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Die Landeshauptstadt Hannover bezeichnet die Situation auf dem Wohnungsmarkt mittlerweile selbst als absolut prekär und verweist darauf, dass so gut wie keine Wohnungen zur Vermittlung zur Verfügung ständen und Wartelisten mit einer Zeitdauer von über einem Jahr existieren. Noch im August 2016 hatte das Baudezernat mit DS 2244/15 im Interesse der jeweiligen Eigentümer den Verzicht bzw. die Gebietsfreistellungen von über 3000 Belegrechten an Wohnungen veranlasst.
Bereits damals war darauf hingewiesen worden, dass eine mindestens ebenso hohe Anzahl an Belegrechten in anderen Bereichen der Stadt geschaffen werden müssen; der Bezirksrat Mitte hatte eine massive Erhöhung der Belegrechte im Stadtbezirk Mitte eingefordert.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Stadtverwaltung der Landeshauptstadt Hannover:
1. Wie haben sich die Belegrechte im Stadtgebiet und im Stadtbezirk Mitte von 2010 an jährlich entwickelt (aufgeteilt nach Stadtbezirken und nach Stadtteilen)?
2. Wie viele Belegrechte sind im Stadtgebiet und im Stadtbezirk Mitte in den kommenden Jahren geplant?
3. Welche konkreten Folgen hatten der Verzicht und die Gebietsfreistellungen in rechtlicher und in tatsächlicher Hinsicht auf den Wohnungsmarkt in der Stadt und im Stadtbezirk Mitte und wie hoch ist der wirtschaftliche Gegenwert der damaligen Beschlüsse damals und heute?
1. Die Belegrechte haben sich im Stadtbezirk Mitte und in der Stadt wie folgt entwickelt (Anzahl der Wohnungen):
Jahr | Mitte | Calenberger Neustadt | Zoo | Oststadt | Mitte gesamt | Stadt- gebiet |
2010 | 85 | 197 | 0 | 125 | 407 | 19.869 |
2011 | 84 | 197 | 0 | 122 | 403 | 19.699 |
2012 | 66 | 196 | 0 | 111 | 373 | 19.030 |
2013 | 65 | 197 | 0 | 140 | 402 | 18.664 |
2014 | 65 | 201 | 0 | 141 | 407 | 19.279 |
2015 | 96 | 188 | 0 | 140 | 424 | 19.194 |
2016 | 93 | 196 | 0 | 151 | 440 | 19.174 |
2017 | 93 | 197 | 0 | 151 | 441 | 18.915 |
2018 | 93 | 214 | 0 | 151 | 458 | 18.191 |
30.09.19 | 93 | 216 | 0 | 151 | 460 | 19.872 |
2. Die Verwaltung ist bemüht, die Anzahl der Belegrechte zu halten bzw. möglichst zu erhöhen. Aufgrund des engen Wohnungsmarktes, bei dem kaum Wohnungen frei werden, den derzeit erzielbaren Neuvermietungsmieten und der allgemeinen Zurückhaltung der Vermieter*innen gegenüber Belegrechten aller Art, ist es in der jetzigen Zeit jedoch sehr schwer, Belegrechte zu einem noch vertretbaren (auch finanziellen) Aufwand einzuwerben.
Neue Belegrechte werden daher hauptsächlich im Rahmen des Neubaus von Mietwohnungen geschaffen werden können. Hier ist allerdings besonders die Innenstadt flächenmäßig begrenzt. Trotzdem ist - neben den bereits realisierten bzw. im Bau befindlichen Vorhaben (z. B. Am Marstall, Am Hohen Ufer, Klagesmarkt Teil 1, Ohehöfe, Adolfstraße) - im Stadtbezirk Mitte nach derzeitigen Planungen eine Wohnbebauung u.a. für Körnerplatz, Klagesmarkt 2. Teil, Feuerwehrstraße, Köbelinger Markt, später auch für das Carrée Nikolaistraße/Goseriede (Postscheckamt) vorgesehen.
Aufgrund der jetzt 30%igen Sozialquote (vorher 25%), die in der Regel bei neuen Baurechten gefordert wird, ist davon auszugehen, dass hier auch geförderter Wohnungsbau mit neuen Belegrechtswohnungen (gemäß städtischem Förderprogramm mindestens 30% der zu fördernden Wohnungen) entstehen werden. Die Menge hängt von der Gesamtzahl der neugeschaffenen Wohnungen ab und kann daher noch nicht beziffert werden.
Das Gleiche gilt für das gesamte Stadtgebiet. Mit der Fortschreibung des städtischen Wohnraumförderprogrammes sollen vom Beginn der Förderung an (2014) bis 2023 insgesamt mindestens ca. 2.400 Wohnungen gefördert werden, davon zwischen 30 und 50% mit städtischen Belegrechten.
3. Im Bereich einer Gebietsfreistellung benötigen Mietinteressenten keinen Wohnberechtigungsschein, wenn sie eine geförderte Wohnung beziehen möchten. Zudem können die Vermieter*innen Belegrechtswohnungen ohne Beteiligung der Stadt frei vermieten. Die Mietpreisbindungen bleiben unverändert bestehen. Als Ausgleich für die Freistellungen verpflichten sich die Eigentümer*innen zu unterschiedlichen Maßnahmen zu Gunsten der Mieter*innen und des Quartieres, z. B. besondere Mieterbetreuungen, Wohnumfeldverbesserungen, (finanzielle) Förderung von Nachbarschaftsarbeit, Bereitstellung von Gemeinschaftsräumen, Beteiligung am Quartiersmanagement.
In Zeiten eines relativ entspannten Wohnungsmarktes sollten mit diesen Freistellungen im Interesse der gesamten Stadtgesellschaft die großen Belegrechtsbestände entflochten, stabilere Bewohnerstrukturen durch eine bessere soziale Durchmischung geschaffen und dadurch die Aufwertung der Quartiere weiterhin positiv beeinflusst werden.
Einige Quartiere haben sich durch diese Maßnahmen sehr positiv entwickelt, einige andere u.a. auch durch die Belegungspolitik der betroffenen Vermieter*innen weniger. Da sich außerdem zwischenzeitlich der Wohnungsmarkt angespannt hat und Belegrechtswohnungen dringend notwendig sind, wurden die Laufzeiten von Gebiets- bzw. Belegrechtsfreistellungen nicht verlängert.
Ein „wirtschaftlicher Gegenwert“ kann nicht beziffert werden, zumal die Vermieter*innen – wie oben beschrieben – zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung des Quartiers leisten müssen.
Im Stadtbezirk Mitte bestand mangels Belegrechtskonzentration nie die Notwendigkeit, über eine Gebietsfreistellung nachzudenken.