Antrag Nr. 15-1817/2014:
Platzumbenennung vor dem Landtag in Hannah-Arendt-Platz

Informationen:

verwandte Drucksachen:

15-1817/2014 (Originalvorlage)

Beratungsverlauf:

  • 15.09.2014: Stadtbezirksrat Mitte: Getrennte Abstimmung nach Punkten: Punkt 1: einstimmig Punkt 2: 10 Stimmen dafür, 5 Stimmen dagegen, 0 Enthaltungen Punkt 3:11 Stimmen dafür, 0 Stimmen dagegen, 4 Enthaltungen Punkt 4: 11 Stimmen dafür, 0 Stimmen dagegen, 4 Enthaltungen

Antragsteller(in):

Gemeinsamer Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD-Fraktion und Bezirksratsherrn Engelke

Inhalt der Drucksache:

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Platzumbenennung vor dem Landtag in Hannah-Arendt-Platz

Antrag

Der Bezirksrat möge beschließen:

Die Verwaltung der Landeshauptstadt Hannover wird aufgefordert, das Verfahren einzuleiten, um
1. den bisherigen „Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz“ umzubenennen;
2. die Umbenennung in „Hannah-Arendt-Platz“ vorzunehmen;
3. den Entwurf einer Informationstafel anzufertigen, aus welcher die Biographien dieser beiden Personen hervorgehen ebenso wie die Gründe, die zur Umbenennung geführt haben;
4. den Landtag Niedersachsens einzuladen, sich an der Umsetzung und Erstellung der Informationstafel zu beteiligen

Begründung

Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges und der Befreiung vom Nationalsozialismus hatte sich Hinrich Wilhelm Kopf als erster Ministerpräsident des Bundeslandes Niedersachsen in dessen Gründungsphase große Verdienste beim Entstehen und dem Aufbau dieses neuen Bundeslandes erworben und sich bis zu seinem Tod 1961 für das Land mit vollem Engagement eingesetzt.

Seine aktive Zeit während des Nationalsozialismus, in welcher er im überfallenen Polen für die von den Nazis eingesetzte Haupttreuhandstelle Ost tätig war, deren Aufgabe die „Verwertung“ des Vermögens insbesondere deportierter polnischer Juden war, macht es jedoch unmöglich, ihn weiter als Namensgeber des Platzes vor dem Niedersächsischen Landtag öffentlich zu ehren. Hinzu kommt vor dem Hintergrund eines polnischen Auslieferungsersuchens und Ermittlungen gegen Hinrich Wilhelm Kopf in der Nachkriegszeit, dass er im Hinblick auf seine Rolle in der Nazizeit den Niedersächsischen Landtag belogen hatte.

Die am Lindener Marktplatz in Hannover 1906 geborene Hannah Arendt studierte in Marburg Philosophie, Evangelische Theologie und Griechisch, setzte sich als politische Theoretikerin zeitlebens mit Fragen von Freiheit, Gleichheit und Demokratie auseinander und musste als 1933 als aktive Gegnerin des Nationalsozialismus und Jüdin nach einer kurzzeitigen Gestapo-Haft aus Deutschland fliehen. Im Jahre 1937 wurde sie von den Nationalsozialisten ausgebürgert und wurde nach 14 Jahren Staatenlosigkeit im Jahre 1951 Staatsangehörige der USA, wo sie Professorin wurde und bis zu ihrem Tod 1975 lebte.
Sie beschäftigte sich auch nach der Befreiung intensiv mit der Frage persönlicher Schuld im Nationalsozialismus insbesondere am Beispiel des Eichmann-Prozesses sowie mit anderen totalitären Systemen wie dem Stalinismus (etwa in ihrem Werk "Elemente und Ursprünge totalitärer Herrschaft" und nahm darüber hinaus kritisch Stellung zu vielen weltpolitischen Ereignissen wie der Kommunistenverfolgung durch Mc Carthy in den USA, der Unterdrückung der Revolution in Ungarn 1956, zum Zusammenleben der Araber und Israelis und zum Vietnamkrieg.

Um auch weiterhin eine gesellschaftliche Debatte über den Umgang mit Kriegsverbrechen während des NS-Regimes im Allgemeinen und die Rolle von Hinrich Wilhelm Kopf im Speziellen zu ermöglichen, sollen dessen Biografie, sowie die Gründe, die zur Umbenennung des Platzes geführt haben, auf einer Informationstafel dargestellt werden.