Informationsdrucksache Nr. 0665/2022:
Sachstand Inobhutnahmesystem

Inhalt der Drucksache:

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0665/2022
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Sachstand Inobhutnahmesystem


Zentrale Aufgabe des Inobhutnahmesystems der Landeshauptstadt Hannover ist die Versorgung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen, die vorübergehend in Obhut genommen werden müssen. Rechtliche Grundlagen sind die §§ 42 § 42a und SGB VIII.

Eine Inobhutnahme ist eine vorübergehende Unterbringung eines Kindes bzw. Jugendlichen in einer Einrichtung oder Bereitschaftspflegefamilie, wenn das Kindeswohl im Haushalt der Familie gefährdet ist. Sie ist eine vorübergehende Maßnahme zur Sicherstellung des Kindeswohls und kann je nach Situation für einige Stunden oder einen längeren Zeitraum erfolgen. Eine Inobhutnahme kann nach Überprüfung der Kindeswohlgefährdung durch Rückkehr in den Haushalt der Eltern oder eine bedarfsgerechte Hilfe beendet werden. Sie kann nicht nur vom Jugendamt angeordnet werden, auch Kinder und Jugendliche können selbst beim örtlichen Jugendamt als „Selbstmelder*innen“ um eine Inobhutnahme bitten.

Aktueller Stand

Im Inobhutnahmesystem der Landeshauptstadt Hannover arbeiten seit Jahren unterschiedliche städtische Einrichtungen eng zusammen.

Clearingstelle

Die Clearingstelle ist ein Sachgebiet des Kommunalen Sozialdienstes (KSD) und für Inobhutnahmen bei Kindeswohlgefährdungen und Krisensituationen zuständig. Die Clearingstelle stellt die Beratung und die Vermittlung sowie bedarfsgerechte Unterbringung von Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 17 Jahren sicher. Darüber hinaus können bis zu acht Jugendliche im Alter zwischen 14 bis 17 Jahren in der Clearingstelle betreut werden.

Anfragen zu Inobhutnahmen und Kriseninterventionen erfolgen während der Geschäftszeiten des KSD über die Dienststellen der Bezirkssozialarbeit des Kommunalen Sozialdienstes. Außerhalb der Geschäftszeiten ist die Clearingstelle über das ganze Jahr für die Beratung, Vermittlung und Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Gefährdungssituationen im gesamten Stadtgebiet zuständig. Bei voller Auslastung der städtischeren Kapazitäten wird bei freien Trägern innerhalb und außerhalb Hannovers angefragt.

Bereitschaftspflege


Die Inobhutnahme von Kindern aus Krisensituationen erfolgt vorrangig bei Bereitschaftspflegefamilien. Durch die Mitarbeiter*innen der Bereitschaftspflege werden durchschnittlich 30 Bereitschaftspflegefamilien betreut. Die Bereitschaftspflegefamilien betreuen Kinder im Alter von 0 bis 10 Jahren, die im Rahmen einer Inobhutnahme versorgt werden müssen.

Im Inobhutnahmesystem der Landeshauptstadt Hannover betreibt der Heimverbundes folgende vier Einrichtungen :

bed by night:


Die Inobhutnahmeeinrichtung zur Versorgung von bis zu acht Jugendlichen bzw. Straßenkindern ist ein niedrigschwelliges Angebot, das den Jugendlichen ganzjährig rund um die Uhr eine Grundversorgung sicherstellt sowie ihnen Beratung und Hilfe zur Änderung ihrer Lebenssituation bietet.

Inobhutnahme Schaufelder Straße:
In der Inobhutnahmeeinrichtung Schaufelder Straße werden bis zu zehn junge Menschen im Alter von 14 bis 17 Jahren untergebracht. Es ist ein niedrigschwelliges und rund um die Uhr geöffnetes Angebot.

Rohdenhof Inobhutnahme (RIO): Die Gruppe befindet sich in den Räumlichkeiten des Rohdenhofs. Dort werden bis zu acht Kinder und Jugendliche im Alter 6 bis 14 Jahren aufgenommen, die aufgrund einer Krisensituation in Obhut genommen werden müssen. Die Gruppe ist rund um die Uhr aufnahmebereit.

Inobhutnahme Klein-Buchholzer Kirchweg:
In den Räumlichkeiten der Inobhutnahme Klein-Buchholzer Kirchweg werden in einer temporären Einrichtung seit Oktober 2020 bis zu sechs Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 17 Jahren betreut, bei denen ein Verdacht auf eine Corona- Virusinfektion besteht oder bestätigt wurde. Dadurch wird der Infektionsschutz des bestehenden Inobhutnahmesystems sichergestellt.
Die Einrichtung ist bis zum 31.12.2022 in Betrieb; wenn es die pandemische Lage erfordert, wird der Betrieb bis zum 31.5.2023 verlängert.

Die städtischen Inobhutnahmeeinrichtungen tauschen sich im Rahmen von regelmäßigen Dienstbesprechungen aus und sind im ständigen Kontakt zur Abstimmung von Belegplätzen und Situationen in den Einrichtungen. Schwerpunkte in der pädagogischen Arbeit liegen in der Krisenintervention und Beratung der Kinder und Jugendlichen. Dabei steht die Unterstützung der Kinder- und Jugendlichen bei der Bewältigung ihrer akuten persönlichen und familiären Krise im Mittelpunkt. Zudem werden alle Betreuungsaufgaben im Rahmen der Inobhutnahme, die Zusammenarbeit mit Jugendhilfeeinrichtungen, KSD, Polizei, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Krankenhäusern, Ärzt*innen, ggfs. Dolmetscher*innen, kulturellen und Flüchtlingszentren, Ausländerbehörden sowie Gesundheits- und Sozialämtern übernommen.

Die Zusammenarbeit mit den Sorgeberechtigten bzw. Vormünder*innen wird aktiv gestaltet, die Begleitung der schulischen und beruflichen Entwicklung während der Inobhutnahme fortgesetzt.


Der Kommunale Sozialdienst hat im Jahr 2021 771 Inobhutnahmen vorgenommen. Die Zahl ist um 11% gegenüber 2020 gestiegen.
Davon wurden über die Clearingstelle 278 Kinder und Jugendliche in andere Einrichtungen in Hannover, 319 außerhalb von Hannover vermittelt.

Die Einrichtungen werden nach einem rollenden Dienstplan betrieben und sind ganzjährig und rund um die Uhr aufnahmebereit. Es ist eine hohe Flexibilität in der Arbeitsgestaltung und eine Wahrnehmung von Diensten in den Abend- und Nachtstunden (Nachtbereitschaft) sowie an Wochenenden und Feiertagen erforderlich. Die Arbeit setzt eine hohe psychische und physische Belastbarkeit der Mitarbeiter*innen voraus.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Genderkompetenz ist im gesamten Inobhutnahmesystem ein zentrales Professionalitätsmerkmal. Die Einrichtungen sind möglichst paritätisch besetzt und arbeitet nach dem Bezugsbetreuer- bzw. Bezugsbetreuerinnensystem. Gerade in der Krisenarbeit wird erkennbar, wie geschlechter-strukturelle Bedingungen Lebenschancen und –entwürfe bestimmen.

Kostentabelle

Durch die Berichterstattung entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

51.6 und 51.2
Hannover / 02.03.2022