Drucksache Nr. 1040/2019 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der AfD-Fraktion zum Vahrenwalder Bad
in der Ratssitzung am 23.05.2019, TOP 3.1.1.

Inhalt der Drucksache:

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1040/2019 F1
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Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der AfD-Fraktion zum Vahrenwalder Bad
in der Ratssitzung am 23.05.2019, TOP 3.1.1.

Im Dezember 2017 wurden eklatante Missstände beim damals noch so genannten "Frauenbadebadetag" im Vahrenwalder Bad bekannt. Die ganz überwiegend muslimischen weiblichen Badegäste stiegen in großer Zahl in Straßenkleidung ins Nichtschwimmerbecken, dort färbte man sich auch die Haare, am Beckenrand wurden Picknicks veranstaltet. Anweisungen des Aufsichtspersonals wurden häufig nicht befolgt, vielmehr wurden die städtischen Mitarbeiterinnen zum Teil bedroht. Diese skandalösen Zustände sorgten damals für großes Aufsehen, auch überregionale Medien wie WELT[1] und FOCUS[2] berichteten.

Wenig zu lesen war indes von noch weit übleren, teils extrem unhygienischen Vorfällen, wie sie in einer Pressemitteilung der AfD-Fraktion dokumentiert sind: Im Bad wurden Windeln gewaschen, Abfallbehälter wurden als Toiletten benutzt.[3] Vorfälle, welche die AfD-Fraktion veranlassten, die sofortige Schließung des Bads mit anschließender Grundreinigung zu fordern. (Diese AfD-Mitteilung wurde 1: 1 auf dem reichweitenstarken alternativen Internetblog JOURNALISTENWATCH veröffentlicht.[4])

Im April 2018 gab die Stadtverwaltung Maßnahmen bekannt, mit denen die Probleme behoben werden sollten.[5] Unter anderem wolle man die Zahl der Badegäste begrenzen, die aktuelle Badeordnung solle "zur besseren Verständlichkeit und KundInnenfreundlichkeit überarbeitet" und wie bisher mehrsprachig kommuniziert werden. Außerdem würden, beginnend mit dem Vahrenwalder Bad, perspektivisch in allen kommunalen Bädern Piktogramme vorzufinden sein.

Der oben angesprochenen Missachtung der Autorität des Badpersonals und seiner Bedrohung sollte unter anderem so abgeholfen werden: "Um das Badpersonal und die Badegäste, die zum Teil vielfältige Nationalitäten besitzen, in ihrer Kommunikation zu unterstützen, werden Brückenbauerinnen des Integrationsmanagements bzw. Rucksackmütter eingesetzt", und: "Die Verwaltung wird weitere Schulungen zur interkulturellen Kompetenz für das Badpersonal durchführen. Das eingesetzte Sicherheitspersonal, welches über interkulturelle Kompetenzen verfügen soll, wird über angemessene Verhaltensweisen informiert und angewiesen."

Wir fragen die Verwaltung:

1. Wurden die angekündigten Maßnahmen wie beabsichtigt realisiert; konnte die beabsichtigte Wirkung erzielt werden; also: wie stellt sich die Lage heute dar; inwieweit haben sich die Zustände verändert, die bis Dezember 2017 herrschten; kam es noch einmal zu - vereinzelten oder vermehrten - Bedrohungen des Badpersonals?

2. Im Zuge der "Maßnahmen" sollten die problematischen Stunden, bis dato "Frauenbadetage" heißend, in "Frauenschwimmzeiten" umbenannt werden. Dadurch sollte, hieß es, "der Charakter und die Intention des Angebotes als sportliches Teilhabeangebot für Frauen deutlicher" werden. - Unsere Frage: Hat sich der Charakter der Veranstaltung in dieser Hinsicht merklich verändert?

3. Wie hoch sind die Kosten, insbesondere die Personalkosten, für das "Frauenschwimmen" heute, und wie hoch waren sie im Dezember 2017, anders gefragt: Wie hoch sind die Mehrkosten, die durch die Maßnahmen zur Behebung der eklatanten Missstände vom Dezember 2017 entstanden sind? Sind neben den Personalmehrkosten eventuell noch andere Mehrkosten entstanden, insbesondere für ein neues Zählsystem, von dem die Rede war?

Sören Hauptstein

Beigeordneter Fraktionsvorsitzender im Rat der LHH

Text der Antwort


Vorbemerkung
Die Frauenschwimmzeiten gibt es bereits seit über 11 Jahren und sie gehören zum festen Bestandteil des vielfältigen Angebots in den städtischen Bädern.
Die Verwaltung sah sich aufgrund einer Problemanzeige der Mitarbeiterinnen im Vahrenwalder Bad im Jahr 2017 mit einer Situation konfrontiert, die sofortige, aber auch mittelfristig umgesetzte Maßnahmen zur Folge hatten.
Eine stadtverwaltungsinterne und interdisziplinäre Arbeitsgruppe, die sich aus Mitarbeitenden des Bereiches Migration und Integration und der Antidiskriminierungsstelle des Fachbereiches Soziales, des Referats für Frauen und Gleichstellung, des Familienmanagements, des Fachbereiches Sport und Bäder einschließlich dem örtlichen Personalrat des Fachbereiches Sport und Bäder und dem Gesamtpersonalrat zusammensetzte, entwickelte Maßnahmen bzw. Veränderungen für die Frauenschwimmzeiten im Vahrenwalder Bad und schärfte das Profil des Angebotes im Allgemeinen.

Das Ziel der Frauenschwimmzeiten in städtischen Hallenbädern ist es, gemäß der Drucksache Nr. 0820/2018, Frauen jedweden Alters, jedweder Herkunft oder Religionszugehörigkeit zu ermöglichen, in einem geschützten Raum zu bestimmten Zeiten die kommunalen Bäder nutzen zu können. Als Badbetreiberin fühlt sich die Landeshauptstadt Hannover grundsätzlich für das Wohlbefinden ihrer Badegäste verantwortlich und ist bestrebt, ihre Angebotspalette auf unterschiedliche Zielgruppen auszurichten. Dies gilt im Besonderen innerhalb dieses geschützten Schwimmangebotes.
Die Schaffung und die hohe Nachfrage von Angeboten für Frauen im Bereich Sport (u.a. Frauensauna, Frauenschwimmzeiten) zeigt, dass spezifische Bedarfe und Motive von Frauen existieren.

Einer der zentralen Gründe für dieses spezielle Angebot nur für Frauen liegt in dem besonderen Schutz vor Blicken bzw. Belästigungen, die Frauen möglicherweise bei geschlechtsneutralen Angeboten fürchten. Des Weiteren könnten Frauen befürchten, einem vermeintlichen gesellschaftlichen weiblichen Ideal nicht zu entsprechen. Ebenso können sich Frauen mit körperlichen Versehrtheiten bei einem spezifischen Frauenangebot wohler fühlen. Nicht zuletzt können Schamgefühle gegenüber dem anderen Geschlecht ein Motiv für die Nicht-Teilnahme an regulären Badezeiten sein. Sport und Bewegung nicht als körperbetonten normierenden Lifestyle zu erleben, sondern mit Freude die eigenen Fähigkeiten und Grenzen zu entdecken, ist ein Ziel frauenspezifischer Sportangebote, zu denen auch die Frauenschwimmzeiten gehören. Weiterhin können religiöse, kulturelle oder generationale Gründe für eine Teilnahme an Frauenschwimmzeiten sprechen.

Die Frauenschwimmzeit ist eine positive Maßnahme zur Verhinderung bzw. zum Ausgleich bestehender struktureller Nachteile wegen des Geschlechts. Ziel fördernder Maßnahmen dieser Art ist die Herstellung von Chancengerechtigkeit durch eine vorübergehende „Bevorzugung“, sodass zukünftig alle gesellschaftlichen Gruppen gleichermaßen in allen Lebensbereichen repräsentiert sein können.

Zusammenfassend lässt sich schlussfolgern, dass geschlechtsspezifische Angebote vielen Frauen überhaupt erst den Zugang zu den Sportangeboten der Landeshauptstadt Hannover und damit die Teilhabe an Freizeitangeboten und Angeboten der Gesundheitsprävention ermöglichen.

Frage 1: Wurden die angekündigten Maßnahmen wie beabsichtigt realisiert; konnte die beabsichtigte Wirkung erzielt werden; also: wie stellt sich die Lage heute dar; inwieweit haben sich die Zustände verändert, die bis Dezember 2017 herrschten; kam es noch einmal zu – vereinzelten oder vermehrten – Bedrohungen des Badpersonals?

Um die Kundeninnenfreundlichkeit und die Transparenz im Eingangsbereich des Vahrenwalder Bades zu erhöhen, wurde eine Anzeigetafel im Eingangsbereich installiert. Diese zeigt an, wie viele Besucherinnen noch in das Bad gelassen werden können. So ist es Gästen rechtzeitig möglich zu erkennen, ob ein Besuch des Bades möglich oder mit Wartezeit verbunden ist.
Die Reduzierung der maximalen Besucherinnenzahl auf 200 führte zu einer deutlichen Entzerrung der Situation - sei es im Umkleide-, Sanitär- oder auch Beckenbereich. In Folge sank die Lärmimmission für die Aufsichtskräfte. Die Situation in den Schwimmbecken war übersichtlich, was für die Mitarbeiterinnen die Aufsicht erheblich erleichterte. Situationen mit Gefahr für Leib und Leben der Badegäste entstanden damit nicht mehr.

Außerdem wurde der Personalschlüssel erhöht, sodass für einen befristeten Zeitraum zusätzlich einige geeignete Rettungsschwimmerinnen für die Aufsicht während der Frauenschwimmzeiten eingesetzt wurden. Der Fachbereich Sport und Bäder ist darüber hinaus sehr bemüht, über Vereine und die universitären Einrichtungen zusätzliche weibliche Kräfte zu gewinnen.

Die Schließzeit des Vahrenwalder Bades zu den Frauenschwimmzeiten wurde auf 20:30 Uhr vorgezogen. Dadurch bleibt den Badegästen bis zur Schließung ausreichend Zeit zum Verlassen des Bades und gleichzeitig haben die Mitarbeiterinnen die Möglichkeit, das Bad für die Öffnung am Folgetag vorzubereiten. Der Fachbereich Sport und Bäder konnte hierbei eine Entlastung für die Mitarbeiterinnen und positive Rückmeldung der Besucherinnen resümieren.

Wie bereits in der Drucksache „Frauenschwimmzeiten in den städtischen Hallenbädern“ erwähnt, setzt die Landeshauptstadt Hannover auf ein respektvolles und wertschätzendes Miteinander und erwartet dies ebenfalls von den Gästen der Bäder. Das Badpersonal wurde durch den Einsatz von Brückenbauerinnen und weiteren Mitarbeiterinnen des Integrationsmanagements unterstützt. Dank dieser Unterstützung, dem damit verbundenen fachlichen Austausch und der Mittlerfunktion des Integrationsmanagements hat sich eine gute Kommunikationsbasis zu den Gästen entwickelt und es ist ein beidseitiges Verständnis entstanden.
Piktogramme, die im Vahrenwalder Bad installiert wurden, unterstützen die Kommunikation und beugen Missverständnissen oder Fehlverhalten bestmöglich vor.
Die Badeordnung wird in einem für jede Besucherin nachvollziehbaren Verfahren durchgesetzt - beginnend mit einer einfachen mündlichen Erklärung, über eine Verwarnung bis hin zur Erteilung des Hausverbotes sowie dessen Durchsetzung.
Der Fachbereich Sport und Bäder wird eine aktualisierte Haus- und Badeordnung nach der Sommerpause in den Sportausschuss geben, bei der auf leichte Verständlichkeit und Kundenfreundlichkeit Wert gelegt wird. Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen hat im März 2019 eine neue Richtlinie für die „Erstellung einer Haus- und Badeordnung für öffentliche Bäder“ herausgegeben und die Verwaltung wird diese bei der Überarbeitung berücksichtigen. Die Haus- und Badeordnung wird wie bisher anschließend mehrsprachig aufgelegt.

Das Badpersonal wurde und wird darüber hinaus in interkultureller Kompetenz geschult. Auch das eingesetzte Sicherheitspersonal verfügt über interkulturelle Kompetenzen und wurde über angemessene Verhaltensweisen informiert und angewiesen.

Ergänzend ist zu erwähnen, dass - wie bereits in der Vergangenheit und mit Hinweis auf die Zielformulierung des Angebotes - ausschließlich weibliches Personal im Hallen-, Umkleide- und Saunabereich eingesetzt wird. Lediglich im Kassenbereich ist weiterhin der Einsatz männlichen Personals möglich. Dies gilt auch für den Sicherheitsdienst. Des Weiteren wird der Sichtschutz im Fensterbereich wie bisher eingesetzt und wie üblich zu den Frauenschwimmzeiten installiert.

Insgesamt kann festgestellt werden, dass sich die Maßnahmen und Veränderungen positiv auf die Situation während der Frauenschwimmzeiten im Vahrenwalder Bad ausgewirkt haben und auch mit der Unterstützung des Integrationsmanagements hat sich eine gute Kommunikation zwischen den Besucherinnen der Frauenschwimmzeiten und dem Mitarbeiterinnenteam entwickelt.

Frage 2: Im Zuge der „Maßnahmen“ sollten die problematischen Stunden, bis dato „Frauenbadetage“ heißend, in „Frauenschwimmzeiten“ umbenannt werden. Dadurch sollte, hieß es „der Charakter und die Intention des Angebotes als Teilhabeangebot für Frauen deutlicher“ werden. – Unsere Frage: Hat sich der Charakter der Veranstaltung in dieser Hinsicht merklich verändert?

Durch die vorgenommenen Maßnahmen, insbesondere die Reduzierung der Besucherinnenzahl, wird das Angebot vermehrt als „Schwimmzeit“ genutzt. Es findet Schwimmunterricht für Frauen statt und dieses geschützte Schwimmangebot zeigt, dass Angebote für Frauen im Bereich Sport und Bewegung zur Gesundheitsprävention nachgefragt werden.

Frage 3: Wie hoch sind die Kosten, insbesondere die Personalkosten, für das „Frauenschwimmen“ heute und wie hoch waren sie im Dezember 2017, anders gefragt: Wie hoch sind die Mehrkosten, die durch die Behebung der eklatanten Missstände vom Dezember 2017 entstanden sind? Sind neben den Personalkosten eventuell noch andere Mehrkosten entstanden, insbesondere für ein neues Zählsystem, von dem die Rede war?

Für die Installation der Anzeigetafel sind Kosten in Höhe von 120 € angefallen und für die Erstellung von Piktogrammen 1.000 €. In der Anfangsphase der neuen Maßnahmen wurden die Mitarbeiterinnen des Vahrenwalder Bades von zwei Mitarbeiterinnen aus dem Integrationsmanagement unterstützt. In der Zeit vom 20.07. bis zum 12.10.2018 sind dafür pro Freitag rechnerisch 160,04 € entstanden, insgesamt 2.080,52 €.
Für vertretungsweise eingesetzte Rettungsschwimmerinnen sind im Jahr 2018 Kosten in Höhe von 2.537,59 € entstanden.
Die Personalkosten im Fachbereich Sport und Bäder sind unverändert.