Drucksache Nr. 15-1984/2021 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage Aufsicht über die Alten- und Pflegeheime im Stadtbezirk Mitte
Sitzung des Stadtbezirksrates Mitte am 20.09.2021
TOP 7.4.1.

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverDrucksachen-Zeichen
An den Stadtbezirksrat Mitte (zur Kenntnis)
 
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Antwort
15-1984/2021 F1
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Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage Aufsicht über die Alten- und Pflegeheime im Stadtbezirk Mitte
Sitzung des Stadtbezirksrates Mitte am 20.09.2021
TOP 7.4.1.


Viele ältere und pflegebedürftige Mitmenschen sind ebenso auf die auch im Stadtbezirk Mitte liegenden Alten- und Pflegeheime angewiesen wie auch auf eine hochqualitative, zuwendungsschenkende Versorgung. In der zurückliegenden Zeit litten sehr viele Mitmenschen in den Einrichtungen unter massiver Einsamkeit, das Personal stand unter einem starken Druck, in gewinnorientierten Pflegeheimen die Leitung auch unter dem Druck von Renditeerwartungen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Stadtverwaltung der Landeshauptstadt Hannover:
1. Mit welchen Maßnahmen und (unangekündigten) Kontrollen stellt die Heimaufsicht sicher, dass insbesondere auch die Bedürfnisse der pflegebedürftigen Mitmenschen gewahrt bleiben auch im Hinblick auf die rechtlich zugelassenen Besuchsmöglichkeiten?
2. Wie viele Heime gibt es in Mitte und wie viele (unangekündigte) Kontrollen wurden in den im Stadtbezirk Mitte gelegenen Heimen seit 2015 durchgeführt mit welchen Erkenntnissen?
3. Inwiefern wird auch die Versorgung, die medizinische Begleitung, die Auszahlung des vorgesehenen Taschengeldes, der Personalschlüssel und die Qualität geprüft?

Die Verwaltung beantwortet die Anfrage wie folgt:


Zu 1:
Gesetzliche Grundlage für das Tätigwerden der Heimaufsicht sind das Niedersächsische Gesetz über unterstützende Wohnformen (NuWG), sowie die zur Durchführung dieses Gesetzes vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung erlassenen Verordnungen.
Es wird überprüft, ob die gesetzlichen Vorgaben erfüllt bzw. eingehalten werden und damit die Würde und die Interessen und Bedürfnisse der Bewohner*innen in stationären Einrichtungen geachtet und vor Beeinträchtigungen geschützt sind.
Zugleich wird geprüft, ob eine dem allgemein anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse entsprechende Qualität des Wohnens, der Verpflegung und Betreuung der Bewohner*innen gesichert ist, und auch die Pflege nach dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse für pflegebedürftige Bewohner*innen gewährleistet und sichergestellt wird.
Zum Prüfkatalog der Heimaufsicht gehört auch, in vollstationären und auch in teilstationären Einrichtungen sowohl die bewohnerbezogene und ordnungsgemäße Aufbewahrung als auch die Verabreichung der Arzneimittel regelmäßig zu überprüfen.
Die Prüfungen des Teams der Heimaufsicht (in der Regel bestehend aus einer/m Prüfer*in und einer oder zwei Pflegefachkräften je nach Größe der Einrichtung) findet grundsätzlich einmal jährlich in Form von angemeldeten wiederkehrenden Prüfungen statt. Es werden zugleich unangemeldete, anlassbezogene Prüfungen durchgeführt. Diese anlassbezogenen Prüfungen werden entweder infolge eingegangener Beschwerden oder im Nachgang zu mangelbehafteten wiederkehrenden Prüfungen umgesetzt.
Sobald im Rahmen der Prüfungen Hinweise auf Einschränkungen der Zugangsmöglichkeiten für Besucher*innen vor Ort auffallen bzw. aufgrund eingegangener Beschwerden diese zu entnehmen sind oder Mängel in der Einhaltung oder Umsetzung der infolge der Nds. Corona-Verordnung seitens der Träger entwickelten Hygienekonzepte hervortreten, wird von Seiten der Heimaufsicht im Rahmen der Beratung auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben der Nds. Corona-Verordnung hingewiesen. Sollten die Leitungskräfte der stationären Einrichtungen diese Beratung nicht annehmen, informiert die Heimaufsicht die nach der Nds. Corona-Verordnung zuständigen Kolleg*innen des Gesundheitsamtes.
Zusätzlich zu den wiederkehrenden und anlassbezogenen Prüfungen werden mehrmals jährlich Nachtwachenkontrollen durchgeführt, die vorrangig dazu dienen, festzustellen, ob eine ausreichende Anzahl an Fachkräften auch des Nachts dauerhaft anwesend ist, ob freiheitsentziehende Maßnahmen – des Nachts hauptsächlich gezogene Bettgitter und von innen verriegelte Eingangstüren der Einrichtungen - rechtmäßig angewandt werden und Spätmahlzeiten für Bewohner*innen in den Wohnbereichen vorgehalten werden.

Zu 2:
Im Stadtbezirk Mitte befinden sich insgesamt 8 vollstationäre Alten- und Pflegeheime sowie eine Tagespflege.
Für den gewünschten Zeitraum der letzten 6 Jahre gibt es keine umfassende statistische Erfassung bezüglich der unangekündigten Prüfungen in den vollstationären Einrichtungen. Hier wird daran gearbeitet, über ein entsprechendes Programm und eine digitale Erfassung für die Zukunft einrichtungsspezifisch konkrete Aussagen treffen zu können. Festgestellt werden kann, dass die Heimaufsicht in den stationären Einrichtungen des Stadtbezirks Mitte in dem genannten Zeitraum insgesamt rund 115 unangekündigte Prüfungen inklusive Nachtwachenkontrollen durchgeführt hat.
Die von der Heimaufsicht durchgeführten anlassbezogenen Prüfungen zeigen insbesondere in den letzten Jahren, dass sich der Mangel an gut qualifiziertem Pflegepersonal auf dem Arbeitsmarkt auch in den stationären Einrichtungen widerspiegelt. Dies führt immer häufiger zu einem Personalmangel und einer damit verbundenen Unterschreitung der nach § 4 Abs. 1 NuWGPersVO vorgegebenen Fachkraftquote von 50 %. Infolgedessen steigt die Gefahr einer mangelbehafteten pflegerischen Versorgung und der Qualität des Wohnens besteht und ggf. ist auch die Sicherstellung eines vollumfänglichen Betreuungsangebotes nicht gewährleistet. Noch dazu kommt, dass bei den verbliebenen Pflegekräften die Gefahr einer Überlastung steigt.

Zu 3:
Pflegerische Versorgung und Qualität sowie medizinische Begleitung
Das Team der Heimaufsicht macht sich regelmäßig während der wiederkehrenden Prüfungen einerseits in Form von Hausrundgängen und damit verbundenen Inaugenscheinnahmen von Bewohner*innen u. a. einen Eindruck davon, ob für pflegbedürftige Bewohner*innen die Pflege nach dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztliche und gesundheitliche Betreuung der Bewohner*innen i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 5 und 6 NuWG gesichert ist.
Diesbezüglich lässt sich die Heimaufsicht zu Beginn der Prüfungen neben einer tagesaktuellen Liste aller Bewohner*innen auch eine sogenannte Risikoliste vorlegen, um an Hand dieser Listen strichprobenartig Bewohner*innen auszuwählen, die vermeintlich infolge eines höheren Pflegegrades unter pflegerischen Risiken leiden und eine umfangreichere pflegerische und auch medizinische Betreuung benötigen. Die von den Pflegefachkräften der Heimaufsicht ausgewählten Bewohner*innen werden daraufhin in ihren Bewohnerzimmern aufgesucht, um deren einwandfreie pflegerische Versorgung zu prüfen und um die Bewohner*innen nach ihrem Wohlbefinden und ihrer Zufriedenheit zu befragen. Anschließend erfolgt die Durchsicht der dazugehörigen Pflegedokumentation, um gem. § 5 Abs. 2 Nr. 9 NuWG feststellen zu können, ob die gesetzlich vorgeschriebene Aufzeichnung der Pflegeplanungen für die Bewohner*innen dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse entspricht. Dazu gehört u. a. auch die Überprüfung, ob ärztliche Anordnungen entsprechend der ärztlichen Verordnungen umgesetzt werden und infolge gesundheitlicher Beeinträchtigungen rechtzeitig Haus- oder auch Fachärzte involviert werden. Andererseits geht bei Vorlage entsprechender Beschwerden die Heimaufsicht zeitnah in die stationären Häuser und sucht explizit den*die Bewohner*in auf, um auch im Einzelfall nicht nur zu prüfen, ob sich die vorgebrachte Beschwerde bewahrheitet hat, sondern insbesondere festzustellen, ob die Versorgung der Bewohner*innen gewährleistet ist.

Personalschlüssel
Um feststellen zu können, ob die Betreuung der Bewohner*innen gem. § 5 Abs. 2 Nr. 4 NuWG und gem. § 4 Abs. 1 der Verordnung über personelle Anforderungen für unterstützende Einrichtungen nach dem Niedersächsischen Gesetz über unterstützende Wohnformen (NuWGPersVO) in den stationären Einrichtungen in den Bereichen Pflege, Therapie, soziale Betreuung sowie sozialpädagogische und psychosoziale Betreuung, heilpädagogische Förderung und Therapie von Menschen mit Behinderungen gesichert ist und insgesamt mindestens 50 % des vorhandenen Personals Fachkräfte sind, lässt sich die Heimaufsicht bei jeder Prüfung Listen aller Mitarbeiter*innen aus Pflege und Betreuung aushändigen. Anhand dieser Listen und der Liste aller Bewohner*innen, aus der nicht nur die Anzahl der Bewohner*innen, sondern auch die Pflegegrade, zu entnehmen sind, ist dann die Fachkraftquote zu berechnen. Hinzu kommt, dass die nach § 4 Abs. 1 S. 3 NuWGPersVO geforderte durchgängige Anwesenheit einer Fachkraft anhand der der Heimaufsicht ausgehändigten Dienstpläne geprüft wird.

Auszahlung des Taschengeldes
Die Heimaufsicht prüft sowohl bei wiederkehrenden als auch anlassbezogen Prüfungen, sobald sich ein diesbezüglicher Vorwurf aus dem Beschwerdevortrag entnehmen lässt, ob der Betreiber des Heimes seiner Aufzeichnungspflicht i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 9 NuWG nachkommt. Dabei wird nicht nur die Barbetragsverwaltung eingesehen, sondern auch geprüft, ob die Bewohner*innen das ihnen zustehende Taschengeld erhalten und Zahlungsbelege ordnungsgemäß zugeordnet bzw. aufbewahrt werden.