Drucksache Nr. 1059/2020 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der AfD-Fraktion zur Aufnahme von „unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen" im April 2020
in der Ratssitzung am 25.06.2020, TOP 3.1.

Inhalt der Drucksache:

Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".
Landeshauptstadt HannoverDrucksachen-Zeichen
An die Ratsversammlung (zur Kenntnis)
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
Zu TOP
Antwort
1059/2020 F1
0
 

Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der AfD-Fraktion zur Aufnahme von „unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen" im April 2020
in der Ratssitzung am 25.06.2020, TOP 3.1.

Am 18. April 2020 landeten 47 „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge" (UMF) aus griechischen Lagern auf dem Flughafen Hannover. Vorausgegangen war eine Erklärung der Bundespolitik, dass Griechenland bei der „schwierigen humanitären Lage von etwa 1.000 bis 1.500 Kindern auf den griechischen Inseln" unterstützt werden solle. Es gehe um Kinder, „die schwer erkrankt oder unbegleitet und jünger als 14 Jahre sind, die meisten davon Mädchen".[1] Unter den 47 letztlich in Hannover gelandeten UMF befanden sich dann allerdings 43 Jungen und lediglich vier Mädchen.[2]

Oberbürgermeister Onay hatte bereits in den Wochen zuvor die Bereitschaft der LHH erklärt, „Flüchtlingskinder" aus griechischen Lagern aufzunehmen zu wollen. Nach der Ankunft der 47 Personen konkretisierte er in einem Schreiben an den niedersächsischen Innenminister Pistorius Presseberichten zufolge die Zahl mit „mindestens zwölf". Nach einer 14-tägigen Quarantäne in einer Einrichtung im Landkreis Osnabrück sollten die „Flüchtlingskinder" auf Betreuungsplätze aufgeteilt werden, hieß es im April.

Wir fragen die Verwaltung:

1. Wie viele dieser „Flüchtlingskinder" sind inzwischen in der LHH aufgenommen worden, und auf welche Art von Betreuungsplätzen wurden sie verteilt?

2. Verschiedentlich wird die Einschätzung vertreten, UMF würden nicht selten „als Quartiermacher vorgeschickt", um im Rahmen des Familiennachzugs ihre Eltern nachzuholen. Verfügt die Verwaltung der LHH über entsprechende Erfahrungswerte? Wie viele Familienmitglieder holt ein UMF durchschnittlich nach?

3. Die Einstufung als UMF bringt Mehrkosten für die Betreuung und Verpflegung mit sich. Laut Bundesverwaltungsamt sind dies im Durchschnitt einschließlich kindgerechter Unterbringung und Hilfen zur Erziehung monatlich 5.250 €.[3] Wie hoch ist dieser Betrag in der LHH? Wie hoch ist die effektive Belastung für den städtischen Haushalt pro UMF jährlich?

Sören Hauptstein

Fraktionsvorsitzender


[1]
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland-nimmt-fluechtlingskinder-auf-100.html

[2]
https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/47-gefluechtete-Kinder-in-Hannover-gelandet,fluechtlingskinder160.html

[3]
https://de.wikipedia.org/wiki/Unbegleiteter_minderj%C3%A4hriger_Fl%C3%BCchtling

Text der Antwort

Frage 1: Wie viele dieser „Flüchtlingskinder“ sind inzwischen in der LHH aufgenommen worden, und auf welche Art von Betreuungsplätzen wurden sie verteilt?

In der Fachstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge der Landeshauptstadt Hannover wurden drei Flüchtlingskinder aus Griechenland aufgenommen. Die drei männlichen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge im Alter von 13 – 14 Jahren wurden regelhaft in einer vollstationären Hilfe zur Erziehung gem. §34 SGB VIII untergebracht.

Frage 2: Verschiedentlich wird die Einschätzung vertreten, UMF würden nicht selten „als Quartiersmacher vorgeschickt“, um im Rahmen des Familiennachzugs ihre Eltern nachzuholen. Verfügt die Verwaltung der LHH über entsprechende Erfahrungswerte? Wie viele Familienmitglieder holt ein UMF durchschnittlich nach?
Der unbegleitete Minderjährige und die Familienangehörigen haben die Möglichkeit, einen Antrag auf Familiennachzug zu stellen. Für den jeweiligen UMF muss eine Flüchtlingsanerkennung vorliegen. Voraussetzung für die Anerkennung ist die Minderjährigkeit. Über den Antrag Familienangehöriger auf Familienzusammenführung entscheidet die jeweilige Botschaft vor Ort. Die Botschaft setzt sich zur Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen mit der jeweils zuständigen Ausländerbehörde in Verbindung. Bei einer erfolgreichen Prüfung erhält das Familienmitglied oder die Familienmitglieder ein entsprechendes Visum, welches zur Einreise in die Bundesrepublik Deutschland berechtigt. Die Erfahrungen im Rahmen der Hilfen zur Erziehung haben gezeigt, dass die Botschaften in vielen Fällen erst einmal nur einem Elternteil gestatten einzureisen, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen gegeben sind.
Der Erfolg des Antrages ist abhängig von Einflussgrößen wie der erfolgreichen Kontaktaufnahme der Eltern zu der jeweiligen Botschaft, dem Vorliegen aller notwendiger Dokumente vor Ort und der Prüfung der zuständigen Ausländerbehörde über die rechtlichen Voraussetzungen im Einzelfall.

Frage 3: Die Einstufung als UMF bringt Mehrkosten für die Betreuung und Verpflegung mit sich. Laut Bundesverwaltungsamt sind dies im Durchschnitt einschließlich kindgerechter Unterbringung und Hilfen zur Erziehung monatlich 5.250 Euro. Wie hoch ist dieser Betrag in der LHH? Wie hoch ist die effektive Belastung für den städtischen Haushalt pro UMF jährlich?
Der Durchschnittswert für die Kosten der Unterbringung gem. §§27 ff SGB VIII beträgt im Durchschnitt 2.433 Euro im Monat für einen Minderjährigen. Dies bedeutet in Summe 29.196 Euro jährlich pro UMF. Die Kosten werden der Landeshauptstadt Hannover durch das Land Niedersachsen erstattet.