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Aus den technischen Aspekten der Sanierung und der finanziellen Auswirkung ergibt sich keine spezifische Gender-Betroffenheit.
Ausgangslage:
Die vierzügige IGS Südstadt hat ihren vorläufig auf die Sekundarstufe I beschränkten Betrieb zum Schuljahr 2013/14 in den Gebäuden der auslaufenden HS Bertha-v.-Suttner aufgenommen. Die Sekundarstufe II wurde zum Schuljahr 2019/20 eingerichtet und wächst seitdem auf. Die Planungen für eine bedarfsgerechte Erweiterung der Schulanlage wurden bereits aufgenommen.
Am 16.06.2016 erfolgte der VA-Beschluss zur Drucksache 0295-2016 zur Sanierung und Erweiterung des Gebäudes der IGS Südstadt, da die Räumlichkeiten des 1930 erstellten Gebäudes weder quantitativ noch qualitativ den Anforderungen an einen zeitgemäßen Schulbetrieb entsprechen.
Die Schulanlage wird daher um einen Flügel ergänzt. Überdies weisen die Bestandsgebäude einen grundlegenden Sanierungsbedarf, umfangreiche Sicherheitsmängel sowie einen umfassenden Modernisierungsbedarf auf. Im Zuge der Ertüchtigung und bedarfsgerechten Umstrukturierung des Bestands werden diese Defizite sämtlich behoben.
Das Projekt zur Sanierung und Erweiterung der IGS Südstadt (Sek I) mit ergänzender Errichtung einer 4-Gruppen-Kita erfolgt im laufenden Schulbetrieb und unter Berücksichtigung des denkmalgeschützten Ensembles.
Die zwischenzeitlich erfolgte Auslagerung eines Teils der Schulklassen in eine Containeranlage auf dem Schulgrundstück, sowie eine temporäre Erstnutzung der Kita zur Unterbringung der Schulverwaltung und Lehrerschaft führen zu einem überaus komplexen Vorhaben.
Aktueller Sachstand:
Aufgrund einer Reihe von Umständen, die nachfolgend näher erläutert werden, haben sich die Kosten des Projekts erheblich erhöht, so dass eine Nachfinanzierung über den beschlossenen Sicherheitsbetrag hinaus notwendig wird, um das Projekt fortführen und abschließen zu können.
Der zusätzliche Mittelbedarf beträgt, gemessen an der HU-Bau, nach derzeitigem Kostenstand rd. 9,7 Mio. €. gegenüber dem in Drucksache 0295/2016 beschlossenen Finanzvolumen in Höhe von rd. 31,5 Mio. €. Damit steigt der Zusatzbedarf einschl. angepasster Sicherheit um rd. 11,2 Mio. € auf rd. 42,7 Mio. €.
Nach aktuellem Kenntnisstand können zwischenzeitlich beantragte Fördermittel aus dem bis Mitte 2022 befristeten Landesprogramm „Richtlinie für den Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder unter 3 Jahren“ (RAT) in Höhe von 0,54 Mio. € nicht in Anspruch genommen werden.
Die Unterdeckung ist im Wesentlichen auf drei Ursachen zurückzuführen:
1. Erheblich verzögerter Baubeginn infolge juristischer Auseinandersetzungen mit der Nachbarschaft mit gravierenden Auswirkungen auf die Baupreise und den Baufortschritt.
2. Umfangreiche Zusatzaufwendungen infolge schlechter Bausubstanz, programmatischer Fortschreibungen und Genehmigungsauflagen.
3. Bildung einer Reserve anhand der Risikoprognosen für noch zu erbringende Leistungen.
Eine detaillierte Auflistung der Ursachen und Auswirkungen des verzögerten Starts der Maßnahme sowie umfangreicherer und zusätzlicher Arbeiten können der als Anlage 1 beigefügten Baubeschreibung sowie den als Anlage 3 beigefügten Unterlagen entnommen werden.
Es bleibt festzustellen, dass bei diesem komplexen Projekt und seinen Besonderheiten
· Gebäudesanierung im laufenden Schulbetrieb
· Gebäudeensemble einschl. Außenanlagen stehen unter Denkmalschutz
· beengtes innerstädtisches Grundstück
· Kombination aus Schul- und Kita-Neubau
· Klageverfahren mit erheblichen Auswirkungen auf den zeitlichen Ablauf
· Auslagerungscontainer im Bereich der Baustelle
eine Reihe von im Vorfeld unkalkulierbaren Größen existieren, die eine Steuerung der Kosten in besonderem Maße erschweren.
Aus heutiger Sicht wird deutlich, dass zum einen der verzögerte Baubeginn infolge der hinzunehmenden Inanspruchnahme rechtlicher Mittel durch Dritte auf einer Vielzahl von Feldern zu gravierenden Auswirkungen auf die Kosten geführt hat.
Beispielhaft seien hier die Mehrkosten der Rohbauarbeiten nach nochmaliger Ausschreibung infolge zwischenzeitlicher Aufhebung aufgrund des Klageverfahrens oder die während der Verfahrensdauer stark angestiegenen Kosten für die Aufbereitung und Entsorgung des Bodenaushubs genannt.
Zum anderen erwies sich die vorhandene Bausubstanz als stärker geschädigt als zunächst ermittelt, was in der Folge auch zu einem erheblichen Kostenanstieg beiträgt.
Trotz zahlreicher Untersuchungen im Vorfeld konnte dieser Sachverhalt erst nach den umfangreichen Rückbauarbeiten in Gänze erkannt werden. Insbesondere erst nach Drucksachenbeschluss bekannt gewordene, neu anzuwendende Untersuchungsmethoden hinsichtlich Asbest-Verdacht bei der Verwendung von Spachtelmassen führten zur Notwendigkeit, die Bestandsgebäude vom gesamten Putz zu befreien. In dessen Folge trat das ganze Ausmaß der schlechten Bausubstanz im Gebäudeinneren mit dem daraus resultierenden Handlungsbedarf zutage.
Aus dem heutigen Erkenntnisstand heraus wäre eine näher an Neubaukosten angelehnte Kalkulation für das gesamte Projekt angemessen gewesen.
Im Vergleich mit anderen aktuellen (Neu)Bauvorhaben der LHH ähnlicher Größenordnung wie z. B. GY Goetheschule, IGS Büssingweg, GY Sophienschule, IGS Kronsberg ist jedoch festzustellen, dass die aus dem Koeffizienten Preis/m² gebildete Kennzahl für die
IGS Südstadt mit ca. 1.900 € Baukosten (KG 300+400) /m² Bruttogrundfläche (BGF) noch deutlich unterhalb der genannten Vergleichsobjekte mit durchschn. ca. 2.500 €/m² BGF liegt.
Aus heutiger Sicht ist festzustellen, dass die eingetretenen Risiken und zusätzlichen Anforderungen unzureichend berücksichtigt wurden. Manche dieser Risiken wie die Verzögerung infolge der Klage und die daraus resultierenden Mehrkosten waren weder im Ansatz noch in ihrer Dimension erkennbar, andere Risiken wie die wider Erwarten viel schlechtere Bausubstanz hätten jedoch über wesentlich höhere Sicherheitszuschläge bereits zum damaligen Zeitpunkt abgepuffert werden können.
Dies hätte im Resultat zur Benennung einer wesentlich höheren Bausumme in der Beschlussdrucksache geführt, andererseits wären u. U. bei Nichteintreffen derartig verpreister Risiken Mittel unnötig gebunden worden.
Aufbauend aus den Erfahrungen an der aktuellen Corona-Pandemie sollen nun auch in Abänderung von der ursprünglich geplanten, ausschließlich über Fenster konzipierten Lüftung, mechanische Be- und Entlüftungsmöglichkeiten in den Bestandsgebäuden eingebaut werden.
Um in voll besetzten Unterrichtsräumen allein mittels Fensterlüftung eine hinsichtlich der Raumlufthygiene noch akzeptable Luftqualität (CO2-Konzentration ca. 1500 ppm) zu gewährleisten, muss rechnerisch etwa alle 25 Minuten eine mehrminütige Stoßlüftung mit nahezu komplettem Luftaustausch erfolgen.
Gerade die Erfahrungen der Corona-Pandemie haben gezeigt, dass ein entsprechendes Angebot an manuell zu öffnenden Fenstern vor allem bei kühlen Außentemperaturen im praktischen Schulbetrieb nicht wirklich in erforderlichem Maß genutzt wird. Die wiederholten Klagen der Nutzer während der Corona-Pandemie zeigen auf, dass eine solch häufige Fensterstoßlüftung im Winter im Grunde nicht zumutbar ist.
Die einschlägigen Lüftungsempfehlungen für Unterrichtsräume beruhen jedoch auf dieser schon immer - unabhängig von Corona - gültigen Anforderung.
Auch der Einsatz von mobilen Luftreinigern kann die notwendige Frischluftzufuhr weder ganz noch teilweise ersetzen, da zwar die Aerosole reduziert werden, die CO²-Konzentration hingegen nicht.
Spätestens in der Pandemie hat sich gezeigt, dass eine dauerhaft akzeptable Raumluftqualität in Unterrichtsräumen im Grunde nur mittels mechanischer Lüftungsanlagen sicher gewährleistet werden kann. Dies entspricht auch der Empfehlung des Umweltbundesamts und weiterer Fachinstanzen.
Neben der damit verbundenen Bereitstellung hygienisch einwandfreier Raumluft wird auch der mit einer Fensterlüftung verbundene Energieverlust deutlich minimiert.
Bei Schulneubauten werden aufgrund des Passivhausstandards grundsätzlich mechanische Lüftungsanlagen eingebaut und damit die Anforderungen an die Luftwechselraten automatisch erfüllt.
Aufgrund der oben genannten Erfahrungen wird jetzt auch bei umfangreichen Sanierungen der Bestandsgebäude, wie im vorliegenden Fall, eine Nachrüstung von Klassenräumen mit mechanischer Lüftung angestrebt.
Bei der IGS Südstadt wurde eine Reihe von Möglichkeiten untersucht, die noch abschließend mit der Denkmalschutzbehörde abgestimmt werden müssen. Die Kosten für diese ergänzende Maßnahme werden, je nach Variante, auf ca. 1- 1,5 Mio. € geschätzt und sind in den genannten Mehrkosten enthalten.
Im Ergebnis handelt es sich um unabweisbare Mehrkosten, die in der aus dem Jahr 2014/2015 stammenden Kostenberechnung weder im Detail noch aufgrund der bei Beschlussfassung konkret bekannten Rahmenbedingungen absehbar waren. Die vollständige Umsetzung der Maßnahme ist zwingend erforderlich.
Fazit:
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass:
- das Klageverfahren unvorhersehbar war und als auslösendes Moment der Verzögerung zu erheblichen und nicht beeinflussbaren Mehrkosten infolge baukonjunktureller Effekte geführt hat,
- weitere Mehrkosten infolge neu anzuwendender Regelwerke und darauf basierender Erkenntnisse unvermeidbar waren,
- den Mehrkosten auch ein Mehrwert in Form von bei Maßnahmenbeginn noch nicht vorgesehenen Zusatzqualitäten gegenübersteht wie:
- Komplettausstattung mit Waschtischen
- Komplettausstattung mit WLAN gem. MEP-Standard
- Einbau von Raumlufttechnik im Bestand
- Einbau moderner Medienverteilsysteme im Naturwissenschaftsbereich
- Berücksichtigung aktueller Inklusionsstandards
- Verlängerung der Restnutzungsdauer des Gebäudes durch tiefgreifende Ertüchtigung der Altbausubstanz auf Neubauniveau
- Umfassende Freiheit von bekannten Schadstoffen aller Art
und damit ein absolut neuwertiges und zukunftsfähiges Gebäudeensemble zur Nutzung durch die IGS Südstadt entsteht.