Informationsdrucksache Nr. 0789/2014:
Lokale Allianz für Menschen mit Demenz Hannover
Teilnahme am Bundesmodellprojekt – Zwischenbericht

Inhalt der Drucksache:

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0789/2014
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Lokale Allianz für Menschen mit Demenz Hannover
Teilnahme am Bundesmodellprojekt – Zwischenbericht

Die sozialen und demographischen Entwicklungen stellen auch die LHH vor große Herausforderungen. In einer immer älter werdenden Stadtbevölkerung (etwa ¼ aller Hannoveranerinnen und Hannoveraner sind mindestens 60 Jahre alt) mit zurückgehenden familiären und nachbarschaftlichen Unterstützungsstrukturen wächst der Anteil der Ein-Personen-Haushalte beständig weiter an. Die Diagnose „Demenz“ stellt schon heute eine große Belastung für Betroffene und Angehörige dar. Bei gleichbleibenden Prävalenzraten steht zu vermuten, dass sich die Anzahl der Erkrankungen in wenigen Jahrzehnten verdoppelt haben wird, sollten nicht medizinisch-therapeutische Fortschritte bei der Bekämpfung der Erkrankung eintreten. Nur ist damit zu rechnen, dass aufgrund größerer Mobilität dann vor Ort innerhalb der Familien weniger Angehörige für die Pflege und Betreuung der Menschen mit Demenz zu Verfügung stehen werden. Es ist eine zusätzliche Herausforderung, dass ein großer Teil der Menschen mit Demenz in Ein-Personen-Haushalten leben wird. Ferner wird sich Altersarmut bemerkbar machen, welches die öffentlichen Haushalte vor Herausforderungen stellen wird.
Bei der Beschäftigung mit dem Thema „Demenz“ darf sich sicherlich die Alzheimer-Gesellschaft als Vorreiterin fühlen, inzwischen wird das Thema aber vielfach betrachtet und angegangen, seitens der Landeshauptstadt z.B. mit der Eröffnung des Kompetenzzentrums Demenz (2008 beim Seniorenzentrum Heinemanhof). Vor diesem Hintergrund nahmen die Überlegungen den Ausgang, gemeinsam mit anderen relevanten Akteuren und interessierten Bürgerinnen und Bürgern Ideen zu entwickeln, wie man die Gesellschaft in Hannover so gestalten könnte, dass Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen gut versorgt und unterstützt leben können.

So gibt es in Hannover seit 2012 das Netzwerk Demenz-aktiv, in dem sich unter Mitwirkung städtischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und des Seniorenbeirates Kolleginnen und Kollegen aus Wohlfahrtsverbänden, freien Trägern, ambulanten Diensten und stationären Einrichtungen der Altenhilfe, gerontopsychiatrischen Diensten und Einrichtungen, Wohnungswirtschaft, Polizei und Selbsthilfe zusammengeschlossen haben.

Hintergrund für die Fördermittelbereitstellung
Das BMFSFJ möchte mit seinem Programm erreichen, dass im Bundesgebiet auf lokaler Ebene Strukturen entstehen, die Menschen mit Demenz und ihren Familien konkret helfen.
Auszug aus dem Förderprogramm:
„Demenz ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Handlungsbedarf besteht aber nicht nur gesundheitspolitisch, sondern vor allem gesellschaftspolitisch.
Für den einzelnen Menschen, den es trifft, ist die Diagnose häufig ein Schicksalsschlag, verbunden mit Angst, Schuld- und Schamgefühlen. Nicht nur gute medizinische und später auch pflegerische Versorgung, sondern vor allem gesellschaftliche Akzeptanz und verständnisvolle Unterstützung im Lebensumfeld sind wichtig. Medizinische und pflegerische Versorgungsnetzwerke sind daher unverzichtbare, aber nicht exklusive Pfeiler einer lokalen Allianz. Kunst und Kultur, berufliche Unterstützung und demenzgerecht gestaltete Lebensräume sind für Betroffene von mindestens gleicher Bedeutung.
Menschen jeden Alters, mit und ohne Einschränkung, auch mit Demenz, sind Teil unserer Gesellschaft. Jede und jeder hat viel zu bieten. Diese Potenziale sollen und müssen genutzt werden. Demenzerkrankte in frühen Krankheitsstadien haben viel an Wissen und Erfahrung, das sie an Nichterkrankte, aber auch an die junge Generation geben können. Sie brauchen Raum und „eine Stimme“ in der Mitte der Gesellschaft. Deshalb ist die aktive Beteiligung von Demenzerkrankten ein besonderes Anliegen.
Es geht nicht um ein zeitlich begrenztes Projekt, sondern um eine langfristig angelegte Veränderung des gesellschaftlichen Bewusstseins. Ziel ist eine Bewegung, die alle Schichten der Bevölkerung erreicht. Mit der Allianz auf Bundesebene einschließlich der Förderung der Etablierung „Lokaler Allianzen“ soll der Aufbruch in die Gestaltung einer Hilfegemeinschaft, einer sog. "Caring Community" eingeleitet werden. Gemeint ist eine Gesellschaft, in der Gemeinschaft gelebt wird und Menschen gegenseitig Verantwortung füreinander übernehmen. Das nutzt allen, schafft Lebensqualität und kann gesellschaftliche Solidarität im Prozess des demografischen Wandels stärken.“ (Fundstelle: https://www.lokale-allianzen.de/fileadmin/lokale_allianzen/downloads/Programm.pdf?PHPSESSID=d3edc3b9f7a5294d405d67b4a40289c2 ; Zugriffsdatum: 07.02.2014)

Bundesmodellprojekt
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat zudem ein Bundesmodellprojekt „Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz“ ausgeschrieben.
Wenngleich nur begrenzt Fördermittel in Aussicht standen (je teilnehmender Kommune insgesamt 10.000 € für einen zweijährigen Zeitraum), hat sich der Fachbereich Senioren zu einer Bewerbung entschlossen, um insbesondere auch an einem etwaigen überregionalen Ergebnisaustausch partizipieren zu können. Im September 2013 erhielt die Landeshauptstadt Hannover (Fachbereich Senioren) den Zuschlag für eine Teilnahme an diesem Modellprogramm.

Umsetzungsplanung in Hannover für das Bundesprojekt
In zwei ausgewählten Stadtteilen Hannovers sollen Einwohnerinnen und Einwohner sowie andere Akteure (z.B. Schulen, Vereine, kulturelle Einrichtungen, Bildungseinrichtungen, Unternehmen, Kirchengemeinden) mobilisiert werden, um Ideen zu entwickeln, die dazu beitragen, die Teilhabe von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen besser voranzubringen. Dies soll in Form der Weltcafé-Methode geschehen. Die im Rahmen der Weltcafés generierten Ideen sollen im Nachgang in Zusammenarbeit mit relevanten Kooperationspartnern erörtert und gegebenenfalls umgesetzt werden.
Beispielsweise wäre Folgendes wäre denkbar - keine abschließende Auflistung:
- Lehrerinnen und Lehrer einer Schule im Stadtteil bearbeiten das Thema Demenz im Rahmen von Projekttagen und entwickeln gemeinsam mit Altenpflegeheimen z.B. eine Patenschaftsidee (Stichwort: Service Learning).
- Tanzschule, Sportverein und Fitnessstudio nehmen sich vor, ein Bewegungsangebot für Menschen mit Demenz zu entwickeln.
- Im Stadtteil ansässige kulturelle Einrichtungen entwickeln Teilhabeangebote für Menschen mit Demenz (spezielle Ausstellungen, Kinoprogramm mit anschließender Gesprächsrunde)
- usw.

Stand des Aufbaus der Lokalen Allianz in Hannover
· Aus dem Netzwerk Demenz-aktiv hat sich ein Projektbeirat gebildet, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der AOK, Alzheimergesellschaft, Caritas, Diakonie, Henriettenstiftung, des Seniorenbeirats, des Kompetenzzentrums Demenz und Stadtbezirksmanagements sowie den stadtbezirklichen Sozialarbeitern für Kirchrode und Linden.
· Die Stadtteile, auf die man sich im Projektbeirat verständigt hat, sind Linden/Nord und Kirchrode, die bei näherer Analyse sehr unterschiedlich aufgestellt sind.
Kirchrode ist ein Stadtteil mit einer Einwohnerdichte von 18 Einwohnern je ha. Etwa 11.260 Einwohnerinnen und Einwohner verteilen sich auf ca. 5400 Haushalte. Mehr als 1/3 der Personen sind 60 Jahre oder älter. Kirchrode ist ein „gutbürgerlicher“ Stadtteil mit Einfamilienhausgebieten, darunter zum Teil großzügige Grundstücke, Villenbestand und hochwertige Wohnbauten ("gehobene" Wohnlage im Grünen).
Linden/Nord hingegen zeichnet sich durch eine Einwohnerdichte von 166 Einwohnerinnen und Einwohnern je ha aus. Es leben dort knapp 16.200 Menschen in ca. 10.400 Haushalten. 16,2 % der Einwohnerinnen und Einwohner sind älter als 60 Jahre, 27 % weisen eine Zuwanderungsgeschichte auf (doppelt so viel wie in Kirchrode). Linden/Nord ist gekennzeichnet durch dichte Bebauung. Im Stadtteil leben viele Studenten und Personen mit eher geringem Einkommen. Der Anteil von Transferleistungsbeziehenden ist überdurchschnittlich hoch (20,8 % gegenüber 2,8 % in Kirchrode).
· Nicht zu statistischen Zwecken, sondern zur besseren Situationseinschätzung und zum Zwecke der Aktivierung zur Teilnahme an künftigen Veranstaltungen ist eine kleine Anzahl von Befragungen vorgesehen. Die Teilnahme an den Befragungen ist selbstverständlich freiwillig.
a) Expertenbefragungen bzw. Befragung von Schlüsselpersonen: Für beide Stadtteile sind Listen mit Experten/Schlüsselpersonen erstellt worden. Es geht hier weniger um Experten bezogen auf den Themenkomplex Demenz, sondern vielmehr um Personen, die ihren Stadtteil gut kennen und in der Lage sind, Zugänge zu Personen oder Gruppen zu öffnen. Es werden Experten/Schlüsselpersonen aus dem Sozialbereich, dem kirchlichen Bereich, der Kultur, dem Sport und der Politik befragt (je Stadtteil sind 10 Interviews vorgesehen). Die Experteninterviews sind zum großen Teil abgeschlossen.
b) Befragung von Einwohnerinnen und Einwohnern: Für beide Stadtteile sind je 50 Befragungen zufällig ausgewählter und auskunftsbereiter Personen vorgesehen. Diese Befragung dient der Sensibilisierung, der Beteiligung, aber auch der Aktivierung. Zeitlich wird diese Befragung etwa vier Wochen vor den geplanten Welt-Cafés stattfinden. Die Ergebnisse der Befragung werden dort erstmals eingebracht. Der Fragebogen für Einwohnerinnen und Einwohner ist als Anlage 1 dieser Drucksache beigefügt. Die Teilnahme an dieser Befragung kann auch anonym erfolgen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Demenz tritt vorzugsweise in höherem Lebensalter auf. Allein auf Grund der deutlich größeren Zahl hochaltriger Frauen sind von der Erkrankung mehr Frauen als Männer betroffen. Auch auf Seiten betreuender Personen überwiegt die Zahl der Frauen.
Je nach Konstellation kann das jeweilige Geschlecht in der Betreuungssituation mit dementen Menschen auch von besonderer Bedeutung sein.

Kostentabelle

Es entstehen außer den genannten keine finanziellen Auswirkungen.

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Hannover / 22.04.2014