Antrag Nr. 15-1947/2023:
Interfraktioneller Änderungsantrag zu Drs. Nr. 1331/2023 "Bebauungsplan 1536 - Wasserstadt Limmer West / Fortführung des Verfahrens"

Inhalt der Drucksache:

Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".

Interfraktioneller Änderungsantrag zu Drs. Nr. 1331/2023 "Bebauungsplan 1536 - Wasserstadt Limmer West / Fortführung des Verfahrens"

Antrag


Der Bezirksrat möge beschließen:

Der Antragstext wird wie folgt ersetzt/ergänzt/gestrichen: Bebauungsplan Nr. 1536 - Wasserstadt Limmer West Fortführung des Verfahrens

Änderungsantrag zu Drucks. Nr. 1331/2023 "Bebauungsplan 1536 - Wasserstadt Limmer, Fortführung des Verfahrens“

Antrag, die Verwaltung zu beauftragen, das weitere Bebauungsplanverfahren für den zweiten Bauabschnitt der Wasserstadt Limmer (Bebauungsplan Nr. 1536, Wasserstadt Limmer West) auf Grundlage folgender Rahmenbedingungen fortzuführen:

1.

Den vorgeschlagenen Vorgehensweisen zur Würdigung der bei den Plangesprächen und darüber hinaus vorgelegten Anmerkungen wird zuge-stimmt (siehe Anlage 1).

2.

Das von der Jury vorgeschlagene städtebauliche Konzept der Büros Monadnock, chora blau und Planersocietät in seiner am 03.02.2022 präsentierten Fassung wird in seiner Basisvariante Grundlage des Bebauungsplans Nr. 1536, Wasserstadt Limmer West. Die Variante zum sogenannten Prüfauftrag mit einer um 40.000 m2 erhöhten Brutto-grundfläche wird nicht weiterverfolgt.

3.

Für den Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 1536 nördlich der Wunstorfer Straße sollen rund 193.000 m² Bruttogrundfläche (entspricht etwa 1.250 bis 1.350 Wohnungen) oberirdisch neugebaut werden. D bezüglich der Anzahl der zu errichtenden Wohnungen der Beschluss des Verwaltungsausschusses mit der DS Nr. 2096/2015 maßgeblich sein wird durch diesen Beschluss ersetzt. Die Anzahl der bereits im 1. Bauabschnitt errichteten Wohnungen ist dabei anzurechnen.

4.

Der freiraumplanerische Entwurf mit einer Gesamtgröße der öffentlichen Grünflächen von ca. 21.500 m² wird weiterverfolgt. Über die konkrete Ausgestaltung der Park- und Grünanlagen entscheidet gem. § 93 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 NKomVG der Bezirksrat zu einem späteren Zeitpunkt. Das gilt ausdrücklich auch für etwa an anderen Stellen in dieser Vorlage zu dieser Angelegenheit enthaltene Aussagen (wie etwa in Anlage 1).

5.

Das verkehrsplanerische Konzept für die innere Erschließung (u.a. Nachweis von 4,5 Fahrradeinstellplätzen je Wohneinheit überwiegend ebenerdig im Gebäude, Stellplatznachweis für den motorisierten Individual-verkehr: durchschnittlich ca. 0,55 je Wohneinheit, kein allgemeines Parken im öffentlichen Straßenraum) wird weiterverfolgt.

6.


Es sind besondere Anstrengungen zur Sicherung preisgedämpfter Baukosten zu unternehmen. Entsprechende Potentiale des seriellen und modularen Bauens sind zu nutzen.

7.

Von den Eigentümern wird vor zur Beschlussfassung über die Auslage des Bebauungsplans Nr. 1536 und dem dazugehörigen städtebaulichen Vertrag ein beschlussfähiger Antrag auf Einleitung eines VEP für die ehemaligen Produktionsgebäude erwartet. Die Satzungsbeschlüsse zum Bebauungsplan Nr. 1536 und zum VEP für die den Ersatz der ehemaligen Produktionsgebäude sollen zeitlich parallel gefasst werden.

Die Verwaltung wird beauftragt, vor einer Entscheidung über den Denkmalstatus und den weiteren Umgang mit den historischen Conti-Gebäuden zu prüfen, wie dort ein Modellforschungsprojekt für eine sinnvolle und gesundheitlich unbedenkliche Nachnutzung chemisch belasteter Gebäude realisiert werden kann und inwieweit entsprechende Forschungsmittel des Bundes (BMBau, BMU, BMBF, Bundesstiftung Baukultur, Deutsche Stiftung Denkmalschutz) dafür akquiriert werden können. Nach weitgehender Vorlage von Informationen und Stellungnahmen der Fachbehörden soll im Bezirksrat in nächster Zeit eine Anhörung zum Thema des weiteren Umgangs mit den historischen Produktionsgebäuden statt-finden. Dabei sollen das planende Büro Meinhof / IFUA sowie die zuständige Gesundheitsbehörde angehört werden, um die Politik und die interessierte Stadtteilöffentlichkeit zu informieren. Die endgültige Entscheidung über die Altgebäude darf erst nach erfolgter Erörterung der Erkenntnisse aus der Anhörung getroffen werden.



8.
Die Planungen für die Fläche südlich der Wunstorfer Straße werden zunächst zurückgestellt und mit eigenem Geltungsbereich später wieder aufgenommen.






9.
Ein Konzept zur langfristigen Sicherung sozialer Vielfalt und sozialer Wohnraumversorgung ist mit dem Bebauungsplan vorzulegen. Maßgeblich hierfür ist die angemessene Quotierung der Grundstücks- und Gebäudeflächen anhand der tatsächlichen Flächenverhältnisse und nicht anhand der Wohnungsanzahl. Das Baurecht wird nur erteilt, wenn folgende Mindestanforderungen garantiert werden können:

- eine Quote von 50 Prozent gefördertem Wohnungsbau, davon 50 Prozent aus der untersten Kategorie
- einen Anteil von 15 Prozent gemeinschaftlicher und genossenschaftlicher Wohnprojekte nach Konzeptverfahren
- eine Quote von 15 Prozent für freifinanzierten Mietwohnungsbau
- einen Anteil von 10 Prozent für preisreduzierte Eigentumswohnungen

Die Grundstückseigentümer haben den Anforderungen vertraglich zuzustimmen und entsprechende Grundstücke den Akteuren eines gemeinwohlorientierten Wohnungsbaus direkt oder über staatlich bzw. kommunal institutionalisierte Vermittlung zum angemessenen Preis anzubieten. Die Mindestanforderungen sind über den Städtebaulichen Vertrag sicherzustellen.

10. Die Ergebnisse des noch aufzustellenden umfassenden Verkehrskonzeptes sind im Bebauungsplan zu berücksichtigen.

Begründung


zu 1.

Entfällt, da die Plangespräche sowohl in ihrer Form als auch in ihrem offiziellen Ergebnis keine pauschale und einhellige Zustimmung der Öffentlichkeit erfahren haben.

Sollte der Bezirksrat Linden-Limmer hier zustimmen, würde das als generelle Zustimmung sämtlicher Aussagen der vorgelegten Verwaltungsplanung interpretiert werden, wodurch das Entscheidungsrecht des Bezirksrates bei weitergehenden konkreteren Planungen, Wie z.B. bei der Gestaltung der Grünanlagen, stark beschnitten werden könnte.

zu 2. und 3.

Zurzeit ist der Wohnungsmarkt im Umbruch. Es bestehen enorme wirtschaftliche Unsicherheiten (Zinsen und Baupreisinflation), die aktuell dazu geführt haben, dass die meisten großen Wohnungsbauakteure bundesweit einen radikalen Planungs- und Baustopp ausgerufen haben. So lange die Unsicherheiten andauern, ist auch für die weiteren Planungen auf dem Gelände der Wasserstadt Limmer keine Eile geboten.

Die von der Verwaltung abgesegnete Investorenplanung des 2. Bauabschnittes der Wasserstadt Limmer sieht eine bauliche Dichte mit einer GFZ von 2,6 vor (2,4 nach Abzug von oberirdischen Fahrrad-und KFZ-Abstellanlagen). Damit wird der hannoverschen Standard bei städtisch verdichteten Wohngebieten (GFZ 1,2-1,5) annähernd um das Doppelte überschritten. In anderen Stadtteilen werden bei guter ÖPNV-Verbindung immer noch Ein-familienhausgebiete geplant, in Limmer wird stattdessen ein Dichteexperiment mit ungewissem Ausgang gestartet. Wie wird es in 5 Jahren auf dem Gelände aussehen?
Sind Eigentumswohnungen mit einem Preis von 7.000- 10.000 €/m² (derzeitig etwa 5.600 - 7.600,- €/m² im 1. BA) überhaupt zu vermarkten – in dem einzigen großflächigen Baugebiet in Hannover mit einer derart krassen Verdichtung?

Die in den grundlegenden Beschlüssen des Verwaltungsausschusses vom 08.10.2015 und des Rates der Landeshauptstadt Hannover vom 23.02.2017 festgelegte Obergrenze der Wohneinheiten von 1600 bis 1800 für die gesamte Wasserstadt Limmer würde mit 2600 – 2850 Wohneinheiten drastisch überschritten.

Mit der Realisierung der Basisvariante des im Gutachterverfahren siegreichen Städtebaulichen Entwurfes nähert sich der 2. Bauabschnitt wieder ortstypischen Dichteverhältnissen an.

zu 4.

Der ergänzte Satz soll sicherstellen, dass das Entscheidungsrecht des Bezirksrats zur Ausgestaltung von Plätzen und Grünflächen nicht durch eine voreilige, generelle Billigung der Gesamtplanung ausgehebelt wird. Im derzeitigen Planungsstadium ist es nicht sinnvoll, über die reine Flächenverteilung hinaus Vorgaben zur Ausgestaltung von Park- und Grünanlagen zu formulieren. Die Entwurfsplanung der diversen Grünanlagen und Spielflächen hat zu einem späteren Zeitpunkt unter Berücksichtigung des Entscheidungsrechtes des Bezirksrats zu erfolgen.

Ein freiraumplanerischer Entwurf, der in der Verwaltungsfassung erwähnt wird, war darüber hinaus der Drucksache nicht beigefügt.

zu 5.
Eine weitere Absenkung des Stellplatzschlüssel ist mittlerweile planungsrechtlich nicht nur möglich, sondern städtebaulich auch geboten.

zu 7.

Die historischen Conti-Gebäude auf dem Gelände der Wasserstadt Limmer sind bedeutende Zeugnisse der Industriegeschichte Hannovers. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand sieht der Bezirksrat Linden-Limmer den Abbruch der Conti-Altgebäude noch nicht als „alternativlos“ an.

Die Frage des Erhalts oder der Zerstörung der Altgebäude bewegt die Öffentlichkeit seit Beginn der Planung der Wasserstadt. Gleichzeitig ist der Nachvollzug der vorliegenden Handlungsvorgaben weiterhin schwierig. In der Presse zitierte Kommentare der Fachverwaltungen verweisen auf einen komplexen Sachverhalt mit einigem Interpretationsspielraum. Statt die über hundert Jahre alten ortsbildprägenden Gebäude am Stichkanal unwiederbringlich zu zerstören, ist es nachhaltiger, modellhafte Lösungen zu suchen und zu erforschen, um die Nachnutzungspotenziale chemisch belasteter Gebäude zu verbessern. Sie sind jedoch durch die jahrelange Produktion von Reifen und die Verarbeitung von Gummi mit dem chemischen Stoff Nitrosamin belastet. Was auch auf andere Industriedenkmäler in Deutschland zutrifft. Die historische Conti-Gebäude sollten daher als Demonstrations- und Pilotprojekt für eine sinnvolle und gesundheitlich unbedenkliche Nachnutzung chemisch belasteter Gebäude begriffen und entsprechend beforscht werden.

Die abschließende Diskussion über innovative Nutzungsmöglichkeiten und Alternativen ist bisher noch nicht ausreichend geführt worden. So ist z.B. eine Nutzung der Vollgeschosse als Serverfarm denkbar, deren Abwärme könnte ins Nahwärmenetz eingespeist werden.
Die Dachgeschosse könnten vollständig abgetragen werdend nach Wiedererrichtung als Verwaltungsflächen dienen.

Die vorliegenden Unterlagen müssen politische Verantwortungsträger, die in dieser Materie regelmäßig Laien sind, nachvollziehbar interpretiert werden. Deshalb ist es unerlässlich, hierfür eine Informationsveranstaltung in Form einer Anhörung im Bezirksrat durchzuführen.
Bei der Wahl des Veranstaltungsortes sollte das wahrscheinlich große öffentliche Interesse entsprechend Berücksichtigung finden.

zu 9.

Ein Konzept zur langfristigen Sicherung sozialer Vielfalt und sozialer Wohnraumversorgung muss mit dem Bebauungsplan erarbeitet werden. Es ist bedenklich, dass sich die Verwaltung auch im Rahmen der Plangespräche nicht zu diesem Thema geäußert hat. Es gibt inzwischen in Hannover Überlegungen, den sozialen Aspekt im Wohnungsbau über politische Grundsatzbeschlüsse zu stärken. Entsprechendes wird in naher Zukunft erwartet und sollte auch für die Wasserstadt Limmer Geltung bekommen. Beispiel-haft zu nennen ist hier der Baulandbeschluss der Stadt Frankfurt aus dem Jahr 2020. Die beim ersten Bauabschnitt der Wasserstadt Limmer verwendeten Quotierungen zum geförderten Wohnungsbau haben zu einem Anteil des geförderten Wohnraums von lediglich 13,2 % der errichteten Wohnfläche geführt.

Die Orientierung an der Wohnungsanzahl ist offensichtlich untauglich, um einen sozial ausgewogenen Stadtteil zu planen. Entsprechend sind Quotierungen in anderen Größenordnungen und Verhältnissen notwendig. Insbesondere müssen konkrete Flächenbezüge maßgeblich sein.

zu 10.

Ein funktionierendes Verkehrskonzept ist unerlässlich.