Drucksache Nr. 1092/2005:
Bebauungsplan Nr. 1669, Wülfeler Straße/Katzenwinkel (Änderung der Bebauungs- pläne Nr. 698 und 1445 durch ein vereinfachtes Verfahren nach § 13 BauGB),
Beschluss über Anregungen, Satzungsbeschluss

Informationen:

Beratungsverlauf:

Nachrichtlich:

  • Stadtbezirksrat Kirchrode-Bemerode-Wülferode

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Stadtentwicklungs- und Bauausschuss
In den Ausschuss für Umweltschutz und Grünflächen
In den Verwaltungsausschuss
In die Ratsversammlung
An den Stadtbezirksrat Kirchrode-Bemerode-Wülferode (zur Kenntnis)
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
Zu TOP
 
1092/2005
3
 

Bebauungsplan Nr. 1669, Wülfeler Straße/Katzenwinkel (Änderung der Bebauungs- pläne Nr. 698 und 1445 durch ein vereinfachtes Verfahren nach § 13 BauGB),
Beschluss über Anregungen, Satzungsbeschluss

Antrag,

  1. die zum Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 1669 gemäß § 3 (2) BauGB vorgebrachten Anregungen einer Bürgerin, die aus datenschutzrechtlichen Gründen in einer vertraulichen Ergänzung zu dieser Drucksache genannt wird,
    nicht zu berücksichtigen.
  2. den Bebauungsplan Nr. 1669 gemäß § 10 BauGB in Verbindung mit § 6 NGO als Satzung zu beschließen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Die Beschlussvorlage hat keine geschlechterspezifischen Auswirkungen. Der Ausschluss des Einzelhandels an dieser Stelle, soll dazu beitragen, den Bestand des vorhandenen Einkaufsstandortes Hinter dem Dorfe zu sichern. Damit soll unter anderem erreicht werden, dass nicht mobile Bevölkerungsschichten fußläufig ihren Einkauf erledigen können.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

Begründung des Antrages

Der Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 1669 wurde vom Rat in seiner Sitzung am 2.12.2004 beschlossen und hat vom 16.12.2004 bis 17.1.2005 öffentlich ausgelegen. Während der Auslage wurden folgende Anregungen vorgebracht:
  1. Mit dem Entwurf des Bebauungsplanes werde ein unzulässiges Planungsziel verfolgt. Es handele sich um eine reine negative Verhinderungsplanung. Die Plankonzeption erschöpfe sich in der Verhinderung eines Lebensmitteleinzelhandelsmarktes auf einem einzigen Grundstück; das Plangebiet entspräche ausgerechnet allein dem Grundstück Wülfeler Straße 9.
  2. Es sei ein Widerspruch, wenn mit dem Bebauungsplan Nr. 1669 ein Ziel außerhalb des Plangebietes verfolgt werde, da ein Bebauungsplan grundsätzlich dazu diene, seinen räumlichen Geltungsbereich zu regeln.
  3. Die Verwaltung irre, wenn sie meine, ein nicht großflächiger Lebensmittelmarkt auf dem Grundstück Wülfeler Straße 9 könne die wohnungsnahe Versorgung der Bevölkerung gefährden. Im Gegenteil würden aufgrund der kurzen fußläufigen Verbindungen und der gegebenen Sichtverbindung gerade die an der Straße Hinter dem Dorfe vorhandenen Einzelhändler von einem Markt auf dem Grundstück Wülfeler Straße 9 profitieren. Außerdem habe sie selbst durch ihre Ansiedlungspolitik und Genehmigungspraxis dazu beigetragen, dass Nahversorger weggegangen seien und großflächige Märkte an Standorten entstanden seien, die nur noch mit relativ langen Anmarschwegen zu erreichen seien.
  4. Bei dem Grundstück Wülfeler Straße 9 handele es sich nach der tatsächlichen Nutzung um ein Mischgebiet. Die Festsetzung oder Einschränkung von nur bestimmten Branchen oder Warengruppen ließe sich städtebaulich nicht begründen und stelle einen Eingriff in den Wettbewerb des Handels dar.
  5. Die Verwaltungsvorlage baue auf bloße Vermutungen auf. Es müssten besondere städtebauliche Gründe dafür sprechen, eine Nutzungsunterart auszuschließen, die ansonsten zulässig wäre. Zu Einzugsbereichen und Kaufkraftströmen und konkret zu einem Markt auf dem Grundstück Wülfeler Straße 9 in seiner Korrespondenz mit dem Altstandort Hinter dem Dorfe sei nichts recherchiert. Es sei unwahrscheinlich, dass die Bemühungen der Stadt um die Ansiedlung eines neuen Betriebes an dieser Stelle (Hinter dem Dorfe) Erfolg haben könnte, da sich bereits der zweite Nahversorger von diesem Standort verabschiedet habe.
  6. Es wird darauf hingewiesen, dass bei der Stadt für den Standort Wülfeler Straße 9 nur kleinflächige Lebensmitteleinzelhandelsnutzungen - einmal mit 750 m² und einmal mit 700 m² Verkaufsfläche - angefragt worden seien. Die Rechtsprechung mache außerdem die Abgrenzung des klein- zum großflächigen Einzelhandel nicht ausschließlich an einer Verkaufsfläche von 700 m² fest. Dieser Schwellenwert könne nach neuester oberster Rechtsprechung um bis zu 100 m² überschritten werden.

Stellungnahme der Verwaltung

Zu 1.

Die Behauptung, das von der Stadt verfolgte Planungsziel sei unzulässig und es handele sich um eine reine (negative) Verhinderungsplanung, ist unbegründet. Für den gewachsenen Einkaufsbereich „Hinter dem Dorfe“ gibt es eine städtebauliche Plankonzeption, die sich in mehreren aufeinander abgestimmten qualifizierten Bebauungsplänen niedergeschlagen hat. Bestandteil des Konzeptes ist die planerische Absicht, die an der Straße „Hinter dem Dorfe“ entstandene Nahversorgungssituation mit einer ganzen Reihe unterschiedlicher Läden zu erhalten und zu stärken. Dabei geht es nicht um den Schutz einzelner Betriebe vor Konkurrenz, sondern um die Sicherung der städtebaulichen Funktion des Standortes. Der Ausschluss des Einzelhandels auf dem Grundstück der Antragstellerin ist also nicht alleiniges Planungsziel, sondern Folge der Umsetzung der städtebaulichen Gesamtkonzeption. Im Übrigen werden mit der Planaufstellung weitere wichtige städtebauliche Ziele etwa zur Gestaltung des alten Dorfkernes verfolgt.

Die Einbeziehung weiterer Teilflächen des im rechtskräftigen Bebauungsplanes Nr. 698 festgesetzten Dorfgebietes (MD) in die Planänderung ist nicht erforderlich; da bei der benachbarten Hofstelle Kapellenplatz 4 aufgrund des Ortsbildes sowie der rückwärtigen Lage und Erschließung andere städtebaulichen Voraussetzungen gegeben sind.

Zu 2.

Der Vorwurf, es sei ein Widerspruch, dass die Stadt mit dem Bebauungsplan ein Ziel außerhalb desselben verfolge, ist nicht nachvollziehbar. Zunächst ist festzuhalten, dass mit der Aufstellung des Bebauungsplanes nur eine städtebauliche Feinsteuerung vorgenommen wird; in dem festgesetzten Dorfgebiet soll eine Nutzungsart ausgeschlossen werden. Solche und ähnliche Regelungen in anderen Fällen dienen zumeist benachbarten Baugebieten. Wenn solche Planungen, wie beschrieben, aus einem Gesamtkonzept abgeleitet sind, ist es nicht erforderlich, die zu schützenden Bereiche in den Geltungsbereich des Bebauungsplanes aufzunehmen.

Zu 3.

Die Realisierung eines Lebensmittelmarktes in der marktüblichen Größe auf dem Grundstück Wülfeler Straße 9 würde den Einkaufsbereich Hinter dem Dorfe / Brabeckstraße und damit die wohnungsnahe Versorgung der umliegenden Bevölkerung mit Gütern des täglichen Bedarfes aus folgenden Gründen gefährden:

Ein Standort Wülfeler Straße 9 würde dem Einkaufsbereich wegen der Entfernung und der verkehrlichen Anbindung keine Kunden zuführen; die angestrebte Stabilisierung würde nicht erfolgen.

Hinzu kommt, dass der im Einkaufsbereich noch verbliebene Markt Brabeckstraße 168 mit ca. 300 m² VK und unzureichenden Anlieferungs- und Parkbedingungen nicht mehr den heutigen Ansprüchen der Betreiber entspricht. Nach Aussage des Betreibers werden bereits Schließungsüberlegungen angestellt, die bei Ansiedlung eines neuen - größeren - Marktes in der Nachbarschaft vollzogen würden. Damit würde der letzte verbliebene Frequenzbringer entfallen und eine erhebliche Gefährdung für den gesamten Einkaufsbereich eintreten. Aus diesem Grund ist es städtebaulich sinnvoll und anzustreben, einen neuen Markt so zu platzieren, dass er den Einkaufsbereich stabilisiert. Ein solcher Standort sollte in möglichst zentraler Lage des Einkaufbereiches liegen, ein außerhalb liegender Standort wäre in diesem Sinne kontraproduktiv.

Es ist richtig, dass im Zuge umfangreicher städtebaulicher Entwicklungen neue Versorgungsschwerpunkte entstanden sind, die zwei Betreiber veranlasst haben, ihre heutigen Maßstäben nicht mehr gerecht werdenden Standorte Hinter dem Dorfe zu schließen und - zum einen am Kronsberg und zum anderen am Verdichtungsgebiet der Siedlung Seelhorst und zur spezifischen Versorgung des Annastiftes - neue Märkte zu eröffnen. Die Schließung der Märkte Hinter dem Dorfe ist jedoch in erster Linie auf die historisch bedingten Voraussetzungen und den sich ändernden Ansprüchen der Betreiber zurückzuführen. Die vom Einwanderheber zutreffend monierten langen Anmarschwege für die Anlieger und vor allem ältere Bürger sind städtebaulich nicht wünschenswert, weshalb sich die Stadt bemüht, die städtebaulichen Voraussetzungen für die Neuansiedlung eines Marktes im Zentrum des Einkaufsbereiches Hinter dem Dorfe / Brabeckstraße zu schaffen. Sie ist - trotz Weggang zweier Märkte - von der Tragfähigkeit des Standortes Hinter dem Dorfe überzeugt, da bereits mehrere Betreiber ihr grundsätzliches Interesse signalisiert haben. Sie hat zur Verifizierung dieses Standpunktes und als Grundlage für Gespräche mit Betreibern und Grundstückseigentümern ein entsprechendes Gutachten in Auftrag gegeben.

Zu 4.

Das Dorfgebiet (MD) umfasst die Hofstellen Wülfeler Straße 9 und Kapellenplatz 4, wobei der überwiegende Teil landwirtschaftlich geprägt ist. Insofern ist die bestehende Festsetzung als Dorfgebeit (MD) gerechtfertigt. Ausgeschlossen werden sollen die zentrenrelevanten Nutzungen des Einzelhandels, die aufgrund der Struktur des Einkaufsbereiches Hinter dem Dorfe / Brabeckstraße mit seinen rund 20 Geschäften besser dort untergebracht sind. Die Rechtsgrundlage hierfür bietet § 1 Abs. 9 der Baunutzungsverordnung (BauNVO). Die besonderen städtebaulichen Gründe sind ergänzend zur Begründung unter Punkt 3 noch einmal näher dargelegt. Dabei geht es nicht um einen Eingriff in den Wettbewerb des Handels, sondern um Sicherung der städtebaulichen Funktion des Standortes und damit der Nahversorgung.

Zu 5.

Die Gründe für den Weggang zweier Nahversorger sind unter Punkt 3. bereits dargelegt. Insbesondere entsprachen Betriebsgrößen, Parkplatzangebote und Anlieferungsmöglichkeiten nicht mehr den Optimierungsanstrengungen der Betreiber. Nach deren Aussage ist der Standort allerdings nach wie vor gefragt und für einen modernen Betrieb interessant, wenn ein geeignetes Grundstück zur Verfügung steht. Die Verwaltung ist bemüht, hierfür die Voraussetzungen zu schaffen.

Zu 6.

Die Erörterung des Schwellenwertes zur Großflächigkeit von Betrieben - ob 700 m² oder 750 m² Verkaufsfläche - ist in diesem Zusammenhang nicht von Belang. Aus den oben dargelegten Gründen gefährdet auch ein Betrieb in der nachgefragten Größe von 700 m² Verkaufsfläche am Standort Wülfeler Straße 9 den gewachsenen Einkaufsbereich Hinter dem Dorfe / Brabeckstraße.

Der Einwanderheber hat gegen die Ablehnung eines Lebensmittelmarktes mit 750 m² Verkaufsfläche geklagt. Dieser Klage wurde vom Verwaltungsgericht Hannover unter Hinweis auf die Großflächigkeit eines solchen Vorhabens nicht stattgegeben.

Das VG Hannover hat allerdings dem hilfsweise eingereichten Antrag entsprochen, einen Markt mit 700 m² Verkaufsfläche zu zulassen.

Bei dieser Entscheidung wurde fälschlicherweise davon ausgegangen, der Bebauungsplan Nr. 1669 sei nur eine Negativplanung, weil er Einzelhandel ausschließe. Das VG Hannover hat dabei nicht gewertet, dass die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 1669 eine Änderung der rechtskräftigen Bebauungspläne Nr. 698 und 1445 beinhaltet, mit Einschränkung der bisherigen Nutzungsmöglichkeiten und mit Gestaltungsvorschriften, dass aber die sonstigen Festsetzungen in vollem Umfang bestehen bleiben.

Gegen die Entscheidung des VG Hannover geht die Stadtverwaltung beim OVG Niedersachsen vor. Sie rechnet mit einer Korrektur der Entscheidung. Mit dem beantragten Beschluss soll das Bebauungsplanverfahren zum Abschluss gebracht werden.

Das Verfahren soll nach altem Baurecht (BauGB in der vor dem 20.7.2004 gültigen Fassung) abgeschlossen werden.

 61.12
Hannover / 23.05.2005