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Antrag des Stadtjugendrings Hannover e. V. (Felix Breitling) zur Dynamisierung von Personalkostenzuwendungen und Sachmitteln
Antrag,
zu beschließen:
Der Jugendhilfeausschuss des Rates der Landeshauptstadt Hannover möge beschließen,
a) die Dynamisierung der Personalkostenzuwendungen an freie Träger im Bereich der Jugendhilfe fortzuführen, und zwar mit einem Index entsprechend der diesjährigen und zukünftigen Tarifabschlüsse des öffentlichen Dienstes sowie der Stufenerhöhung des angestellten Personals.
b) eine Dynamisierung der Sachmittel für die Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit freier Träger um die Inflationsrate einzuführen, beginnend mit einer Erhöhung in 2024 um 20% (um die Sachmittel wieder auf den Gegenwert des Vor-Corona-Niveaus zu bringen).
c) Die Sammelansätze im Produkt 36201 um den Betrag, der zur Deckung der o.g. Punkte notwendig ist, dauerhaft und kontinuierlich zu erhöhen.
Begründung
Seit das sog. Dynamisierungskonzept (DS Nr. 1219/2019) auf politischen Beschluss hin greift, werden jährlich die Personalkostenzuwendungen an freie Träger*innen aller Bereiche um geringe Prozentzahlen (zuletzt unter 1%) erhöht, um v.a. Tarif- und Kostensteigerungen etwas abzufangen und die finanziellen Mehrbelastungen für die freien Träger abzumildern. Im entsprechenden Beschluss zum politischen Auftrag, die Personalkosten bei den Zuwendungen an freie Träger zu erhöhen, war keine zeitliche Begrenzung des Dynamisierungskonzeptes vorgesehen. Das erarbeitete Dynamisierungskonzept sah, über eine einmalige pauschale Erhöhung in 2019 hinaus, jährliche Personalkostendynamisierung im niedrigen, einstelligen Prozentbereich bis zum Jahr 2024 vor. Zu dessen Fortführung wurde verwaltungsseitig eine Evaluation nach 5 Jahren empfohlen. Zu den diesjährigen Zuwendungsanträgen für den Doppelhaushalt 2025/26 wurde den freien Trägern nun durch den Fachbereich Jugend und Familie mitgeteilt, dass „eine Dynamisierung der Personalaufwendungen [...] in 2025/2026 aufgrund der schwierigen Haushaltslage nicht vorgenommen [wird]".
Unserer Kenntnis nach muss jeder Fachbereich für sich entscheiden, ob eine Dynamisierung aus den eigenen Mitteln finanziert werden kann, sodass sich aktuell eine zwei Klassen Gesellschaft zwischen den Zuwendungsempfänger*innen in Hannover entwickelt, je nachdem welchem Produkt sie zugeordnet sind. Für die seit Jahren mehr und mehr kaputt gesparte Kinder- und Jugendarbeit bedeutet die Streichung der Dynamisierung erneut eine de facto Kürzung, die wieder massive Auswirkungen auf die Einrichtungslandschaft und die Trägervielfalt in der offenen Kinder- und Jugendarbeit haben wird.
Die seit Jahren und Jahrzehnten bekannte und immer wieder benannte radikale Unterfinanzierung des Arbeitsfeldes verstärkt sich grade exponentiell durch die massiv gestiegenen und steigenden Kosten durch die aktuellen neuen Tarifabschlüsse, u.a. im TVöD mit durchschnittlich 11 Prozent. Einen angemessenen Eigenanteil müssen freie Träger seit jeher aufbringen für die Leistung, die sie für die LHH erbringen. Dabei steigt das Trägerrisiko und die finanziellen Belastungen immer weiter, zuletzt durch die Neuregelung der Verzinsung und Anteilsfinanzierung im Bereich Projektförderung. Freie Träger können diese gestiegenen Lohnkosten nicht unbegrenzt durch mehr Eigenmittel auffangen, steigende Teilnehmer*innenpreise für z.B. Freizeitmaßnahmen bedeuten weniger Teilhabechancen und sind nicht unser Anspruch; wir sind Jugendverbände und andere gemeinnützige Organisationen, keine gewinnwirtschaftlichen Unternehmen. Ohne erhöhte Personalkostenzuwendungen bedeutet diese Kürzung eine weitere Abnahme der Stundenanteile, die für pädagogische Fachkräfte in den Einrichtungen finanziert werden kann und damit weniger Zeit für die Kinder und Jugendlichen.
Eine Fortführung eines Dynamisierungskonzeptes für die OKJA wird dringend benötigt, um...
a) ein attraktives Angebot für Kinder und Jugendliche sicherzustellen und weiteres Einrichtungssterben zu verhindern
b) eine weitere Prekarisierung des Arbeitsfeldes in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit mit weiteren Stundenreduzierungen und unattraktiven Arbeitsverhältnissen, welches den Fachkräftemangel massiv bestärkt, auch in Konkurrenz zu städtischen Einrichtungen, zu verhindern
c) ein Mindestmaß an Sachmitteln als Grundförderung für die Einrichtungen zu retten, das sowohl durch die Inflation schwindet aber auch immer mehr dazu genutzt werden muss, um Personalkosten zu finanzieren
Die massive Unterfinanzierung der (Offenen) Kinder- und Jugendarbeit hat uns an einen Kipppunkt geführt: Das in den letzten Jahren immer schneller vorangehende Einrichtungssterben wird sich mit dem nächsten Doppelhaushalt noch beschleunigen und verschlimmern. Auch ohne zusätzliche Kürzungen durch ein HSK bedeuten die aktuellen Entwicklungen zur Nicht-Erhöhung im Zuwendungsbereich de facto klare Kürzungen. Viele Träger der Kinder- und Jugendarbeit werden sich das so nicht mehr lange leisten können weiter durchzuhalten und es findet durch Untätigkeit und Unterlassung eine Steuerung der Jugendhilfe in Hannover über Haushaltsmittel, statt über Bedarfe und Jugendhilfeplanung, statt. Dagegen muss sich aus Sicht der Träger der freien Jugendhilfe der Jugendhilfeausschuss dringend und entschlossen positionieren.
Berücksichtigung von Gender-Aspekten:
Die Angebote der Jugendarbeit richten sich grundsätzliche an die Zielgruppe junger Menschen aller Ge-schlechter. Einzelne Maßnahmen können geschlechtsspezifische Angebote abbilden, eine generelle Zuwendungserhöhung verändert diesbezüglich nichts.
Ergebnis der Klimawirkungsprüfung:
Eine generelle Erhöhung der Zuschüsse wird voraussichtlich an der Anzahl oder Ausgestaltung der Angebote nichts verändern und dadurch keine konkreten Klimaauswirkungen nach sich ziehen.
Felix Breitling
Jugendarbeitsvertreter / Stadtjugendring Hannover e. V.