Antrag Nr. 15-1451/2018 N2:
St(r)ö(e)rtafeln im Blickfeld

Inhalt der Drucksache:

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St(r)ö(e)rtafeln im Blickfeld

Antrag

Der Bezirksrat möge beschließen:

Die Verwaltung wird beauftragt:

1. Werbeanlagen wie die Litfaßsäule auf der Fußgängerinsel Celler Straße/Lister Meile, die erheblich belästigen und die Verkehrssicherheit negativ beeinflussen, umgehend aus dem Verkehr zu ziehen von den Stellen zu entfernen.
2. Den Verkehrsraum Celler Straße/Lister Meile mit dem Abbau der Litfaßsäule hinsichtlich der menschlichen Ergonomie und der physikalischen Gesetzmäßigkeiten wieder sicher und übersichtlich zu gestalten.
3. In einem Plan über die in der Antwort 15-2420/2017 F1 erwähnten „Stadt-Möblierungs- Achsen“ Auskunft zu geben, außerdem darzulegen, wie zwischen dem Mobiliar in Hinblick auf die Standortwahl differenziert wird.
4. Eine konkrete Planung für kommende Werbeanlagen vorzulegen, so denn nach dem Werberechtsvertrag zwischen der Stadt Hannover und der x-City-Marketing GmbH noch Werbeanlagen im Bezirk Mitte aufgestellt werden sollen.
5. In Zukunft generell Planungen für neue Werbeanlagen dem Stadtbezirksrat Mitte vorzulegen.
6. Dieser Antrag ist dem Bezirksrat Vahrenwald/List zur Kenntnis zu geben.

Begründung

Behinderung von Sichtbeziehungen
Wie am Beispiel der Litfaßsäule in der Celler Straße wird bei vielen weiteren Werbeanlagen die Sicht der Verkehrsteilnehmer massiv eingeschränkt. Die Anordnung der Litfaßsäule verhindert den im Verkehr wichtigen Augenkontakt der Verkehrsteilnehmer beim Überqueren der Fußgängerinsel. Herankommende Verkehre können im Gebrauchsblickfeld und Gesichtsblickfeld der Fußgänger und Radfahrer, die die Fußgängerinsel überqueren, nicht gesehen werden. Auch eine Neigung des Kopfes reicht nicht aus, um an der Säule vorbei schauen zu können. Schritte nach vorne und hinten sind auf der Insel der Situation nicht angemessen und bringen Fußgänger in Gefahr. Kinder sind mit der Situation schnell überfordert.

Kinderwagen und Fahrräder müsste man erst auf die Fahrbahn schieben, um sehen zu können, ob man bei Grün wirklich gehen sollte. Wenn die Ampel (täglich/abends und nachts) ausgeschaltet ist, ist das Chaos perfekt. In dieser Situation kann man von der Mittelinsel aus nicht mehr einschätzen, wie viele Autos man vorbeifahren lassen muss, weil man sie schlichtweg beim Überqueren der ersten Straßenseite und auf der Insel stehend aus dem Auge verliert. Plötzlich kann ein Auto auftauchen, das vorher noch nicht zu sehen war. Die „Entdeckungswahrscheinlichkeit“ ist hier nach unserer Meinung durch bauliche Maßnahmen, die mit der Verkehrssicherheit nichts zu tun haben, sondern lediglich Werbezwecken dienen, ohne erkennbare Notwendigkeit systematisch eingeschränkt worden. Dabei wurden weitergehende Aspekte wie Müdigkeit, biorhythmische Nachtdisposition, Krankheit, Trunkenheit, Dunkelheit… anscheinend nicht in die Überlegungen bezüglich der Standortwahl einbezogen.

Allen, die die Querung nutzen, besonders aber Menschen mit Geh- oder Sehbehinderung, käme es außerdem zu Gute, wenn sie von heranfahrenden Verkehrsteilnehmern durch ordentliche Sichtbeziehungen auf der Fußgängerinsel frühzeitig und durchgängig gesehen würden.

Negativer Einfluss auf Verkehrsregeln
Das „vorausschauende Fahren“, welches in der Fahrschule gelehrt wird, wie auch „die ständige Vorsicht“ sind an dieser Stelle nicht umsetzbar.

Ablenkung
Des Weiteren sind viele neue Werbeanlagen derartig auf die Wahrnehmung des motorisierten Individualverkehrs ausgerichtet, dass es logischerweise zu enormen Ablenkungen im Straßenverkehr kommt. Besonders bewegte Bilder lenken die Aufmerksamkeit auf sich und vom Verkehr ab. Dazu gehört auch das Erschrecken z. B. durch „fallende Bilder“.

Behinderung von Wegebeziehungen / örtliche Nähe von Verkehrsteilnehmern
Die Irritation durch imposante und große bewegte Werbetafeln, sich drehende Säulen sowie die bauliche Ablenkung wirkt sich oft besonders negativ auf den nichtmotorisierten Individualverkehr aus, da hier durch die örtliche Nähe das Erschrecken wahrscheinlicher ist und nicht nur Sichtbeziehungen, sondern auch Wegebeziehungen behindert werden. Die entsprechende Unübersichtlichkeit beim Überwinden (Umfahren/Umlaufen) von Werbeanlagen verursacht Unfälle, weil das menschliche Reaktionsvermögen auf kurzen Distanzen im direkten Umfeld einer Werbeanlage/eines Hindernisses der Situation nicht angemessen sein kann.

Prävention
Im Sinne der Prävention gilt es, solche Werbetafeln und Säulen abzubauen und, wenn überhaupt, nur an völlig kreuzungsfreien Stellen außerhalb von Sichtachsen/Sichtbeziehungen/Wegebeziehungen im öffentlichen Raum aufzustellen. Wenn Sichtbeziehungen gestört werden, hilft es nicht, langsam zu fahren, um Unfälle zu vermeiden. Dem Ziel „Vision Zero“, also einer Stadt OHNE Verkehrstote, kommen wir nur näher, wenn wir die Stadt präventionsorientiert und übersichtlich gestalten und Sichtbeziehungen freihalten und schaffen.

Haftung, Laufzeit und zukünftige Mobilität
Im Falle eines durch die massive Sichteinschränkung verursachten Unfalls müssen die Betreiber (Vermieter, Eigentümer, Nutznießer) für den entstandenen Schaden aufkommen. Es wäre nicht angemessen, auf Fallstudien zu warten und Unfälle in Kauf zu nehmen, bevor man Werbeanlagen abbaut.

Sonst kann beispielsweise folgendes Szenario begünstigt werden: Ein kleines Kind wird im Gehen von Rot überrascht. Es sieht das herankommende Auto nicht, obwohl der Überweg ohne die Säule übersichtlich wäre und die Querung auch nicht von Abbiegeverkehren zusätzlich erschwert wird. Bei der momentan beginnenden Vertragslaufzeit von 13 Jahren kann ein derartiger Unfall durchaus passieren. Eine zusätzliche Gefahr sind Elektroautos an dieser Stelle, die hier nicht nur unsichtbar, sondern auch lautlos sind.

Bekanntmachung der Standorte von Werbeanlagen
Wenn Baugenehmigungen nach der Antwort 15-0324/2018F1 erteilt wurden, sollte es auch eine Planung zu den Orten geben. Somit können geplante Standorte vor einer Genehmigung bekannt gegeben werden.

Geringe Akzeptanz
Wir bekommen sehr viel negatives Feedback aus der Bevölkerung zu einigen Standorten.


Bild siehe Anlage