Antrag Nr. 15-2017/2019:
Umbenennung der General-Wever-Straße und weitere öffentliche Beteiligung

Inhalt der Drucksache:

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Umbenennung der General-Wever-Straße und weitere öffentliche Beteiligung

Antrag

Der Bezirksrat möge beschließen:

1. Der Stadtbezirksrat Bothfeld-Vahrenheide stellt fest, dass eine öffentliche Ehrung von Walther Wever in Anbetracht der Untersuchungsergebnisse im Abschlussbericht des Beirats „Wissenschaftliche Betrachtung von namensgebenden Persönlichkeiten“ und der damit einhergehenden Empfehlung des Beirats nicht länger vertretbar ist. Walther Wever hat nachweislich in führender Position aktiv am nationalsozialistischen Unrechtssystem mitgewirkt, was der Sachstandsbericht der Verwaltung vom 20.02.19 nochmals verdeutlicht hat. Daher ist eine Umbenennung der General-Wever-Straße zwingend erforderlich.

2. Die Öffentlichkeit soll bei der Suche nach einem geeigneten Namen für die Nachfolge angemessen beteiligt werden. Alle Einwohnerinnen und Einwohner können für die Dauer von 8 Wochen (gültig ab dem Tag des Beschlusses) Namensvorschläge beim Stadtbezirksrat Bothfeld-Vahrenheide einreichen. Namensvorschläge mit örtlichem Bezug sowie weiblichen Persönlichkeiten werden dabei grundsätzlich bevorzugt. Nach Abschluss der Öffentlichkeitsbeteiligung entscheidet der Stadtbezirksrat Bothfeld-Vahrenheide in angemessener Frist über die künftige Namensgebung.

3. Zusätzlich wird die Verwaltung gebeten, entsprechend den unter 2. genannten Kriterien einen oder mehrere geeignete Namensvorschläge zu machen.

Begründung

Anfang November 2018 veröffentlichte der Beirat „Wissenschaftliche Betrachtung von namensgebenden Persönlichkeiten“, der mit der systematischen Überprüfung aller Straßennahmen mit historischen Persönlichkeiten hinsichtlich einer "aktive[n] Mitwirkung in einem Unrechtssystem" betraut ist, seinen Abschlussbericht. Die Grüne Bezirksratsfraktion begrüßt die Einrichtung und die Arbeit des wissenschaftlichen Beirats seit 2013 ausdrücklich (Ds 1921/2013 N1).

Nach der Veröffentlichung eines umfangreichen Zwischenergebnisses im Oktober 2015 wurde die General-Wever-Straße, die versehentlich als „beizubehaltende Straße“ klassifiziert wurde, auf kritische Nachfrage der Grünen Bezirksratsfraktion Mitte 2016 erneut in die Liste der noch zu beratenden Persönlichkeiten aufgenommen (siehe hierzu grüne Anfrage vom 24.01.18, Ds 15-0038/2018 F1).

Im Zuge des Projekts wurden stadtweit insgesamt 493 Straßen mit namensgebenden Persönlichkeiten untersucht. Für 17 Straßen wurde letztlich eine Umbenennungsempfehlung ausgesprochen, was einem Anteil von rund 3,5% entspricht. Hierunter fällt auch die General-Wever-Straße im Stadtbezirk Bothfeld-Vahrenheide.

Im Abschlussbericht heißt es zu Walther Wever:

„1887–1936


Generalleutnant; erster Chef des Luftkommandoamtes/Generalstabs der Luftwaffe der Wehrmacht […]
(3) Wirken nach der Machtübergabe 1933
Wever war von 1931 bis August 1933 im Reichswehrministerium (seit 1. September 1933 als Oberst) tätig. Seit September 1933 bis zu seinem Tod 1936 amtierte er als Chef des Luftkommandoamtes im Reichsluftfahrtministerium (Generalstab der neugegründeten Luftwaffe), 1934 im Rang eines Generalmajors, 1936 eines Generalleutnants. In der Luftwaffen-Hierarchie der dritte Mann nach Reichsluftfahrtminister Hermann Göring und dessen Staatssekretär Erhard Milch, war Wever vorrangig mit Fragen des personellen wie materiellen Aufbaus und der strategischen Ausrichtung der Luftwaffe befasst. Die (zu seiner Zeit noch theoretische) Möglichkeit des Einsatzes von Fernbombern hinter der gegnerischen Front wurde in der von ihm verantworteten und mitverfassten Luftwaffendienstvorschrift 16 als wesentlich festgeschrieben. Anlässlich der Eröffnung der von ihm geförderten Luftwaffenakademien forderte Wever in seiner Rede: „Unser Offizierkorps wird nationalsozialistisch sein, oder wir werden nicht sein.“ In der Forschung wird er „NS-Idealist“ genannt. Sein Tod infolge eines Flugzeugabsturzes führte zu zahlreichen posthumen Ehrungen im Nationalsozialismus, u. a. auch zu der Straßenbenennung in Hannover.
(4) Positionierung nach 1945
[…] Zahlreiche Ehrungen Wevers an verschiedenen Orten wurden inzwischen (häufig stillschweigend) aufgehoben.
(5) Fazit
Walther Wever wurde 1938 durch einen Straßennamen in Hannover geehrt. Er war als Luftwaffengeneralstabschef eindeutig eine Stütze des NS-Systems. Auf seinem Feld schuf er
Grundlagen für die deutsche Eroberungspolitik der Folgejahre und den vernichtenden Einsatz der Luftwaffe auch gegen zivile Ziele im Zweiten Weltkrieg.
Empfehlung: Umbenennung der Straße General-Wever-Straße (umbenannt 1938, vorher Meierwiesen)“
(Quelle: Abschlussbericht des Projekts „Wissenschaftliche Betrachtung von namensgebenden Persönlichkeiten“, September 2018, S.33, PDF-Datei online verfügbar)

Um diese wissenschaftlichen Erkenntnisse einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln und offene Fragen zu beantworten, wurde auf Initiative der Grünen Bezirksratsfraktion (Ds 15-2814/2018) am 20.02.19 von der Verwaltung ein entsprechender Sachstandsbericht im Stadtbezirksrat Bothfeld-Vahrenheide abgegeben. In diesem Rahmen wurden die fachlichen Beweggründe für die Empfehlung des Beirats zur Umbenennung der General-Wever-Straße von Dr. Karljosef Kreter noch einmal ausführlich und schlüssig erläutert.

Für die Grüne Bezirksratsfraktion ist klar, dass führende Figuren der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft keine öffentlichen Ehrungen verdienen. Im Lichte der gewonnenen Erkenntnisse ist eine Umbenennung der General-Wever-Straße somit zwingend erforderlich.
Zudem sollte die Zivilgesellschaft keinesfalls hinter den Anspruch einer modernen Bundeswehr zurückfallen. Letztere hat in jüngerer Vergangenheit in einem ähnlich gelagerten Fall in vorbildlicher Weise die in Vahrenheide gelegene Emmich-Cambrai-Kaserne in Hauptfeldwebel-Lagenstein-Kaserne umbenannt (siehe Ds 3156/2017).

Da eine „Rückbenennung“ der General-Wever-Straße in Meierwiesen aufgrund der heute bereits in unmittelbarer Nähe existierenden gleichnamigen Straße nicht möglich ist, soll es eine öffentliche Beteiligung für einen passenden Nachfolgenamen geben.