Antrag Nr. 1260/2004:
Sofortige Einführung von strikter Konnexität und kommunalen Vetorecht; Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Informationen:

verwandte Drucksachen:

1260/2004 (Originalvorlage)

Beratungsverlauf:

  • 27.05.2004: Verwaltungsausschuss: Der Antrag hat die erforderliche 2/3 Mehrheit zur Aufnahme auf die TO nicht erreicht. Wird im VA am 03.06.04 behandelt
  • 03.06.2004: Ratsversammlung: 32 Stimmen dafür, 22 Stimmen dagegen, 1 Enthaltungen
  • 03.06.2004: Verwaltungsausschuss: 7 Stimmen dafür, 4 Stimmen dagegen, 0 Enthaltungen

Antragsteller(in):

SPD-Fraktion und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Inhalt der Drucksache:

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Sofortige Einführung von strikter Konnexität und kommunalen Vetorecht; Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Antrag,

zu beschließen:

1. Der Rat der Stadt Hannover fordert den Niedersächsischen Landtag auf, ohne weitere Verzögerung das strikte Konnexitätsprinzip in der Niedersächsischen Verfassung zu verankern. Künftig muss sowohl bei Landesgesetzen als auch bei aufgrund eines Landesgesetzes ergangenen Verordnungen und Erlassen eine strikte Gleichzeitigkeit von Aufgabenzuweisung bzw. -Veränderung und Regelung der einhergehenden vollständigen Kostenerstattung gewährleistet sein.

2. Er fordert den Niedersächsischen Landtag darüber hinaus auf, das Konnexi-tätsprinzip künftig nicht nur bei der Übertragung neuer öffentlicher Aufgaben eingreifen zu lassen, sondern auch bei der Veränderung bestehender kom-munaler Aufgaben und Standards. Das Konnexitätsprinzip muss die volle Bandbreite staatlicher Aufgabenübertragungen abdeckeni und deshalb nicht nur Gesetze und Verordnungen, sondern auch die Verwaltungserlasse oder staatliche Vorgaben mit finanziellen Auswirkungen für die Kommunen erfassen.

3. Er fordert den Niedersächsischen Landtag auf, einen sofort einklagbaren Anspruch auf vollständige Kostenerstattung bei der Übertragung von Aufgaben oder der finanzwirksamen Aufgabenveränderung durch oder aufgrund eines Landesgesetzes zu schaffen. Auch Bundes- und Europarecht muss Gegenstand des Konnexitätsprinzips werden, sofern das Land Ausführungsgesetze erlässt.

4. Er fordert den Niedersächsischen Landtag auf, ein kommunales Vetorecht gegen finanzwirksame Gesetze, Verordnungen, Erlasse und Richtlinien des Landes zu schaffen. Sofern mehr als die Hälfte der Gemeinden dem Vorhaben des Landes widerspricht und Klage vor dem Staatsgerichtshof erhoben worden ist, sollte das Vorhaben des Landes in seinen finanzwirksamen Teilen nicht in Kraft treten, bis der Staatsgerichtshof über die Rechtmäßigkeit der Kostenerstattungsregelung befunden hat. Dasselbe muss gelten, wenn die kommunalen Spitzenverbände gemeinschaftlich Klage vor dem Staatsgerichtshof erhoben haben.


5. Er fordert den Niedersächsischen Landtag auf, ein Verbandsklagerecht für die kommunalen Spitzenverbände in der Niedersächsischen Verfassung zu verankern. Gleichzeitig sollte die Kommunalverfassungsbeschwerde vor dem Staatsgerichtshof nicht nur gegen Landesgesetze, sondern auch gegen Verordnungen und andere aufgrund eines Landesgesetzes erlassene Rechtsvor-schriften ermöglicht werden.

Begründung

Bundes- und Landespolitik haben der kommunalen Selbstverwaltung seit vielen Jahren keinen eigenen Stellenwert mehr zugeordnet. Nach der Landespolitik wurde die Kommunalpolitik immer häufiger nur noch zur 'zweiten Ableitung' der jeweiligen bundespolitischen Zielsetzungen der Parteien. Entsprechend viele Aufgaben ohne hinreichende Finanzierungsgrundlagen wurden den Gemeinden und Landkreisen zugewiesen.

Die Verankerung des strikten Konnexitätsprinzips in der Niedersächsischen Verfassung soll daher sicherstellen, dass künftig ein voller finanzieller Ausgleich für die vom Land veranlassten Mehrbelastungen ohne Rücksicht auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der einzelnen Kommunen - also neben dem und unabhängig vom kommunalen Finanzausgleich - durch staatliche Finanzzuwendungen, Erschließung neuer Abgabequellen oder die Reduzierung anderweitiger kommunaler Leistungspflichten zu erfolgen hat. Die Hauptbedeutung einer strikten Konnexitätsregelung liegt in ihrer Schutz- und Präventivfunktion.

Das Konnexitätsprinzip wirkt als wichtiges Korrektiv gegenüber gesetzlichen Wohltaten, die sonst von den Kommunen finanziert werden müssten. Das Land muss im Ergebnis künftig im Interesse der Kommunen auf jede Änderung - und sei sie inhaltlich noch so sinnvoll - verzichten, wenn es diese Änderung nicht aus eigener Kraft finanzieren kann oder finanzieren will. Eine Verankerung des strikten Konnexitätsprinzips in der Landesverfassung ist insbesondere mit Blick auf die von CDU und FDP ohne Folgenabschätzung betriebene 'Verwaltungsreform' erforderlich, damit eine Kostenabwälzung vom Land auf die Kommunen verhindert werden kann

Klaus Huneke Ingrid Wagemann

Fraktionsvorsitzender stv.Fraktionsvorsitzende