Drucksache Nr. 15-2848/2014 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage Stromabschaltungen/Saarbrücker -4-Punkte Modell; Bezug: Drucks. Nr.15-2523/2014,
Antrag der Fraktion DIE LINKE
Sitzung des Stadtbezirksrates Linden-Limmer am 21.01.2015
TOP 6.1.2.

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverDrucksachen-Zeichen
An den Stadtbezirksrat Linden-Limmer (zur Kenntnis)
 
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15-2848/2014 F1
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Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage Stromabschaltungen/Saarbrücker -4-Punkte Modell; Bezug: Drucks. Nr.15-2523/2014,
Antrag der Fraktion DIE LINKE
Sitzung des Stadtbezirksrates Linden-Limmer am 21.01.2015
TOP 6.1.2.

Der im o.g. Antrag formulierte Beschlussvorschlag für den Bezirksrat Linden-Limmer sieht vor, zur Vermeidung von Stromsperrungen in der Landeshauptstadt Hannover eine Kooperation von Enercity, Sozialbehörden und Schuldnerberatungsstellen analog dem „Saarbrücker - 4 - Punkte -Modell “ anzustreben.

Wir würden in diesem Zusammenhang gern wissen, ob die wesentlichen Maßnahmen des Saarbrücker Modells auf Hannover übertragbar sind, bzw. durch den neu geschaffenen Härtefallfond hier schon angewandt werden. Daher fragen wir die Verwaltung:
1. Wie viel Stromabschaltungen hat es seitens Enercity im Jahr 2013 im Stadtbezirk bzw. der Landeshauptstadt gegeben und wie viele davon betrafen Empfänger von Transferleistungen (SGB, Asylbewerberleistungsgesetz)?
2. Wie viele Abschaltungen wurden durch den Härtefallfond vermieden und wie funktionierte die Zusammenarbeit zwischen dem Härtefallfond, dem Sozialamt und den Jobcentern?
3. Wie werden Haushalte, die in Zahlungsverzug sind, über den Härtefallfond informiert und welche Angebote werden darüber hinaus unterbreitet. (z.B. Ratenzahlung)?

Antwort

Vorbemerkung:
Bereits seit vielen Jahren besteht zwischen dem Fachbereich Soziales und den Stadtwerken Hannover AG eine enge Zusammenarbeit mit dem Ziel Sperrungen möglichst zu vermeiden.
Das „Modell-Hannover“ besteht aus einer gemeinsamen und gleichgerichteten Kooperation des Jobcenters, Fachbereich Soziales und enercity und beinhaltet Absprachen und feste Verfahrensregeln zu folgenden Themen:
· Vollmachts- und Auskunftsregelung

· befristete Aussetzung des Sperrauftrags für drei Wochen bei gesonderter begründeter Erklärung (“Kostenübernahmeprüfungserklärung“)
· Ansprechpartnerliste
· Zahlungseingangsverarbeitung und -zuordnung
· Direktzahlungsvereinbarung (Kostenübernahme direkt durch das Jobcenter / den Fachbereich Soziales)
· Anfragen und Anträge an den enercity Härtefonds e.V.

Erfahrungsgemäß können Sperrungen in Härtefällen in der Regel verhindert werden, weil Anträge auf gesetzliche Sozialleistungen von den dafür zuständigen Behörden gewährt werden. Dem Zusammenspiel zwischen dem Jobcenter / Fachbereich Soziales und enercity kommt dabei stets die entscheidende Rolle zu.
Persönliche Informationen zum Kunden wie Einkommenssituation, Kleinkinder im Haushalt, krankheitsbedingte Einschränkungen etc. liegen den Jobcenter / Fachbereich Soziales vor und dürfen aus Datenschutzgründen nicht beim Energieversorger verwaltet werden.
In Hannover wurde die Vereinbarung mit dem Jobcenter / Fachbereich Soziales getroffen, dass in definierten Härtefällen eine einmalige befristete Aussetzung der Sperrung für 3 Wochen gewährt wird, um die Kostenübernahme zu prüfen und zu ermöglichen. Sehr oft werden in diesen Fällen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch gewährt und dadurch Sperrungen vermieden. Diese Absprache ist für alle vier Beteiligten (Kunde, Jobcenter/Fachbereich Soziales und enercity) effizient, kostengünstig, schnell und zielführend.
Zu dieser Vereinbarung besteht ein konkreter Verfahrensablauf zwischen dem Jobcenter/Fachbereich Soziales. Auf diesem Weg werden in Hannover p.a. mindestens 1.000 drohende Sperrungen pro Jahr verhindert.
In Ergänzung zu diesen Vereinbarungen wurde der enercity Härtefonds e.V. gemeinsam von der LHH und der Stadtwerke Hannover AG im April 2011 gegründet. Zweck des Vereins enercity Härtefonds e.V. ist die in der Regel einmalige Unterstützung wirtschaftlich in Not geratener privater Energie- und Wasserkunden der Stadtwerke Hannover AG zur Vermeidung sozialer Härten bei Strom-, Gas- und Wassersperrungen.
Zielgruppe sind „soziale Härtefälle“ mit geringem verfügbaren Einkommen, die sich zur Abwendung oder Aufhebung von Versorgungsunterbrechungen nicht selbst helfen können und bei denen ein Kostenübernahmeanspruch nach den gesetzlichen Vorschriften des SGB II, SGB XII oder Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ausgeschlossen ist. Unter „sozialen Härtefällen“ sind Personen zu verstehen, die aufgrund hohen Alters und/oder gesundheitlicher Einschränkungen sowie als Familien mit mehreren kleinen Kindern oder allein Erziehende besonders von den Auswirkungen einer „Sperrung“ betroffen sind.
Die jeweiligen Kunden werden nach Prüfung des individuellen Einzelfalles von dem Jobcenter Region Hannover bzw. dem Fachbereich Soziales der LHH benannt und vorgeschlagen.
Fälle, in denen eine Energiesperre bereits eingetreten ist oder diese einzutreten droht, werden bei Bekanntwerden dieser Umstände antragsabhängig jeweils daraufhin geprüft, ob und inwieweit im Einzelfall ein Hilfeanspruch zur Kostenübernahme nach den gesetzlichen Bestimmungen des SGB II -Grundsicherung für Arbeitsuchende, SGB XII - Sozialhilfe oder des AsylbLG besteht.
Derartige Prüfungen mit häufig anschließender Kostenübernahme der Zahlungsrückstände in Form einmaliger Hilfen oder die Gewährung von Darlehen erfolgen durch Jobcenter und Fachbereich Soziales in einer Vielzahl von Fällen. Umfassende Erhebungen über die Anzahl abgelehnter oder bewilligter Anträge werden nicht vorgenommen.
(Nur) wenn eine Hilfeleistung nach dem SGB II/XII ausscheiden sollte, kann bei Vorliegen eines sozialen Härtefalles zur Sicherung oder Wiederherstellung der Energiezufuhr ggf. eine Kostenübernahme durch den „enercity Härtefonds“ in Betracht kommen.
Dies vorangestellt beantwortet die Verwaltung die Anfrage des Stadtbezirksrates wie folgt:

Zu 1.:
Nach Mitteilung von enercity gab es im Stadtgebiet bei Kunden des Unternehmens im Jahr 2013 ca. 4.000 Sperrungen bei den Versorgungsarten Strom, Wasser und Gas. Diese Zahl umfasst sowohl private Haushalte als auch gewerbliche Abnehmer.
Erhebungen nach Stadtbezirken erfolgen bei enercity bisher nicht; daher hat die Verwaltung hierzu keine Angaben erhalten.
Unbeschadet der Datenlage ist ein personenbezogener Datenabgleich bezogen auf Empfänger von Transferleistungen zwischen Enercity und den Leistungsträgern nach dem SGB II / SGB XII und AsylbLG aus Datenschutzgründen nicht zulässig.

Zu 2.:
Durch das Modell und die Verfahrensweise zum Härtefonds werden deutlich mehr als 1.000 Sperrungen p. a. verhindert bzw. aufgehoben. Während einer Antragsprüfung durch das Jobcenter oder den Fachbereich Soziales ist mit enercity vereinbart, dass der Sperrprozess im Einzelfall befristet ausgesetzt wird. In der Regel werden SGB-Leistungen gewährt, so dass drohende Sperrungen verhindert werden.
Wird ein Antrag beim enercity Härtefonds e.V. gestellt, dann wird auch in all diesen Fällen eine Sperrung verhindert oder aufgehoben. Seit Gründung des Vereins durch enercity und der LHH im April 2011 wurden rund 150 Anträge (Stand April 2014) an den enercity Härtefonds e.V. gestellt. Bis auf einen Fall wurden alle vom Jobcenter / Fachbereich Soziales gestellten Anträge im vollen Umfang genehmigt. Dies entspricht einer Quote von 99,4 %.
Die Zusammenarbeit zwischen den jeweiligen Ansprechpartnern des Härtefonds bei enercity, Jobcenter und dem Fachbereich Soziales gestaltet sich sehr kooperativ, effektiv und lösungsorientiert. Der „enercity Härtefonds“ ist im Bereich der Landeshauptstadt Hannover ein hervorragendes Instrument und geeignetes Unterstützungssystem zur Vermeidung sozialer Härten durch Strom- und Gassperren.

Zu 3.:
Können Leistungen nach dem SGB nicht mehr gewährt werden, dann wird bei Vorliegen eines sozialen Härtefalls und mit Einverständnis des Betroffenen ein Antrag bei dem enercity Härtefonds e.V. vom Fachbereich Soziales oder vom Jobcenter gestellt. In diesem Fall werden die Betroffenen direkt informiert und eingebunden.
Enercity weist Kunden im Rahmen der Mahnverfahren auf die Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit dem Jobcenter oder den Fachbereich Soziales und die Möglichkeit zur Vereinbarung einer Direktzahlung hin (auf den Mahnschreiben). Auch mit mehrsprachigen Flyern, die enercity zur Verfügung stellt, und im direkten Kundenkontakt wird auf Hilfsmöglichkeiten aufmerksam gemacht.