Informationsdrucksache Nr. 1398/2021:
International Center for Music & Sounds (Arbeitstitel)
Ergebnisse einer Potenzialanalyse

Informationen:

verwandte Drucksachen:

1398/2021 (Originalvorlage)

Beratungsverlauf:

Nachrichtlich:

  • Ratsversammlung

Inhalt der Drucksache:

Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".
Landeshauptstadt HannoverInformationsdrucksache-ZeichenInformationsdrucksache
In den Kulturausschuss
In den Ausschuss für Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Liegenschaftsangelegenheiten
In den Verwaltungsausschuss
An die Ratsversammlung (zur Kenntnis)
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
Zu TOP
 
1398/2021
1
 
BITTE AUFBEWAHREN - wird nicht noch einmal versandt

International Center for Music & Sounds (Arbeitstitel)
Ergebnisse einer Potenzialanalyse

Einführung:
Musik, Sound, Klang und Akustik spielen in und um Hannover eine besondere Rolle – wohl nirgendwo sonst in Deutschland gibt es regional eine so auffällig hohe Dichte herausragender Unternehmen, Einrichtungen, Institute und Künstler*innen die mit Musik und dem Ohr zu tun haben – aus medizinischer, kultureller, technischer, pädagogischer und wissenschaftlicher Perspektive. Auf Basis dieser Stärken entwickelt die Region Hannover seit 2016 das interdisziplinäre Netzwerk Hörregion zur Profilierung des Standorts, bereits 2014 wurde die Landeshauptstadt Hannover für ihre musikalische Vielfalt und als Geburtsstätte wegweisender musiktechnischer Innovationen mit dem Titel UNESCO City of Music ausgezeichnet.

Nahezu seit Beginn beider Initiativen haben Partner*innen in den Netzwerken sowie die Mitglieder in den Gremien von UNESCO City of Music Hannover und Hörregion die Idee formuliert, einen Ort zu schaffen, an dem die einmalige und vielfältige Kompetenz in diesen Bereichen erlebbar wird. Ein Ort, der die Bedeutung unseres Hörsinns vermittelt und die besondere Rolle Hannovers als Musikstadt dauerhaft veranschaulicht. In der Folge haben die Geschäftsstelle der Hörregion und das Kulturbüro der Landeshauptstadt 2017 erste Konzeptpapiere für ein mögliches „Haus des Hörens“ bzw. ein „UNESCO House of Music“ entworfen. 2018 haben sich die Verwaltungen von Landeshauptstadt und Region Hannover darauf verständigt, beide Linien zusammenzuführen und das Projekt gemeinsam weiter zu entwickeln.


Vor dem Hintergrund der Bewerbung Hannovers zur Kulturhauptstadt 2025 wurde Anfang 2019 das Konzept erweitert – in drei Workshops mit Vertreter*innen beider Verwaltungen, dem Kuratorium der Hörregion, der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, der Kunstfestspiele Herrenhausen, des Deutschen HörZentrums der Medizinischen Hochschule Hannover, des kre|H|tiv-Netzwerks, der Deutschen Rockmusik Stiftung sowie der Initiative Kreative Musik. Im Ergebnis wurde im Juni 2019 ein Konzept abgestimmt, das erste Erwartungen, Beteiligungen und inhaltliche Konturen des neu zu gründenden Ortes beschreibt und inhaltlich ähnliche Strömungen aus verschiedenen Perspektiven integriert.

So hat das Deutsche HörZentrum der Medizinischen Hochschule Hannover 2015 ein Konzept für ein „Haus des Hörens“ für Patientinnen und Patienten formuliert. Die Deutsche Rockmusik Stiftung mit Sitz in Hannover hat 2018 Bundesmittel für den Bau eines „Deutschen Museums für Musiktechnik“ (Backward-Play-Forward) in Hannovers Nordstadt eingeworben. Das „Center for World Music“ der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover sucht einen Ausstellungsort für die Instrumentensammlung. Die Initiative Kreative Musik hat ein „House of Music“ als Arbeitsort für die freie und selbstständige Musikszene Hannovers formuliert. Vor Firmenschließung von EDC in Langenhagen konnten Dokumente, Fotos und Produkte des einstmals ersten seriellen Presswerks für CDs (ehemals Polygram) gesichert werden. Auch die „Scorpions“, weltweit eine der erfolgreichsten Rockbands, möchten ihren Nachlass in ihrer Heimatregion präsentieren.

Das in den drei Workshops skizzierte Projekt mit dem Arbeitstitel „International Center for Music & Sounds“(ICfM&S) wurde im 1. Bid Book der Kulturhauptstadt-Bewerbung als geplantes innovatives Vorhaben aufgenommen und im Kulturentwicklungsplan (KEP 2030) der Landeshauptstadt Hannover, hier als erste Maßnahme im Modellprojekt „10-Punkte-Plan UNESCO City of Music“, verankert. In diesem Zusammenhang wurde die Durchführung einer Machbarkeitsstudie durch den Rat der Landeshauptstadt Hannover beschlossen.


Bausteine und Ziele des „ICfM&S“
Das gemeinsame Konzept beschreibt das „ICfM&S“ als ein Projekt mit mehreren Bausteinen und Funktionalitäten. In Idealform wäre das „ICfM&S“ ein:
· Erlebnis-, Ausstellungs-, Lern- und Begegnungsort mit internationaler Strahlkraft zu den Themenkomplexen „Musik und Musiktechnik“ sowie „Hören – Akustik – Schall und Klang“.
· Identifikationsort für die Einwohner*innen der Region Hannover sowie für die Partner*innen der Hörregion und der City of Music als Mitglied im weltweiten UNESCO Creative Cities Network.
· Veranstaltungs- und Probenort, in dem beispielhafte Musikformate und Kooperationen mit anderen Künsten, die u.a. mit Partner*innen des weltweiten UNESCO Creative Netzwerks entwickelt worden sind, der Öffentlichkeit präsentiert werden und als Standort in die großen Musik-Festivals der Stadt eingebunden ist.
· Bildungs- und Vermittlungsort, in dem die Bedeutung von Musik und gutem Hören für das gesellschaftliche Zusammenleben, für die Lebensqualität, fürs Lernen und für Teilhabe, etwa durch ein Angebot von Klanglaboren, mit innovativen Angeboten dargestellt wird.
· Standort des neuen „musik|HUB“, das als Bindeglied zwischen Wirtschafts- und Kulturförderung Akteur*innen aus dem Musikwirtschaftsbereich vernetzt und konkrete Angebote für die unterschiedlichen Zielgruppen macht.


· Showroom, um Innovationen, Produkte und neue Forschungsergebnisse vorzustellen und damit wegweisende Entwicklungen, die in technischer, akustischer, digitaler und medizinischer Hinsicht die Welt von morgen prägen werden.

Um die Trag- und Zukunftsfähigkeit des Konzepts zu prüfen und um eine Entscheidungsgrundlage für Politik und Verwaltung zur Realisierung des Projekts zu schaffen, haben Landeshauptstadt (Kulturbüro, Koordinationsstelle UNESCO City of Music) und Region Hannover (Hörregion Hannover) im September 2020 gemeinsam eine Potenzialanalyse für ein „International Center for Music & Sounds“ ausgeschrieben und im November 2020 die Erlebniskontor GmbH aus Bremen mit der Umsetzung beauftragt.

Die Agentur Erlebniskontor GmbH gehört zu den europaweit praxiserfahrensten Beraterinnen für themengebundene Besucherattraktionen und wissensbasierte Attraktionen. Zu den Referenzen gehören etwa die Entwicklung des Futuriums in Berlin, des Klimahauses in Bremerhaven, des Universums in Bremen, aber auch Analysen für den Erlebnis-Zoo Hannover und Flughafen Hannover sowie für ein neues Besucherzentrum von Sennheiser electronic in der Wedemark.


Themenfelder der Potenzialanalyse
Die Potenzialanalyse soll Aufschluss über Erfolgschancen, räumliche Bedingungen, Kosten und mögliche Ansätze für Trägerkonzepte für ein „ICfM&S“ geben. Dazu gehören eine Standortbetrachtung, die Markt- und Zielgruppenanalyse, die Bewertung des angenommenen Alleinstellungsmerkmals sowie die Prognose des Einzugsgebiets und Besuchervolumina. Außerdem ermittelt die Analyse die dem Konzept entsprechenden Flächenbedarfe und formuliert ein Raumkonzept. Darauf aufbauend werden die Investitionskosten geschätzt und die betriebswirtschaftlichen Kosten kalkuliert. Schließlich werden auch Beispiele und Möglichkeiten für Träger- und Betreibermodelle für das „ICfM&S“ genannt.

Während der Zusammenarbeit mit Erlebniskontor GmbH wurde auch eine mögliche Verortung des Projekts thematisiert. Da es zu diesem Punkt bislang keine Festlegung gibt, wurden drei Varianten durchgespielt: eine innenstadtbezogene Verortung (etwa in einem derzeit nicht genutzten Warenhaus), eine dezentrale Lage mit relativer Nähe zur Innenstadt (wie die ehemalige PH an der Bismarckstraße) sowie eine Randlage (wie auf dem ehemaligen EXPO-Gelände).



Im Zuge der Analyse hat Erlebniskontor GmbH darüber hinaus mit einer Auswahl von Expert*innen aus den Bereichen Kultur, Wissenschaft, Gesundheit, Wirtschaft und Tourismus gesprochen, um deren Vorstellungen und Einschätzungen von einem möglichen „ICfM&S“ für die Studie zu berücksichtigen sowie Kooperations- und Beteiligungsmöglichkeiten auszuloten. Im Einzelnen wurden (in alphabetischer Reihenfolge) Gespräche geführt mit:








1) Cochlear Deutschland GmbH: Janine Dersch (Market Access Manager Germany)
2) Deutsche RockmusikStiftung: Holger Maack (Vorstand), Gunnar Gessner
3) hannoverimpuls GmbH: Doris Petersen (Geschäftsführerin)
4) Hannover Marketing Tourismus Gesellschaft: Hans Christian Nolte (Geschäftsführer)
5) Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover: Prof. Dr. Eckart Altenmüller (Vizepräsident)
6) HNO-Klinik und Deutsches HörZentrum der Medizinischen Hochschule Hannover: Prof. Dr. Thomas Lenarz (Direktor)
7) Internationale Hörstiftung: Dr. Verena von Puttkamer (Vorstandsvorsitzende)
8) KIND Hörgeräte: Dr. Martin Kinkel (Leiter Forschung und Entwicklung)
9) kre|H|tivNetzwerk Hannover e.V.: Christine Preitauer (Geschäftsführerin)
10) Landeshauptstadt Hannover Fachbereich Wirtschaft: Kay de Cassan, Wolfgang Schatz, Markus Berg
11) Sennheiser electronic GmbH: Dr. Andreas Sennheiser (CEO)

Die Gespräche wurden im Frühjahr 2021 geführt und die Studie im Mai 2021 abgeschlossen. Im Folgenden werden die Ergebnisse im Juni 2021 dem Kuratorium der Hörregion, dem Beirat der UNESCO City of Music Hannover sowie den politischen Gremien von Landeshauptstadt und Region Hannover vorgestellt.


Ergebnisse der Potenzialanalyse
Zusammenfassend attestiert die Analyse dem „ICfM&S“ mit der Bündelung der Themen Musik und Hören ein bundesweites Alleinstellungsmerkmal und stellt in Aussicht, dass mit dem „ICfM&S“ ein Leuchtturmprojekt mit überregionaler Strahlkraft entstehen kann. Vor allem vor dem Hintergrund der aktuell nötigen touristischen (Re-) Attraktivierung des Standorts sowie einer neuen Belebung der Innenstadt und des öffentlichen Raums kann das „ICfM&S“ ein Angebot sein, um die bisherigen hohen Frequenzen zu erhalten bzw. wiederzustellen und neue Besuchergruppen zu gewinnen.

Hinsichtlich des Mikro-Standorts sieht die Studie bei allen drei betrachteten Lagen Vor- und Nachteile. Jedoch sticht die Innenstadt durch bessere Verweilqualität und Komplementärangebote (Restaurants, Kulturdreieck etc.) und zur Imagebildung Hannovers deutlich hervor. Nachteilig wirken hohe Standortkosten (Mieten-/Grundstückskosten).

Die Studie prognostiziert mittelfristig ein Besuchsvolumen von 130.000 Jahresgästen (inkl. Veranstaltungsgäste), was die Notwendigkeit dauerhafter Zuschüsse bedingt – für den laufenden Betrieb und die immer wieder nötige Erneuerung der Inhalte (z.B. Sonderausstellungen, Programme, Reattraktivierung Dauerausstellung). Für die Umsetzung des bestehenden Konzepts wird ein Flächenbedarf von 5.800 Quadratmetern brutto als ausreichend betrachtet.

Würde das „ICfM&S“ bei dieser Größe als Neubau entstehen, geht Erlebniskontor GmbH von Investitionskosten in Höhe von 27 Millionen Euro netto aus. Bei der Nutzung eines Bestandsbaus oder einer Fremdimmobilie zur Miete wird ein Anfangsinvest z.B. für Ausstellung und Ausstattung in Höhe von 9,5 Millionen Euro netto erwartet.








Mit Blick auf das geplante „Backward-Play-Forward“ der Deutschen Rockmusik Stiftung sieht das Gutachten mögliche Synergien, da Ausrichtung und Zielgruppen nicht deckungsgleich sind. Im Zuge der Expertengespräche wurde herausgearbeitet, dass sich das „Backward-Play-Forward“ als Teil des „ICfM&S“ versteht, in dem zum Beispiel innovative Formate erprobt und nach erfolgreicher Evaluation im „ICfM&S“ einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden könnten. Für eine erfolgreiche Partnerschaft empfiehlt die Studie eine klare inhaltliche Trennung und Fokussierung der jeweiligen Konzepte.

In der Gesamtbetrachtung kommt die Potenzialanalyse zum Schluss: „Mit dem ICfM&S wird eine Anlaufstelle und ein Erlebnisort für regionale und überregionale Besucher*innen, aber auch internationale Gäste der Netzwerkpartner geschaffen. Insofern sprechen sowohl thematische Gründe für die Weiterverfolgung des Projekts, aber auch die aktuell zu beobachtenden Entwicklungen.“



Weiteres Vorgehen
Aufgrund der Einschätzung der Potenzialanalyse, dass Idee und Ansatz eines „ICfM&S“ erfolgversprechend sind, wollen Landeshauptstadt und Region Hannover das Konzept weiter konkretisieren und inhaltlich schärfen. In einer weiterführenden Studie sollen Finanzierungsmöglichkeiten, konkrete Betreibermodelle und eine Ideenskizze der inhaltlichen Ausgestaltung des „ICfM&S“ erarbeitet sowie die Umsetzbarkeit an zwei konkreten, noch zu benennenden Standorten/Objekten geprüft werden.

Die Ergebnisse sollen im 4. Quartal 2021 vorliegen. Auf deren Basis wird eine politische Grundsatzentscheidung zur möglichen Weiterverfolgung des Projekts angestrebt.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

41.1 
Hannover / 08.06.2021