Drucksache Nr. 15-0692/2018 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage Drucks. Nr. 0715/2017 Grundschule Buchholz-Kleefeld II, Neubau einer 3-zügigen Grundschule
Sitzung des Stadtbezirksrates Buchholz-Kleefeld am 12.04.2018
TOP 4.4.1.

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverDrucksachen-Zeichen
An den Stadtbezirksrat Buchholz-Kleefeld (zur Kenntnis)
 
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15-0692/2018 F1
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Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage Drucks. Nr. 0715/2017 Grundschule Buchholz-Kleefeld II, Neubau einer 3-zügigen Grundschule
Sitzung des Stadtbezirksrates Buchholz-Kleefeld am 12.04.2018
TOP 4.4.1.

Die v.g. Drucksache wurde im Juni 2017 vom Bezirksrat Buchholz-Kleefeld mit der Maßgabe beschlossen, das Bauvorhaben im sog. ÖPP-Verfahren durchzuführen. Zugleich wurde ein Änderungsantrag von Linken und Piraten abgelehnt, die Verfahrensdurchführung stattdessen in öffentlicher Hand zu belassen.
Die Stadtverwaltung sprach damals von einer "prognostizierten Wirtschaftlichkeit eines ÖPP-Modells". Da seitdem Umsetzungsschritte erfolgt sind, gehe ich davon aus, dass die entsprechende Untersuchung durchgeführt wurde. Ebenfalls ist anzunehmen, dass das Ergebnis aus Sicht der Verwaltung befriedigend war (Wie seinerzeit mutmaßlich auch im Falle des Misburger Bades).
Des Weiteren hieß es in der Beschlussdrucksache:
"Aufgrund der Erfahrungen mit den in den letzten Jahren erfolgreich durchgeführten ÖPP-Projekten erwartet die Verwaltung insbesondere bei Neubauvorhaben wie diesem wirtschaftliche Lösungen.“
Sowie (kurioserweise):
„Das Rechnungsprüfungsamt steht ÖPP-Modellen aus grundsätzlichen Erwägungen kritisch gegenüber und bezweifelt insbesondere deren Wirtschaftlichkeit."
Das ist aber nicht die einzige Stimme, die in der in Rede stehenden Frage Zweifel angemeldet hätte.
In einem Leitfaden des BMVI für ÖPP-Wirtschaftlichkeitsberechnungen steht lapidar: "Zudem sind die beim öffentlichen Auftraggeber verbleibenden Risiken (= sog. zurückbehaltene Risiken) zu den ÖPP-Kosten zu addieren." Eine Binsenweisheit, könnte man meinen.
Lt. „Gemeinsamer Erfahrungsbericht zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten“ / Herausgegeben von den Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder gilt dagegen:
"Forfaitierung mit Einredeverzicht ist neben der Projektfinanzierung die häufigste Finanzierungsform, da sie dem privaten Partner Finanzierungskonditionen ähnlich denen der öffentlichen Hand ermöglicht. Dies liegt darin begründet, dass in den



Finanzierungskosten der Bank, aufgrund des Einredeverzichts des öffentlichen Auftraggebers, keine projektspezifischen Risiken Beachtung finden und die Kosten für ein aufwendiges Projektcontrolling seitens der Bank entfallen. Im Gegensatz zur Projektfinanzierung kommt es bei dem Finanzierungsmodell der Forfaitierung mit Einredeverzicht zu einer eindeutigen Verschiebung der Risiken in Richtung öffentlicher Hand. Diese Risikoverschiebung hat nach den Prüfungserkenntnissen der Rechnungshöfe vor allem im Wirtschaftlichkeitsvergleich bislang nicht ausreichend Berücksichtigung gefunden." (Meine Hervorhebung)

Ich frage daher die Verwaltung:
1. Welches Verfahren wurde bezüglich des Neubaus der Grundschule Buchholz-Kleefeld II angewendet, um die Wirtschaftlichkeit des geplanten
ÖPP-Verfahrens zu validieren? Damit ist auch gemeint, hat sich die Stadtverwaltung auf die Modellierung eines Best-Case-Szenarios beschränkt oder gemäß den Hinweisen der Rechnungshöfe tatsächlich alle denkbaren Risiken durchgerechnet?
2. Ist eine Ausfallbürgschaft der öffentlichen Hand – in welcher Form auch immer - unterzeichnet worden oder geplant?
3. Wie bewertet die Stadtverwaltung die diesbezüglichen Monita der deutschen Rechnungshöfe wie obenstehend?

Die Verwaltung beantwortet die Anfrage wie folgt:

Zur Frage 1:

Mit Beschluss zur Drucksache 0715/2017 wurde die Verwaltung beauftragt, u. a. die Eignung des Neubaus der Grundschule Buchholz-Kleefeld II für ein ÖPP-Modell sowie dessen voraussichtliche Wirtschaftlichkeit zu untersuchen (Antragspunkt 3).
Die Aufträge zu diesen Untersuchungen wurden zwischenzeitlich an einen externen Berater erteilt. Der Eignungstest wurde erwartungsgemäß mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen; die vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wird derzeit unter Beachtung der Vorgaben gemäß Ziffer 3.2.1.1 des Runderlasses des Ministeriums für Inneres und Sport vom 21. Juli 2014 (Az 33.1-10245/1) „Zur Kreditwirtschaft der kommunalen Körperschaften einschließlich ihrer Sonder- und Treuhandvermögen“ erarbeitet.
Bei einer positiven Prognose bezüglich der Wirtschaftlichkeit eines ÖPP-Modells wird die Verwaltung das entsprechende Vergabeverfahren initiieren (Antragspunkt 4).
Im Rahmen der abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung werden die endverhandelten Angebote der Bieter mit den prognostizierten Kosten einer Eigenfertigung vergleichen (vgl. Antragsbegründung zu DS 0715/2017).
Bei den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen verwendet die Verwaltung wie vorgeschrieben die Methodik des Leitfadens der Finanzministerkonferenz „Wirtschaftlichkeitsuntersuchung bei PPP-Projekten“ sowie die Hinweise des PPP-Kompetenznetzwerk Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung.
Gemäß diesen Vorschriften erfolgt auch eine Risikobetrachtung für die zu vergleichenden Beschaffungsvarianten. Dabei beschränkt sich die Risikobetrachtung auf wesentliche Risiken, die für die Durchführung öffentlicher Baumaßnahmen relevant sind. Eine Betrachtung „aller denkbaren Risiken“ ist weder vorgeschrieben noch zielführend.
In der Landeshauptstadt Hannover ist es Praxis, bei den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen die Ergebnisse sowohl mit als auch ohne Risikobetrachtung auszuweisen und auf dieser
Grundlage der Betrachtung mehrerer Szenarien eine Entscheidung für eine wirtschaftliche



Beschaffungsvariante zu treffen.

Zur Frage 2:

Wie für alle anderen bisher in der Landeshauptstadt Hannover umgesetzten ÖPP-Projekte ist auch für den Neubau der Grundschule Buchholz-Kleefeld II keine Ausfallbürgschaft geplant. Es ist allerdings beabsichtigt, nach Abschluss der Planungs- und Bauleistungen einen Teil der Gesamtinvestitionskosten durch einredefreie Forfaitierung zu finanzieren. Für diesen Teil ist eine Einredeverzichtserklärung der LHH vorgesehen (sh. auch Antwort zu 3).
Zur Sicherstellung der Werthaltigkeit begleitet die LHH die Planungs- und Bauphase des Vertragsobjekts mittels eines intensiven Qualitätssicherungsverfahrens.

Zur Frage 3:

Es steht der Verwaltung nicht an, Monita der deutschen Rechnungshöfe zu „bewerten“. Der genannte „Gemeinsame Erfahrungsbericht der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten“ vom 14. September 2011 ist der Verwaltung aber seit langem bekannt.
In diesem Erfahrungsbericht haben die Rechnungshöfe erstmalig die gemeinsame Auffassung vertreten, „dass eine Öffentlich-Private-Partnerschaft (ÖPP) eine wertneutrale Beschaffungsvariante zu konventionellen Bau- und Finanzierungsmodellen darstellt.“
Die Verwaltung sieht sich daher in ihrem Vorgehen, die Beschaffungsvariante ÖPP für Investitionsvorhaben in Hannover zu nutzen, bestärkt.
Die unter Ziffer 3.2. dieses Berichtes formulierten Aussagen zu unterschiedlichen Risikostrukturen zwischen einer Projektfinanzierung und einer Finanzierung durch Forfaitierung sind nicht neu und treffen für die Planungs- und Bauphase zweifellos zu.
Daher hat die Verwaltung bei keinem der seit 2004 in Hannover umgesetzten 3-Phasen-ÖPP-Projekte (Planen, Bauen, Finanzieren) in der Planungs- und Bauphase eine Forfaitierung genutzt, bzw. vereinbart. Die Bauzwischenfinanzierung erfolgte immer im Risiko des ÖPP-Partners bzw. der finanzierenden Bank.
Erst nach Abnahme eines Vertragsobjektes wird das Modell der einredefreien Forfaitierung für einen Teil der Endfinanzierung genutzt. Dabei verpflichtet sich die LHH, ab Zeitpunkt der Abnahme des Vertragsobjekts, ihre Zahlungen für die vom ÖPP-Partner an eine Bank verkauften Forderungen aus dem Projektvertrag unabhängig von möglichen Schlechtleistungen des Bauunternehmens gegenüber der finanzierenden Bank zu leisten.
Damit stellt sich die Landeshauptstadt jedoch hinsichtlich der Risikoverteilung ab Abnahme nicht ungünstiger als bei einer konventionellen Finanzierung. Auch ein Kommunalkredit muss durch die LHH bedient werden, unabhängig davon, ob nach Fertigstellung des finanzierten Gebäudes Mängel an diesem festgestellt werden oder nicht.
Da bei der konventionellen Beschaffung die LHH bereits in der Bauphase Abschlagszahlungen leistet, ist ihr Finanzierungsrisiko in dieser Phase sogar höher als bei einer ÖPP-Realisierung.
Die von den Landesrechnungshöfen im o.g. Bericht dargestellten Risiken der Forfaitierung in der Betriebsphase treffen auf die in der LHH umgesetzten ÖPP-Modelle nicht zu, da Betriebsleistungen (mit Ausnahme des Misburger Bads) nicht mit an den ÖPP-Partner vergeben wurden, bzw. werden.
Die Entgelte für Wartungsleistungen in der Zeit der verlängerten Gewährleistung werden bei den in der LHH umgesetzten ÖPP-Modellen grundsätzlich nicht forfaitiert, so dass hier auch keine Risikoverlagerung stattfindet.