungsabgabe.

Quelle: https://e-government.hannover-stadt.de/lhhsimwebre.nsf/DS/15-0717-2016

Nach einem Bericht in der “Welt” vom 6.10.15 wird davon ausgegangen, dass 3 Jahre nach dem Einzug 40% der Bewohner ein Einkommen oberhalb der Grenzen haben. Dieser Anteil steige mit der Zeit.

Gemäß der Antwort auf eine Anfrage der Piraten im Bezirksrat Linden-Limmer am 7.11.2018 werden jährlich nur 5% der Wohnungen mit Belegrecht wieder frei.
Dies dürfte für die ganze Stadt ähnlich sein.

Quelle: https://e-government.hannover-stadt.de/lhhsimwebre.nsf/DS/1972-2018

Hessen hat 2016 zur Vermeidung dieser Fehlförderung die Fehlbelegungsabgabe wiedereingeführt. Sie dient der Abschöpfung einer anfänglich berechtigten, später jedoch fehlgeleiteten Subvention. Dort gilt diese im Wesentlichen im großstädtischen Raum, der der Situation in Hannover ähnelt.