Informationsdrucksache Nr. 0672/2020:
Suchtkranke in der Innenstadt - Maßnahmen 2020

Inhalt der Drucksache:

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0672/2020
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Suchtkranke in der Innenstadt - Maßnahmen 2020

Um der Vielfalt an Bedarfen der Suchtkranken in der Innenstadt gerecht zu werden, legt das Sozialdezernat ein Konzept für 2020 vor, das mehrere Angebote vorsieht. Diese sollen ineinandergreifen und sich ergänzen. Um diesen Blick für die Gesamtproblematik nicht aus dem Blick zu verlieren, wurde in den konzeptionellen Gesprächen mit den einzelnen Trägern die Planung der anderen Bausteine thematisiert.

In diesem Programm wird


- der Baustein „Tagesstruktur“ durch ein zweites Angebot ausgebaut
- ein Baustein „aufsuchende gesundheitliche Hilfe“ neu angeboten
- mit baulichen Maßnahmen ein menschenwürdigerer Aufenthalt der offenen Drogenszene realisiert
- mit der Ausgabe von Fahrkarten die Fahrt zu einer Notschlafstelle ermöglicht

Für das Programm „Suchtkranke in der Innenstadt“ stehen im Jahr 2020 200.000 € zur Verfügung (H-0471/2019).

Die Vorstellung der Angebote im Einzelnen:

1. Baustein Tagesstruktur
a) Ausbau der Tagesstruktur im S.O.S.-Bistro/Neues Land

In der DS 1904/2019 wurden für die Bereiche Themenfrühstück und Beschäftigungs- förderung für das Jahr 2020 bereits 42.600 € beschlossen. Neben den notwendigen Sachkosten wurden Stellenanteile auf Teilzeitbasis geschaffen. Nach dem guten Start und der Nachfrage aus dem Bereich der Suchtkranken sollen die Gruppenangebote mit den Themenfrühstücken ausgebaut und die Nachfrage nach individueller Beratung ermöglicht werden. Dafür wird eine anteilige Sozialarbeiter*innenstelle von derzeit 25 % auf 50 % erhöht werden. Auch die Beschäftigungsförderung im Rahmen des Sozialen Flohmarktes läuft so gut, dass ein Ausbau dieses Angebotes beabsichtigt ist und dafür die Stunden- anteile der betreffenden Person von derzeit 30 % auf dann 75 % erhöht werden sollen.

Die Erhöhung beider Angebote um das beschriebene Volumen bedeutet einen Mehrkostenanteil von 19.500 €. Zusammen mit der bisher bewilligten Förderung ergibt sich dann für das Neue Land eine Gesamtsumme von 62.100 € für


das Jahr 2020.

b) Neues Tagesstrukturangebot durch die Caritas Hannover

Das Thema „Tagesstruktur“ soll um ein weiteres Angebot ausgebaut werden. Der „Caritasverband Hannover e.V.“ baut dieses ab dem 1. April in neu angemieteten Räumlichkeiten in der Johanssenstraße auf. Hierzu soll das Gruppenangebot KISS (Kontrolle im selbstbestimmten Substanzkonsum) in das Hilfesystem der Wohnungslosenhilfe und in das suchtspezifische Angebot der Gesundheits- und Suchtberatung eingebunden werden.



Regelmäßige Inhalte dieses Tagesstrukturangebots sind:
- Aufenthalts- und Beschäftigungsangebote
- Information und Aufklärung
- Motivation und Überleitung zu anderen medizinischen Diensten (Straßenambulanz, Zahnmobil etc.)
- wechselndes warmes Mittagessen und Versorgung mit Artikeln für das Leben auf der Straße
Die Öffnungszeiten sind dienstags, donnerstags und samstags jeweils
von 11 bis 14 Uhr; die Gesamtkosten dieses Angebotes betragen 47.500 €.

2. Baustein „Pflegerische Betreuung suchterkrankter Obdachloser im Innenstadtbereich durch aufsuchende Arbeit“

Zielgruppe des Projektes sind suchterkrankte Obdachlose, die nicht durch andere Maßnahmen erreicht werden. Vielfach ist zu beobachten, dass durch die Suchterkrankung auch gesundheitliche Belange wie offene Wunden oder Abszesse vernachlässigt oder sogar ignoriert werden. Im Rahmen von aufsuchender Arbeit soll eine medizinische Pflegekraft diese Erkrankten betreuen. Um eine Vertrauensbasis zu schaffen, wird eine kontinuierliche und regelmäßige Präsenz einer bestimmten Person angestrebt. Bei dieser Hilfeleistung wird nicht ein bestehender Versicherungsschutz abgefragt.

Die Zielgruppe kann nicht in „Kommstrukturen“ eingebunden werden. Daher ist eine aufsuchende Arbeit erforderlich. Der Zugangsweg beinhaltet daher


· eine Komponente Erarbeitung einer Vertrauensbasis und
· eine zweite Komponente Verlässlichkeit des Angebots und
· drittens Anbieten der Leistung vor Ort; dies reicht vom Anlegen neuer Verbände bis hin zur Behandlung von Abszessen und ähnlichem
Durch die Erarbeitung einer Vertrauensbasis wird auch das Ziel verbunden, die Suchtkranken für die Inanspruchnahme weiterer medizinischer Angebote (Straßenambulanz, Zahnmobil, Angebote der Suchthilfe etc.) zu motivieren, Kontakte zu knüpfen und weiterzuvermitteln.

Der Träger „SIDA e.V.“ wird dieses Angebot im Rahmen ihres Care-Managements durch Pflegekräfte an sechs Tagen in der Woche, inklusive Sonntag, für jeweils 3 Stunden realisieren.

Eine besondere Herausforderung stellen der Persönlichkeitsschutz und die Wahrung der Intimsphäre der Erkrankten dar. Daher wird ein Sichtschutz mitgeführt, der die zu Behandelnden von der Umwelt so gut, wie es geht, abschirmt.

Eine einzelfallbezogene Dokumentation über den Verlauf von Inhalt und Umfang der Hilfen wird im Rahmen der digitalen Aktenführung (auch anonymisiert) durch die Pflegekraft gewährleistet. Im Rahmen eines Tätigkeits- und Wirkungsberichtes wird eine Bewertung der Zielerreichung vorgenommen, daraus resultieren neue Ziele und Schwerpunktsetzungen für die Arbeit.

Für dieses Angebot wird eine Förderung in Höhe von 45.000 € (Personalkosten und medizinisches Verbrauchsmaterial) verwandt. Beginn ist auch hier der 01. April 2020.

3. Baumaßnahmen offene Drogenszene Fernroder Straße

Nachdem im Jahr 2019 und zum Jahresbeginn 2020 erste Baumaßnahmen (kleiner Unterstand, Beleuchtung des Platzes, Aufstellen von Mülleimern) sowie eine tägliche Reinigung mit Mitteln von Stadt und Region umgesetzt worden sind, erfolgte eine Überplanung dieses Areals durch einen Architekten und einen Freiflächenplaner. Angedacht sind Wetterschutzelemente (Schutz vor Regen und Sonne), die in Kombination mit Sitzelementen aufgestellt werden, sowie ein Urinal. Die einzelnen Bauelemente werden in einer Art Modulbauweise konzipiert, so dass bei nicht auskömmlichen finanziellen Mitteln in diesem Jahr grundsätzlich eine Fortführung der Baumaßnahmen in 2021 sinnvoll möglich ist.



Neben den finanziellen Möglichkeiten wird ein umfangreicher Abstimmungsprozess notwendig sein, um alle Interessen zu berücksichtigen (Polizei, Feuerwehr, Amtsgericht, Stellwerk und weitere Step-Einrichtung wie die Fahrradwerkstatt, Stadtentwicklungsplanung, aha, Modelleisenbahnclub). Die Klärung soll Mitte April abgeschlossen sein. Ein Baubeginn im ersten Halbjahr ist somit möglich.

Planungs- und Baukosten: 37.000 €

4. Ausgabe von Fahrkarten zur kostenlosen Hin- und Rückfahrt zu Notschlafplätzen

Neben der täglichen Möglichkeit, mit einem Bus direkt zur Notschlafstelle Am alten Flughafen zu fahren, werden über mehrere Einrichtungen im Bereich des Hauptbahnhofes auch Fahrkarten für die Hin- und Rückfahrt ausgegeben. Bislang war es nicht möglich, Fahrkarten mit einem Sozialrabatt zu kaufen, so dass die Einzeltickets zum Vollpreis eingekauft werden.



Kostenpunkt 8.400 €

Sämtliche Angebote im Rahmen des Programms „Suchtkranke in der Innenstadt“ sind bis zum Ende des Jahres befristet. Eine Verlängerung ist dann möglich, wenn die benötigten Haushaltsmittel in den neuen Doppelhaushalt 2021/22 eingestellt werden.

Finanzübersicht „Suchtkranke in der Innenstadt“ 2020:

Tagesstruktur/Neues Land (bislang 42.600 € bewilligt) 62.100 € (neu)
Tagesstruktur/Caritas 47.500 €
Aufsuchende gesundheitliche Hilfe/SIDA 45.000 €
Baumaßnahmen offene Drogenszene 37.000 €
Ausgabe Fahrkarten 8.400 €

Gesamt 200.000 €

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Das Angebot gilt für Frauen und Männer gleichermaßen

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

Dez. III 
Hannover / 05.03.2020