Antrag Nr. 15-1643/2015:
Linden ist Weltkulturerbe

Inhalt der Drucksache:

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Linden ist Weltkulturerbe

Antrag

Der Bezirksrat möge beschließen:
Das FZH Linden im Ensemble mit dem Arbeitermilieu in Linden-Limmer soll 2018 das Prädikat „Weltkulturerbe“ erhalten. Die Stadtverwaltung wird hierzu gebeten, die erforderlichen Schritte einzuleiten.
Eine einzusetzende Expertengruppe soll zunächst einen Nominierungsantrag entwerfen und das Weltkulturerbegebiet und das Erhaltungsgebiet umreißen. Es muss eine Kernzone benannt werden, in der sich das zu schützende Kulturgut befindet. Außerdem gibt es eine Pufferzone, die das Kulturgut umgibt und zur angemessenen Erhaltung unerlässlich ist. Es soll geprüft werden, inwieweit ähnliche Gebiete in anderen europäischen Städten für eine gemeinsame Antragstellung in Frage kommen. Gleichzeitig findet eine intensive BürgerInnenbeteiligung statt.
Im Herbst 2017 sollte dann der überarbeitete Antrag zur formalen Kontrolle beim World Heritage Center in Paris eingehen. Mit der Einarbeitung von dessen Änderungsvorschlägen soll Anfang 2018 dann der offizielle Nominierungsantrag eingereicht werden.

Begründung

Das Freizeitheim Linden wurde 1961 als erste Stadtteilkultureinrichtung seiner Art in der Bundesrepublik Deutschland gegründet. Seine Initiatoren, Vertreter zahlreicher Lindener Vereine, dachten dabei an ein Haus wie das Volksheim Saalbau Sander, das 1902 vom Arbeiterbildungsverein in der seinerzeit noch eigenständigen Stadt Linden als Stätte für die Ausübung aktiver „Arbeiterbildung“, „Arbeitersport“ und Treffen für die Lindener Arbeiterschaft und ihrer damals sozialdemokratischen Vereine und der Gewerkschaften gebaut wurde. Saalbau Sander war der Treffpunkt der Lindener Arbeiterbewegung.

Die starke Anbindung an das Lindener Volksheim zeigte sich darin, dass die Stadt Linden Räume für Aus-und Weiterbildungszwecke u.a. für das Metallgewerbe anmietete.
Ausgehend vom Lindener Volksheim formierten sich in Linden bereits vor der Machtübernahme der Nazis erste Widerstandsgruppen gegen die Nazis.

Sowohl SPD als auch KPD mobilisierten gegen die Nazipropaganda. Reichsbanner und Rotfrontkämpferbund schützten die Veranstaltungen ihrer Parteien und sie schützten das Lindener Volksheim vor Nazi-Übergriffen.
Nach der Machergreifung der Nazis gingen viele Lindener, Frauen und Männer in den Widerstand. Viele Lindener Mitglieder von SPD und KPD sowie eine Reihe von Gewerkschaftern wurden verhaftet und mussten jahrzehntelange Haftstrafen in Zuchthäusern oder Lagerhaft in den Konzentrationslager über sich ergehen lassen. Trotz vielfältigster Repressionen ließen sich eine Vielzahl von Lindener durch Naziterror und Nazi-Herrschaft nicht brechen.

Mit der „Sozialistischen Front“ formierte sich in Linden ein breiter Widerstand gegen die Nazis. Bis heute weiß man von mehr als über tausend Lindener Bürgerinnen und Bürgern, dass sie sich in der „Sozialistischen Front“ gegen die Nazis organisierten. Die vor Allen von führenden SPD-Genossinnen und Genossen geführte Organisation verfolgte eine Politik der Aktionseinheit, d.h. neben Sozialdemokraten organisierten sich Gewerkschafter, Naturfreunde, ehemalige Kolleginnen und Kollegen aus den Arbeitersport- und Arbeitergesangsvereinen, den Kulturvereinen und auch KPD-Mitglieder in der „Sozialistischen Front“. Bereits mit diesem antifaschistischen Kampf wurden gerade in Linden die ersten Grundlagen für eine spätere Gründung des DGB und seiner Gewerkschaften gelegt.

Bereits unmittelbar nach der Befreiung vom Faschismus organisierte sich die Arbeiterbewegung in Linden. Aufgrund der liberalen Auflagen durch die britische Besatzungsregierung konnten sich in Linden die politischen Parteien und die Gewerkschaften schnell gründen. SPD und KPD gründeten hier jeweils ihre Bundespartei. Ebenso gründeten sich eine Reihe von DGB-Gewerkschaften. Ihre Losung damals wie heute: Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg“. Viele Lindener Bürgerinnen und Bürger ergriffen später die Initiative um wieder eine Räumlichkeit für ihre Vereine, Parteien und Gewerkschaften zu bekommen.

1961 war es denn so weit. Mit dem Freizeitheim Linden hatten die Lindener wieder einen Treffpunkt für ihre unterschiedlichsten Aktivitäten Chöre, Gewerkschaften und Parteien, Jugendverbände trafen und treffen sich bis heute in „ihrem Freizeitheim Linden“. In den späten 60er und frühen 70er Jahren trafen sich u.a. die Jusos, die SDAJ, die Pionieren, die SPD, die DKP, Liberale und vor allem die IG Metall im Freizeitheim. Hannes Wader, Franz-Josef Degenhardt oder Dieter Süverkrüp spielten oftmals vor ausverkauftem Haus. In den achtziger Jahren war das Freizeitheim ein Ausgangspunkt für den Kampf der IG Metall und der IG Druck und Papier für die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Viele Veranstaltungen und Diskussionen halfen mit, diesen gewerkschaftlichen Kampf 1984 letztlich erfolgreich zu gestalten.

Damals wie heute nutzen 10.000 Bürgerinnen und Bürger regelmäßig das Freizeitheim Linden. Wie die Lindener zu ihrem Freizeitheim stehen, hat ihr Engagement für den Erhalt der dort ansässigen Stadtteilbücherei gezeigt.

Mehr als 25.000 Unterschriften, darunter auch viele Prominente wie z.B. Udo Lindenberg, Klaus Meine, Harry Rowohlt, der damalige Ministerpräsident Christian Wulff oder der Bundesligatrainer Mirko Slomka.