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NEUFASSUNG: Änderungsantrag von Bezirksratsherrn Klenke (CDU) zu Drucks. Nr. 1331/2023 "Bebauungsplan 1536 - Wasserstadt Limmer, Fortführung des Verfahrens"
Antrag
Der Bezirksrat möge beschließen:
Der Antragstext wird wie folgt ersetzt/ ergänzt/ gestrichen: Bebauungsplan Nr. 1536 - Wasserstadt Limmer West Fortführung des Verfahrens
Änderungsantrag zu Drucks. Nr. 1331/2023 "Bebauungsplan 1536 - Wasserstadt Limmer, Fortführung des Verfahrens“
Antrag, die Verwaltung zu beauftragen, das weitere Bebauungsplanverfahren für den zweiten Bauabschnitt der Wasserstadt Limmer (Bebauungsplan Nr. 1536, Wasserstadt Limmer West) auf Grundlage folgender Rahmenbedingungen fortzuführen:
1. Den vorgeschlagenen Vorgehensweisen zur Würdigung der bei den Plangesprächen und darüber hinaus vorgelegten Anmerkungen wird zuge-stimmt (siehe Anlage 1).
2. Das von der Jury vorgeschlagene städtebauliche Konzept der Büros Mo-nadnock, chora blau und Planersocietät in seiner am 03.02.2022 präsentierten Fassung wird Basisvariante bleibt Grundlage des Bebauungsplans Nr. 1536, Wasserstadt Limmer West. Die Variante zum sogenannten Prüfauftrag mit einer um 40.000 m2 erhöhten Brutto-grundfläche wird ausdrücklich verworfen.
3. Im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 1536 nördlich der Wunstorfer Straße sollen rund 193.000 m² Bruttogrundfläche (entspricht etwa 1.250 – 1.350 Wohnungen) maximal 163.000 m² Bruttogrundfläche oberirdisch neugebaut werden (davon ca. 130.000 m² Geschossfläche Wohnen). Der Beschluss des Verwaltungsausschusses mit der Drucksache Nr. 2096/2015 wird durch diesen Beschluss ersetzt.
4. Der freiraumplanerische Entwurf mit einer Gesamtgröße der öffentlichen Grünflächen von ca. 21.500 m² wird weiterverfolgt. Der Bezirksrat trifft gegenwärtig noch keine Aussagen, die sein alleiniges Entscheidungsrecht zur Ausgestaltung der Park- und Grünanlagen gem. § 93 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 NKomVG bereits in Teilen vorwegnehmen könnten.
Das gilt ausdrücklich auch für etwa an anderen Stellen in dieser Vorlage zu dieser Angelegenheit enthaltene Aussagen (wie etwa in Anlage 1).
5. Das verkehrsplanerische Konzept für die innere Erschließung (u.a. Nachweis von 4,5 Fahrradeinstellplätzen je Wohneinheit überwiegend ebenerdig im Gebäude, Stellplatznachweis für den motorisierten Individual-verkehr: durchschnittlich ca. 0,55 je Wohneinheit, kein allgemeines Parken im öffentlichen Straßenraum) wird weiterverfolgt.
6. Es sind besondere Anstrengungen zur Sicherung preisgedämpfter Bau-kosten zu unternehmen. Entsprechende Potentiale des seriellen und modu-laren Bauens sind zu nutzen.
7. Von den Eigentümern wird zur Beschlussfassung über die Auslage des Bebauungsplans Nr. 1536 und dem dazugehörigen städtebaulichen Vertrag ein beschlussfähiger Antrag auf Einleitung eines VEP für die ehemaligen Produktionsgebäude erwartet. Die Satzungsbeschlüsse zum Bebauungsplan Nr. 1536 und zum VEP für den Ersatz der ehemaligen Produktionsgebäude sollen zeitlich parallel gefasst werden.
Nach weitgehender Vorlage von Informationen und Stellungnahmen der Fachbehörden soll im Bezirksrat in nächster Zeit eine Anhörung zum The-ma des weiteren Umgangs mit den historischen Produktionsgebäuden statt-finden. Dabei soll das planende Büro Meinhof / IFUA sowie die zuständige Gesundheitsbehörde die Politik und die interessierte Stadtteilöffentlichkeit informieren. Die endgültige Entscheidung über die Altgebäude darf erst nach erfolgter Erörterung der Erkenntnisse aus der Anhörung getroffen werden.
8. Die Planungen für die Fläche südlich der Wunstorfer Straße werden zu-nächst zurückgestellt und mit eigenem Geltungsbereich später wieder aufgenommen.
9. Ein Konzept zur langfristigen Sicherung sozialer Vielfalt und sozialer Wohnraumversorgung ist mit dem Bebauungsplan vorzulegen. Maßgeblich hierfür ist die angemessene Quotierung der Grundstücks- und Gebäudeflächen anhand der tatsächlichen Flächenverhältnisse und nicht anhand der Wohnungsanzahl. Das Baurecht wird nur erteilt, wenn folgende Mindestanforderungen garantiert werden können (entsprechend dem Frankfurter Baulandbeschluss vom 23.1.2020):
- eine Quote von 30 Prozent gefördertem Wohnungsbau
- einen Anteil von 15 Prozent gemeinschaftlicher und genossenschaftlicher Wohnprojekte nach Konzeptverfahren
- eine Quote von 15 Prozent für freifinanzierten Mietwohnungsbau
- einen Anteil von 10 Prozent für preisreduzierte Eigentumswohnungen
Die Grundstückseigentümer sind gehalten, den Anforderungen zuzustimmen und entsprechende Grundstücke den Akteuren eines gemeinwohlorientierten Wohnungsbaus direkt oder über staatlich bzw. kommunal institutionalisierte Vermittlung zum angemessenen Preis anzubieten. Die Mindestanforderungen sind über den Städtebaulichen Vertrag sicherzustellen.
10. Die Ergebnisse des noch aufzustellenden umfassenden Verkehrskon-zeptes sind im Bebauungsplan zu berücksichtigen. Das Verfahren darf erst nach Vorliegen des Verkehrskonzeptes fortgeführt werden.
Begründung
(zu 1.)
Entfällt, da die Plangespräche sowohl in ihrer Form als auch in ihrem offiziellen Ergebnis keine pauschale und einhellige Zustimmung der Öffentlichkeit erfahren haben.
Sollte der Bezirksrat Linden-Limmer hier zustimmen, würde das als generelle Zustimmung sämtlicher Aussagen der vorgelegten Verwaltungsplanung interpretiert werden, wodurch das Entscheidungsrecht des Bezirksrates bei weitergehenden konkreteren Planungen, Wie z.B. bei der Gestaltung der Grünanlagen, stark beschnitten werden könnte.
(zu 2. und 3.)
Zurzeit ist der Wohnungsmarkt im Umbruch. Es bestehen enorme wirtschaftliche Unsicherheiten (Zinsen und Baupreisinflation), die aktuell dazu geführt haben, dass die meisten großen Wohnungsbauakteure bundesweit einen radikalen Planungs- und Baustopp ausgerufen haben. So lange die Unsicherheiten andauern, ist auch für die weiteren Planungen auf dem Gelände der Wasserstadt Limmer keine Eile geboten.
Die von der Verwaltung abgesegnete Investorenplanung des 2. Bauabschnittes der Wasserstadt Limmer sieht eine bauliche Dichte mit einer GFZ von 2,6 vor (2,4 nach Abzug von oberirdischen Fahrrad-und KFZ-Abstellanlagen). Damit wird der hannoverschen Standard bei städtisch verdichteten Wohngebieten (GFZ 1,2-1,5) annähernd um das Doppelte überschritten. In anderen Stadtteilen werden bei guter ÖPNV-Verbindung immer noch Ein-familienhausgebiete geplant, in Limmer wird stattdessen ein Dichteexperiment mit ungewissem Ausgang gestartet. Wie wird es in 5 Jahren auf dem Gelände aussehen? Sind Eigentumswohnungen mit einem Preis von 7.000- 10.000 €/m² (derzeitig etwa 5.600 - 7.600,-€/m² im 1. BA) überhaupt zu vermarkten – in dem einzigen großflächigen Baugebiet in Hannover mit einer derart krassen Verdichtung?
Die in den grundlegenden Beschlüssen des Verwaltungsausschusses vom 08.10.2015 und des Rates der Landeshauptstadt Hannover vom 23.02.2017 festgelegte Obergrenze der Wohneinheiten von 1600 bis 1800 für die gesamte Wasserstadt Limmer würde mit 2600 – 2850 Wohneinheiten drastisch überschritten.
Mit der beabsichtigten Planung wird die gesamte Bürgerbeteiligung seit 2014 diskreditiert, da die Begrenzung der Dichte das maßgebliche Thema der Bürger war. Die vorgelegte Planung behauptet eine Gesamteinwohner-zahl für die fertiggestellte Wasserstadt von rund 5.000 EinwohnerInnen, da-von ca. 3.100 im 2. Bauabschnitt. Diese Zahlen sind nicht haltbar und führen zu Fehlplanungen in der Auslegung der Infrastruktur, insbesondere des Verkehrs und der Grün-, Erholungs- und Spielflächen. Über eine realistische Abschätzung der Wohnungsanzahl ergeben sich Einwohnerzahlen von 6.500-7.000 Einwohnern (die Prognosen beruhen auf einer durchschnittlichen Wohnungsgröße von 65-75 m² Wohnfläche, womit auch die Verwaltung zu Beginn des Planungsprozesses der Wasserstadt Limmer rechnete). 130.000 m2 Geschossfläche für Wohnen, ergeben bei durchschnittlich 75 m2 Wohnfläche ca. 1.300 Wohnungen (etwaige Wohnungen in den Conti-Altgebäuden oder - bei Abbruch - einem entsprechenden dortigen Ersatzbau sind darin nicht enthalten).
Mit der Realisierung der Basisvariante des im Gutachterverfahren siegreichen Städtebaulichen Entwurfes nähert sich der 2. Bauabschnitt wieder ortstypischen Dichteverhältnissen an.
Die im Mittel um ein Geschoss geringeren Gebäudehöhen im Vergleich zum derzeitigen Entwurf reduzieren die Unterschreitungen der Abstandsvorschrift der Niedersächsischen Bauordnung (Mindestabstand bis Grundstücksgrenze entspricht 1⁄2 der Gebäude-höhe) auf ein erträgliches Maß. Eine deutliche Überschreitung von Verwaltungsausschuss und Rat in 2015 und 2017 beschlossenen Wohnungsober-grenze wird aber auch in diesem Fall nicht verhindert.
(zu 4.)
Der Text der Verwaltung zu Punkt 4. entfällt, da das freiraumplanerische Konzept bereits in dem Städtebaulichen Gesamtkonzept entsprechend Punkt 2. und 3. enthalten ist. Eine Angabe zur Größe der öffentlichen Grünflächen ist problematisch. Die Verwaltung ist sich durchaus bewusst, dass die genannte Flächengröße von 21.000 m2 Grünfläche für den von den von ihr favorisierten Entwurf nicht ausreichend dimensioniert ist. Es ist selbstverständlich, während einer Planungsarbeit den jeweiligen Planungsstand mit den gültigen Vorschriften, Regeln und Gesetzen abzugleichen. Die endgültige Größe der öffentlichen Grünflächen ergibt sich aus dieser kontinuierlichen Selbstüberprüfung der Planenden.
Der in der Neufassung unter 4. ergänzte Satz soll sicherstellen, dass das Entscheidungsrecht des Bezirksrats zur Ausgestaltung von Plätzen und Grünflächen nicht durch eine voreilige, generelle Billigung der Gesamtplanung ausgehebelt wird. Im derzeitigen Planungsstadium ist es nicht sinn-voll, über die reine Flächenverteilung hinaus Vorgaben zur Ausgestaltung von Park- und Grünanlagen zu formulieren. Die Entwurfsplanung der diversen Grünanlagen und Spielflächen hat zu einem späteren Zeitpunkt unter Berücksichtigung des Entscheidungsrechtes des Bezirksrats zu erfol-gen.
Ein freiraumplanerischer Entwurf, der in der Verwaltungsfassung erwähnt wird, war darüber hinaus der Drucksache nicht beigefügt.
(zu 7.)
Nach gegenwärtigem Kenntnisstand sieht der Bezirksrat Linden-Limmer den Abbruch der Conti-Altgebäude noch nicht als „alternativlos“ an.
Die Frage des Erhalts oder der Zerstörung der Altgebäude bewegt die Öffentlichkeit seit Beginn der Planung der Wasserstadt. Gleichzeitig ist der Nachvollzug der vorliegenden Handlungsvorgaben weiterhin schwierig. In der Presse zitierte Kommentare der Fachverwaltungen verweisen auf einen komplexen Sachverhalt mit einigem Interpretationsspielraum.
Die abschließende Diskussion über innovative Nutzungsmöglichkeiten und Alternativen ist bisher noch nicht ausreichend geführt worden. So ist z.B. eine Nutzung der Vollgeschosse als Serverfarm denkbar, deren Abwärme könnte ins Nahwärmenetz eingespeist werden. Die Dachgeschosse könnten vollständig abgetragen werdend nach Wiedererrichtung als Verwaltungsflächen dienen.
Die vorliegenden Unterlagen müssen politische Verantwortungsträger, die in dieser Materie regelmäßig Laien sind, nachvollziehbar interpretiert wer-den. Deshalb ist es unerlässlich, hierfür eine Informationsveranstaltung in Form einer Anhörung im Bezirksrat durchzuführen. Bei der Wahl des Veranstaltungsortes sollte das wahrscheinlich große öffentliche Interesse entsprechend Berücksichtigung finden.
(zu 9.)
Ein Konzept zur langfristigen Sicherung sozialer Vielfalt und sozialer Wohnraumversorgung muss mit dem Bebauungsplan erarbeitet werden. Es ist bedenklich, dass sich die Verwaltung auch im Rahmen der Plangespräche nicht zu diesem Thema geäußert hat. Es gibt inzwischen in Hannover Überlegungen, den sozialen Aspekt im Wohnungsbau über politische Grundsatzbeschlüsse zu stärken. Entsprechendes wird in naher Zukunft erwartet und sollte auch für die Wasserstadt Limmer Geltung bekommen. Beispiel-haft zu nennen ist hier der Baulandbeschluss der Stadt Frankfurt aus dem Jahr 2020. Die beim ersten Bauabschnitt der Wasserstadt Limmer verwendeten Quotierungen zum geförderten Wohnungsbau haben zu einem Anteil des geförderten Wohnraums von lediglich 13,2 % der errichteten Wohnfläche geführt.
Die Orientierung an der Wohnungsanzahl ist offensichtlich untauglich, um einen sozial ausgewogenen Stadtteil zu planen. Entsprechend sind Quotierungen in anderen Größenordnungen und Verhältnissen notwendig. Insbesondere müssen konkrete Flächenbezüge maßgeblich sein. Beispielhaft ein Auszug aus dem Frankfurter Baulandbeschluss vom 23.1.2020:
„Um eine sozial- und klimagerechte Bodennutzung und einen für alle Bevölkerungsschichten bezahlbaren Wohnungsbau zu gewährleisten, verfolgt die Stadt das Ziel, bei allen Wohnbauentwicklungen
- eine Quote von 30 Prozent gefördertem Wohnungsbau
- einen Anteil von 15 Prozent gemeinschaftlicher und genossenschaftlicher Wohnprojekte nach Konzeptverfahren
- eine Quote von 15 Prozent für freifinanzierten Mietwohnungsbau und
- einen Anteil von 10 Prozent für preisreduzierte Eigentumswohnungen um-zusetzen.
( … )
…. Bezugsgröße hierfür soll künftig die Bruttogrundfläche Wohnen sein.“ ( … )