Drucksache Nr. 1018/2022 F1:
Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der CDU-Fraktion zu Öffentlich-Privaten Partnerschaften
in der Ratssitzung am 19.05.2022, TOP 2.1.

Inhalt der Drucksache:

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1018/2022 F1
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Antwort der Verwaltung auf die
Anfrage der CDU-Fraktion zu Öffentlich-Privaten Partnerschaften
in der Ratssitzung am 19.05.2022, TOP 2.1.

Die Vergabe kommunaler Bauvorhaben im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) gewinnt gegenwärtig immer mehr Aufmerksamkeit in der Kommunalpolitik und den Medien. Die Vor- und Nachteile von ÖPP-Projekten sind vielfältig und müssen sorgsam gegeneinander abgewogen werden. Während aus kommunaler Sicht vor allem die Vorzüge der ÖPP-Projekte betont werden, haben die Landesrechnungshöfe und jüngst auch der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten Kritik an dem Vorgehen geübt.

Wir fragen die Verwaltung:

1. Welchen wirtschaftlichen Mehrwert sieht die Verwaltung bei der Durchführung von Bauvorhaben im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft für die Landeshauptstadt Hannover?
2. Wie viele Bauprojekte sind in den vergangenen fünf Jahren in öffentlich-privater Partnerschaft in der Landeshauptstadt durchgeführt oder begonnen worden?
3. Welche Maßnahmen stehen der Landeshauptstadt Hannover zur Verfügung, um regionale mittelständische Unternehmen bei öffentlich-privaten Partnerschaften mit Generalunternehmern einzubeziehen?

Text der Antwort


Baumaßnahmen in Öffentlich-Privater Partnerschaft sind seit mehr als 2 Jahrzehnten ein fester Bestandteil der Beschaffungen von Hochbauvorhaben durch das Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover.
ÖPP-Maßnahmen als Beschaffungsvariante kommen im Regelfall dort zum Einsatz, wo die zu erwartenden Risiken eingrenzbar sind, also eher bei großen Neubauvorhaben als beim kleinteiligen und mit erheblichen Unwägbarkeiten behafteten Umbau in einem in Betrieb befindlichen Bestand.
ÖPP-Modelle basieren auf der in geeigneten Fällen zulässigen Zusammenfassung von Fach- und Teillosen der auszuschreibenden Planungs-, Bau- und Finanzierungsleistungen.
Die LHH schreibt jedoch im Gegensatz zu einigen anderen öffentlichen Vorhabenträgern keine Leistungen in der Betriebsphase aus, da die uneingeschränkte Verfügbarkeit über die jeweiligen Objekte nach deren Fertigstellung aus ihrer Sicht unverzichtbar ist. Somit ergibt sich auch keine andauernde Abhängigkeit von fremden Dritten.
Die Zusammenfassung von Planung, Bau und Finanzierung in einem einzigen homogenen Verfahren ist effizient und ermöglicht aus Sicht der Verwaltung außerdem eine Reihe von Vorteilen, die in herkömmlich ausgestalteten Planungs- und Bauprozessen mit ihrer Vielzahl an Schnittstellen und Beteiligten nicht realisierbar sind. So ist das Ergebnis des bei ÖPP durchgeführten Verhandlungsverfahrens ein im Wettbewerb zwischen leistungsfähigen Bietern und deren hochqualifizierten Planern entstandenes verbindliches und alle ausgeschriebenen Aspekte umfassendes Angebot zu einem sehr frühen Zeitpunkt.
Insbesondere die beteiligten Architekten erarbeiten dabei mit ihren qualitätvollen und praxisbezogenen Beiträgen die wesentlichen Grundlagen für einen späteren Projekterfolg.

Beginnend mit dem seinerzeit noch in städtischer Regie erfolgten Umbau des damaligen Niedersachsenstadions in das jetzt als HDI-Arena firmierende Fußballstadion hat die LHH bis dato 27 Objekte im Rahmen von ÖPP-Projekten errichtet. Diese Projekte setzten sich zum Teil aus mehreren Einzelmaßnahmen zusammen; zwei Projekte wurden in Öffentlich-Privater Partnerschaft mit der städtischen Tochter Hanova realisiert.
4 Objekte befinden sich derzeit im Bau, 10 in der Vorbereitung.

Der Anteil der ÖPP-Projekte am Investitionsvolumen des Gebäudemanagements beträgt im langjährigen Durchschnitt etwa ein Drittel. Die restlichen zwei Drittel werden für konventionell beschaffte, d. h. gewerkeweise ausgeschriebene Planungs- und Bauleistungen eingesetzt, sowie in Planungen im Rahmen der tarifvertraglich vereinbarten Eigenfertigung. Damit ist die LHH landesweit nach wie vor eine der größten Auftraggeberinnen im Bereich Hochbau / TGA, wovon auch und besonders Firmen aus Stadt, Region und Land profitieren.

Ohne den Einsatz von ÖPP-Modellen wäre ein ganz wesentlicher Teil der Investitionen für die Hochbaumaßnahmen der letzten Jahre nicht oder nur zu geringen Teilen realisierbar gewesen, da die Projekte zusätzlich zum vorhandenen Investitionskorridor realisiert wurden, auch wenn diese „kreditähnlichen Rechtsgeschäfte“ bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch die Kommunalaufsicht mit einbezogen werden. Außerdem hätten diese Projekte auch aus rechtlichen Gründen gar nicht anders umgesetzt werden dürfen, wenn der Vergleich der Wirtschaftlichkeit positiv ausgeht, wie jetzt in der Antwort zu Frage 1) weiter ausgeführt wird.

Frage 1: Welchen wirtschaftlichen Mehrwert sieht die Verwaltung bei der Durchführung von Bauvorhaben im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft für die Landeshauptstadt Hannover?

Die Verwaltung ist dem Grundsatz wirtschaftlichen und sparsamen Handelns verpflichtet. In diesem Zusammenhang wird unter Beachtung des Vergaberechts geprüft, für welche Art der Beschaffung von Planungs- und Bauleistungen bei dafür geeigneten Investitionsvorhaben die größte Wirtschaftlichkeit prognostiziert werden kann.
Die gemäß Leitfaden der Finanzministerkonferenz standardisierte Prüfung erfolgt in Form eines Eignungstests und einer vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Falls diese ergibt, dass eine ganzheitliche Beschaffung von Planungs-, Bau- und Finanzierungsleistungen im Rahmen eines ÖPP-Modells eine höhere Wirtschaftlichkeit erwarten lässt als die konventionelle Fach- und Teillosvergabe, wird die jeweilige Leistung in einem europaweiten Verhandlungsverfahren ausgeschrieben.
Zum Abschluss des Verhandlungsverfahrens wird mittels einer abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, in die neben rein monetären Faktoren auch weitere Aspekte wie Funktionalität, Gestaltung, Durabilität, Städtebau, Energieeffizienz, Barrierefreiheit etc. einbezogen werden, geprüft, ob der prognostizierte Vorteil realisiert werden konnte.
Ist dies der Fall, ist der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Falls nicht, ist das Verfahren aufzuheben und die Leistungen sind konventionell in Teil- und Fachlosen zu vergeben.
Die Landeshauptstadt Hannover hat seit ca. 20 Jahren eine Reihe von ÖPP-Projekten ausgeschrieben und nach dem beschriebenen Prüf- und Vergabeverfahren auch realisiert. Die bei der abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung festgestellte wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit der einzelnen ÖPP-Projekte gegenüber konventioneller Beschaffung beträgt im Mittel 8,36%, bezogen auf die Gesamtinvestitionskosten.


Frage2: Wie viele Bauprojekte sind in den vergangenen fünf Jahren in öffentlich-privater Partnerschaft in der Landeshauptstadt durchgeführt oder begonnen worden?

Im Zeitraum von 2017 bis 2022 wurden seitens der Landeshauptstadt Hannover 12 Projekte in öffentlich-privater Partnerschaft fertiggestellt oder begonnen, wobei die Projekte zum Teil mehrere Maßnahmen beinhalten.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Projekte:
- Neubau des 2. BA der Feuer- und Rettungswache Weidendamm
- Neubau Grundschule und Kita Welfenplatz
- Neubau der Kitas Chemnitzer Weg und Bergfeldstrasse
- Neubau der Feuer- und Rettungswache 3
- Neubau des Gymnasiums Sophienschule und Anbau an das KWR
- Neubau der Grundschule Kronsberg und Erweiterung der IGS Kronsberg
- Neubau der Kita Beckstrasse
- Neubau der Grundschule im Buchholzer Grün
- Neubau der Grundschule Mühlenberg
- Neubau von 5 Kindertagesstätten in 3 Stadtbezirken
- Neubau des Misburger Bads

Eine Übersicht über sämtliche ÖPP-Projekte der LHH kann dem aktuellen Jahrbuch des Fachbereichs Gebäudemanagement entnommen werden.


Frage 3: Welche Maßnahmen stehen der Landeshauptstadt Hannover zur Verfügung, um regionale mittelständische Unternehmen bei öffentlich-privaten Partnerschaften mit Generalunternehmern einzubeziehen?

Die Landeshauptstadt achtet bei der Entscheidung zur Festlegung des Bieterkreises im Rahmen des europaweit auszuschreibenden Teilnahmewettbewerbs darauf, dass nur für die Realisierung der beschriebenen Aufgabe geeignete Bauunternehmen, Architekt*innen, Ingenieur*innen und Finanziers in einer Bietergemeinschaft zur Teilnahme am Wettbewerb aufgefordert werden.
Hierbei ist festzustellen, dass neben überregional tätigen Großunternehmen – die in der Regel durch ihre örtliche Niederlassung vertreten sind – auch Mittelständler in ÖPP-Verfahren vertreten sind. Häufig beteiligt sind örtlich oder im nahen Umland ansässige Architekt*innen und Ingenieur*innen als Beteiligte der Bietergemeinschaften.
Daneben war festzustellen, dass auch erhebliche Anteile der von den Bauunternehmen beauftragten Nachunternehmerleistungen von örtlichen oder im Umland ansässigen Unternehmen erbracht werden.
Angesichts des umfangreichen vertraglich fixierten und mit Konsequenzen bei Nichteinhaltung bewehrten Leistungssolls für die ÖPP-Auftragnehmer ist eine Einbeziehung örtlicher Unternehmen infolge kurzer Anfahrtswege durchaus vorteilhaft, da hierdurch schnellere und flexiblere Verfügbarkeiten gegenüber weit entfernten Nachunternehmen gegeben sind.
Bei der Vergabe der Aufträge im Rahmen der Ausschreibung spielen Überlegungen zur Einbeziehung örtlicher Unternehmen jedoch keine Rolle, da das vergaberechtswidrig wäre.