Antrag Nr. 15-0180/2019:
Änderungsantrag Lärmaktionsplan

Informationen:

verwandte Drucksachen:

15-0180/2019 (Originalvorlage)

Beratungsverlauf:

  • 21.01.2019: Stadtbezirksrat Mitte: Auf Wunsch der FDP in die Fraktionen gezogen
  • 18.02.2019: Stadtbezirksrat Mitte: Pkt. 1: 4 Stimmen dafür, 13 Stimmen dagegen, 1 Enthaltung Pkt. 2: 10 Stimmen dafür, 6 Stimmen dagegen, 2 Enthaltungen Pkt. 3: 11 Stimmen dafür, 6 Stimmen dagegen, 1 Enthaltung Pkt. 4: 15 Stimmen dafür, 1 Stimmen dagegen, 2 Enthaltungen Pkt. 5: 4 Stimmen dafür, 13 Stimmen dagegen, 1 Enthaltung Pkt. 6: 4 Stimmen dafür, 7 Stimmen dagegen, 7 Enthaltungen Pkt. 7: 16 Stimmen dafür, 0 Stimmen dagegen, 2 Enthaltungen Pkt. 8: 11 Stimmen dafür, 6 Stimmen dagegen, 1 Enthaltung Pkt. 9: 5 Stimmen dafür, 7 Stimmen dagegen, 6 Enthaltungen Pkt. 10: 4 Stimmen dafür, 13 Stimmen dagegen, 1 Enthaltung Pkt. 11: 5 Stimmen dafür, 12 Stimmen dagegen, 1 Enthaltung Pkt. 12: 10 Stimmen dafür, 6 Stimmen dagegen, 2 Enthaltungen Pkt. 13: 4 Stimmen dafür, 13 Stimmen dagegen, 1 Enthaltung Pkt. 14: 4 Stimmen dafür, 7 Stimmen dagegen, 7 Enthaltungen Pkt. 15: 10 Stimmen dafür, 6 Stimmen dagegen, 2 Enthaltungen Pkt. 16: 11 Stimmen dafür, 6 Stimmen dagegen, 1 Enthaltung

Antragsteller(in):

Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen

Inhalt der Drucksache:

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Änderungsantrag Lärmaktionsplan

Antrag

Der Lärmaktionsplan verweist oft auf Maßnahmen, die an anderer Stelle im „laufenden Geschäft“ umgesetzt oder bearbeitet werden. Dies sei den Synergie-Effekten oder „flankierenden“ Auswirkungen geschuldet. Leider lässt sich auf diese Weise kein wirkungsvolles und überprüfbares Gesamtkonzept entwickeln. Viele gute Details werden im LAP benannt jedoch nicht mit Aktionen, Zielsetzungen und konkreten Maßnahmen untermauert. Damit ist weder für die Bevölkerung noch für die Politik nachprüfbar, inwieweit der „Aktionsplan“ wirklich umgesetzt wird. Im Vordergrund der Maßnahmen, sollte die Lärmverminderung am Ort des Entstehens stehen. Schön wäre insgesamt, wenn man stärker erkennen könnte, dass zielstrebig Ursachen bekämpft werden, und sich nicht allzu wehrlos an Regularien abgearbeitet würde.

Der Bezirksrat möge beschließen:

Folgende Punkte sollen in den Entwurf der LHH zum LAP aufgenommen werden:

1. Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen.
Es wird nachdrücklich beschrieben, wie wirkungsvoll sich die Tempolimits auf die Geräuschpegel auswirken. Auch die Sicherheit nimmt zu und das Wohlbefinden der Bürger wächst. Hannover soll Tempo 30 auch ohne Modellprojekte umsetzen. Dazu sollten mindestens alle in Anlage 2 aufgeführten „Weiteren Belastungsbereiche“ zu Tempo 30 umgewandelt werden. Für den Bezirk Mitte sind dies in jedem Fall die Wedekindstraße/Celler Str. und Königsworther Straße. Die Stadt Hannover fordert möglichst mit anderen Großstädten über den Deutschen Städtetag die Bundesregierung auf, durch eine Änderung der Straßenverkehrsordnung Tempo 30 als neue Regelgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften einzuführen bzw. zumindest den Kommunen die Möglichkeit zu geben, eigenständig und unbürokratisch über Tempo 30 auch auf innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen zu entscheiden.

2. Wiederaufnahme und Ausweitung von dauerhaften Geschwindigkeitskontrollen.
Geschwindigkeitskontrollen sollen präventiv eingesetzt werden. Sie müssen zusätzlich unter den Gesichtspunkten des Lärmschutzes geltend gemacht werden – nicht wie momentan üblich allein im Hinblick auf Verkehrssicherheit und Unfallschwerpunkte. Dies soll mit den nötigen Stellen besprochen und durchgesetzt werden.

3. Maßnahmen werden nach Prioritäten kategorisiert: Vermeidung von Lärm steht vor der Verminderung von Lärm gefolgt von der Verlagerung oder Verdrängung/Abschottung von Lärm. Grundrisse anzupassen oder Wohnbebauung zu unterlassen sind z.B. keine Ursachenbekämpfungen die die Stadt lebenswerter machen und daher nachrangig zu lärmmindernden Maßnahmen zu sehen.

4. Öffentlichkeitsarbeit am Ort der Verantwortung ausbauen.
Die Schule (S. 14 Tabelle 3.1) ist ein eher ungeeigneter Ort für Öffentlichkeitsarbeit. Sinnvoller wäre es ev. Fahrradwerkstätten zu fördern um Kindern und Lehrern die Fahrt nach Hause ohne Platten zu ermöglichen. Öffentlichkeitsarbeit zur Lärmminderung durch Verhaltensänderung hat an Schulen wenig Sinn. Geeignetere Orte für Öffentlichkeitsarbeit sind vielmehr Fahrschulen, TÜV, Zulassungsstellen, Autohäuser, ev. Berufsschulen…
S. 25/ 3.2.5 Es ist davon auszugehen, dass die Bevölkerung durch den Lärm schon sensibilisiert ist (vor allem die, die zum Autofreien Sonntag gehen). Besser wäre, wenn die Verwaltung verstärkt die/ihre Konzepte kommuniziert. Mehr Öffentlichkeitsarbeit/Werbung/Ausbau von Angeboten für Mobilitätspaket.

5. Unter dem benannten Feld „Reduzierung von Fahrstreifen“ wird mit einer Fahrspur des City-Rings begonnen. Hier soll eine Umnutzung für andere Zwecke wie Busspur, Fahrrad oder ähnliches erfolgen.

6. Das auf S. 20 ausgeführte Mobilitätsmanagement ist wichtig und wird personell erweitert. Es werden folgende Stellen für eine erfolgreiche Neuaufstellung des LAP und dessen flankierenden Wirkungen auf die Luftreinhaltung, Sicherheit und Nahversorgung geschaffen. Herbei wäre an folgende Arbeitsbereiche oder Aufgabenbereiche zu denken: 1 Stelle Fußverkehrsbeauftragter/te, 1 Stelle Lärmschutzbeauftragter/te, 1 Stelle Parkraumbewirtschaftung, 1 Stelle Lenkungskonzept Zustelldienste/Lieferverkehr (Wegweisungskonzept für LKW S.14 allein reicht nicht aus. Siehe auch Tabelle 3.5)

7. Förderung der E-Mobilität durch weitere Tankstellen. Mindestens ab sofort bei allen Sanierungen. Jegliche Vorhaben der LHH sollen im LAP auch benannt werden. Die viel geringere Lautstärke von E-Autos muss im LAP analysiert und gefördert werden. Berlin installiert z.B. Ladestellen an Laternen. Siehe Artikel/Bild links Laterne mit Kabel. (Siehe Anlage)

8. Die unter Mobilitätsmanagement S.20 benannte „großflächig umgesetzte Parkraumbewirtschaftung der Stadt Hannover“ wird dem Rat der Stadt sowie den Bezirksräten als Ist-Stand-Bericht vorgelegt. Nach der Entscheidung 15-1077/2018 S1 u. 15-1914/ S1 hat eine Kartierung des Parkraums in Mitte der LHH noch nicht stattgefunden. Dies ist jedoch Grundlage einer beherzten Parkraumbewirtschaftung.

9. Nach LAP dienen parkende Autos als Schallschutz am Straßenrand (S.16, Tabelle 3.2, S. 25). Das erscheint uns als keine geeignete effektive Maßnahme. Die Autos sind nicht hoch und schalldurchlässig. Sie absorbieren keinen Schall und reflektieren ihn bestenfalls zur gegenüberliegenden Straßenseite - wenn auch im quadratischem Abstandsgesetz.

10. Ein Konzept für eine Maut für den MIV und Lieferverkehr wird für Hannover durchgeführt und das Umsteigen auf den Umweltverbund wird ausgebaut. Dabei wird auch eine Ausweitung der Beschränkungen für LKW erarbeitet was auf das bestehende Konzept zur Lkw-Lenkung aufbaut. Um das durchzusetzen fordert die Stadt Hannover (möglichst mit anderen Großstädten über den Deutschen Städtetag) die Bundesregierung auf, die rechtlichen Grundlagen für die Einführung einer City-Maut zu schaffen.

11. Die Verstetigung des Verkehrs wird in Zusammenhang mit Tempo 30 durchgeführt. Dabei hat der Umweltverbund (Fußverkehr, Radverkehr, ÖPNV) Vorrang. Die entstehenden Geschwindigkeitsdifferenzen der Verkehrsteilnehmer bei Tempo 30 sind einer Verstetigung zuträglich. (Siehe auch angehängtes Weg-Geschwindigkeits-Diagramm.)

12. Der Messeschnellweg wird durchgängig und an beiden Seiten gleichwertig mit wirksamen schallmindernden Elementen versehen und damit dem Ruhegebiet Eilenriede sowie den Anwohnern, Schrebergärtnern und Naherhohlungssuchenden angemessen Ruhe geboten. Die Stadt Hannover fordert die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr auf dies durchzusetzen. Bisher sind die Maßnahmen gegen den Lärm des Schnellweges nur punktuell und auf beiden Seiten unterschiedlich ausgeführt. So erfährt die Westseite weitgehend keinen Schallschutz, und die Ostseite nur wenig durch eine Erhöhung des Geländes. Fatal sind die Maßnahmen gegen den Verkehrslärm in Höhe der Überführung der Karl-Weicher-Allee. Auf dem hoch angelegten Streckenabschnitt des Messeschnellwegs sind dem Lärm rechts und links unterschiedlich hohe und nur wirkungsarme Wände entgegen gesetzt.

13. Tempo 70 auf dem Messeschnellweg
Die Stadt Hannover fordert die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr auf bis die Maßnahme zu 12. umgesetzt ist, die Lärmminderung durch eine Geschwindigkeitsreduzierung des KFZ-Verkehrs zu erwirken. Der LAP weißt Ruhe-Gebiete aus, die es verdient haben auch als solche genutzt zu werden. Diese 2 Gebiete (Eilenriede und Georgengarten) umfassen in der Fläche 3,46 % des städtischen Gebietes. Davon sind nur 50 % annähernd ruhig. Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind werden auf lange Distanzen von dem Schall eingeholt. Hier reicht der Schall sogar bis zu Wohnbebauungen im Zooviertel und in Kleefeld/Bothfeld. Temporeduktion und Schallschutzwände helfen hier den Schall in andere Bahnen zu lenken. Der Wald schafft das nicht.

14. Die freiwilligen Auslösewerte sollten sich mindestens nach den höchsten Werten des 16. BIm-SchV richten zumal es Mittelwerte sind. (Tag 64dB(A)/Nacht 54 dB(A))

15. Das Schallschutzfensterprogramm kann gezielt und kurzfristig Menschen helfen möglichst schnell eine Lärm-Verbesserung zu verspüren. Es soll jedoch nicht weiteren langfristigen Ursachenbekämpfungen vor Ort im Wege stehen oder Mietpreise erhöhen. Mieter haben das Recht zu erfahren, wie hoch die Kosten und Förderungen der Baumaßnahmen sind/waren.

16. Alle lärmmindernden Maßnahmen werden im LAP aufgeführt auch wenn sie gleichzeitig z.B. im Luftreinhalteplan benannt werden.

Begründung

Hannover muss sich eigne Ziele für eine lebenswerte leisere Stadt setzen und Ihren Charakter prägen und positiv beeinflussen. Sie könnte nach Leipzig den 2. Fußverkehrsbeauftragten Deutschlands einsetzen um mit ihm eine kommunale Fußverkehrsstrategie umzusetzen. Das stärkt die auf S. 19 Tab. 3.4 beschriebenen Maßnahmenansätze zur Förderung des Fußverkehrs effektiv. (Handlungsleitfaden/Schritte zur Einführung einer kommunalen Fußverkehrsstrategie; DE 74100100100226265106)

Alle oben genannten Maßnahmen und Änderungen zielen darauf ab den Lärmaktionsplan in seiner Bedeutung zu stärken und ihn mit seinen flankierenden Auswirkungen für eine lebenswerte und gesunde Stadt brauchbar zu machen.

Die Funktion einer innerstädtischen Hauptverkehrsstraße wir durch Tempo 30 in der Regel nicht negativ beeinflusst. Auch nicht in der Lastaufnahme. Andere Faktoren wie die Qualität der Lichtsignalprogramme, die Anzahl querender Fußgänger oder Bushalte, Parkvorgänge oder Halten in zweiter Reihe haben in der Regel einen größeren Einfluss. Die Reisezeit verändert sich nicht negativ.

Die Überschreitungshäufigkeit ist bei Tempo 30 in der Regel höher als bei Tempo 50. Aber selbst ohne Geschwindigkeitskontrollen oder andere Begleitmaßnahmen nimmt die mittlere Geschwindigkeit bei einer Senkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h um bis zu 16 km/h ab. Mit Geschwindigkeitskontrollen liegt der Rückgang bei bis zu 18 km/h. Die Spitzengeschwindigkeiten sinken stärker als die mittleren Geschwindigkeiten.

Tempo 30 reduziert zudem mit flankierender Wirkung die Luftschadstoffbelastung, wenn es gelingt, die Qualität des Verkehrsflusses beizubehalten oder zu verbessern. Tempo 30 macht demnach in Zusammenhang mit einer Verstetigung des Verkehrs Sinn und verstetigt an sich den Verkehr. Tempo 30 führt in der Mehrzahl der untersuchten Fälle zu wahrnehmbaren Lärmentlastungen. Dazu tragen vor allem nachts auch die geringeren Lärmspitzen bei.

Anwohnerbefragungen stellen überwiegend positive Reaktionen auf Tempo 30 fest. Die Reduzierung der besonders störenden Geräusch-Spitzenpegel trägt dazu bei, dass sich die Bewohnerinnen und Bewohner mit Tempo 30 auch bei einer vergleichsweise geringen (Mittelungs-)Pegelsenkung weniger durch Lärm belästigt fühlen als bei Tempo 50. (Siehe auch Weg-Geschwindigkeits-Diagramm unten)

Positive Stimmungsbilder gibt es auch zur Verkehrssicherheit und zur Förderung des Fuß- und Radverkehrs durch Tempo 30.

Eine Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts von 50 km/h auf 30 km/h ist straßenverkehrsrechtlich eine sogenannte Verkehrsbeschränkung und nach § 45 der Straßenverkehrsordnung (StVO) zulässig unter anderem zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen, zum Schutz bestimmter Erholungsorte und Erholungsgebiete,
zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.

(siehe: Wirkungen von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen; Umweltbundesamt; November 2016)

Abbildung siehe Anlage