Informationsdrucksache Nr. 0718/2009:
Gesetzesänderungen im Unterhaltsrecht 2008/2009

Inhalt der Drucksache:

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0718/2009
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Gesetzesänderungen im Unterhaltsrecht 2008/2009

Im Folgenden informiert die Verwaltung über Gesetzesänderungen, die sich in erheblichem Ausmaß auf die Aufgabenerledigung im Fachbereich Jugend und Familie- Bereich Unterhaltsrecht und Elterngeld/Erziehungsgeld- ausgewirkt haben bzw. auswirken werden


Auswirkungen der Unterhaltsrechtsreform
Zum 01.01.2008 ist das Unterhaltsrechtsreformgesetz in Kraft getreten. Im Vordergrund der Reform stehen drei Ziele:

· Förderung des Kindeswohls
· Stärkung der nachehelichen Eigenverantwortung
· Vereinfachung des Unterhaltsrechts

Betroffen war und ist nach wie vor in diesem Zusammenhang insbesondere die Aufgabenerledigung in den Sachgebieten Beistandschaften.

Die Förderung des Kindeswohls sowie die Vereinfachung des Unterhaltsrechts soll u.a. durch eine Änderung der Rangfolge der Unterhaltsberechtigten erreicht werden. Dies kommt im sog. Mangelfall zum Tragen, wenn das Einkommen der unterhaltspflichtigen Person nicht zur Deckung aller Unterhaltspflichten ausreicht. In diesen Fällen stehen seit dem 01.01.2008 ausschließlich die Kinder (Minderjährige und privilegierte Volljährige) im ersten Rang.

Des Weiteren haben sich durch die Änderung der sog. Düsseldorfer Tabelle und die damit einhergehende Einführung des Mindestunterhalts - in Anlehnung an den steuerlichen Freibetrag für das gesetzliche Existenzminimum - Veränderungen ergeben.

Das neue Unterhaltsrecht gilt grundsätzlich auch für Altfälle. Jede vor dem 01.01.2008 getroffene Unterhaltsregelung kann nach Maßgabe einer Übergangsregelung an das neue Recht angepasst werden. Nach der gesetzlichen Übergangsregelung gilt das neue Recht für Altfälle nur dann, wenn dadurch eine wesentliche Änderung in der Unterhaltsverpflichtung eintritt (Betragsänderung um mind. 10 %) und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die ursprünglich getroffene Regelung zumutbar ist. Hierbei wird ein großzügiger Maßstab an die Beurteilung der jeweiligen Einzelfälle anzulegen sein. Den Betroffenen muss ausreichend Zeit eingeräumt werden, um sich auf die neue Situation einzustellen. Es muss den Unterhaltspflichtigen ermöglicht werden, die familiären Verhältnisse unter Berücksichtigung der aktuellen rechtlichen Situation neu zu ordnen. Dies gilt insbesondere für die Frage, ab wann Kinder betreuenden Elternteilen, die in der Unterhaltsberechnung berücksichtigt werden, eine Arbeitsaufnahme zugemutet werden kann. Dabei wird der jeweilige Ausbildungsstand und die Arbeitsmarktsituation sowie die Möglichkeit der Kinderbetreuung eine Rolle spielen müssen. Zur Beurteilung derartiger Fälle wird die künftige Rechtsprechung von erheblicher Bedeutung sein.

Zur Einführung in das neue Unterhaltsrecht fand im Februar 2008 ein eintägiges Inhouse-Seminar für die betroffenen Mitarbeiter/innen statt. Eine Aufbauveranstaltung ist in 2009 geplant.

Alle im Fachbereich geführten Beistandschaften (rd. 4500) waren darauf zu überprüfen, ob von den Unterhaltspflichtigen höherer Unterhalt zu fordern ist. Bis Jahresmitte 2008 sind sämtliche Akten gesichtet und bezüglich des notwendigen weiteren Vorgehens überprüft worden. In der Mehrzahl der Fälle (rd. 70 %) traten keine Änderungen ein, gleichwohl waren auch in diesen Fällen die alten Unterhaltsberechnungen auf die neue Berechnungsweise umzustellen. In den anderen Fällen wurden die Unterhaltspflichtigen mit der Bitte um Übersendung aktueller Einkommensunterlagen und Hinweis auf die neue Rechtslage angeschrieben. Die Überprüfungen und Berechnungen sind noch nicht vollständig abgeschlossen, da in vielen Fällen erinnert werden musste oder Unterlagen nachzufordern waren. Es wird davon ausgegangen, dass die Bearbeitung der Altfälle in den nächsten Jahren weiterhin einen zeitlichen Mehraufwand wegen der geschilderten unklaren Übergangsregelungen erfordern wird. Es ist zu erwarten, dass es in einer erheblichen Anzahl Fälle geben wird, in denen die neuen Forderungen nicht anerkannt werden. Daraus werden sich voraussichtlich vermehrt Klageverfahren ergeben, die von der Rechtsstelle des Bereiches zu Gunsten der vertretenen Kinder und Jugendlichen durchzuführen sind


Auswirkungen des Familienleistungsgesetzes

Ende Dezember 2008 ist das Familienleistungsgesetz veröffentlicht worden. Darin wurden u.a. zum 01.01.2009 das Kindergeld und die Kinderfreibeträge erhöht. Dies hatte zur Folge, dass mit dem 01.01.2009 die Unterhaltsvorschusszahlbeträge zu mindern waren. Zur Vermeidung von Überzahlungen und einem unvertretbaren Zusatzaufwand im Zusammenhang mit der Rückforderung überzahlter Beträge haben die Sachgebiete Unterhaltsvorschuss im Dezember 2008 im Vorgriff auf die Neuregelungen über 4000 einzelne Zahlfälle manuell geändert.

Die genannten Neuregelungen hatten zum Jahreswechsel und haben in den nächsten Monaten ebenfalls Auswirkungen auf die Arbeit der Sachgebiete Beistandschaften. So werden alle Unterhaltspflichtigen sowie die Unterhaltsberechtigten möglichst zeitnah über die Auswirkungen der Neuregelungen auf die Unterhaltszahlungen informiert und gebeten die Zahlungen ggf. zu modifizieren. Zum Wohle der im Rahmen von Beistandschaften vertretenen Kinder lag die erste Priorität bei den Unterhaltspflichtigen, die ab 01.1.09 mehr zu zahlen haben. Bei Unterhaltspflichtigen, die weniger zu zahlen haben, werden entsprechende Verrechnungen vorgenommen.


Auswirkungen der Neuordnung des Familienverfahrensrechts

Zum 01.09.2009 werden die bisherigen unterschiedlichen familienverfahrensrechtlichen Vorschriften in einem Gesetz zusammengefasst. Der Bereich Unterhaltsrecht und Elterngeld/Erziehungsgeld wird sich in den nächsten Monaten auf die Neuregelungen vorbereiten, damit eine nahtlose Umsetzung im Rahmen der durchzuführenden gerichtlichen Verfahren gewährleistet ist.



Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Von den Auswirkungen der Änderungen im Unterhaltsrecht sind beide Geschlechter gleichermaßen betroffen. Die Prüfung der Leistungsfähigkeit erfolgt bei unterhaltspflichtigen Müttern und Vätern in gleicher Weise. Die deutlich überwiegende Anzahl der Beistandschaften wird für Kinder allein erziehender Mütter geführt.

Kostentabelle

Entfällt.

51.1 
Hannover / 27.03.2009