Antrag Nr. 15-0484/2025:
Suche nach Ersatzräumen für die KOPI (Kopernikusstraße 11, 30165 Hannover)

Inhalt der Drucksache:

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Suche nach Ersatzräumen für die KOPI (Kopernikusstraße 11, 30165 Hannover)

Antrag

Der Bezirksrat möge beschließen: Die Verwaltung der Landeshauptstadt Hannover wird beauftragt, zeitnah angemessene Ersatzräumlichkeiten für die KOPI (Kopernikusstraße 11, 30165 Hannover) innerhalb des Stadtbezirks Döhren-Wülfel zu suchen. In die Suche als potentielle Standorte werden u.a. einbezogen:
- Objekte und Liegenschaften, die noch bebaut werden müssen
- Objekte, bei denen Nutzungsverträge auslaufen und nicht verlängert werden
- bestehende städtische Immobilien
Die Anforderungen des Objekts orientieren sich an dem aktuellen Nutzungsumfang der Kopernikusstr. 11, bspw. muss der Verein das entsprechende Objekt durchgehend nutzen können. Die Suche nach einem alternativen Standort ist in enger Kooperation mit dem „Lutherkirchentreff e.V.” zu führen. Die Verwaltung tritt zudem mit dem Eisenbahnbundesamt bzw. der Deutschen Bahn in Austausch und erwirkt die Fortsetzung der Duldung in den jetzigen Räumlichkeiten über den 31.12.2024 hinaus und solange, bis ein Wechsel in neue Räumlichkeiten erfolgt ist

Begründung

Seit 1996 besteht „die Kopernikus Hannover“, auch kurz KOPI, in der Kopernikusstr.11 im Stadtteil Vahrenwald-List an der Grenze zum Stadtbezirk Nord. Die KOPI, die damals als Konsequenz aus den “Chaostagen” entstanden ist, soll nun nach 28 Jahren Bestehen, und 4 Jahren Auseinandersetzung mit dem EBA (Eisenbahn-Bundesamt) infolge von anstehenden Sanierungsarbeiten nachhaltig verschwinden. Wer denkt “Was soll’s - da is eh nur saufen, pogen, oi!” liegt gewaltig daneben. Es gibt Spieleabende verschiedener Art, Ausflüge, kreative Workshops und natürlich Konzerte. Die Verwaltung und Organisation der KOPI geschieht über den Lutherkirchentreff e.V., welcher seit 2002 anerkannter Träger der freien Jugendhilfe in Hannover und gemeinnützig ist. Niedrigschwellige Angebote, wie das fest etablierte wöchentliche Frühstück, gemeinsame Behördengänge und vieles mehr holen die Jugendlichen, jungen und junggebliebenen Erwachsenen von der Straße. Viele von ihnen konnten durch den Kontakt, Austausch und Gemeinschaft auf Augenhöhe wieder Halt in der Gesellschaft finden, auch insbesondere, weil die KOPI einen Freiraum bietet für alternatives Leben und Denken, ohne dabei verurteilt zu werden. Anstatt dass diese Menschen, die bereits an vielen anderen Stellen als abgeschrieben und hoffnungsloser Fall gelten, sich selbst überlassen werden, haben sie in der KOPI ein Wohnzimmer, Küche, Kneipe, Vereinsheim - einen Ort, wo sie unterstützt werden und sich entfalten können, ohne dabei in eine Box gezwängt zu werden. Die KOPI besteht seit 1996 und ist ein fest integrierter Teil Hannovers. Die Arbeit des Lutherkirchentreff e.V. in den Räumlichkeiten der Kopernikusstr. 11 ist zu einem wichtigen Hotspot der Straßensozialarbeit und des Jugendschutzes Hannover nicht nur im Kontext von Gewaltprävention geworden und somit aus der Jugendhilfelandschaft der Stadt Hannover nicht mehr wegzudenken! Seit 2018 steht im Raum, dass der Verein aus den aktuell genutzten Räumlichkeiten raus soll. Auseinandersetzungen mit dem EBA bzw. der Deutschen Bahn ließen keinen Verhandlungsspielraum - eine weitere Nutzung des Geländes stand und steht nicht zur Debatte. Im Sommer 2020 teilt die Verwaltung auf Anfrage im Stadtbezirk Nord mit, die Verhandlungen seien “Anfang dieses Jahres endgültig gescheitert” (DS Nr. 15-0726/2020). Mit der Ankündigung der Deutschen Bahn Mitte 2021, dass der Verein Ende 2022 die Räumlichkeiten verlassen müsse, nahm der öffentliche Diskurs an Fahrt auf. Der Stadtbezirksrat Vahrenwald-List beauftragt die Verwaltung, Ersatzräume zu finden – erfolglos (DS Nr. 15-1623/2021). 2022 wird auf Anfragen sowohl dem Stadtbezirksrat Nord (DS Nr. 15-0705/2022 F1) als auch Vahrenwald-List (DS Nr. 15-1520/2022) durch die Verwaltung mitgeteilt, dass es in den jeweiligen Stadtteilen keine geeigneten Orte gäbe für den Verein.
In der Drucksache heißt es “Das gemeinsame Interesse der Fachverwaltung und des Oberbürgermeisters ist, dem KOPI einen neuen und dauerhaft nutzbaren Standort anzubieten.”
Trotz Bemühungen der Bezirksratsmitglieder, der Stadtverwaltung und des Vereins Lutherkirchentreff e.V. ließ sich weder die DB auf eine gemeinsame Verhandlungen ein noch wurde ein geeigneter Ort gefunden. Anfang 2021 hatten die Stadtratsfraktionen zusammen einen Änderungsantrag zum Haushalt bezüglich “Soziale Einrichtungen für Wohnungslose” gestellt, in welchem sie die Verwaltung auffordern, ein Konzept vorzulegen. (Änderungsantrag zum Haushalt Nr. H-0148/2021) Dann kann es folglich einigermaßen überraschen, dass ein gemeinnütziger Verein seit 4 Jahren kein neues Zuhause findet, obwohl er:
- bereits seit annähernd 30 Jahren selbstverwaltet besteht
- von Betroffenen für Betroffenen Hilfe zu Selbsthilfe bietet (sozusagen “Expert*innen des eigenen Lebens”)
- genau in die Beschreibung von “Weg von der Verwaltung des Elends hin zur Entwicklung von Stärkung, Selbstermächtigung und Erfahrung von Selbstwirksamkeit” passt Passend dazu aus dem gemeinsamen Antrag der SPD-Fraktion und Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen (DS Nr. 15-1623/2021): “Das bisherige Engagement und die Ankündigungen der Landeshauptstadt Hannover sind zu begrüßen, müssen aber in Handlungen umgesetzt werden. Konkret bedeutet dies, die „Kopi“ bei der Suche nach geeigneten Ersatzräumlichkeiten in der nahen Umgebung zu unterstützen und keine Kündigung durch das Eisenbahnbundesamt hinzunehmen, solange diese nicht gefunden wurden.” Bis heute gibt es keine Aussicht auf ein neues Zuhause für den Verein. Dabei steht das Ultimatum der DB. Deshalb muss nun auch in Döhren-Wülfel zügig und gründlich nach einem geeigneten Ort gesucht werden. Dass dieser Antrag hier im Stadtbezirk Döhren-Wülfel gestellt wird, ist die Folge dieses langwierigen und bisher fruchtlosen Unterfangens. Auch wenn die KOPI mit ihren Herausforderungen wie Lärmemissionen und unkonventionellen Lebensweisen kommt, ist die Arbeit des Vereins und das, was es für die Menschen in Hannover und auch in Döhren-Wülfel bedeutet, so wertvoll, dass wir als Bezirksrat Döhren-Wülfel uns dafür einsetzen sollten