Informationsdrucksache Nr. 1304/2019:
Niedrigschwellige Integrationsbegleitung durchgeführt vom Integrationsmanagement und
gefördert durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Inhalt der Drucksache:

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1304/2019
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Niedrigschwellige Integrationsbegleitung durchgeführt vom Integrationsmanagement und
gefördert durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Die nachfolgenden Informationen beschreiben das BAMF-geförderte Projekt 312/2625NI0082.


Sozialpädagog*innen des Integrationsmanagements setzen eine Reihe von Maßnahmen um, die das Ankommen der Geflüchteten in der hannoverschen Stadtgesellschaft und im neuen gesellschaftlichen Kontext erleichtern. Die Aktivitäten sollen die Menschen stärken, um die in der Vergangenheit – oft traumatisch – erlebten Lebensabschnitte zu verarbeiten und damit aufnahmefähig für die neuen Aspekte des Lebens in Deutschland zu werden. Der Ankommensprozess Geflüchteter sollte möglichst frühzeitig, d.h. kurze Zeit nach der Ankunft in der Landeshauptstadt Hannover (LHH), meist noch in der Flüchtlingsunterkunft gefördert und mitgestaltet werden. Es geht auch darum, den Menschen Stimme und Sichtbarkeit zu geben und damit die Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen.

Ausgangslage

Noch während der Hochphase des Zustromes von Geflüchteten in den Jahren 2014 bis 2016 wurde deutlich, dass es mehr bedarf als Deutschlernangebote und Arbeitsplätze. Den Geflüchteten fehlte oft die Basis, um Lernen zu können, weil sie zum einen Erlebnisse vor und während der Flucht mit sich herumtrugen, die sie schwer belasteten und zum anderen, weil ihr Bildungsniveau aufgrund ihrer prekären Lebenslagen in ihren Heimatländern sehr niedrig war. Im alltäglichen Leben in den Flüchtlingsunterkünften gab es wenig Raum und Möglichkeiten über die Herausforderungen und Chancen zu reflektieren. Familiäre und soziale Netze, die bislang einen Austausch darüber ermöglichten und Raum dafür boten, sind häufig durch die Flucht zerbrochen bzw. unterbrochen. Hier setzen die Projekte an.

Entwicklung und Pilotphase

Drei verschiedene Zielgruppen wurden unabhängig voneinander in mehreren Flüchtlingsunterkünften angesprochen:


1. Geflüchtete Frauen stellen ca. 40 Prozent der Bewohner*innen der Unterkünfte dar. Sie tragen die Hauptlast des familiären Umbruchs in den Familien. Gleichzeitig fällt ihnen der Erwerb der deutschen Sprache schwer und damit der Zugang in das Leben außerhalb der Flüchtlingsunterkunft und zur aufnehmenden Gesellschaft.

2. Für geflüchtete Mädchen, kurz vor oder bereits in der Pubertät, sind die Brüche durch die Flucht und die Konfrontation mit anderen Werten und Normen besonders groß. Sie benötigen Stärkung und Orientierung.

3. Geflüchtete Männer, alleinreisend oder auch im familiären Kontext, sind ebenfalls mit einem neuen Wertesystem konfrontiert und brauchen Begleitung, um dies als einen persönlichen Gewinn und nicht als Bedrohung wahrzunehmen. Die Auseinandersetzung und das Verstehen verschiedener Perspektiven stärken auch ihre interkulturellen Kompetenzen und erleichtern damit das Ankommen in der neuen Gesellschaft.


Mit allen drei Gruppen wurde im Jahr 2017 gearbeitet und es kristallisierten sich verschiedene Formen der Gruppenarbeit heraus. Daraus sind folgende sozialpädagogischen Aktivitäten, jetzt als ein ganzheitlicher Ansatz, in die Umsetzung gegangen.

Umsetzung

Die verschiedenen Zielgruppen erfordern verschiedene sozialpädagogische Ansätze:


1. Die geflüchteten Frauen entwickeln über ca. eineinhalb Jahre in einer stabilen Gruppe – oft spielerisch – sprachliche Kompetenzen, machen transkulturelle Erfahrungen im Austausch mit anderen Herkünften und entwickeln Schritt für Schritt eigene Vorstellungen von ihrer privaten und beruflichen Zukunft. Die Gruppen – Erzählcafés genannt – treffen sich einmal wöchentlich, zunächst unter sozialpädagogischer Begleitung, später dann selbstständig mit einer eigenen Teamerin. Bei Bedarf werden Sprachmittlerinnen und Kinderbetreuerinnen eingesetzt.

2. Die Mädchengruppen fokussieren auf den Umgang mit den unterschiedlichen Erwartungen und Haltungen, die einerseits durch die Herkunftsfamilie andererseits durch Schule, erste soziale Kontakte und Medien in Deutschland auf sie einströmen. Die Sozialarbeiterinnen begleiten die wöchentlichen Gruppensitzungen mit Gesprächen und Aktivitäten. Es geht auch darum, ihnen die verschiedenen Facetten und Möglichkeiten, die das Leben in der LHH bietet, aufzuzeigen. Da viele der Mütter Teilnehmerinnen der Erzählcafés sind, ist das Vertrauen zu den Sozialarbeiterinnen bereits vorhanden.

3. Die Schulungen interkultureller Kompetenzen für geflüchtete Männer ist eine weitere Form der Gruppenarbeit, die zehn Module à drei Stunden umfasst. Thematisch geht es um die eigene Identität und das Wertesystem und den Abgleich mit dem in Deutschland gelebten, um Fragestellungen zu politischen Systemen und Gleichstellung der Geschlechter. Die Schulungen werden durchgeführt von Sozialpädagog*innen des Integrationsmanagements gemeinsam mit einer*m Muttersprachler*in, der*die die Module bereits in der Pilotphase durchlaufen hat. Sie finden entweder in einer Flüchtlingsunterkunft oder einem zentralen Ort wie z.B. dem Fachbereich Soziales in der Hamburger Allee 25 statt.


Förderung

Ende 2017 wurde ein Antrag auf Förderung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gestellt, um finanzielle Ressourcen für die Maßnahmen zu erhalten. Im Oktober 2018 erhielt die LHH die Förderzusage.

Innerhalb des dreijährigen Förderzeitraumes von Oktober 2018 bis September 2021 sollen 10-12 Erzählcafés, 6 - 8 Mädchengruppen und 20 Schulungen für interkulturelle Kompetenzen durchgeführt werden. Damit können ca. 200 geflüchtete Frauen, 80 Mädchen im Alter von 12-18 Jahren sowie 200 geflüchtete Männer erreicht werden. Die Fördersumme des BAMF beträgt jährlich ca. 40.000 Euro und deckt hauptsächlich Miet- und Fahrtkosten der Teilnehmer*innen, Eintrittsgelder und Literatur sowie Honorare und Aufwandsentschädigungen..

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die Maßnahme wird wie beschrieben differenziert nach Lebensphasen und Geschlecht realisiert.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

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Hannover / 03.05.2019