Drucksache Nr. 15-2189/2010 S1:
Prüfauftrag zur Übertragbarkeit des Forschungsprojekt „Spree 2011“ (oder Teile davon) auf die Flüsse im Stadtgebiet von Hannover
Sitzung des Stadtbezirksrates Linden-Limmer am 10.11.2010
TOP 7.2.4.

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverDrucksachen-Zeichen
An den Stadtbezirksrat Linden-Limmer (zur Kenntnis)
An den Verwaltungsausschuss (zur Kenntnis)
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
Zu TOP
1. Entscheidung
15-2189/2010 S1
0
 
Stellungnahme der Verwaltung zu einem Initiativantrag eines Stadtbezirksrates

Prüfauftrag zur Übertragbarkeit des Forschungsprojekt „Spree 2011“ (oder Teile davon) auf die Flüsse im Stadtgebiet von Hannover
Sitzung des Stadtbezirksrates Linden-Limmer am 10.11.2010
TOP 7.2.4.

Beschluss

Die Verwaltung der LHH wird darum gebeten im Rahmen eines Prüfauftrags zu klären ob Maßnahmen aus dem Forschungsprojekt „Spree 2011“ oder Teile davon übertragbar sind auf die Flüsse im Stadtgebiet von Hannover.

Entscheidung

Dem Antrag auf Prüfung der Übertragbarkeit des Forschungsprojektes "Spree 2011" ist gefolgt worden. Inhaltlich kann das Projekt jedoch nicht auf Flüsse im Stadtgebiet Hannover übertragen werden.

Im Stadtgebiet der Landeshauptstadt Hannover wird die Gewässerqualität der Leine und Ihme durch eine Vielzahl von Prozessen beeinflusst. Zusätzlich zur Grundbelastung aus dem oberhalb liegenden Einzugsgebiet und diffusen Eintragsquellen aus dem Stadtgebiet werden die beiden Flüsse durch Mischwasser- und Regenwassereinträge belastet.

Aus historischen Gründen besteht ca. 25 % des heutigen Entwässerungssystems der Stadt Hannover aus Mischwasserkanälen, die im Bereich der Innenstadt ab ca. 1890 gebaut worden sind. Damit Mischwasserkanäle wegen des überwiegenden Regenwasseranfalles nicht übermäßig groß gebaut werden müssen, werden an geeigneten Stellen Entlastungen angeordnet. Das können Regenüberläufe oder Entlastungen über Regenbecken sein. Reicht bei Regenereignissen das Speichervolumen der Mischwasserkanalisation nicht aus, wird Mischwasser in die Gewässer abgeleitet.

Um die Einträge aus diesen Überläufen zu reduzieren, wird das System laufend verbessert, mit dem Ziel, wesentlich mehr Regenwasser im Kanalisationsnetz zwischenzuspeichern und anschließend in den Klärwerken zu behandeln. Die bereits eingeleiteten Maßnahmen wie Entsiegelungsförderung, dezentrale Regenwasserbewirtschaftung, Vorreinigung von Niederschlagswasser wie z.B. durch Sandfänge, Regenrückhaltebecken, Sickermulden und Bodenfilterbecken werden fortgesetzt. Die Beteiligung an internationalen Vorhaben wie NORIS (No rain in sewer) und der Einsatz von Straßenabläufen mit Nassschlammfang (Modell Hannover) sind Ergebnisse dieser Verbesserungen.


Im Rahmen der Entwicklung neuer Technologien zur Verringerung des Eintrages in Gewässer hat bereits Anfang 2002 die Stadtentwässerung aufgrund der bestehenden Kontakte zu den Berliner Wasserbetrieben und weil ein hannoversches Ingenieurbüro an Untersuchungen beteiligt war, von den Ideen zur Sanierung der Spree erfahren. In den folgenden Jahren wurde deshalb das Projekt interessiert weiterverfolgt.

Die Entwickler von „Spree 2011“ haben eine Technologie entwickelt um die Verschmutzung der Gewässer aus der Mischwasserkanalisation zu verhindern. Das herkömmliche teure System von unterirdischen Staubecken wird dabei durch ein Modulsystem aus miteinander verbundenen Behältern ersetzt und direkt im Gewässer vor den Einleitungspunkten der Kanalisation installiert. Dadurch wird der erforderliche Stauraum in den kostengünstigen Gewässerraum verlegt. Die Oberfläche steht zusätzlich für vielfältige Nutzungen zur Verfügung.

Die Verlagerung von Stauraum in das Gewässer ist dort technisch möglich, wo dieser Raum auch zur Verfügung steht, wo keine Hochwassergefahr besteht und ein möglichst gleichbleibender Wasserstand gesichert werden kann. An der Spree in Berlin sind diese Randbedingungen (Projektstandort ist Berlin Osthafen) erfüllt. In Berlin gab es noch nie ein Hochwasser, weil ein Großteil im Spreewald abgefangen wird und die Seen und Verzweigungen die Wasserwelle dämpft. Dazu werden die 17 Schleusen und 20 Wehre so gesteuert, dass Wasser durch die Stadt fließen kann, der Wasserstand aber gleich bleibt.

Einsetzbar ist diese Technologie nur, wenn die Randbedingungen erfüllt sind. An der Leine und der Ihme können keine der erforderlichen Bedingungen erfüllt werden. Aufgrund der geringen Gewässerabmessungen und den auftretenden Hochwasserwellen steht der Stauraum im Gewässer nicht zur Verfügung. Technisch wirkt der Stauraum wie ein Abflusshindernis im Gewässer und erhöht die Hochwassergefahr zusätzlich. Für Leine und Ihme kann der Wasserspiegel bis zu 4,50 m ansteigen.

Aus den genannten Gründen ist das Forschungsprojekt „Spree 2011“ auf die Flüsse im Stadtgebiet nicht übertragbar. Die Stadtentwässerung wird die bereits eingeleiteten Maßnahmen, wie Entsiegelung, dezentrale Regenwasserbewirtschaftung und Optimierung der Speicherkapazitäten im Mischnetz fortsetzen.