Antrag Nr. 15-1028/2023:
Offizielle Benennung des Halim Dener-Platzes

Inhalt der Drucksache:

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Offizielle Benennung des Halim Dener-Platzes

Antrag

Der Bezirksrat möge beschließen:

Die bisher offiziell namenlose Freifläche zwischen Velvet- und Pfarrlandstraße sowie Pfarrland-Spielplatz und Wilhelm-Bluhm-Straße (verwaltungsintern auch „Velvetplatz“, innerhalb des Stadtbezirks Linden-Limmer aber schon Halim-Dener-Platz genannt) wird offiziell in Halim-Dener-Platz benannt.

Außerdem wird die Verwaltung der LHH gebeten, an mindestens einem der aufzustellenden Straßenschilder eine Legendentafel mit folgendem Inhalt anzubringen:

Halim Dener (23.12.1977 – 01.07.1994)

Kurdischer Aktivist und Geflüchteter, wurde am 30.06.1994 in Hannover von einem Polizeibeamten beim Plakatieren erschossen.

Begründung


Seit Jahrzehnten sind Hannover und insbesondere Linden von Einwanderung geprägt und haben durch diese an Lebendigkeit und Weltoffenheit sichtlich dazugewonnen. Dabei wird Einwanderung und die damit verbundenen Chancen und Herausforderungen meist aus der Sicht der Mehrheitsgesellschaft diskutiert; es wird häufig über Migrant_innen gesprochen, weniger mit ihnen. Es bedarf daher mitunter eines Perspektivwechsels, der zum einen zu einer Würdigung migrantischer Lebensläufe führt und gleichzeitig Räume öffnet für Anliegen, Ängste und Probleme, denen Migrant_innen in unserer Gesellschaft begegnen. Dieser Aspekt gesellschaftlichen Zusammenlebens findet im öffentlichen Raum derzeit noch wenig Ausdruck. Besonders offensichtlich ist dies bei der Vergabe von Straßennamen. Die Benennung eines Platzes nach Halim Dener wäre hier beispielhaft ein sichtbarer Schritt zur Anerkennung migrantischer Geschichte in Hannover und darüber hinaus eine Positionierung gegen Rassismus und erstarkenden Rechtspopulismus.

Insbesondere Jugendliche mit Migrationsgeschichte würden sich hierdurch ernst genommen und in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt fühlen.

Dabei ist dies losgelöst von bestimmten Kulturen und Ethnizitäten, denn auch in der Kampagne Halim Dener, die seit Jahren einen Ort des würdevollen Gedenkens an den kurdischen Jugendlichen fordert, sind neben deutschen, auch türkische Gruppen beteiligt.

Der Halim-Dener-Platz wäre somit ein Ort des Zusammenkommens, der die demokratische Kultur des Stadtbezirks verkörpert und die Vielfalt in Linden-Limmer widerspiegelt.

Des Weiteren würde der Tod Halim Deners, der ein bedeutendes Kapitel in der hannoverschen Stadtgeschichte ist, öffentlich stärker thematisiert, als mit der Tafel am Steintorplatz in Mitte. Dass er bis heute nicht ausreichend aufgearbeitet werden konnte, ist nicht zuletzt auf staatliches Versagen zurückzuführen. Vor diesem Hintergrund ist der Inhalt des Antrages ist vor Beschlussfassung des Stadtbezirksrates hinsichtlich der Belange der gesamten Stadt überprüft worden. Gesamtstädtische Belange, insbesondere in Bezug auf finanzielle, sachliche und personelle Auswirkungen, wurden dementsprechend berücksichtigt. Darüber hinaus konnte keine reale Gefährdung für das Stadtwohl festgestellt werden, da beispielsweise in den Verfassungsschutzberichten der letzten drei Jahren nur ein Vorfall gelistet wurde. Als fortschrittlicher und multikultureller Stadtbezirk leistet Linden-Limmer somit einen Beitrag zur Erinnerung an Halim Dener und schafft nach Jahrzehnten einen wirklichen Ort des Andenken und des Zurruhekommens und befriedet tendenziell den Konflikt um das Vermächtnis Halim Deners, das aus der Zurückweisung eines inhaltlich identischen Antrags aus dem Jahr 2017 [1] immer noch resultiert.

Mit der Zustimmung zur Anbringung einer Informationstafel am Steintorplatz [2] ist klargestellt, dass die Ratsmehrheit wie die Verwaltung die damalig geäußerten Bedenken gegen eine öffentliche Würdigung des Lebens und Todes des Halim Dener nicht mehr aufrecht erhält. Es wäre also an der Zeit, den Schritt zu gehen, der schon vor sechs Jahren hätte gegangen werden müssen.

In der Begründung schreiben die beantragenden Fraktionen im Rat der Stadt Hannover selbst: "Eine Antwort, wie mit dem Erinnerungskonflikt um Halim Dener umzugehen ist, hat Hannover noch nicht gefunden; sie kann nur in Zusammenarbeit mit der Polizeidirektion und Vertreter*innen der kurdischen Community gefunden werden." Dazu eignet sich auch dieser Platz, der seit geraumer Zeit auch Veranstaltungsort besagter Community ist und von dieser von Anfang an als angemessen betrachtet wurde.

Die Platzbenennung zum 30. Todestag am 30.06.2024 bietet sich als genauso gute Möglichkeit dafür an, wie die Benennung schon am 30.06.2023. Auch wenn dies nicht mal einer Bestätigung durch die Verwaltung bedarf, da die Benennung von Straßen und Plätzen nach wie vor ureigenste Kompetenz des Bezirksrates ist, so ist doch fraglich, ob die logistischen Voraussetzungen für eine angemessene Benennung in der noch zur Verfügung stehenden Zeit erfüllt werden können.

[1] https://e-government.hannover-stadt.de/lhhsimwebre.nsf/DS/15-0980-2017 in Verbindung mit https://e-government.hannover-stadt.de/lhhsimwebre.nsf/DS/15-1615-2017

[2] https://e-government.hannover-stadt.de/lhhsimwebre.nsf/DS/0404-2023 in Verbindung mit https://e-government.hannover-stadt.de/lhhsimwebre.nsf/DS/0923-2023