Drucksache Nr. 1038/2011:
Pflegestützpunkte

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Sozialausschuss
In den Verwaltungsausschuss
In die Ratsversammlung
An die Stadtbezirksräte 01 - 13 (zur Kenntnis)
 
Nr.
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1038/2011
3
 
BITTE AUFBEWAHREN - wird nicht noch einmal versandt

Pflegestützpunkte

Antrag,

zu beschließen, dass in der Landeshauptstadt Hannover Pflegestützpunkte im Sinne des
§ 92 c SGB XI eingerichtet werden und dazu eine Kooperationsvereinbarung mit der Region Hannover gemäß Anlage 3 zu dieser Drucksache abgeschlossen wird.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Pflegestützpunkte als neutrale Beratungsstellen kommen beiden Geschlechtern zu Gute, insoweit ergeben sich aus Gendergesichtspunkten keine Besonderheiten.

Kostentabelle

Die Beiträge der Kranken- und Pflegekassen werden jeweils im Folgejahr nach Vorlage der jeweiligen Jahresberichte ausgezahlt und von der Region Hannover an die Landeshauptstadt Hannover weiter geleitet.

Begründung des Antrages

1. Einleitung
Die mit finanzieller Unterstützung der Kranken- und Pflegekassen ermöglichte Einrichtung von Pflegestützpunkten verfolgt insbesondere das Ziel, Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen trägerneutrale Beratung zu allen Fragen der Pflege, aber auch zu sonstigen Angeboten im vorpflegerischen Bereich anzubieten. Mit den Pflegestützpunkten werden Anlaufstellen im Sozialraum geschaffen, die das selbständige Leben und Wohnen im Alter bei einer möglichst hohen Lebensqualität fördern und sich am Bedarf und den Bedürfnissen der Bevölkerung vor Ort ausrichten sollen. Ganz wesentlich für die Arbeit der Pflegestützpunkte ist es im Übrigen, engagementfördernde Strukturen zu unterstützen, zu fördern und neu aufzubauen bzw. auszubauen. Die Pflegestützpunkte sollen überdies die vorhandenen Angebote erfassen („Angebotslandkarte“) und erforderlichenfalls bei fehlenden Angeboten entsprechende Anregungen zur bedarfsgerechten Schaffung von neuen Angeboten geben.
Bei der Nutzung vorhandener Angebote werden die Pflegestützpunkte bei Bedarf behilflich sein.
Vorhandene Strukturen sollen durch die Pflegestützpunkte nicht ersetzt, sondern möglichst genutzt oder integriert werden.
Gesetzliche Grundlage für die Arbeit und Aufgaben der Pflegestützpunkte ist § 92 c SGB XI.

In der Zielrichtung ähnlich ist bereits ein Teil des Kommunalen Seniorenservice Hannover (KSH) seit einigen Jahren aufgestellt, auch die Förderung des Landes Niedersachsen im Programm „Seniorenservicebüros“ liegt auf dieser Linie. Es liegt daher nahe, abgestimmt auf ergänzende Anforderungen der Kranken- und Pflegekassen die vorhandenen Strukturen des KSH zu nutzen.


2. Vertragliche Umsetzungsschritte

Es ist dem Bundesgesetzgeber verfassungsrechtlich verwehrt, unmittelbar Regelungen zur Schaffung von Strukturen auf der kommunalen Ebene zu treffen.
Der Auftrag zur Errichtung von Pflegestützpunkten richtet sich nach § 92 c SGB XI daher an die Kranken- und Pflegekassen, vorbehalten bleibt schon dazu die Entscheidung eines jeden Bundeslandes. Um – wie vorgesehen – die örtlichen Strukturen einzubeziehen, ist die Einbeziehung der Kommunen unumgänglich, dies kann nur auf vertraglicher Grundlage geschehen.

Dazu haben in Niedersachsen die Kranken- und Pflegekassen einerseits und der Niedersächsische Städtetag und der Niedersächsische Landkreistag andererseits eine Landesrahmenvereinbarung geschlossen, welche unter Moderation durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration zu Stande gekommen ist
(Anlage 1).

Auch nach dieser Landesrahmenvereinbarung verbleibt es aber in der Entscheidung eines jeden Landkreises bzw. einer jeden kreisfreien Stadt, ob Pflegestützpunkte in diesem Sinne eingerichtet werden sollen. Für den Raum Hannover blieb ungeregelt, ob die Landeshauptstadt Hannover neben der Region eigenständige Vertragspartnerin sein sollte, es erfolgte jedoch verwaltungsseitig eine Verständigung darauf, dass die Region Hannover insoweit Vertragspartnerin mit den Kranken- und Pflegekassen werden sollte und die regionsangehörigen Gemeinden jeweils ihrerseits über eine Kooperationsvereinbarung mit der Region Hannover befinden sollten. Die Region Hannover hat sich grundsätzlich für die Einrichtung von Pflegestützpunkten entschieden (Entscheidung der Regionsversammlung vom 16.11.2010 – dortige Drucksache Nr. 1071/2010 (II) BDS). Hierbei handelte es sich um eine Entscheidung zur Übernahme freiwilliger Aufgaben, auch bei der darauf aufbauenden Kooperationsvereinbarung der Landeshauptstadt Hannover mit der Region Hannover handelt es sich um eine Entscheidung der Landeshauptstadt zur Übernahme freiwilliger Aufgaben und zugleich zur kommunalen Zusammenarbeit allgemein im Sinne des entsprechenden niedersächsischen Gesetzes (hier: § 5 Abs. 1 NKomZG). Da sich wesentliche vorgesehene Vertragsinhalte seit der Regionsentscheidung vom November 2010 geändert haben, wird eine erneute Entscheidung der Regionsversammlung eingeholt.

Es ergibt sich daher ein mehrfach gestuftes Vertragswerk:

Ausgangspunkt: § 92 c SGB XI

> Landesrahmenvereinbarung
Kranken- und Pflegekassen mit NST und NLT (Anlage 1)
> Stützpunktvertrag (regionale Vereinbarung) Entwurfsstand
Kranken- und Pflegekassen mit Region Hannover (Anlage 2)
> Kooperationsvereinbarung
Region Hannover mit der Landeshauptstadt Hannover (Anlage 3).


Da die Kooperationsvereinbarung den Stützpunktvertrag und die Landesrahmenvereinbarung in Bezug nimmt, werden bei Abschluss eines solchen Vertrages alle genannten Verträge für die Landeshauptstadt Hannover verbindlich.


3. Verhandlungen mit den Kranken- und Pflegekassen über ein Umsetzungskonzept in der Region Hannover

Seit Oktober 2009 hat die Region Hannover, teilweise unter Beteiligung der Landeshauptstadt Hannover mit den Kranken- und Pflegekassen über ein Umsetzungskonzept verhandelt, federführender Verhandlungspartner auf Seiten der Kassen ist der vdek.

In den Verhandlungen schien zunächst Einvernehmen darüber zu bestehen, in Abwandlung der Regelungen aus der Landesrahmenvereinbarung die Leistungen der Pflegestützpunkte auf verschiedene Anlaufstellen verteilen zu können, welches im Sinne von Bürgerfreundlichkeit auf Grund kurzer Wege erlaubt hätte, ein (zeitlich eingeschränktes) Angebot in jeder regionsangehörigen Kommune und in jedem Stadtbezirk der Landeshauptstadt eröffnen zu können. Zu Beginn des Jahres 2011 wurden jedoch seitens der Kassen ergänzende Mindestanforderungen an den Standard jedes einzelnen Anlaufpunktes gestellt, welche die kommunalen Beteiligten zu deutlich erhöhten zusätzlichen eigenen Aufwendungen gezwungen hätten. Da nach diesen Forderungen ein Pflegestützpunkt nur aus maximal drei Anlauforten bestehen kann und eine Mindestöffnung an zwei Wochentagen nicht unterschritten werden darf, war das ursprünglich von der Region Hannover mit den regionsangehörigen Kommunen erarbeitete Konzept nicht mehr umsetzbar.
Die Verhandlungen galten insoweit zunächst als gescheitert.

Um auch im Raum Hannover Pflegestützpunkte anbieten zu können, wurde ein grundlegend neues Konzept erarbeitet. Danach ist neben der Region Hannover auf kommunaler Seite ausschließlich noch die Landeshauptstadt Hannover beteiligt. Während die Region Hannover mit einem Pflegestützpunkt im Regionsgebäude (Hildesheimer Str.) auch mit Außenstellen in einzelnen Kommunen vorzugsweise die Beratung für das Gebiet des ehemaligen Landkreises Hannover vorhält, wird für das Gebiet der Landeshauptstadt soweit möglich die vorhandene Infrastruktur genutzt, jedoch muss auch dazu eine Konzentration dieses Angebotes auf nur einige Anlaufstellen in Kauf genommen werden.

In der Landeshauptstadt Hannover gibt es innerhalb des KSH bereits seit Jahren eingeführte Leistungen, welche den Aufgaben eines Pflegestützpunktes nahe kommen. Zu nennen sind dabei insbesondere: Einzelfallberatung durch speziell geschulte Sozialarbeiterinnen (2 Stellen, eine davon mit je Halbtagskräften besetzt), Beratung für Wohnen im Alter einschließlich Beratung für Wohnraumanpassung durch drei speziell fortgebildete Beraterinnen, der seit Jahren aufgebaute und gepflegte Internetberatungsführer ist eine Datenbank, welche mindestens das Material für die „Angebotslandkarte“ vorhält, Beratung auch in türkischer und in russischer Sprache, die offene Seniorenarbeit ist stadtbezirklich organisiert und es sind verteilt über das Stadtgebiet Begegnungsstätten und Beratungsbüros in Betrieb.

Mit gewissen organisatorischen Anpassungen können die Anforderungen der Kooperationsvereinbarung erfüllt werden. Geforderte Ergänzungen können aus den zu erwartenden Kostenbeiträgen der Kranken- und Pflegekassen finanziert werden.


4. Konzeption für die Landeshauptstadt Hannover

Abgeleitet von der Mitfinanzierung durch die Kranken- und Pflegekassen nach Landesrahmenvereinbarung mit jährlich je 1,00 € pro Einwohner ab 60 Jahren, einer zu Grunde gelegten Gesamteinwohnerzahl Älterer ab 60 Jahren in der Landeshauptstadt Hannover von 128.214 Personen und einer Förderung eines jeden Pflegestützpunktes mit mindestens 30.000 € und höchstens 50.000 € pro Jahr (§ 1 Abs. 4 Landesrahmenvereinbarung) wären in der Landeshauptstadt Hannover bei Ausschöpfung des höchstmöglichen Förderanteiles der Kassen zwei (max. 4) Pflegestützpunkte einzurichten.

Um anteilig eine höchstmögliche Mitfinanzierung (50.000 €) durch die Kassen zu erreichen, ist die Einrichtung von zwei Pflegestützpunkten sinnvoll, wobei die Leistungen auf bis zu sechs Leistungsorte aufgeteilt werden kann.
Bei Einrichtung eines dritten Pflegestützpunktes wäre der Kassenbeitrag auf insgesamt 128.214 € gedeckelt, so dass sich die anteilige Kassenfinanzierung im Schnitt auf 42.738 € je Pflegestützpunkt reduzieren würde. Um einen dritten Pflegestützpunkt (dann an maximal 9 Leistungsorten) in gebotener Form bedienen zu können, müssten in hohem Maße bisherige personelle Ressourcen umgewidmet werden, die Einrichtung eines dritten Pflegestützpunktes stellte auch organisatorisch sehr hohe Anforderungen, einige weitere Außenstellen würden im jetzigen Stand den Anforderungen auch nur bedingt entsprechen.


5. Einrichtung von zwei Pflegestützpunkten mit insgesamt sechs Leistungsorten

Das Konzept für die Landeshauptstadt ist aufgebaut auf vorhandene Strukturen:

Pflegestützpunkt 1
mit SeniorenServiceZentrum im Ihmezentrum/Linden
und Außenstellen im Stadtbezirksbüro Ricklingen (an der Stadtbahnhaltestelle „Schünemannplatz“)
und in der Begegnungsstätte Herrenhausen.

Pflegestützpunkt 2
Altenwohnanlage Luise-Blume-Stiftung/Bothfeld
Rathaus Misburg
Rathaus Bemerode

Mit dieser räumlichen Verteilung wird das Stadtgebiet im Wesentlichen gleichmäßig abgedeckt. Zur Vermeidung zusätzlicher Aufwendungen waren dabei auch Kompromisse zu Lage und Erreichbarkeit unvermeidlich.
Ohne förmlich in das Konzept „Pflegestützpunkte“ einbezogen zu werden, bleiben im Übrigen die anderen stadtbezirklichen Beratungsstellen in gewohnter Form mit erweiterten Sprechzeiten (derzeit mittwochs vormittags) erhalten, so dass inhaltlich gleichartig die Beratung auch dort erfolgen kann.
Das Angebot der Region Hannover an der Hildesheimer Str. kann ergänzend berücksichtigt werden.

Personell werden die Pflegestützpunkte bedient von den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern des KSH (um eine Person aufgestocktes Beratungsteam und den stadtbezirklich zugeordneten Kräften) und den beiden Fachkräften aus der Luise-Blume-Stiftung. Dazu sind entsprechende Dienstpläne aufzustellen, um auch Vertretungen sicher zu stellen.

Um die Chance auf eine Anschubfinanzierung für die Pflegestützpunkte nach § 92 c Abs. 5 SGB XI nicht zu verlieren, müssen die Verträge bis zum 30.06.2011 abgeschlossen werden.
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Hannover / 16.05.2011