Drucksache Nr. 1265/2024:
Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum – Ergebnisse Sicherheitsbefragung und Maßnahmenvorschläge

Informationen:

Beratungsverlauf:

Nachrichtlich:

  • Stadtbezirksräte 01 - 13

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Ausschuss für Haushalt, Finanzen, Rechnungsprüfung, Feuerwehr und öffentliche Ordnung
In den Personal-, Organisations- und Digitalisierungsausschuss
In den Gleichstellungsausschuss
In den Verwaltungsausschuss
In die Ratsversammlung
An die Stadtbezirksräte 01 - 13 (zur Kenntnis)
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
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1265/2024
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Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum – Ergebnisse Sicherheitsbefragung und Maßnahmenvorschläge

Antrag,

das unter A. 1 skizzierte Maßnahmenpaket zu beschließen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Bei der repräsentativen Sicherheitsbefragung wurde darauf geachtet, dass Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit bezogen auf Sichtweisen, die sich z.B. aus ihrem Geschlecht, ihrer Herkunft ihrem Alter, aus Behinderungen und unterschiedlichen Erfahrungen ergeben, gleichermaßen einbezogen wurden. Gegenstand der Befragung waren auch Fragen zu Diskriminierungserfahrungen und daraus resultierenden Folgen, um insbesondere das Thema von verbaler Belästigung im öffentlichen Raum und den Auswirkungen auf die subjektive Sicherheit zu erfassen. Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen, insbesondere dem Konfliktmanagement im öffentlichen Raum, können Menschen für Themen wie die gegenseitige Rücksichtnahme und Formen verbaler Belästigung, sensibilisiert werden. Durch Erhöhung von Präsenz und Ansprechbarkeit von Sicherheitsakteuren können Hemmschwellen für Hinweise gesenkt und das subjektive Sicherheitsgefühl erhöht werden. Der Umgang mit (Nutzungs-)-konflikten im öffentlichen Raum ist ein Baustein für eine demokratisch gefestigte und offene Stadtgesellschaft. Mit dem dialogischen Ansatz des Konfliktmanagements kann die Sicherheitslandschaft der Landeshauptstadt ergänzend zu der parteilichen Arbeit von Streetwork auf der einen und dem ordnungsrechtlichen Ansatz des städtischen Ordnungsdienstes auf der anderen Seite gestärkt werden.
Darüber hinaus betrifft die Gewährleistung von objektiver wie subjektiver Sicherheit im öffentlichen Raum alle Bürger*innen.

Ergebnis der Klimawirkungsprüfung

Das Ergebnis der Klimawirkungsprüfung wird als positiv bewertet.
Die Maßnahme setzt Anreize für eine klimafreundliche Mobilität und wirkt sich dadurch positiv auf das Klima aus.

Kostentabelle

Darstellung der zu erwartenden finanziellen Auswirkungen in Euro:
Teilfinanzhaushalt 32 - Investitionstätigkeit
Investitionsmaßnahme 12205940
Investitionsmaßnahme Fahrzeuge städtischer Ordnungsdienst
12205901 sonstige Maßnahmen stadtischer Ordnungsdienst
EinzahlungenAuszahlungen
Zuwendungen für Investitionstätigkeit €0.00
Beiträge u.ä. Entgelte für Investitionstätigkeit €0.00
Veräußerung von Sachvermögen €0.00
Veräußerung von Finanzvermögensanlagen €0.00
Sonstige Investitionstätigkeit €0.00
  
  
  
Erwerb von Grundstücken und Gebäuden €0.00
Baumaßnahmen €0.00
Erwerb von bewegl. Sachvermögen €85,375.00
Erwerb von Finanzvermögensanlagen €0.00
Zuwendungen für Investitionstätigkeit €0.00
Sonstige Investitionstätigkeit €0.00
  
Saldo Investitionstätigkeit (€85,375.00)
€0.00

Teilergebnishaushalt 32 - Investitionstätigkeit
Produkt 12202
Städtischer Ordnungsdienst
Angaben pro Jahr
Ordentliche ErträgeOrdentliche Aufwendungen
Zuwendungen und allg. Umlagen €0.00
Sonstige Transfererträge €0.00
Öffentlichrechtl. Entgelte €0.00
Privatrechtl. Entgelte €0.00
Kostenerstattungen €0.00
Auflösung Sonderposten (anteilige Zuwendungen) €0.00
Sonstige ordentl. Erträge €0.00
  
Außerordentliche Erträge €0.00
  
Erträge aus internen Leistungsbeziehungen €0.00
Personalaufwendungen €153,200.00
Sach- und Dienstleistungen €172,150.00
Abschreibungen €11,752.00
Zinsen o.ä. (TH 99) €1,281.00
Transferaufwendungen €0.00
Sonstige ordentliche Aufwendungen €0.00
  
Saldo ordentliches Ergebnis (€338,383.00)
Außerordentliche Aufwendungen €0.00
Saldo außerordentliches Ergebnis €0.00
Aufwendungen aus internen Leistungsbeziehungen €0.00
Saldo aus internen Leistungsbeziehungen €0.00
Saldo gesamt (€338,383.00)
Finanzielle Auswirkungen
Kostentabelle

Für den Haushalt ergeben sich folgende Auswirkungen:

Finanzhaushalt:
Aufwendungen für die Beschaffung von zusätzlichen E-Bikes, Funkgeräten und einem e-Fahrzeug für den Städtischen Ordnungsdienst. Der Aufwand soll durch vorhandene Mittel im Gesamthaushalt gedeckt werden.

Ergebnishaushalt:
Für die Umwidmung von Stellen im Verkehrsaußendienste zum Städtischen Ordnungsdienst fallen jährliche Mehraufwendungen innerhalb des bestehenden Personalkostenbudgets an, die sich in der Differenz der Eingruppierung EG 9a zu EG 5 ergeben.

Sach- und Dienstleistungen enthalten den Aufwand für die sächliche Ausstattung der Mitarbeitenden im Städtischen Ordnungsdienst mit Bekleidung und Technik, Aus- und Fortbildung der neuen Mitarbeitenden, Funklizenzen, Unterhaltung von E-Bikes, Konflikmanagement, die aus vorhandenen Mitteln im Gesamthaushalt gedeckt werden sollen.

Abschreibungen und Zinsen stellen die Folgekosten der Investitionen dar.

Im Jahr 2024 fallen nicht alle Beschaffungen an, teilweise erfolgt die Beschaffung erst 2025, dies wurde in untenstehender Kostentabelle berücksichtigt.

Begründung des Antrages


A 1)
Nach einer erstmals im Jahr 2018 durchgeführten Befragung zum Sicherheitsempfinden der Menschen in der Landeshauptstadt hat die Verwaltung im November und Dezember 2023 eine zweite Repräsentativerhebung zu diesem Themenkomplex durchgeführt.

In einem in vielerlei Hinsicht krisenbehafteten und von Verunsicherung geprägten gesellschaftlichen Umfeld weisen die Ergebnisse der Erhebung entlang zahlreicher Parameter eine negative Entwicklung des Sicherheitsempfindens der Befragten aus. Zum Teil – etwa mit Blick auf die wahrgenommene Sicherheit in einigen Bereichen der Innenstadt – müssen die Rückmeldungen aus der Befragung als Auftrag interpretiert werden, bereits etablierte Ansätze zur Verbesserung von Ordnung und Sicherheit im öffentlichen Raum zu intensivieren und auch durch zusätzliche Methoden und Instrumente zu ergänzen.

Die Verwaltung nimmt die Ergebnisse deshalb zum Anlass für einen breit angelegten, mit den Ratsgremien und allen Stadtbezirksräten zu führenden Dialog über Handlungsansätze zur Verbesserung von Sicherheit und Ordnung in der Innenstadt wie auch in den Quartieren. Als direkte Reaktion auf die Untersuchungsergebnisse legt die Verwaltung ein Maßnahmenpaket vor. Dieses beinhaltet im Einzelnen:
  • Die Weiterentwicklung der bestehenden Sicherheitspartnerschaft von Polizeidirektion Hannover und Landeshauptstadt Hannover. Dafür wird neu ein gemeinsamer Ausschuss für Sicherheit eingerichtet. Die Sicherheitspartner*innen vereinbaren regelmäßig abgestimmte Lagebewertungen auf der Basis gemeinsamer Sicherheitsanalysen sowie die anlassbezogene Durchführung von (quartiersbezogenen) Sicherheitskonferenzen.

  • Die Stärkung der kommunalen Kriminalprävention. Die bislang im Bereich der Geschäftsstelle des Kommunalen Präventionsrats bestehenden Kapazitäten werden gestärkt und in einem Zentrum für kommunale Kriminalprävention gebündelt. Der in zahlreichen Kommunen bereits erfolgreich erprobte Ansatz von „Communities that care“ wird in der Landeshauptstadt eingeführt und die hiesige Präventionsarbeit damit evidenzbasiert unterstützt.

  • Die Neuausrichtung von Städtischem Ordnungs- und Verkehrsaußendienst (SOD und VAD). Für eine optimierte Steuerung und Priorisierung aller Einsätze von SOD und VAD wird eine gemeinsame Leitstelle etabliert. Die Einsatzzeiten des SOD werden bedarfsorientiert angepasst und eine personelle Verstärkung in den Spätschichten und an den Wochenenden umgesetzt. Das gemeinsame Potential des SOD und VAD wird besser genutzt und durch eine Umwidmung dauervakanter Stellen erhöht. Zudem wird zur Stärkung der Präsenz in den Quartieren ein Team Ordnungsbotschafter*innen eingeführt.

  • Den Ausbau des Einsatzes von Awareness-Scouts im öffentlichen Raum. Anknüpfend an den positiven Erfahrungen mit dem Projekt Kooperation Linden-Nord wird das bestehende Konfliktmanagement im öffentlichen Raum ausgebaut und mit zusätzlichen finanziellen Ressourcen ausgestattet. Der allparteiliche Ansatz dieser Form des Konfliktmanagements kann damit auch in weiteren Bereichen des Stadtgebiets lageabhängig zum Einsatz gebracht werden.

  • Die Ausweitung bestehender Waffenverbotszonen. Waffenverbotszonen entwickeln eine sowohl spezial- wie generalpräventive Wirkung. Die bestehenden Verbotszonen in der Innenstadt haben sich bisher bewährt, werden beibehalten, räumlich miteinander verbunden und damit ausgeweitet. Zudem wird auch für den Bereich des Hauptbahnhofs eine kommunale Verbotsverordnung statuiert und in Kooperation mit der Bundespolizei umgesetzt.

  • Die weitere Verbesserung der Stadtsauberkeit. Dies beginnt mit einer umfassenden Analyse der Ist-Situation auch mit technischen Maßnahmen. Hierbei ist auch eine Prüfung KI-gestützter Instrumente wie sie etwa in den Kommunen Basel und Kiel praktiziert werden, vorzunehmen. Hinzu kommen eine Intensivierung der durch die Abfallfahndung bei aha durchgeführten Kontrollen sowie mit besonderer Priorität die Entwicklung und Initiierung von Maßnahmen, die neben der reinen Reinigungsleistung, auch die Ansprechbarkeit und besondere „Kümmerer-Funktion“ der eingesetzten Mitarbeitenden rund um das Thema Stadtsauberkeit, sowie die bedarfsgerechte Präsenz in allen Stadtbezirken in den Fokus rücken. Das im Innenstadtbereich bereits etablierte Team der der City-Handreiniger*innen kann dabei als good practice auch für weitere Bereiche der Stadt dienen.


Erläuterung der Maßnahmen im Einzelnen:

1. Ergebnisse der Sicherheitsbefragung

Ende November 2023 wurden per Zufallsstichprobe 7.868 Einwohner*innen der Landeshauptstadt Hannover angeschrieben und zur Teilnahme an der Onlineumfrage mit den Themen Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit im öffentlichen Raum eingeladen. Ziel war mit insgesamt 16 Fragen ein umfassendes repräsentatives Meinungsbild zu diesen Themen zu ermitteln. Die Teilnahme an der Onlinebefragung war bis einschließlich 22.12.2023 möglich. 1.349 Personen haben schließlich an der Umfrage teilgenommen.
Bereits im März 2018 wurden 1.739 Einwohner*innen zu den Themen Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit befragt und die Ergebnisse im September 2018 der Öffentlichkeit vorgestellt. Dies geschah im Rahmen des sechsten Bürger*innen-Panels. Dieses Panel beruhte ebenfalls auf einer Zufallsstichprobe, allerdings hatten sich die Teilnehmenden längerfristig dazu bereit erklärt, an mehreren Befragungen zu verschiedenen Themen teilzunehmen. Dieser methodische Unterschied muss beim Vergleich der Umfrageergebnisse 2023 mit 2018 berücksichtigt werden. Das Panel wurde für die aktuelle Umfrage 2023 nicht mehr genutzt, da die letzte Befragung bereits vor drei Jahren erfolgte und die Zusammensetzung nicht mehr repräsentativ (Panelmortalität) ist. Die Ziehung einer aktuellen Stichprobe im November 2023 lässt Ergebnisse erwarten, die die Meinungen der Einwohner*innen zu den Themen Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit zuverlässiger abbilden. Ebenso ist auf die unterschiedlichen Jahreszeiten März zu Dezember während der Befragungszeiträume hinzuweisen, die ggf. zu jahreszeitenabhängigen Unterschieden führen können.

Die Sicherheitsbefragung 2023 bestätigt dennoch mit einer Rücklaufquote von 17,6 %, dass sich die Bürger*innen der Landeshauptstadt in hohem Maße für die Belange ihrer Stadt oder ihres Stadtteils interessieren. Dabei haben viele Menschen auf der Basis ihrer unterschiedlichen Erfahrungen und Qualifikationen Vorschläge für Verbesserungsmaßnahmen zu den lokalen Problemstellungen gemacht und Feedback gegeben, um die kriminalpräventiven Entscheidungen nachsteuern und – auch vor dem Hintergrund von veränderten Herausforderungen - passgenauere Maßnahmen aufsetzen zu können.

Die Ergebnisse der Sicherheitsbefragung bestätigen, dass das Sicherheitsgefühl der Einwohner*innen in erster Linie nicht im unmittelbaren Wohnumfeld stark betroffen ist, sondern sich regional unterscheidet und schwerpunktmäßig (in ca. 23,3 % der Antworten) der Innenstadtbereich als unsicher bzw. sehr unsicher empfunden wird.
Im Vergleich zu den Ergebnissen des Bürger*innen-Panels 2018 ist das Sicherheitsempfinden gesunken, vor allem abends/nachts in der Innenstadt. Während sich tagsüber 77 % (2018 = 85 %) der Befragten im eigenen Stadtteil „sehr sicher“ oder „sicher“ fühlen, sind es abends/nachts nur 50 % (2018 = 58 %). In „Hannover allgemein“ fühlen sich tagsüber 62 % (2018 = 80 %) der Befragten „sehr sicher“ oder „sicher“, abends/nachts dagegen nur 28 % (2018 = 41.5 %). In der Innenstadt fühlen sich tagsüber 42 % (2018 = 66 %) der Befragten „sehr sicher“ oder „sicher“. Abends/nachts sinkt der Wert dagegen auf 14 % (2018 = 30 %).
Bei Frauen ist insgesamt ein geringeres Sicherheitsgefühl als bei Männern zu konstatieren. Zudem geben Frauen doppelt so häufig wie Männer an, bestimmte Orte zu meiden (ohne Angabe der Tageszeit). Am häufigsten genannt wurden dabei (hier jeweils Werte der Frauen): Tunnel- und Unterführungen 80 %, Parkhäuser und Tiefgaragen 55 %, Parks- und Grünanlagen 49 %, unterirdische Haltestellen 39 %.
Bei der Betrachtung der gemiedenen Orte nach Altersverteilung fällt auf, dass Jugendliche (hier 16 bis 24-jährige) deutlich mehr als die anderen Altersgruppen den Raschplatz (80 %), das Steintorviertel (80 %) und den Hauptbahnhof (61 %) meiden.
Die Befragten konnten drei Gründe für ihr Unsicherheitsgefühl benennen: als häufigster Grund wurden „gewaltbereite Jugendliche“ mit 40 %, gefolgt von „Straßenkriminalität“ mit 37 % und „gewaltbereiten Erwachsenen“ mit 26 % genannt.
Der Wunsch der Befragten nach einer höheren Präsenz von Polizei und Stadtverwaltung im Stadtgebiet ist insgesamt gestiegen im Vergleich zu 2018.
Es folgen mehr Maßnahmen gegen illegale Müllentsorgung (90 %), Schutz vor verbaler sexueller Belästigung (88 %), Unterbinden von aggressivem Betteln (84 %), Kontrolle offenen Drogenkonsums (84 %) und Schutz öffentlicher Grünanlagen und Kinderspielplätze (84 %).


Das Bedürfnis, selbst etwas für die eigene Sicherheit zu tun, hat nur gut die Hälfte der Befragten.
Dabei verstehen die meisten unter eigenen Maßnahmen das Vermeiden von Konfrontation (78 %) sowie unauffälliges Verhalten (60%). Dabei gibt es zwischen Frauen und Männern den deutlichsten Unterschied bei der Angabe „abends nicht alleine unterwegs sein“. Frauen geben diese Strategie mit 68 % an, Männer dagegen nur mit 32 %.

Unter einer Vielzahl von vorgeschlagenen Maßnahmen erhielt dabei die verstärkte Kontrolle der bestehenden Waffenverbotszone die höchste Zustimmung (90% der Befragten).

45 % der Befragten, die angaben, schon einmal belästigt worden zu sein in den letzten 12 Monaten, gaben als Grund dafür ihr Geschlecht an (Catcalling), 23 % ihr Alter und 18 % ihre Nationalität.

Auch die Themen Sauberkeit und Ordnung haben bei den Befragten eine hohe Bedeutung. So gaben 53 % an, dass Sauberkeit „sehr wichtig“ sei und 48 %, dass Ordnung „sehr wichtig“ sei. Während „Hundekot auf Gehwegen“ in der Befragung 2023 weniger störend wahrgenommen wurde als 2018, stieg die störende Wahrnehmung von Suchtmittelkonsumenten und –händlern an.
Die meistgenannten Meldungen „sehr oft“ und „oft“ bei dieser Frage waren in absteigender Reihenfolge: Abfall (Papier, Glas, Zigarettenkippen), Bettler*innen, Gefährdung durch undiszipliniert fahrende Autofahrer*innen, unerlaubt abgestellter Sperrmüll und falsch oder behindernd parkende Fahrzeuge.

Die Befragten wurden nach eigenen Ideen und Vorschlägen zur Erhöhung der Ordnung und Sauberkeit in Hannover befragt. Dazu gab es insgesamt von 588 Befragten Meldungen, die sich in zehn Themenbereiche zusammenfassen lassen.

· Mülltonnen und –behälter: Aufstellen von mehr Mülleimern, größere/geschlossene Mülleimer, häufigere Leerung, spezielle Mülleimer (Hundekot, Zigarettenkippen), bessere Mülltrennung
· Strafen und Kontrollen: Höhere Bußgelder, mehr Überwachung und Kontrollen, Strafen für spezifische Vergehen (Zigarettenkippen, Hundekot)
· Öffentliche Reinigungsdienste; Häufigere Straßenreinigung, Prävention und Beseitigung von Vandalismus/Graffiti, Verbesserung der Reinigungsqualität
· Spezifische Orte und Infrastruktur: Sauberkeit in Parks, Reinigung vor Schulen und deren Umgebung, Pflege von Grünanlagen, mehr öffentliche Toiletten, Sitzgelegenheiten, Beleuchtung
· Aufklärung und Bildung: Maßnahmen zur Sensibilisierung und Aufklärung über Müllvermeidung, richtige Müllentsorgung und Umweltschutz, teilweise spezifisch für Kinder und Migranten
· Hundekotproblematik: Strafen für Nichtbeseitigung, mehr Beutelspender
· Bürgerengagement, Gemeinschaftsarbeit und Integration: Müllsammeltage, Freiwilligenarbeit für Sauberkeit
· Umgang mit Sondermüll und Sperrmüll: bessere Entsorgungsmöglichkeiten, regelmäßige Sammelaktionen, schnellere Beseitigung, besser zugängliche Wertstoffhöfe
· Verkehr und Parkprobleme: Probleme mit E-Scootern, Ahndung von Falschparkern, mehr Fahrradabstellplätze
· Abfallvermeidung: Reduktion von Einwegprodukten, Verbot von bestimmten Verpackungen

Die Erkenntnisse aus der Sicherheitsbefragung zeigen lediglich das gefühlte Sicherheitsempfinden auf. Daten über tatsächliche Kriminalitätsentwicklung sind aus der polizeilichen Kriminalitätsstatistik zu entnehmen. Diese zeigt in 2023 einen Anstieg für den Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Hannover zu 2022 von 14 % bei der Gewaltkriminalität, worunter eine Vielzahl von Delikten wie sexuelle Nötigung, Raubdelikte, aber auch Kapitalverbrechen wie Mord und Totschlag fallen. Bei Messerangriffen, unter die alle Straftaten zusammengefasst werden, bei denen ein Messer bereits als Bedrohung eingesetzt wurde, gab es einen Anstieg von 4,6 % zum Vorjahr. Die Zahl der jugendlichen Tatverdächtigen stieg im Vergleich zu 2022 um 16,4 %. Ebenfalls gestiegen ist die Anzahl der Rauschgiftdelikte um 16 %. Die jetzt gemessenen Einbußen des Sicherheitsempfindens reflektieren insoweit auch reale Kriminalitätsentwicklungen, müssen aber zugleich auch in einem Rahmen interpretiert werden, der stark durch gesamtgesellschaftliche Verunsicherungserfahrungen geprägt ist. In diesem Sinne weist in etwa der u.a. von Allensbach herausgegebene Sicherheitsreport (vgl. 15. Sicherheitsreport, www.sicherheitsreport.net) für das Jahr 2024 ein signifikant rückläufiges Sicherheitsempfinden der Menschen aus.



Die in der städtischen Befragung zum Vorschein getretenen Unsicherheitsempfindungen werden insofern nicht allein auf lokaler Ebene bearbeitet werden. Sie erfordern allerdings durchaus auch Anpassungen und Konkretisierungen der städtischen Anstrengungen für Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum.

Vorgeschlagene Maßnahmen:

Die 2017 beschlossenen Maßnahmen zur Stärkung von Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit im öffentlichen Raum (DS 1611/2017) sind weiterhin richtig und notwendig, bedürfen aber der Weiterentwicklung und Verstärkung. Die intensive Zusammenarbeit insbesondere mit der Polizei, wird von den Bürger*innen wahrgenommen, in herausfordernden Einsatzlagen (z.B. Himmelfahrt, an den bahnhofsnahen Plätzen, im Areal Limmerstraße) hat die Partnerschaft gut funktioniert.

Dieser Weg soll fortgesetzt und die 2017 vereinbarte Sicherheitspartnerschaft mit der Polizeidirektion Hannover an die aktuellen Herausforderungen angepasst werden. Schwerpunktmaßnahmen sollten ergänzend zu den bereits durchgeführten repressiven Maßnahmen durch Erhöhung der Präsenz und Kontrolldichte vor allem in den Abendstunden verstärkt und flankiert werden durch präventive Maßnahmen, die zum einen den sichtbaren Zustand (Sauberkeit etc.) verbessern und die Attraktivität der als unsicher empfundenen Bereiche durch Belebung (kulturelle Angebote und Geschäfte) sowie durch Aufklärung (Präventionsprogramme, Quartiersarbeit, Bürger*innendialogformate, Öffentlichkeitsarbeit) und durch Vorbeugen von Kriminalität und Gewalt für sichere Nachbarschaften und öffentliche Räume verbessern können.

a. Sicherheitspartnerschaft weiterentwickeln

In der Innenstadt, insbesondere an den bahnhofsnahen Plätzen ist die Sauberkeit und die wahrnehmbare Präsenz im Rahmen der bestehenden Ressourcen des SOD bereits deutlich erhöht worden. Die Polizeidirektion Hannover leistet durch polizeiliche Kontroll- und Strafverfolgungsmaßnahmen sowie intensive Kooperationen (u.a. Runder Tisch mit LHH, Kooperation mit der Bundespolizei sowie im Kommunalen Präventionsrat) einen zentralen Beitrag, um die öffentliche Sicherheit im innerstädtischen Bereich zu gewährleisten. In diesem Sinne wirkt nicht zuletzt das Projekt Innenstadt („PRIN“), welches essenzielle Ergebnisse des Vorgängerprojekts bahnhof.sicher übernommen hat und deutliche Schwerpunkte im Innenstadtbereich sowie am Hauptbahnhof setzt.

Durch Belebungsmaßnahmen und enge Austauschformate mit Sicherheitsakteur*innen sowie sozialen Trägern ist die soziale Kontrolle an den vormals gemiedenen Plätzen im Bahnhofsumfeld seit 2023 erhöht worden. Mit der Erweiterung der Waffenverbotszone über das Umfeld des Hauptbahnhofs hinaus auch in den Bereichen rund um das Steintor/Marstall sind die Kontroll- und Aufklärungsmöglichkeiten, insbesondere im Bereich der gefährlichen Gegenstände, verbessert worden. Auch für den Bereich des Hauptbahnhofs selbst sind mehrfach Allgemeinverfügungen nach Bundesrecht durch die Bundespolizei erlassen und entsprechende Kontrollen durchgeführt worden, um die Sicherheit in diesem Areal zu erhöhen.

Ein weiteres Good practice in der Zusammenarbeit von Polizei, Stadtverwaltung und weiteren Akteur*innen ist das Projekt Kooperation Linden-Nord (KoLiNo). Durch gemeinsame Streifen und abgestimmtes, interdisziplinäres Vorgehen mit Konfliktmanager*innen im öffentlichen Raum, Jugendschutz sowie Stadtreinigung sind Unordnungszustände, Lärmbeschwerden sowie Müll- und Vandalismusprobleme erheblich reduziert worden.

Vor dem Hintergrund der sehr guten Erfahrungen der mit der BDS 1611/2017 beschlossenen Sicherheitspartnerschaft mit der Polizeidirektion Hannover soll diese weiterentwickelt werden.

Ziel ist,
den bisherigen anlassbezogenen Austausch der Behörden durch personelle Kontinuität bzw. Einrichtung eines Gremiums für gemeinsame, regelmäßige Sicherheitsanalysen zu intensivieren. Dieses Gremium – der Ausschuss für Sicherheit – dient der besseren, multiperspektivischen Einschätzung der Sicherheitslage und zugleich dazu, notwendige sowohl repressive wie präventive Maßnahmen für mehr Sicherheit in Hannover eng abgestimmt voranzutreiben. Die gemeinsame Leitung des Ausschusses für Sicherheit liegt beim Vizepräsidenten der Polizeidirektion Hannover und bei dem für die Öffentliche Ordnung zuständigen Dezernenten der Landeshauptstadt. Der Ausschuss tagt mindestens zwei Mal jährlich.

Anlassbezogen kann dieses Gremium auch öffentliche Sicherheitskonferenzen als ein gemeinsames Format nutzen, um z. B. auf aktuelle Kriminalitätsentwicklungen aufmerksam zu machen und Bürger*innen beispielsweise bezüglich etwaiger Betrugsphänomene wie dem „Falschen Polizeibeamten“ oder dem „WhatsApp-Trick“ zu sensibilisieren, weitergehende Informationen zur Einbruchs- und Gewaltprävention (Jugendgewalt / Häusliche Gewalt) zu geben und zu wichtigen Ansprechpartner*innen zu informieren. Auch quartiersbezogene Konferenzen sind gut vorstellbar.


b. Stärkung der Kommunalen Kriminalprävention

Ein weiteres Ziel ist, die kommunale Kriminalprävention zu stärken und Kriminalitätsfurcht abzubauen. Der Grundsatz „Vorsorge ist besser als Nachsorge“ gilt auch im Bereich der Öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Kriminalität wird nicht allein durch die entschlossene Verfolgung von Straftaten bekämpft. Auch Präventionsmaßnahmen leisten einen wesentlichen Beitrag für die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen in Hannover.

In der LHH gibt es bereits heute zahlreiche präventive Maßnahmen für unterschiedliche Zielgruppen und gesteuert durch verschiedene städtische Fachbereiche.

Ein zentraler Baustein im Hinblick auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu Präventionsthemen ist die facettenreiche Arbeit des Kommunalen Präventionsrats.

Der KPR bietet eine Plattform für die Auseinandersetzung mit aktuellen präventionsrelevanten Themen, um gemeinsam Lösungen, Impulse und Handlungsschritte zu koordinieren. Ein Schwerpunkt liegt hier auf der Berücksichtigung urbaner Sicherheit sowie kriminalpräventiver Aspekte im öffentlichen Raum.

Mit einer starken öffentlichen Präsenz, insbesondere seit dem Novellierungsprozess (im Jahr 2020), der intensiveren Vernetzung zwischen den Mitgliedern, dem Rat und der Verwaltung, aber auch mit dem Landespräventionsrat und anderen Präventionsräten, befasst sich der KPR unter Einbindung von Fachexpert*innen mit den relevanten Aspekten für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum und verschafft Schwerpunktthemen mit einem jährlichen Motto – eingebettet in einem Maßnahmenbündel – mehr Sichtbarkeit.

Der KPR arbeitet zu allgemeinen Fragen der Kommunalen Prävention in Hannover und bearbeitet Einzel- und Gestaltungsaufgaben. Die Projekte, Veranstaltungen und Beratungstätigkeiten erfolgen unter Beteiligung vielfältiger Fachkompetenzen, einer hohen Expertise im Bereich Kriminalprävention sowie Projektmanagement und beinhalten die Analyse und Entwicklung von Optimierungsstrategien für eine nachhaltige und wirksame Prävention.

Angesichts der bereits stattfindenden, erfolgreichen Projekte und Aktionen und dem Ziel diese weiter zu verfestigen sowie die Kommunale Kriminalprävention weiter in den Fokus zu rücken und zu stärken, wird im Dezernat für Finanzen, Ordnung und Feuerwehr die bereits dort etablierte Geschäftsstelle Kommunaler Präventionsrat weiterentwickelt und umbenannt in „Zentrum für Kommunale Kriminalprävention“.

Die Umbenennung erfolgt mit dem Ziel einer Koordination der Kommunalen Kriminalprävention im Sinne einer spezialisierten Anlaufstelle der Verwaltung zu Sicherheits- und Präventionsthemen und als Querschnittsaufgabe, die Interventionsimpulse in die Verwaltung trägt und im Sinne der Stärkung der urbanen Sicherheit und des gesellschaftlichen Zusammenhalts mit ihrer Expertise und Netzwerkstruktur moderierend begleitet.

Die gesamtstädtische Einbindung des Zentrums für Kommunale Kriminalprävention vereinfacht und professionalisiert die Schnittstellenarbeit zu verschiedenen interdisziplinären Themen.



Der Aufbau eines solchen Zentrums für Kommunale Kriminalprävention beinhaltet drei Handlungsfelder:
- Handlungsfeld 1: Kommunaler Präventionsrat und Unterarbeitsgruppen
Im Zentrum für Kommunale Kriminalprävention wird auch die Geschäftsstellentätigkeit des KPR und seiner Unterarbeitsgruppen angesiedelt. Laut der Geschäftsordnung des Kommunalen Präventionsrates bietet der KPR eine Plattform für die Auseinandersetzung mit aktuellen präventionsrelevanten Themen, um gemeinsam Lösungen, Impulse und Handlungsschritte zu koordinieren. Er soll die mit dem Thema Prävention Befassten der Stadt vernetzen und dadurch eine effektive Präventionsarbeit ermöglichen. Ein Schwerpunkt liegt hier auf der Berücksichtigung urbaner Sicherheit sowie kriminalpräventiver Aspekte im öffentlichen Raum. Er leistet mit seinem Sachverstand und seiner Expertise einen Beitrag zur Prävention in der Landeshauptstadt Hannover. Die Geschäftsführung fungiert als Bindeglied zwischen dem KPR und der Stadtverwaltung und kommuniziert die laufende Präventionsarbeit nach innen und nach außen.
Zum Aufbau eines solchen Zentrums für Kommunale Kriminalprävention ist eine personelle Aufstockung um eine ½ Vollzeitstelle zur Unterstützung bei organisatorischen Aufgaben, z.B. Termin- und Veranstaltungskoordination, Sitzungsprotokolle, telefonische Erreichbarkeit, Umsetzung grafischer Gestaltungen und Präsentationen etc. notwendig. Die Finanzierung erfolgt über freie Stellenanteile im Fachbereich 32.
- Handlungsfeld 2: Kommunales Präventionsmanagement und Kommunale Präventionsstrategie

Die Geschäftsführung des KPR hat bereits verschiedene Prozesse innerhalb der LHH strategisch begleitet und prozessorientiert strukturiert. Für den thematischen Schwerpunkt „Kommunale Kriminalprävention“ wird dieses Angebot der Prozessbegleitung im Zentrum für Kommunale Kriminalprävention für die LHH fest etabliert, wobei die Prozessbegleitung auf Präventionsthemen zeitlich und mit Bezug zum Bereich Sicherheit und Ordnung begrenzt ist. Hier wird im Hinblick auf aktuelle Herausforderungen ein Format etabliert, um Themen zu bearbeiten, und entsprechende Akteur*innen zu identifizieren, Netzwerke zu schaffen und eine Struktur für eine professionalisierte, zielführende, konstante und je nach Bedarf interdisziplinäre Befassung mit dem jeweiligen Thema zu gewährleisten (analog Runder Tisch Messervorfälle, Catcalling is OVER in HannOVER – Netzwerk).
- Handlungsfeld 3: Praxisimpulse für die Kommunale Prävention
Als festes Instrument des Zentrums für Kommunale Kriminalprävention wird ein eigenes Handlungsfeld – „Praxisimpulse für die Kommunale Prävention“ festgesetzt. Hier wird das aktuelle KPR-Jahresmotto platziert, aber auch zuvor bearbeitete Jahresmottos bedarfsorientiert aufgegriffen und weiterhin bearbeitet (Bsp. Fachtage, Aktionen, div. Veranstaltungen, Rote Bänke für Hannover). Die Geschäftsführung betreibt permanentes Benchmarking unter Einbezug der Erkenntnisse aus den Netzwerken, wie dem Städtenetzwerk Kriminalprävention sowie des Deutsch Europäischen Forums für urbane Sicherheit (Defus/Efus), dessen Koordination bereits seit Beginn der Mitgliedschaft bei der Geschäftsführung angesiedelt ist.


c. Einführung des Programms Communities That Care (CTC)
Um die vorhandenen bzw. noch auszugestaltenden Präventionsangebote stärker an evidenzbasierten Daten und empirischen Studien auszurichten und, um mit den Ergebnissen einer Ursachenforschung inhaltlich und lokal konzentrierte Maßnahmen zu implementieren sowie die Wirksamkeit der gesamtstädtisch/institutionsübergreifend konzipierten Maßnahmen zu messen bzw. zu optimieren, ist die Implementierung eines Steuerungsinstruments wie CTC sinnvoll.
Die Implementierung eines solchen Steuerungsinstruments greift das Konzept des kommunalen Präventionsrats und des Ansatzes eines Zentrums für Kommunale Kriminalprävention auf und unterstützt es durch wirksame Präventionsmaßnahmen, um einen zielgerichteten wie optimierten, stärker ursachenorientierten und empirisch untermauerten Ressourceneinsatz zu erreichen. Städtebauliche Quartiersgestaltung sowie ein zielgerichtetes Quartiersmanagement kann dabei die Netzwerke und die Identifikation in den Stadteilen stärken und soziale Kontrolle sowie bürgerschaftliches Engagement und urbane Resilienz erhöhen.
„Communities That Care“ ist eine in den USA entwickelte Arbeitsmethode, um in Kommunen, Gemeinden und Stadtteilen die Rahmenbedingungen für ein sicheres und gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Mit dieser Methode kann problematischem Verhalten, wie Jugendgewalt, Kriminalität, Alkohol- und Drogenmissbrauch, frühzeitigem Schulabbruch sowie Depressionen und Ängsten entgegengesteuert werden, bevor es auftritt. Die Methode wurde bereits vor mehr als 10 Jahren nach einem Modellversuch erfolgreich vom Landespräventionsrat Niedersachsen nach Deutschland übertragen. Mittlerweile haben Kommunen in zahlreichen Bundesländern begonnen, ihre Präventionsarbeit mit Hilfe von CTC weiterzuentwickeln und zu stärken.

Die inzwischen in verschiedenen Städten (u.a. in Augsburg, Rastede, Lörrach, LK Nienburg, Braunschweig, Hameln, Osnabrück) bereits implementierte Präventionsstrategie „Communities That Care“ (CTC = Gemeinschaften, die sich kümmern) setzt in den Stadtteilen und u.a. an der Stärkung des nachbarschaftlichen Zusammenlebens, am schulischen Bildungserfolg, an der Lernatmosphäre sowie an der Stärkung von Familien an.
Die Methode richtet sich an die Gesellschaft insgesamt und nicht nur an einzelne Jugendliche oder Gruppierungen und bindet sämtliche mit dem Erziehungsauftrag verbundene Akteure, wie Eltern und Lehrer, aber auch Institutionen, wie Vereine und Verbände in die Entwicklungsarbeit ein.
Dazu gehört vor allem eine sorgfältigere Analyse der Entstehungsbedingungen, die Festlegung der Präventionsziele und Zielgruppen sowie die konkreten Maßnahmen zur Zielerreichung und die Evaluation aller kriminalpräventiven Maßnahmen, denn die Evaluation von Einzelprojekten verschließt mangels Erfassung der übergreifenden Auswirkungen lokal begrenzter Projekte den ganzheitlichen Blick auf die Gesamteffekte und auf die Wechselwirkungen zwischen subjektivem Sicherheitsgefühl, Lebensqualität, Kriminalität und Opferwerdung.

An Hand von detailliert vor Ort erhobenen Daten, die die Verteilung von Risiko- und Schutzfaktoren aufzeigen, werden abgestimmte und „maßgeschneiderte“ Aktivitäten, auf Basis von spezifischen Bedarfen und Ressourcen geplant, koordiniert und gemeinschaftlich durchgeführt. Die Methode ersetzt nicht die Jugendhilfeplanung, sondern liefert weitere, ergänzende Impulse.

Erste Informationsgespräche mit dem Nds. Landespräventionsrat und der Polizei haben ergeben, dass eine Implementierung einer Präventionsstrategie auf Basis dieser Methode auch für die Landeshauptstadt zielführend wäre, um die bestehende Präventionslandschaft zu stärken und Handlungsansätze auf Basis einer validen Datengrundlage einrichtungsübergreifend, abgestimmt und gezielt auszurichten sowie ihre Wirkung zu überprüfen.
Es wird vorgeschlagen, auch für die Landeshauptstadt Hannover, eine geeignete Projektstruktur für ein solches Projekt unter Federführung des Dezernats VII und in enger Abstimmung mit dem Dezernat IV sowie des Präventionsbereichs der Polizeidirektion Hannover zu erarbeiten, die den multiprofessionellen und nachhaltigen Ansatz aufgreift und in das Projekt einbindet. Dabei sind auch die erforderlichen personellen wie sächlichen Ressourcen, die Finanzierung und die Vorgehensweise zu beschreiben und den politischen Gremien zur Beschlussfassung vorzulegen. Ziel sollte sein, sich für die kommende Förderperiode für die Durchführung des Projekts „Communities that Care“ beim Landespräventionsrat zu bewerben (Frist: 30.09.2024) und eine entsprechende Begleitung zu beantragen sowie eine entsprechende Kooperationsvereinbarung zu schließen und Möglichkeiten für eine etwaige Förderung zu identifizieren. Die Kooperationsvereinbarung setzt voraus, dass die Ressourcen für die Umsetzung von CTC in der LHH beschlossen sind und die Projektleitung besetzt werden kann.


2. Neuausrichtung des Städtischen Ordnungs- und Verkehrsaußendienstes mit dem Ziel der Erhöhung der Präsenz, insbesondere zu den Abend- und Nachtstunden am Wochenende:

Der städtische Ordnungsdienst (SOD) bildete bisher gemeinsam mit dem Verkehrsaußendienst (VAD), der Arbeitsgruppe Abschleppen, dem Waffen- und Fischereirecht und den Allgemeinen Ordnungsaufgaben ein großes, heterogenes Sachgebiet mit 116 Mitarbeitenden. Gesellschaftliche Veränderungen haben auch Auswirkungen auf den öffentlichen Raum und das Sicherheitsempfinden der Menschen in der Landeshauptstadt Hannover. Dieser zum Teil schnelle und dynamische Wandel, hat auch Folgen auf das Aufgabenspektrum und die Inhalte der Arbeit des Städtischen Ordnungs- und Verkehrsaußendienstes. Z. B. hat sich die Entwicklung von Gewaltdelikten und Konflikten im öffentlichen Raum seit der Gründung verändert und in der Folge auch die im Zusammenhang stehenden Herausforderungen für den derzeit aus rund 44 Mitarbeitenden (in 2 Schichten) bestehenden SOD. Steigende Gewalttendenzen und vermehrte Konflikte, auch ein post-pandemisch verändertes Nutzungsverhalten im öffentlichen Raum, Unordnungszustände, Messervorfälle, Jugenddelinquenz, Kontrollen nach NHundG etc. führen zu mehr Einsätzen und mehr Sonderdiensten, die nur durch starke Priorisierung und das hohe Engagement der Mitarbeitenden geleistet werden konnten und können. Nur mit einer regelmäßigen bedarfsgerechten Prüfung und ggf. kurzfristigen Anpassung des inhaltlichen, quantitativen und zeitlichen Präsenzumfangs sowie der bedarfsgerechten Qualifikation und Ausstattung der Mitarbeitenden kann den Unordnungszuständen begegnet und die öffentliche Sicherheit gewährleistet werden. Engere Kooperationen mit der Polizei (vgl. Sicherheitspartnerschaft), anderen Institutionen (u.a. bahnhof.sicher, mit aha, mit der City-Gemeinschaft) oder der intensive fachbereichsübergreifende Austausch sind weitere, zielführende Formate, die ebenfalls Auswirkungen auf die Aufgabenerledigung hatten und weiterhin haben.

Im Zuge des inhaltlichen Neuorientierungsprozesses wurde unter Berücksichtigung der steigenden Mitarbeitendenzahlen und der Führungsspanne im Sachgebiet, aktuellen Herausforderungen und der dafür erforderlichen Mindestfunktionsstärken, inhaltlicher/fachlicher Fortbildungsbedarfe und körperlicher Anforderungen an die Tätigkeit zum 01.05.2024 eine Umorganisation vorgenommen und das Sachgebiet Städtischer Ordnungs- und Verkehrsaußendienst aus dem bisherigen Sachgebiet herausgelöst. Kernstück ist dabei der Aufbau einer zentralen Leitstelle und die Bildung einer dritten Schicht im Städtischer Ordnungsdienst (der sog. späten Spätschicht bis ca. 3 Uhr).
Daraus resultiert für den Städtischen Ordnungsdienst ein neues Dienstplanmodell, dass den Bedürfnissen der Mitarbeitenden an eine sachgerechte Aufgabenerledigung, an die Aufgabenveränderungen angepasste, regelmäßige Aus- und Fortbildung (siehe z.B. die Schulungen des städtischen Ordnungsdienstes zum Thema Catcalling) und Planbarkeit ihrer Arbeit gerecht wird und damit die Attraktivität der Arbeitsplätze sichert, eine effiziente wie flexible Steuerung des Sachgebiets sowie eine Anpassung an die dynamische Entwicklung ermöglichen soll. Hierbei liegt der Fokus auch auf der personell stärkeren Präsenz in den Spät- und Nachtschichten, vor allem an den Wochenenden, um dem gesunkenen Sicherheitsempfinden in dieser Zeit begegnen zu können und für die Menschen ansprechbarer zu sein.

Der Verkehrsaußendienst ist im Status quo aufgrund der Erfahrungen im ruhenden Verkehr bisher stark im Innenstadtbereich konzentriert. Außenbezirke wurden regelmäßig, aber nicht täglich, vor allem anlassabhängig durch die Arbeitsgruppe Abschleppen, die auch mit Fahrzeugen unterwegs ist „bestreift“ (6 MA). Die gestiegenen Abschleppmaßnahmen sind sehr arbeitsintensiv, gleichzeitig steht aber der Verwaltungsgebührenanteil im Rahmen der Abschleppmaßnahme nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Aufwand. Die bisherigen Arbeitszeiten und Verfügbarkeiten in diesem Bereich haben sich als nicht mehr ausreichend flexibel und bedarfsgerecht erwiesen. Steigende KFZ-Zahlen, neue klimapolitisch sinnvolle Mobilitätsformen und die Ausweitung des Radverkehrs hat zu weiterem Druck im Straßenverkehr und zu Einschränkungen bei der Verfügbarkeit von Parkraum geführt. Mit weiteren Maßnahmen wie der Ausweitung von gebührenpflichtigen Bewohnerparkzonen kommt es gleichzeitig mehr denn je auf eine gerechte Parkraumnutzung an.
Gleichzeitig haben die Erfahrungen aus den letzten Personalauswahlverfahren für den VAD gezeigt, dass angesichts der Vergütungen und besonderen körperlichen Anforderungen an die Außendiensttätigkeit die Arbeitsplätze offenbar nicht attraktiv sind und die vollständige Besetzung gegenwärtig nicht realistisch erscheint. Neben der Ausschöpfung von weiteren Anreizen gem. des neuen Masterplans Personals wird daher ein Pilot entwickelt, um die Aufgaben durch Diversifikation/Anreicherung attraktiver zu gestalten und „Aufstiegsmöglichkeiten“ bzw. Durchlässigkeit im Sachgebiet zu bieten.
Die bisherige Koordination der Einsätze über den Einsatzleitplatz des Verkehrsaußendienstes hat sich zudem angesichts der Steigerungen vor allem im Bereich der Abschleppmaßnahmen nicht mehr als ausreichend erwiesen.
Der Verkehrsaußendienst und Städtische Ordnungsdienst sollen daher künftig enger zusammenarbeiten und ihre Kompetenzen, gemeinsamen Ressourcen und Strukturen nutzen, um Synergien zu erzielen. Mit einer gemeinsamen Leitstelle, die alle Einsätze koordiniert, priorisiert und gemeinsam statistisch erfasst, werden die Steuerungsmöglichkeiten für einen bedarfsgerechten und effizienten Einsatz verbessert. Auch Abschleppmaßnahmen werden hier zentral erfasst und in der weiteren Umsetzung durch Abschleppunternehmen begleitet, bevor der Vorgang ins Back-Office und zur Geltendmachung von Kostenersatz ggü. den Fahrzeughalter*innen weitergeleitet wird. Die Prozesse, vor allem in der Leitstelle und im Innendienst, sollen dabei - soweit möglich – digitalisiert werden, um Dokumentationsprozesse zu vereinfachen und Außendiensteinsätze schneller, flexibler und zielgenauer durchführen zu können. Insbesondere die regelmäßige Überwachung des ruhenden Verkehrs auch außerhalb der Innenstadt kann durch die geschaffene effizientere Einsatzstruktur gewährleistet werden.
Operative Führungsaufgaben werden im Rahmen einer sachgerechten Führungsspanne konzentriert. Die (strategische) Gesamtverantwortung wird durch eine gemeinsame Sachgebietsleitung wahrgenommen.

Ziel ist
· die Einsatzzeiten, -stärken und –orte stärker an den Bedürfnissen der Einwohner*innen auszurichten (u.a. personelle Verstärkung des Städtischen Ordnungsdienstes in den Spätschichten und am Wochenende, regelmäßige Verbotszonenkontrollen und Einsätze in Schwerpunktbereichen, z. B. Areal Küchengarten/Limmerstrasse, bahnhofsnahe Plätze/Innenstadt, Einsätze an verkaufsoffenen Sonntagen und besonderen Veranstaltungen, z.B. CSD sowie am Himmelfahrtstag und Silvester) und sich an die Lageentwicklung anzupassen

· eine gemeinsame Leitstelle einzurichten, die sämtliche Einsätze der Einsatzkräfte des Verkehrsaußen- und Städtischen Ordnungsdienstes durch eine Zentrale koordiniert und an die nächst verfügbare Einsatzkraft weitergibt. Alle Hinweise, Beschwerden, Anrufe und Mails aus der Bevölkerung oder der Polizei sollen hier zusammenlaufen und werden als konkreter Einsatzauftrag an die Mitarbeitenden weitergegeben. Die Leitstelle priorisiert die Einsätze, hat einen ständigen Überblick über die Einsatzkräfte und beauftragt die Abschleppunternehmen. Die Leitstelle arbeitet im Schichtsystem und ist während der Arbeitszeiten des Außendienstes besetzt.

· die Außendienststreifen und damit sichtbare Präsenz, z. B. auch durch Bürger*innensprechstunden und/oder feste Ansprechpartner*innen an wechselnden Orten in städtischen Außenbereichen zu erhöhen, um bürger*innennah Bedarfe aufzunehmen. Hierfür wird ein neues Team mit Ordnungsbotschafter*innen eingerichtet.

· institutsübergreifende Kooperationen, z. B. mit Polizei, anderen Sicherheitsakteuren zu stärken, die die verfügbaren Kräfte an erkannten Brennpunkten bündeln mit dem Ziel, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zusätzlich zu stärken. Die polizeilichen Maßnahmen werden dazu eng mit der Stadtverwaltung abgestimmt.

Zur Umsetzung ist eine personelle Verstärkung unausweichlich.


Im Städtischen Ordnungsdienst sollen die sich aus der neuen Dienstplanung ergebenden Stellenmehrbedarfe in Höhe von 10 VZÄ daher durch Umwandlung von dauerhaft nicht besetzten Stellen im Verkehrsaußendienst gedeckt werden. Trotz größter Anstrengungen und hohem Aufwand ist derzeit nicht absehbar, dass diese Stellen vollständig besetzt werden können. Um das mit der Aufstockung im Verkehrsaußendienst verfolgte Ziel der effektiven Überwachung des ruhenden Verkehrs zu erreichen, ist daher gleichzeitig eine Teilintegration der Aufgaben im SOD erforderlich, d.h., die Einsatzkräfte des SOD sollen verstärkt anteilig - insbesondere in den verstärkten Spätschichten - neben ihrer eigentlichen Tätigkeit auch den ruhenden Verkehr überwachen und so vor allem zu den für die Mitarbeiter*innen im Verkehrsaußendienst ungünstigen Zeiten Verbesserungen erzielen. Nach Einschätzung der Verwaltung wird diese Maßnahme nicht zu einer Stärkung des Ordnungsdienstes allein, sondern insbesondere auch zu einer Erhöhung der Kontrollintensität in der Aufgabenwahrnehmung in der Überwachung des ruhenden Verkehrs führen. Gerade in den späten Nachmittags- und Abendstunden wird auf diese Weise ein spürbarer Zuwachsan Personalressource für eine funktionale Parkraumüberwachung erreicht und damit vor allem die Abdeckung in den Stadtbezirken gestärkt.

Für den Aufbau der zentral koordinierenden Leitstelle besteht ein Personalbedarf von 7 Stellen. 4 Stellen sind bereits vorhanden, 3 weitere Stellen sollen durch die Verschiebung von Stellen aus dem Dialogcenter realisiert werden. Bei Aufbau des Ordnungsdienstes sollte eine Leitstelle die zentrale Koordinationsfunktion übernehmen, die organisatorisch dem Personal- und Organisationsdezernat zugeordnet war und ursprünglich in den Räumlichkeiten der FRW 1 betrieben werden sollte. Dafür wurden ursprünglich 3 Stellen eingerichtet und im Rahmen der Haushaltskonsolidierung um eine Stelle reduziert. Das sog. Dialogcenter nimmt seit 2022 die Telefonie für den Städtischen Ordnungsdienst wahr in der Zeit von Montag bis Samstag von 7 bis 22 Uhr. Die zentrale Rufnummer 168-55555 des SOD ist auf das Dialogcenter aufgeschaltet. Die Dienstleistung des Dialogcenters umfasst lediglich die Anrufannahme und die Weiterleitung der Anfragen/Beschwerden/Meldungen an den SOD mittels eines Ticketsystems. Die eigentliche Koordination Priorisierung und Disposition der Einsätze erfolgt bislang im SOD selbst. Für den Verkehrsaußendienst gibt es einen sog. Einsatzleitplatz, der derzeit nicht durchgehend besetzt werden kann. In der neu einzurichtenden Leitstelle für den SOD und VAD ändert sich das Aufgabenspektrum grundlegend. Die Aufgabeninhalte werden deutlich erweitert (Priorisierung, Disposition, Nachverfolgung der Einsätze, Koordination der Abschleppvorgänge), sodass ein vertieftes Fachwissen über die Aufgaben des SOD und VAD erforderlich und eine Stellenverlagerung in das Sachgebiet notwendig ist.

Die zusätzlichen Einsatzkräfte benötigen für die Aufgabenwahrnehmung Dienstkleidung, Aus- und Fortbildung sowie technische Ausstattung. Die erforderlichen Finanzmittel sollen, soweit sie nicht mehr aus vorhandenen Mitteln im Gesamthaushalt gedeckt werden können, für den kommenden Haushalt eingeplant werden.


3. Verstärkter Einsatz von sog. Awareness-Scouts und Konfliktmanager*innen

Die Konfliktlagen im öffentlichen Raum fokussieren sich im Stadtgebiet auf zentrale Örtlichkeiten und Plätze. Dort kommen Familien mit Kindern, feiernde Jugendliche, Anwohner*innen, Hundebesitzer*innen, Sportler*innen, grillende Menschen und Erholungssuchende zusammen und erzeugen aufgrund ihrer unterschiedlichen Interessen, Konflikte, die zu wiederkehrenden Beschwerden führen. Die dabei entstehenden Belästigungen Dritter (durch Lärm, sozial nicht adäquatem Verhalten, Vermüllung, etc.) sind - nicht nur, aber auch - milieuabhängig. Die bereits erfolgreichen Erfahrungen mit Konfliktmanagement im Areal Küchengarten/Limmerstrasse (vgl. IDS 1820/2023) sollen genutzt werden, um lageangepasst und flexibel auch Angebote an anderen Orten anzubieten. Hier soll niedrigschwellig mit sog. Konfliktmanager*innen auf die mit dem Verhalten verbundenen Probleme aufmerksam gemacht, eine friedliche Austragung von Konflikten im öffentlichen Raum ermöglicht sowie ein Bewusstsein für gegenseitige Rücksichtnahme geschaffen werden. Plätze und Parks in der Stadt sind Orte, an denen sich Menschen mit unterschiedlichen Ansprüchen und Vorstellungen begegnen. Lösungen vor Ort mit den Beteiligten unter Förderung der Fähigkeiten der Perspektivenübernahme sind häufig nachhaltiger, führen durch Vernetzung im Rahmen der Konfliktbearbeitung zur Stärkung von Konfliktkompetenzen, Deeskalation und Entwicklung von Kooperationen/Netzwerken. Ziel ist, ein Budget für Konfliktmanagement ab kommendem Frühjahr vorzuhalten, um die mit dem sozialen Wandel in der Stadt einhergehenden dynamischen Veränderungen im öffentlichen Raum adäquat mit den Beteiligten bearbeiten und ihre Ressourcen für die Konfliktbearbeitung aktivieren zu können. Geeignete Szenarien für einen solchen dialogischen, allparteilichen Ansatz – als Ergänzung zum eher repressiven Ansatz von Sicherheitsdiensten, dem städtischen Ordnungsdienst und der Polizei, und dem parteilichen Ansatz der Sozialarbeit - wären z. B. Nutzungskonflikte mit Jugendlichen, die durch unerwünschtes Verhalten im öffentlichen Raum (Müll, Lärm, Grillen, Rauch etc.) auffallen. Mögliche Einsatzorte könnten nach personellen Ressourcen und Brennpunkten priorisiert bei entsprechenden Konfliktlagen z. B. der Georgen- oder Welfengarten, die Hoppenstedtwiese oder während des Maschseefestes im Bereich rund um das Maschseefest (Maschpark, westliche Südstadt) sein.

Die Finanzierung soll durch eine Aufstockung der bisher für die Kooperation im Areal Küchengarten/Limmerstrasse eingeplanten Mittel für Konfliktmanagement um 70.000 € erfolgen und im kommenden Haushalt eingeplant werden.

4. Erweiterung der sog. Verbotszone für das Mitführen von Waffen und gefährlichen Gegenständen

Mit Verordnung vom 24. November 2022 hat die LHH die Einrichtung einer Verbotszone über das Führen von Waffen, Messern und gefährlichen Gegenständen (im Folgenden: Waffenverbotszone) beschlossen. Sie gilt v.a. auf und um den Raschplatz bis in die Oststadt sowie rund um das Steintor und den Marstall. Nicht eingeschlossen ist bisher der Vorplatz vor dem Hauptbahnhof (Ernst-August-Platz) sowie der Hauptbahnhof samt seinem Bahnhofsgebäude selbst. Die Landespolizei kontrolliert seitdem regelmäßig in den Verbotszonen, in monatlichen Schwerpunktkontrolleinsätzen nimmt auch der Städtische Ordnungsdienst im Rahmen von gemeinsamen Streifen an den Einsätzen teil. Im Jahr 2023 wurden im Rahmen der Kontrollen 219 Owi-Anzeigen aufgrund der Verbots-VO aufgenommen und die Gegenstände sichergestellt. Unter Berücksichtigung auch der Verfahren nach dem WaffenG wurden in der Waffenverbotszone 65 weitere Owi-Anzeigen erstellt sowie Waffen, Messer und gefährliche Gegenstände eingezogen. Daneben erlässt die für den Hauptbahnhof selbst zuständige Bundespolizei in regelmäßigen Abständen befristete Allgemeinverfügungen und erlässt damit eine auf ihren Zuständigkeitsbereich bezogene eigene Verbotszone.
Die Ergebnisse der landes- und bundespolizeilichen Bewertung der Entwicklung der Gefährdungslage in der Innenstadt wurden genutzt, um daraus resultierende mögliche Anpassungen für die seit Ende 2022 bestehende Verbotszone zu prüfen, insbesondere ob es angezeigt sein könnte, dem Beispiel Hamburgs folgend den Hauptbahnhof in den Bereich der städtischen Verbotszone einzubeziehen. Seit Oktober 2023 hat die Freie Hansestadt Hamburg eine Waffenverbotszone auch im Hamburger Hauptbahnhof erlassen.

Da die Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik keine Aufschlüsselung der Delikte nach Stadtteilen, Stadtbezirken oder Straßen zulässt, ist dabei erneut auf Daten der Eingangsstatistik des polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystems zurückgegriffen worden. Ausgewertet wurden dabei im Zusammenhang mit den Tatmitteln in der städtischen Verbotszone stehende sog. Gewalt- und Rohheitsdelikte sowie Delikte aus dem Bereich des tätlichen Angriffs und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Dabei wurden 3 Kategorien betrachtet: Delikte insgesamt, Delikte mit Tatmitteln (inkl. Messer) und Delikte mit dem Tatmittel Messer. Erstmals sind auch die Daten der Bundespolizei in die Auswertung einbezogen worden.
Im Bereich rund um den Raschplatz sind sinkende Fallzahlen von 2022 zu 2023 in allen drei Kategorien festzustellen. Dies wird u.a. durch die bestehenden, flankierenden Maßnahmen begründet sein. Allerdings steigt die Anzahl der Gewaltdelikte mit Messern im ersten Quartal 2024 wieder an.
Im Bereich Steintor/Marstall steigen die Fallzahlen in allen drei oben genannten Kategorien von 2022 zu 2023. Die eingerichteten Verbotszonen sollten damit beibehalten werden.
Im Rahmen der Auswertung der polizeilichen Daten war im Betrachtungszeitraum auch der Bereich der Fußgängerzone zwischen Steintor und Hauptbahnhof inkl. Nebenstraßen und Ernst-August-Platz sowie der Hauptbahnhof selbst auffällig. Die sog. Fußgängerzone bis zum Hauptbahnhof ist geprägt durch Einzelhandel und Cafes/Restaurants und sehr belebt. Abends und nachts nutzen viele Feiernde diese Straßen als Verbindung zwischen den Lokalitäten sowie als Weg bzw. Transitbereich vom Bahnhof bzw. der Straßenbahnhaltestelle Kröpcke zu den Lokalitäten. Hier treffen en passant Gruppen mit Gewaltpotential und andere Menschen aufeinander.

Auf Basis der in den Auswertungen festgestellten Häufung von Gewaltdelikten und des Einsatzes von gefährlichen Gegenständen wird daher empfohlen, die beiden bestehenden Verbotszonen zu den relevanten Zeiten (in den Abend- und Nachtstunden) künftig räumlich zu verbinden.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Kontrollen dazu führen, dass Gegenstände aus dem Verkehr gezogen werden und damit nicht zum Einsatz gebracht werden konnten. Die bereits getroffenen Maßnahmen zeigen daher, dass Kontrollen weiter angezeigt sind, um die erwünschte Wirkung zu erzielen. Damit trägt die repressive Maßnahme der Einrichtung von Waffenverbotszonen als deutliches Signal sowohl zu einem verbesserten Sicherheitsgefühl als auch durch entsprechende Kontrollen zur Verhinderung von Gefahren für Leib und Leben bei; dabei gilt, dass jedes Gewaltdelikt eines zu viel ist.
Mit flankierenden Maßnahmen wie der Erhöhung der Attraktivität der bahnhofnahen Plätze wird in diesem Areal kontinuierlich und intensiv unter Beteiligung von aha, zahlreichen städtischen Fachbereichen, verschiedener Sicherheitsakteure und Polizei sowie sozialen Trägern an einer Verbesserung der Situation und Entschärfung der Nutzungskonflikte divergierender Interessengruppen gearbeitet, um mögliche Gewaltdelikte schon im Vorfeld zu minimieren. Die Sauberkeit der Plätze wird engmaschig kontrolliert und lageabhängig angepasst. Der Städtische Ordnungsdienst hat in der Innenstadt und vor allem rund um die bahnhofnahen Plätze seinen Einsatzschwerpunkt, um bereits im Vorfeld der Geltung der Verbotszone Präsenz zu zeigen.
Der Bahnhof und der Vorplatz (Ernst-August-Platz) waren bisher von der Verbotszone der Landeshauptstadt Hannover ausgenommen. Der Bereich des Hauptbahnhofes selbst wurde aufgrund der bestehenden Zuständigkeiten auf Grundlage von befristeten Allgemeinverfügungen der Bundespolizei bezogen auf die in der dortigen Verbotszone geltenden verbotenen Gegenstände in den entsprechenden Zeiträumen kontrolliert. Die Verbotszone der Bundespolizei hatte damit einen anderen zeitlichen und gegenständlichen Regelungsumfang als die städtische Verordnung. Sowohl die Fußgängerebene im Erdgeschoss (Null-Ebene) als auch die Ebene im Untergeschoss zwischen der Straßenbahnstation Hauptbahnhof und der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade werden jedoch nicht nur von Bahnreisenden genutzt, sondern dienen auch als Transitbereich für Nicht-Reisende zwischen Raschplatz und Ernst-August-Platz bzw. Fußgängerzone Innenstadt. Darüber hinaus ist der Hauptbahnhof an 7 Tagen/Woche als Einkaufsbahnhof Ziel zahlreicher Menschen und regelmäßig belebt.
Die von der Bundespolizei dokumentierten Delikte rechtfertigen die Annahme, dass ein Verbot zur Abwehr dieser Gefahr geeignet und erforderlich ist. Ein dauerhaftes und mit den städtischen Regelungen korrespondierendes Verbot würde dazu führen, dass rund um den Hauptbahnhof die gleichen Regelungen gelten und möglichen Gefahren nicht nur im Geltungszeitraum von befristeten Allgemeinverfügungen begegnet werden kann. Die Waffenverbotszone dient der Prävention von Straftaten mit Waffen und gefährlichen Werkzeugen und der Verhinderung von erheblichen Delikten gegen die körperliche Unversehrtheit und das Leben, die im Geltungsbereich der Verordnung einer erhöhten Gefahr ausgesetzt sind und ist daher mit den vorgesehenen Ausnahmetatbeständen auch verhältnismäßig.
Etwaige Verstöße dagegen können bereits im Vorfeld der Begehung von Straftaten als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden und haben aufgrund der Sanktionen einen spezial- wie generalpräventiven Charakter, denn Ziel ist der verbesserte Schutz der sich in den beschriebenen Gebieten aufhaltenden hohen Anzahl von Personen. Dafür ist maßgeblich, dass engmaschig überwacht wird. In dem hier beschriebenen wesentlichen Deliktsbereich ist dies vor allem eine Aufgabe der Polizei, die ihre Kontrolltätigkeit bereits intensiviert und die Zusage gegeben hat, dies auch in Zukunft zu tun. Die Stadtverwaltung wird ihrerseits ihre Präsenz vor Ort auf hohem Niveau beibehalten, gemeinsame Kontrollen mit der Polizei durchführen und Ordnungswidrigkeitenanzeigen konsequent verfolgen. Mit der Erweiterung auf den Hauptbahnhof und die verabredete Fortführung der Kontrollen durch die Bundespolizei werden die Aktivitäten zur Erhöhung der Sicherheit gebündelt und verstärkt. Die zukünftige Verbotszone wird insofern wie folgt ausgestaltet sein:


Die ausführliche Begründung für den Erlass einer entsprechenden Verordnung ist der hierzu parallel eingebrachten Beschluss-Drucksache Nr. 1266/2024 „Ausweitung der Verordnung über die Einrichtung einer Verbotszone über das Führen von Waffen, Messern und
gefährlichen Gegenständen in der Landeshauptstadt Hannover“ zu entnehmen.
Des Weiteren werden die Bemühungen zur Verbesserung der Situation und des Sicherheitsgefühls in diesem Bereich sukzessiv durch weitere Maßnahmen zur räumlichen Gestaltung und Belebung des Bereichs in unmittelbarer Nähe zum Geltungsbereich der Verordnung, insbesondere an den bahnhofsnahen Plätzen und durch Verbesserungen in der Zusammenarbeit mit den Akteuren vor Ort im Rahmen eines wirkungsvollen Gesamtkonzepts flankiert.
32.4 
Hannover / Jun 11, 2024