Drucksache Nr. 15-3049/2019 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage Stand der Dinge Abbau Sperren im Grünen Hagen
Sitzung des Stadtbezirksrates Ricklingen am 05.12.2019
TOP 7.2.6.

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverDrucksachen-Zeichen
An den Stadtbezirksrat Ricklingen (zur Kenntnis)
 
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15-3049/2019 F1
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Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage Stand der Dinge Abbau Sperren im Grünen Hagen
Sitzung des Stadtbezirksrates Ricklingen am 05.12.2019
TOP 7.2.6.


In seiner letzten Sitzung hat der Stadtbezirksrat die Aufhebung der Sperren im Grünen
Hagen und die Messung von Verkehrsströmen beschlossen. Die Verwaltung hatte bereits
am 10. Oktober zugesagt, einem solchen Beschluss folgen zu wollen. Zwei Wochen später
waren die Sperren immer noch aufgebaut. Auf Anfragen von Presse vermochte die
Verwaltung keinerlei konkrete Angaben über den Grund der Verzögerung zu machen und
verwies wiederholt darauf, den Antrag noch zu.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:

1. Was ist der Stand der Dinge?
2. Haben Messungen der Verkehrsströme vor dem Aufstellen der Absperrungen
stattgefunden und wenn ja, woraus ergab sich die Notwendigkeit, vor einem Abbau
erneut zu messen und wenn nein, warum nicht?
3. Warum war die Prüfung nicht schon vor der Ankündigung, einem Antrag auf
Beseitigung der Sperren folgen zu wollen erfolgt bzw. hat sich in der Zwischenstand
ein zu prüfender Sachverhalt ergeben und wenn ja welche und inwieweit ist die
Erste Stadträtin in die Vorgänge in Bezug auf den Grünen Hagen involviert?

Antwort


Frage 1:
Zur quantitativen Analyse der verkehrlichen Effekte der Sperrungen wurden am 14.11.2019 Verkehrszählungen im Bereich der Sperrungen, aber vor allem auch im umliegenden Straßennetz durchgeführt. Damit konnte die verkehrliche Analyse der Situation mit den umgesetzten Sperrungen abgeschlossen werden. Zuvor waren im September 2019 mehrere Beobachtungstermine zu verschiedenen Tageszeiten vor Ort zusammen mit Polizei und Straßenverkehrsbehörde durchgeführt worden, um die Wirkungen der Sperrungen qualitativ zu beobachten.
Im Ergebnis wurde, wie durch die Verwaltung in der Bezirksratssitzung am 07.11.2019 sowie in der Veranstaltung am 10.10.2019 berichtet, festgehalten, dass die getroffenen verkehrlichen Maßnahmen einen guten Kompromiss zwischen der Verhinderung von Baustellenausweichverkehren und der Aufrechterhaltung des Anliegerverkehrs darstellen. Das umgesetzte Konzept wurde als wirksam erachtet. Zur weiteren Optimierung wurden Hinweisschilder an der Bergfeldstraße und an der Göttinger Chaussee aufgestellt, die darauf hinweisen, dass eine Durchfahrt des Gebietes nicht möglich ist sowie Geschwindigkeitsmessungen im Quartier durchgeführt.

In einem weiteren Prüfschritt wurden die zu erwartenden Verkehrsstärken auf der Straße „Im Grünen Hagen“ bei einer Entfernung sämtlicher Sperren mit Hilfe des städtischen Verkehrsmodells ermittelt. Die Ergebnisse der Modellrechnungen für den Prognosezustand verdeutlichen, dass bei einer Entfernung der Sperren deutliche Verkehrszunahmen um etwa 250% (auf bis zu ca. 4.000 Kfz/24h) im Vergleich zur Situation vor Sperrung der Straße „In der Rehre“ (und Einrichtung der Sperren) zu erwarten wären. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Baustellenausweichverkehre von der Straße „In der Rehre“. Da die Zunahme des Verkehrs sich insbesondere durch den Durchgangsverkehr ergeben würde, wären die Verkehrsspitzenzeiten morgens und abends.

Zusätzlich zu den beschriebenen Verkehrsanalysen wurden nach Beschluss des Stadtbezirksrates zur Aufhebung der Sperrungen vom 07.11.2019 (DS Nr. 15-2905/2019) weitergehende Gespräche mit der Polizei zur Umsetzung des Beschlusses aufgenommen.

Gemäß § 45 Absatz 1 Straßenverkehrsordnung und den dazu erlassenen, für die Rechtsanwendung verbindlichen Verwaltungsvorschriften müssen verkehrsbehördliche Maßnahmen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs dienen. Vor Anordnungen wie der hier gerade hinsichtlich der Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit vor Ort äußerst umstrittenen Aufhebung der Sperrstellen in den Straßen Am Grünen Hagen und Am Sauerwinkel ist die Polizei zu hören.

Die Kernaussagen aus der abschließenden Stellungnahme der Polizeidirektion Hannover vom 25.11.2019 sind im Folgenden aufgeführt.

Im Falle der Aufhebung der Sperrstellen ist mit einem deutlich höheren Verkehrsaufkommen insbesondere zu Zeiten des Berufsverkehrs, zu rechnen. Gerade zu diesen Zeiten befinden sich im betreffenden Wohnquartier viele „ungeschützte“ Verkehrsteilnehmende wie zu Fuß gehende Personen und Radfahrende im Verkehrsraum. Ein Queren der Straßen im Rahmen des Schulweges oder aber auch ein Besuch des angrenzenden Friedhofes wird für die Risikogruppen Kinder und Senioren mit der deutlich gestiegenen Gefahr verbunden sein, durch einen Verkehrsunfall geschädigt zu werden.

Dem besonderen Schutz und Vorrang von Radfahrenden kann auf einer ausgewiesenen Fahrradstraße, die gleichzeitig als Durchgangsstraße für den motorisierten Individualverkehr freigegeben ist, nicht Rechnung getragen werden. Auch hier ist eine deutliche Risikosteigerung bezogen auf eine Unfallbeteiligung von Radfahrenden zu erwarten.

Insgesamt ist bei einer Aufhebung der Sperrstellen von einer spürbaren Verringerung der Verkehrssicherheit auszugehen. Daher wird der Beschluss des Bezirksrates Ricklingen nicht unterstützt.“





Bei der Abwägung, ob Verkehrsmaßnahmen angeordnet und eingerichtet, bzw. in diesem Fall wieder aufgehoben werden, sind die Verkehrssicherheitsbelange, insbesondere von Kindern immer höherrangig zu bewerten, als die Vorteile, die sich für den Verkehrsfluss des Kfz-Verkehrs ergeben würden.

Insofern wäre unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkenntnisse, Einschätzungen und Bewertungen die Aufhebung der Sperren rechtswidrig, weil dadurch Verkehrssicherheitsbelange in einem nicht zu vertretenen Umfang beeinträchtigt würden.

Aus diesem Grund kann auch dem Bezirksratsantrag zur Aufhebung der Sperren, entgegen der Ersteinschätzung der Verwaltung zur generellen Realisierbarkeit, die in den Sitzungen am 10.10.2019 und am 07.11.2019 geäußert wurden, nicht gefolgt werden.

Bezüglich der Entscheidungskompetenzen des Stadtbezirksrates ist auszuführen, dass eine Entscheidungszuständigkeit des Stadtbezirksrats nach § 9 der Hauptsatzung in diesem konkreten Fall nicht besteht. Die Einrichtung von Verkehrsmaßnahmen nach der Straßenverkehrsordnung stellt rechtlich eine Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises dar. Insofern unterliegt die Verwaltung zwingend den Regelungen des Bundesgesetzgebers.
Bei der Anordnung eines Verkehrszeichens/einer Verkehrsmaßnahme liegt keine Entscheidungszuständigkeit des Stadtbezirksrats nach dem Katalog des § 93 Abs. 1 Satz 2 Zf. 1-12 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) bzw. nach dem ausschließlich in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der LHH erweiterten Katalogs der Entscheidungszuständigkeiten nach § 93 Abs. 1 Satz 3 NKomVG i.V.m. § 9 der Hauptsatzung vor.

Bei straßenverkehrsbehördliche Maßnahmen nimmt die Verwaltung als zuständige Straßenverkehrsbehörde eine Aufgabe nach Maßgabe der Straßenverkehrsordnung (z.B. verkehrsregelnde Anordnung eines Verkehrszeichens nach § 45 StVO) wahr. Hierbei handelt es sich somit unzweifelhaft um eine Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises. Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises sind nach dem klaren Wortlaut des § 93 Abs. 1 Satz 3 NKomVG von vornherein von einer Erweiterung der Entscheidungskompetenzen, wie sie der Rat in § 9 der Hauptsatzung vollzogen hat, gesetzlich ausgeschlossen.

Da die Antragsinhalte sich auf eine den Stadtbezirk betreffende Angelegenheit beziehen, bestehen insoweit zwar die in § 94 Abs. 3 NKomVG verankerten Initiativrechte des Stadtbezirksrats. Ausweislich der konkreten Formulierung der Antragsziele ist hier jeweils von „nur“ einem Vorschlag i.S. von § 94 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 NKomVG auszugehen.


Frage 2:
Verkehrszählungen vor dem Aufstellen der Absperrungen haben im Mai 2019 stattgefunden. Anlass war ein Antrag aus dem Bezirksrat Ricklingen (Nr. 15-0546/2019). Die Ergebnisse der Zählungen wurden in der Entscheidung zur Drucksache (Nr. 15-0546/2019 S1) dargestellt. Um die Verlagerungswirkungen, die die umgesetzten Sperrungen auf das umliegende Straßennetz und damit auch die ausgewiesene Umleitungsstrecke bewirkt haben, quantifizieren zu können, wurde eine erneute Zählung am 14.11.2019 durchgeführt. Auch nach dem Abschluss der Baumaßnahme In der Rehre wird es, wie in Drucksache 15-0546/2019 durch den Bezirksrat beantragt, eine weitere Verkehrszählung geben.


Frage 3:
Erst mit der Ankündigung des Stadtbezirksrates, einen Beschluss zur Aufhebung der Absperrmaßnahmen zu fassen, ergab sich die Erforderlichkeit kurzfristiger Zählungen. Diese wurden dann umgehend veranlasst und am 14.11.2019 durchgeführt. Mit dem Beschluss des Stadtbezirksrates zur Aufhebung der Sperrungen vom 07.11.2019 (DS Nr. 15-2905/2019) wurden darüber hinaus die weitergehenden Gespräche mit der Polizei aufgenommen. Die grundsätzlich ablehnende Haltung der Polizeidirektion Hannover gegenüber jeglicher Aufhebung der Sperrstellen aus Gründen der Verkehrssicherheit war erst mit Schreiben vom 25.11.2019 bekannt geworden. Erst zu diesem Zeitpunkt waren die Prüfungen abgeschlossen. Im Ergebnis kann die Aufhebung der Sperrmaßnahmen damit entgegen der Ersteinschätzung der Verwaltung nicht durchgeführt werden.