Antrag Nr. 15-2017/2021 N1:
gemeinsamer Änderungsantrag zu Drucks. Nr. 1432/2021

Inhalt der Drucksache:

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gemeinsamer Änderungsantrag zu Drucks. Nr. 1432/2021

Antrag


Der Bezirksrat möge beschließen:

Die Fortführung des begonnenen B-Plan-Verfahrens wird sofort eingestellt gestoppt. Vor einer Fortführung ist der Stadtbezirksrat über die ökologischen und klimatischen Auswirkungen einer Bebauung umfassend zu informieren, über

1. die ökologischen und klimatischen Auswirkungen einer Bebauung

2. die Lärmbelästigung bei einer möglichen (Wohn) Bebauung (durch die Erstellung eines neuen Gutachtens)

3. mit welchen verkehrlichen Maßnahmen eine Entzerrung sichergestellt ist (Verkehrskonzept und Lärmgutachten)

Begründung


zu 1.)
Die bisherigen Ausführungen der Verwaltung enthalten keine vollständige Information.

Auf Anfrage teilte der Fachbereich Umwelt und Stadtgrün am 21.07.21 wie folgt mit:

„Mikroklimatische Situation um den Küchengarten


Zur Bewertung der bioklimatischen Situation wird die Überwärmung in den Nachtstunden sowie die Wärmebelastung am Tage während sommerlicher Wärmeperioden (austauscharme Wetterlagen) betrachtet. Die Modellierungen der Klimaanalyse für Hannover zeigen, dass die Lufttemperatur (in 2 Meter Höhe) nachts im Bereich des Küchengartens aufgrund der Bebauung deutlich höher ist als im Umland von Hannover. Die Temperaturdifferenz beträgt bis zu 8 Kelvin (1 Kelvin entspricht 1 Grad Celsius). Die höchsten nächtlichen Temperaturen treten innerhalb des Ihmezentrums auf, innerhalb der Bebauung an der Limmerstraße und Elisenstraße liegen die Temperaturen um etwa 1 Kelvin niedriger. Die Grünfläche nördlich der Rampenstraße ist nachts etwa 3 Kelvin kühler als das Ihmezentrum. Über diese Grünfläche fließt kühlere Luft vom Lindener Berg zum Küchengarten. Über die Spinnereistraße fließt Kaltluft aus der Ihmeaue Richtung Küchengarten, erreicht diesen aber nicht. Der Kaltluftstrom kommt in Höhe Elisenstraße zum Erliegen.

Tagsüber heizen sich die Verkehrsflächen und Gebäude stark auf, so dass die Lufttemperatur deutlich ansteigt und die Physiologisch Äquivalente Temperatur (PET) in zwei Meter Höhe 40 °C und mehr betragen kann.

Der PET ist ein Maß für das Wärmeempfinden des Menschen. Dabei spielt nicht nur die Lufttemperatur, sondern u. a. auch die Strahlung und die Luftfeuchtigkeit eine Rolle.

Thermisches Wohlbefinden liegt bei einer PET von 20 bis 23 °C vor, bei PET über 35 °C spricht man von starker Wärmebelastung, bei über 41 °C von extremer Wärmebelastung. Das Ihmezentrum profitiert tagsüber von kühleren Flussaue, sodass die PET dort nahe dem Wohlfühlbereich liegt.

Aufgrund der oben beschriebenen Situation wird die dichte Bebauung um den Küchengarten als bioklimatisch weniger günstig eingestuft. Diese Siedlungsräume sind hoch empfindlich gegenüber einer Nutzungsintensivierung. Eine weitere Verdichtung des Gebietes sollte unterbleiben, Begrünungen und Entsiegelungen werden empfohlen. Als günstig, d. h. mit geringer bioklimatischer Belastung, wird dagegen die Reihenhausbebauung nördlich der Gartenallee eingestuft. Hier besteht eine mittlere Empfindlichkeit gegenüber einer Nutzungsintensivierung. Als wichtige klimaökologische Ausgleichsräume sind die Grünfläche nördlich der Rampenstraße und die Ihmeaue von sehr hoher Bedeutung. Auf diesen Flächen besteht eine sehr hohe Empfindlichkeit gegenüber baulichen Eingriffen.

Luftaustauschbarrieren gegenüber angrenzenden bebauten Flächen müssen unbedingt vermieden werden, damit eine gute Durchströmbarkeit der angrenzenden Bebauung mit Kaltluft erhalten bleibt.

Auswirkung Entfernung „Grüner Hügel“


Wie oben beschrieben hängen die Temperaturen in der Stadt stark vom Versiegelungsgrad ab. Jede nicht versiegelte Fläche trägt zur Kühlung der Luft bei. Während beispielsweise Asphalt 80 % bis 90 % der einfallenden Sonnenstrahlung absorbiert und daher an einem Sommertag eine
Oberflächentemperatur von fast 50 °C erreicht, liegt die Oberflächentemperatur einer Grasfläche bei bis zu 35 °C, die maximale Oberflächentemperatur eines Waldes an einem Sommertag liegt unter 30 °C. Jede nicht versiegelte Fläche ist eine kühlere Insel. Wird diese beseitigt und überbaut,fällt der Kühleffekt weg, die Wärmeinseln vergrößern sich. Je größer eine Wärmeinsel ist, umso höher kann die Abweichung der nächtlichen Lufttemperatur von der des Umlandes sein (siehe oben).

Von besonderer Bedeutung ist die Schattenwirkung von Bäumen. Ein großkroniger Baum vor einer


Hausfassade kann die Lufttemperatur an einem sonnigen Sommertag in zwei Meter Höhe
(Aufenthaltsort der Menschen) um bis zu 12 Kelvin gegenüber einer voll besonnten Fassade senken. Bäume verdunsten zudem nahezu die gesamte Wassermenge, die sie über ihre Wurzeln aufnehmen, über ihr Blattwerk (eine 60 Jahre alte Buche erzeugt an einem heißen Sommertag über 80 Liter Wasserdampf). Der Wind trägt die kühle, feuchte Luft in die aufgeheizte Bebauung und reduziert die Wärmebelastung für die Wohnbevölkerung. Außerdem tragen Bäume und andere Pflanzen (also der gesamte „Grüne Hügel“) zur Verbesserung der Luftqualität bei. Über die Blätter können Feinstaub und gasförmige Schadstoffe (z. B. Stickstoffdioxid) aus der Luft gefiltert werden.

Diese genannten Leistungen der Pflanzen entfallen mit der Entfernung des „Grünen Hügels“.




Auswirkung Entfernung der Bäume auf dem Mittelstreifen Elisenstraße
Wie im vorigen Absatz ausgeführt, sind Bäume wichtige Elemente in der Stadt, um diese zu kühlen (und um die Luft zu filtern). Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) bewirken bereits sechs Bäume in einer 500 m langen, 10 m breiten Straßenschlucht, dass bei Sommertemperaturen von 35 °C die Lufttemperatur um 5 Grad gesenkt wird. Mit Beseitigung der Bäume auf dem Mittelstreifen der Elisenstraße würden die positiven Wirkungen entfallen. Das Mikroklima würde sich dahingehend ändern, dass die Kühlwirkung entfällt und Menschen, die sich dort an einem Hitzetag zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Auto aufhalten, höherem Wärmestress ausgesetzt sind. Benachbarte Gebäude werden ohne die Schattenwirkung der Bäume unter Umständen stärker aufgeheizt.

Wo müssten im Nahbereich wie viele Bäume gepflanzt werden, um zeitnah Ausgleich zu gewährleisten?

Das Klimamodell kann nicht im Detail errechnen, wo wie viele Bäume gepflanzt werden müssen, um bestimmte bioklimatische Verhältnisse, die durch das Entfernen von Grün verändert werden, im gleich Umfang wiederherzustellen. Grün kann auch nur dort wirksam sein, wo es vorhanden ist. Die Beseitigung Schatten spendender Bäume in der Elisenstraße kann daher nicht durch Pflanzungen in der benachbarten Kochstraße ausgeglichen werden. Außerdem können neue junge Bäume die Kühlleistungen großer älterer Bäume kurzfristig nicht ersetzen.

Grundsätzliches Ziel für die Stadt Hannover sollte es deshalb sein, überall möglichst viel Grün in der Stadt zu haben.“

Unter diesen Voraussetzungen ist sowohl die Entnahme des Baumbestandes wie die Bebauung des Geländes inakzeptabel ohne eine ausreichende, ortsnahe Kompensation. Wie diese zu realisieren sein könnte, ist fraglich.

Zu 2.:


Ein erstes „Verkehrs/lärmgutachten“ („Immissionsansätze und Ergebnisse zur städtebaulichen Machbarkeitsstudie einer Fläche am Küchengarten in Hannover-Linden“) zum „Grünen Hügel“, was einigen Mitgliedern das Gremiums zugänglich wurde, hat gravierenden Fehler bei der Berechnung der Grundbelastung des Küchengartens / Grünen Hügels und einer daraus abgeleiteten negativen Beurteilung für das Wohnen dort.

Die Fehler liegen (im Wesentlichen) auf den Seiten 14 - 16 wo fast alle


Geschwindigkeitsrechengrößen falsch dargestellt sind, mit denen dann anschließend die Belastung der Kreuzung hochgerechnet und das Wohnen dann (weitgehend) ausgeschlossen wird. z. B. liegt die erlaubte Geschwindigkeit

- für den ÖPNV in der Limmerstr. bei 15 km/h statt wie behauptet bei 50km/h

- in der Stephanusstraße bei 30 km/h bei zusätzlicher Bodenschwelle im Mündungsbereich zur Blumenauer, statt wie behauptet bei 50 km/h

- in der Elisenstr. bei 30 km/h, statt wie behauptet bei 50 km/h

Ferner ist nicht berücksichtigt:

- dass zwei der dortigen Buslinien mit Elektrobussen (und somit wesentlich leiser) statt mit den Dieselgelenkbussen unterwegs sind,

- die Einfahrt in die Fußgängerzone für den ÖPNV wegen der Verkehrssicherheit aber auch wegen der unmittelbar folgenden Haltestelle Schrittgeschwindigkeit erfordert,

- die Ausfahrt aus der Fußgängerzone für den ÖPNV nach der Haltestelle stets einen Halt vor der


Ampel erforderlich macht, bevor die nachfolgende Kreuzungskurve langsam befahren wird,

- dass die auf Seite 15/16 angenommene Geschwindigkeit der Stadtbahn von 50 km/h im

Kreuzungsbereich weder ein- noch ausfahrend faktisch erreicht werden kann

- dass alle in die Kreuzung einfahrenden Busse & Bahnen direkt anschließend eine Haltestelle anfahren oder von dort abfahren und die dazu erforderliche Geschwindigkeit faktisch nicht 50 km/h sein kann