Informationsdrucksache Nr. 0903/2018:
Leitlinien der Zusammenarbeit zwischen dem Fachbereich Jugend und Familie / Kommunalen Sozialdienst der Landeshauptstadt Hannover, dem Allgemeinen Sozialdienst der Region Hannover und dem Sozialpsychiatrischen Dienst der Region Hannover

Inhalt der Drucksache:

Bitte beachten Sie, dass der folgende Text eventuell medienbedingte Formatabweichungen aufweisen kann. Eine formatgetreue Abbildung des Inhalts finden Sie in der Anlage "Druckversion.pdf".
Landeshauptstadt HannoverInformationsdrucksache-ZeichenInformationsdrucksache
In die Kommission für Kinder- und Jugendhilfeplanung
In den Jugendhilfeausschuss
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
Zu TOP
 
0903/2018
1
 
BITTE AUFBEWAHREN - wird nicht noch einmal versandt

Leitlinien der Zusammenarbeit zwischen dem Fachbereich Jugend und Familie / Kommunalen Sozialdienst der Landeshauptstadt Hannover, dem Allgemeinen Sozialdienst der Region Hannover und dem Sozialpsychiatrischen Dienst der Region Hannover

Im Rahmen der Netzwerkarbeit im Kinderschutz in der Landeshauptstadt Hannover wird zur Entstehung und Umsetzung der 'Leitlinien zur Zusammenarbeit' zwischen der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe und dem Sozialpsychiatrischen Dienst der Region Hannover informiert.

Ausgangssituation und Hintergründe
Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (KICK) ist Ende 2005 in einem ersten Schritt der § 8a SGB VIII - Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung - als zentrale Handlungsnorm neu geschaffen worden. Er konkretisiert den Schutzauftrag der Kinder- und Jugendhilfe und fordert zur vernetzten Kooperation der verschiedenen Institutionen auf, die aufgrund ihrer fachlichen Beteiligung zur Herstellung von Kindeswohl beitragen können. Das Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) greift diesen Gedanken 2012 auf und konkretisiert die erforderlichen Rahmenbedingungen für verbindliche Netzwerkstrukturen im Kinderschutz im Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz - KKG.
In der Landeshauptstadt Hannover (LHH) hat die Netzwerkarbeit, die Kooperation der Kinder- und Jugendhilfe mit anderen Institutionen und Fachdiensten einen wichtigen Stellenwert. Einen wesentlichen Anteil daran hat das von der Landeshauptstadt und der Region Hannover gemeinsam getragene 'Koordinierungszentrum Kinderschutz', das bereits seit mehr als zehn Jahren an dem Thema arbeitet und Kooperationsvereinbarungen u.a. mit den hannoverschen Grundschulen, der Kinder- und Jugendklinik Auf der Bult sowie den beiden Diensten der 'Sozialpädiatrie und Jugendmedizin' und der 'Sozialmedizin und Teilhabeplanung' der Region Hannover mit initiiert hat.
Darunter fällt auch die Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe und der Sozialpsychiatrie in Verdachtsfällen von Kindeswohlgefährdung. Für Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe ist es eine besondere Herausforderung, wenn Kinder in Familien aufwachsen, in denen Eltern auf Grund einer psychischen Erkrankung die elterliche Sorge zeitweise oder auf Dauer nicht wahrnehmen können.
In den letzten Jahren ist eine Zunahme an Kontakten zu Eltern mit psychosozialen bzw. psychiatrischen Auffälligkeiten und Krankheitsbildern festzustellen, die eine häufigere und engere Zusammenarbeit mit der Sozialpsychiatrie erforderlich machen. Der Kommunale Sozialdienst (KSD) im Fachbereich Jugend und Familie erarbeitete bereits 2007 eine erste Fassung der vorliegenden Leitlinien. Zentrale Punkte waren die Definition der Schnittstellen, die Benennung der jeweiligen Aufgaben sowohl in Verdachtsfällen als auch in Fällen mit Unterstützungsbedarf, die Klärung der Fallzuständigkeit und die Grenzen der Kooperation. Darüber hinaus gaben die Leitlinien eine Orientierung für die fallunabhängige Zusammenarbeit.
Vorrangig ist dabei zu klären, ob und inwieweit die Betreuung und die Versorgung der Kinder sichergestellt sind. Zur Entwicklung von Hilfe- und ggf. Schutzmaßnahmen ist die Erfassung der psychischen und seelischen Gesundheit der Eltern und die Bewertung ihrer Erziehungsfähigkeit, ebenso wie die Klärung der Auswirkungen der psychischen Erkrankung der Eltern auf die Kinder von zentraler Bedeutung.
Damit eine Vernetzung im Kinderschutz effizient und erfolgreich ist, ist die schriftliche Niederlegung präziser und verbindlich formulierter Vereinbarungen der Zusammenarbeit erforderlich. Mit den vorliegenden Leitlinien zwischen dem Sozialpsychiatrischen Dienst der Region Hannover und den beiden öffentlichen Jugendhilfeträgern der Landeshauptstadt und der Region Hannover wird diese Forderung umfänglich erfüllt.

Umsetzung der Leitlinien
Auf der Grundlage der 2007 erstmalig ausgearbeiteten Leitlinien wurden diese im Kontext des gemeinsam getragenen 'Koordinierungszentrum Kinderschutz' 2011 als ein regionsweites Kooperationsmodell, das auch nach zehn Jahren bundesweit immer noch einzigartig ist, weiterentwickelt und veröffentlicht.
2012 und 2017 fanden im Rahmen einer Evaluation Überprüfungen statt, die auf der Grundlage der Erfahrungen der beteiligten Dienste in der Umsetzung wichtige Ergebnisse für die Weiterentwicklung brachten. Die Leitlinien wurden den Erfordernissen der Praxis sowie den Neuregelungen des Bundeskinderschutzgesetzes (BKiSchG) entsprechend angepasst.

Ziele und Handlungsschritte der Kooperation
Ziel der Leitlinien ist es, in entsprechenden Einzelfällen gemeinsam, d. h. in Kooperation zwischen den beiden beteiligten Sozialdiensten und dem zuständigen sozialpsychiatrischen Dienst (SPDI), eine geeignete Hilfe zu erarbeiten, die im Kontext einer psychischen Erkrankung und/oder Auffälligkeit der Mutter und/oder des Vaters die Situation der ganzen Familie berücksichtigt, wobei der Schutz der betroffenen Kinder und Jugendlichen dabei im Mittelpunkt steht. Dies gilt auch für andere erwachsene Familienmitglieder, die im gleichen Haushalt leben. Dafür stehen entsprechende Unterlagen (Dokumentations- und Meldebögen) als Arbeitsgrundlage zur Verfügung.
Es muss grundsätzlich eine frühzeitige Kooperation erfolgen. Ziel ist es, in einen persönlichen Austausch zu kommen und sich gegenseitig zum Sachstand und über den weiteren Verlauf zu informieren. Dabei sind die entsprechenden datenschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten. Kernstück ist hier die Möglichkeit eines gemeinsamen Hausbesuches in der Familie, der in der Regel innerhalb einer Woche und in Akutsituationen sofort stattfindet.

Die Leitlinien gliedern sich in zwei Bereiche, die das gemeinsame Vorgehen regeln.
1. Die Kooperation im Einzelfall bei Situationen mit einem zeitnahen oder sofortigen Handlungsbedarf, bei einem Beratungsbedarf der Kinder- und Jugendhilfe zur Einschätzung der psychosozialen Situation der Eltern sowie bei einem Beratungsbedarf des SPDI zur Einschätzung des Unterstützungs- bzw. Förderbedarfs von Kindern und Jugendlichen.
In diesem Kontext werden als Gefährdungssituationen definiert, Situationen in denen Hinweise auf gravierende Betreuungs- und Versorgungsmängel, Vernachlässigungen und/oder Misshandlungen vorliegen, die in einem Zusammenhang mit der psychischen Erkrankung der Eltern gesehen werden. Um die weitere Entwicklung der Kinder besser beurteilen zu können, ist eine Einschätzung der Situation der Eltern notwendig.
Kernstück ist hier die Möglichkeit einer gemeinsamen Gefährdungseinschätzung (inkl. der Erstellung eines verbindlichen Schutzplanes für die betroffenen Kinder) sowie die Abstimmung zum weiteren Vorgehen im Rahmen der jugendhilferechtlichen Hilfeplanung.

2. Die Kooperation auf der Organisationsebene - Fallunabhängige Zusammenarbeit.
Hierbei kommt dem regelmäßigen Austausch über aktuelle Entwicklungen und Angebote sowie zur retrospektiven Klärung von Einzelfällen auf der Ebene der zuständigen sozialpsychiatrischen Beratungsstelle und der zuständigen Dienststelle des KSD eine besondere Bedeutung zu.
Die gegenseitige Fachberatung der MitarbeiterInnen ist dabei ein wesentliches Merkmal der Qualitätsentwicklung der beteiligten Fachdienste im Kinderschutz.
Die Leitlinien werden durch die Beteiligten einmal pro Jahr überprüft mit dem Ziel der Weiterentwicklung der Leitlinien sowie der Organisation von gemeinsamen Fortbildungen.
Die vorliegenden Leitlinien dokumentieren einerseits das gute Ergebnis gemeinsamer Bemühungen zweier unterschiedlicher Systeme der Kinder- und Jugendhilfe und der Sozialpsychiatrie und sind gleichzeitig die Grundlage einer weiteren, konstruktiven und erfolgreichen Zusammenarbeit im Kinderschutz.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Psychische Erkrankungen betreffen Frauen und Männer gleichermaßen. In den betreuten Familien sind Frauen überproportional vertreten. Es sind sowohl Mädchen als auch Jungen davon betroffen, wobei die Auswirkungen individuell unterschiedlich sein können.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

51.2 
Hannover / 11.04.2018