Informationsdrucksache Nr. 0695/2023:
Weiterentwicklung der Integrationsbeiräte

Informationen:

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0695/2023 (Originalvorlage)

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverInformationsdrucksache-ZeichenInformationsdrucksache
In den Ausschuss für Integration, Europa und Internationale Kooperation (Internationaler Ausschuss)
In den Personal-, Organisations- und Digitalisierungsausschuss
In den Gleichstellungsausschuss
An die Stadtbezirksräte 01 - 13 (zur Kenntnis)
 
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0695/2023
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Weiterentwicklung der Integrationsbeiräte

Die hier vorgelegte Informationsdrucksache fasst die verschiedenen Beschlüsse, Informationen und formulierten Bedarfe zur Neuorganisation der Integrationsbeiräte zusammen, um auf Basis dessen einen inhaltlichen Entwurf zur Beschlussfassung vorzulegen. Darüber hinaus wird ein Verfahrensvorschlag für die adäquate Beteiligung in den Stadtbezirken dargestellt.

I. Ausgangssituation

Mit Beschluss des Lokalen Integrationsplans 2008 beginnt die Etablierung der stadtbezirksorientierten Integrationsarbeit. In der Folge beschließt der Rat 2009, dass in allen 13 Stadtbezirken der Landeshauptstadt Hannover örtliche Integrationsbeiräte eingerichtet werden. Die Integrationsbeiräte verfolgen dabei folgende drei Ziele:

  • Abbau von Zugangsbarrieren durch persönlichen Kontakt
  • Stärkung des Willens zur Zusammenarbeit möglichst aller Akteur*innen
  • Verstärkung dieser Motivation durch die Erfahrung, mit eigener Arbeit zu Verbesserungen und Erfolgen am Lebensort beizutragen


II. Evaluation der Arbeit der Integrationsbeiräte (DS 2631/2019)

Zum zehnjährigen Bestehen der Integrationsbeiräte wurde durch den Gesellschaftsfonds Zusammenleben die Anfertigung eines Gutachtens über die bestehende Arbeit der Integrationsbeiräte angefertigt, welches auf Workshops mit insgesamt 12 Integrationsbeiräten fußt.

Zentrales Ergebnis der Analyse war, dass die Motivation der ehrenamtlichen Integrationsbeiratsmitglieder im Zeitverlauf ihrer Mitarbeit sukzessive absank. Zudem wurde die Wahrnehmung der Integrationsbeiräte als mangelhaft beschrieben.

Auf Basis dieser Schlussfolgerung entstanden folgende Entwicklungsvorschläge:

  • die stärkere Ansprache und Einbindung besonders jüngerer Menschen mit Migrationserfahrungen
  • die Professionalisierung der Öffentlichkeitsarbeit
  • eine stärkere Wahrnehmung, Vernetzung und Wertschätzung innerhalb der Politik und Stadtgesellschaft
  • kontinuierliche stadtweite gemeinsame Entwicklung längerfristiger Ziele sowie mehr gemeinsame Fort- und Weiterbildungen
  • Eigenständigkeit der Integrationsbeiräte und größere Entscheidungsbefugnisse (im Besonderen in Bezug auf die Projektförderung)


III. Weiterentwicklung und Diskussionsprozess im WIR 2.0

Im Anschluss an das Gutachten aus dem Jahr 2019 begann der Entwicklungsprozess des WIR 2.0 im Jahr 2020. Bereits in der ersten Phase des WIR 2.0 Prozesses, d.h. bei der Entwicklung des Strategiepapiers, kam es zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Konzept der Integrationsbeiräte. An die Expert*innengruppe „Demokratie“ wurde u.a. eine Resolution der Integrationsbeiräte (28.5.2020) versendet, um die nötigen Veränderungen zu konkretisieren:

  • Der Vorsitz der Integrationsbeiräte soll von Mitgliedern des jeweiligen Integrationsbeirates demokratisch gewählt werden.
  • Der Integrationsbeirat soll die Möglichkeit haben, eine*n oder mehrere Stellvertreter*innen für den Vorsitz demokratisch zu wählen.
  • Die Mitglieder des Integrationsbeirats, die nicht die Mandatsträger*innen der Bezirksräte sind, sollen ein Sitzungsgeld für die Anwesenheit erhalten.
  • Die Termine sowie Mitglieder der Integrationsbeiräte werden ins Sitzungsmanagement/Internet eingepflegt.
  • Die Integrationsbeiräte beraten und entscheiden abschließend über die Vergabe ihrer Mittel.


Mit Blick auf diese Forderungen antwortete die Expert*innengruppe des Handlungsfeldes „Demokratie“ in Absprache mit dem Fachbereich Recht und der Verwaltungsspitze am 17.8.2020 mit umfassenden Rückmeldungen.

Im Besonderen musste darauf hingewiesen werden, dass die selbstständige Entscheidung der Integrationsbeiräte über die Vergabe der Projektmittel seitens des Fachbereichs Recht der Landeshauptstadt Hannover geprüft und negativ beurteilt wurde, da es sich bei den Integrationsbeiräten nicht um ein demokratisch legitimiertes Gremium handelt, welches für die Stadtverwaltung bindende Entscheidungen treffen kann.

Insgesamt wurde das Thema der Weiterentwicklung der Integrationsbeiräte als zentrales Element im Kontext politischer Teilhabe im Strategiepapier aufgenommen und im Maßnahmenkatalog des WIR 2.0 konkretisiert. Innerhalb des Entwicklungsprozesses gab es intensive und fortlaufende Gespräche u.a. mit der Delegiertenkonferenz und den Integrationsbeiräten selbst.

IV. Ergebnis des WIR 2.0 Beteiligungsprozesses (DS1941/2022, verabschiedet am 30.9.2022)

Das Ergebnis des intern und extern geführten Entwicklungsprozesses ergab im Wesentlichen die Aufnahme der aus dem Gutachten und der Resolution folgenden Punkte, die um einige neue Maßnahmen erweitert wurden:

  1. Bezeichnung
  2. Zusammensetzung/Findung der Mitglieder
  3. Dauer der Mitgliedschaft
  4. Fortbildungen
  5. Sitzungsgeld
  6. Neue organisatorische Zuordnung


Insgesamt soll bei der Umsetzung der Maßnahme die Abstimmung mit den Stadtbezirksbürgermeister*innen und den Stadtbezirksräten erfolgen (S. 56, WIR 2.0 – Migration und Teilhabe: Strategien, Ziele und Maßnahmen, Hannover 2022).

V. Haushaltsbegleitantrag (H-0326/2021) zur Neuordnung der Mittel der Integrationsbeiräte

Parallel zu den Beratungen des WIR 2.0-Prozesses wurde die Verwaltung gebeten zu prüfen, welche Möglichkeiten der gerechteren Mittelverteilung an die Integrationsbeiräte existieren, wobei auch hier das Instrument des Sitzungsgeldes gewünscht wird.

Darüber hinaus wurde vorgeschlagen, aktiveren Integrationsbeiräten bei der Mittelverteilung das Instrument der wechselseitigen Deckung zu ermöglichen, um seltener finanzielle Mittel verfallen zu lassen.

Der Ratsauftrag beinhaltete ebenfalls, eine gemeinsame Förderrichtlinie zu erarbeiten. Die Verteilung der Mittel für die lntegrationsbeiräte sei insgesamt neu zu ordnen, wobei ein Drittel wie bisher nach der Bevölkerungszahl der Stadtbezirke und zwei Drittel nach dem Migrant*innenanteil in den einzelnen Stadtbezirken berechnet werden sollen.

Die gesamte Weiterentwicklung der lntegrationsbeiräte sei als Maßnahme bei der Neuauflage des Lokalen lntegrationsplans zu verankern. Dies geschah mit der Verabschiedung des WIR 2.0 am 30.9.2022.

VI. Umsetzung der Beschlüsse

Unter Verwendung der DS2631/2019, DS1941/2022 und des H-0326/2021 sowie der Resolution der Integrationsbeiräte sollen nun schnellstmöglich mittels Beschlussdrucksache folgende Änderungen im Konzept der Integrationsbeiräte beschlossen werden:

1. Zusammensetzung der Integrationsbeiräte

Die Größe der Integrationsbeiräte ist auf die maximale Größe des Stadtbezirksrates begrenzt, wobei eine Hälfte aus Personen mit Migrationserfahrungen und die andere Hälfte aus Stadtbezirksratsmitgliedern und Multiplikator*innen der Stadtgesellschaft zusammengesetzt ist. Mitglied kann werden, wer einen nachweisbaren Stadtbezirksbezug hat. Der Vorsitz bzw. die Stellvertretung wird demokratisch aus den Reihen aller Integrationsbeiratsmitglieder gewählt. Hierfür erarbeitet 18.6 gemeinsam mit 56.1 eine Geschäftsordnungsvorlage, die durch jeden Integrationsbeirat entsprechend seiner Bedarfe angepasst werden kann.

Insgesamt ist bei der Besetzung im Besonderen die Einbindung von jüngeren Menschen (ab 16 Jahren) zu berücksichtigen. Hierfür unterstützt die Verwaltung (56.1) beim Aufruf über die Migrant*innenorganisationen, Zivilgesellschaft und im Besonderen in den Jugendzentren, Schulen und Jugendorganisationen (u.a. Haus der Jugend, Stadtjugendring).

Für die Auswahl der Integrationsbeiratsmitglieder wird mittels Ratsbeschluss ein Gremium eingesetzt, dass sich aus Stadtbezirksratspolitik, Verwaltung und Migrant*innenorganisationen bzw. Zivilgesellschaft und Jugendvertretung zusammensetzt. Hierfür ist ein Ratsbeschluss erforderlich. Bewerber*innen sollen ein Motivationsschreiben einreichen, auf dessen Grundlage die Auswahl erfolgt. Die Mitgliedschaft beträgt maximal fünf Jahre, kann aber durch erneute Bewerbung verlängert werden.

2. Entwicklung gemeinsamer längerfristiger Ziele und fachliche Unterstützung

Es wird ein Mentor*innenprogramm aufgelegt, das neuen Mitgliedern der Integrationsbeiräte ermöglicht, schneller in kommunalpolitische Beteiligungsprozesse Einblick zu erhalten. Dies wird primär weiterhin über die Stadtbezirksmanager*innen unterstützt.

Durch den WIR 2.0 ist die strategische Ausrichtung sowie die Zielsetzung der Migrations- und Teilhabepolitik erarbeitet worden. Mit der Vertretung der Delegiertenkonferenz der Integrationsbeiräte im WIR 2.0 Kuratorium ist die Anbindung an die Umsetzung des WIR 2.0 mittel- und langfristig gegeben.

Darüber hinaus unterstützt der Bereich 56.1 alle Integrationsbeiräte einmal jährlich bei der Formulierung ihrer stadtbezirksorientierten Zielentwicklung auf Basis des WIR 2.0. Darüber hinaus bietet der Bereich 56.1 regelmäßig Fort- und Weiterbildungen für Mitglieder der Integrationsbeiräte. Dabei sind u.a. folgende Inhalte möglich: Aktuelle migrationspolitische Fragestellungen, Jugendbeteiligung und Empowerment für politische Beteiligung.

Für die organisatorische Abwicklung und Kommunikation der Bedarfe ist weiterhin das Stadtbezirksmanagement zuständig.

3. Öffentlichkeitsarbeit professionalisieren

Alle Termine der Integrationsbeiräte werden im Sitzungsmanagement aufgeführt. Die Integrationsbeiräte werden dabei unterstützt, ihre Internetseiten regelmäßig zu aktualisieren und Veranstaltungen und wichtige Termine zu veröffentlichen. Wenn gewünscht können die Mitglieder der Integrationsbeiräte auch ihre Kontaktdaten auf der Internetseite veröffentlichen. Es besteht die Möglichkeit, wichtige Ereignisse über Social Media-Kanäle der Stadt zu veröffentlichen. Darüber hinaus wird ein Flyer erarbeitet, der die Bekanntheit der Integrationsbeiräte im Besonderen bei der Zielgruppe erhöht.

4. Stärkere Vernetzung, Wahrnehmung und Wertschätzung innerhalb der Politik und Zivilgesellschaft

Für eine stärkere Vernetzung mit der Politik werden Vernetzungstreffen zwischen dem WIR 2.0-Kuratorium und den beratenden Mitgliedern des Internationalen Ausschusses durch 18.6 und 56.1 organisiert. Darüber hinaus erklären sich alle Integrationsbeiräte bereit, einen Jahresbericht über ihre Aktivitäten mittels Informationsdrucksache an den Internationalen Ausschuss zu übergeben.

Im Sinne der Wertschätzung erhalten alle ehrenamtlichen Mitglieder ein Zertifikat über ihr Engagement, das durch die Mitglieder des Rates oder die Verwaltungsspitze übergeben wird.

5. Sitzungsgeld

In Anlehnung an die Aufwandsentschädigungen, die den beratenden Mitgliedern der Fachausschüsse und einigen Beiräten gewährt werden, erhalten alle Mitglieder der dreizehn Integrationsbeiräte, die nicht dem Stadtbezirksrat angehören, eine Aufwandsentschädigung als Sitzungsgeld in Höhe von 21 € je Sitzung und für maximal vier Sitzungen im Jahr. Mitglieder, die nicht dem Stadtbezirksrat angehören, erhalten außerdem je Sitzung eine Fahrtkostenpauschale von 3,30 €.

6. Bezeichnung

Im Sinne des WIR 2.0 hat sich „Integration“ als Bezeichnung für die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Migrationsbiographie überholt, sodass ein neuer Name die neue Ausrichtung der Migrations- und Teilhabepolitik der Landeshauptstadt repräsentieren sollte. Dies soll mittels Vorschlagsverfahren und Onlineabstimmung umgesetzt werden. Ziel ist, dass jeder Integrationsbeirat einen Vorschlag einreicht, welcher dann über Facebook abgestimmt werden kann.

7. Neuorganisation der Mittel

Die jährlichen finanziellen Mittel „Zuwendungen auf Vorschlag der Integrationsbeiräte“ i.H.v. 150.000 € werden zukünftig nach einem zweifachen Schlüssel auf die Stadtbezirke verteilt. Bei dieser Neuordnung werden 50.000 € aufgrund der aktuellen Statistikwerte zu Einwohner*innen gemäß Landesamt Statistik Niedersachsen und 100.000 € aufgrund der Einwohner*innen mit Migrationshintergrund gemäß Statistikdaten der LHH zugemessen. Für das Jahr 2023 verändern sich die Zuwendungsmittel beispielhaft wie dargestellt:


VII. Verfahren zur Erstellung der abschließenden Beschlussdrucksache

Entsprechend der DS1941/2022 werden vor der Verabschiedung der Maßnahmen zur Neuaufstellung der Integrationsbeiräte die Stadtbezirksräte und -bürgermeister*innen beteiligt. Dabei ist es im Sinne des bisherigen Verfahrens des WIR 2.0-Prozesses erforderlich, die vorgeschlagenen Maßnahmen gleichberechtigt auch mit den zivilgesellschaftlichen Vertreter*innen der Integrationsbeiräte abzustimmen.

Entsprechend ist eine gemeinsame Sitzung aller 13 Stadtbezirksbürgermeister*innen vorgesehen, in der gemeinsam mit drei weiteren Vertreter*innen der Integrationsbeiräte (ein*e weitere Stadtbezirksratspolitiker*in und zwei zivilgesellschaftliche*n Vertreter*in) die vorgeschlagenen Maßnahmen unter Punkt VI abgestimmt werden.

In diesem Schritt soll auch das Verfahren retrospektiv bewertet und Restriktionen erläutert werden.

Ziel dieses „Kongresses“ ist es, dem Rat der Stadt auch ein Stimmungsbild aus den einzelnen Integrationsbeiräten für Ihre Abstimmung vorzulegen. Eine entsprechende Beschlussdrucksache wird dem Rat vor der Sommerpause zur Verfügung gestellt.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Für die Abschlusskonferenz werden die Stadtbezirke bei der Entsendung ihrer Mitglieder auf Geschlechterparität zu achten.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

56.1 
Hannover / 10.03.2023