Informationsdrucksache Nr. 0632/2016:
Konsequenzen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen 2015 für Hannover

Inhalt der Drucksache:

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0632/2016
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Konsequenzen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen 2015 für Hannover

Mit dieser Drucksache werden die aktuellen und geplanten Klimaschutzaktivitäten der Landeshauptstadt Hannover in Bezug zu den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens 2015 gesetzt.

Das Pariser Klimaschutzabkommen

Die gemeinsame Festlegung von 195 Staaten auf das Ziel, die mittlere Temperatur bis zum Jahr 2100 um nicht mehr als 2 Grad Celsius, möglichst aber nicht mehr als 1,5 Grad Celsius ansteigen zu lassen, ist der große Verhandlungserfolg des Pariser Klimagipfels. Eine Dekarbonisierung der Gesellschaft, wie sie die EU, Deutschland und Hannover mit dem Beschluss zur Klimaneutralität in 2050 beabsichtigen, ist allerdings in dieser Deutlichkeit nicht vorgesehen.

Im Pariser Abkommen ist stattdessen festgelegt, dass in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts ein Gleichgewicht zwischen dem Ausstoß von Treibhausgasen und deren Absorption - beispielsweise durch Meere und Wälder - oder durch technische Mittel wie CO2-Verklappung erreicht werden soll. Verbindlich festgeschrieben wurden aber die von den Staaten bzw. der EU gelieferten 2030er Ziele: Die EU und ihre Mitgliedsstaaten haben sich verpflichtet, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 40 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Dieses Ziel haben die Bundesregierung und die Stadt Hannover schon für 2020 beschlossen.

Wie erreicht Hannover die Ziele von Paris?

Hannover betreibt seit 1992 aktiv Klimaschutz. Der zuletzt gefasste Grundsatz-Beschluss zum „Masterplan 100 % für den Klimaschutz“ von Stadt und Region Hannover ist ein wichtiger Baustein für das Erreichen der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens. Demnach sollen bis spätestens 2050 gegenüber 1990 die Treibhausgas-Emissionen um 95 % und der Endenergiebedarf um 50 % reduziert werden (DS 0613/2014). Diese Ziele sind auch in dem Beschluss der Bundesregierung zur Energiewende benannt und basieren auf der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass damit das „1,5-Grad-Ziel“ erreicht werden kann.

Werden also die Zielsetzungen zum Beschluss im „Masterplan 100 % für den Klimaschutz“ umgesetzt, werden auch in der Region Hannover die Zielsetzungen von Paris erfüllt. Für die einzelnen Handlungsfelder der Stadt wurden im „Masterplan 100 % für den Klimaschutz“ Meilensteine und Zielzahlen formuliert oder bereits politisch beschlossen. Dies bedeutet im Einzelnen:

1. Stadtverwaltung

Die Stadtverwaltung hat einen Anteil von knapp 2 % am Energieverbrauch in der Stadt Hannover.

Ziel: Nahezu Klimaneutralität bis 2050.

Maßnahmen: Es wird bis Mitte 2016 ein Konzept für eine nahezu klimaneutrale Stadtverwaltung bis 2050 erarbeitet. Für die eigenen Gebäude setzt die Verwaltung die Umsetzung der hohen energetischen Standards bei Neubau (grundsätzlich Passivhausstandard) und Sanierung (15 % besser als EnEV 2016) fort. Die Umstellung der Wärmeversorgung hat die Schwerpunkte Fernwärme, Einsatz von BHKW und Nutzung erneuerbarer Energien. Das Energiesparen durch umweltbewusstes Verhalten für Schulen, Kindertagesstätten und Verwaltung wird weiter gefördert (drei Programme sind bereits etabliert). Bei den städtischen Anlagen werden die Straßenbeleuchtung und Lichtsignalanlagen auf LED umgestellt. Im Bereich Mobilität stehen die emissionsarme Mobilität der Beschäftigten und der Einsatz von Elektromobilität im Vordergrund.


2. Sektor Wirtschaft (Industrie und Gewerbe Handel Dienstleistung – GHD)


Unternehmen haben einen Anteil von 52 % am Energieverbrauch in der Stadt Hannover.

Ziel 2030: Alle Unternehmen in der Stadt kennen ihre Einsparpotenziale (Gebäude, Strom und Betrieb / Produktion), müssten dafür eine Energieberatung erhalten und mit der Umsetzung von Maßnahmen begonnen haben.

Maßnahmen: Die Verwaltung unterstützt die Wirtschaft durch Beratungs- und Informationsangebote. Im Energieeffizienz-Netzwerk der Klima-Allianz Hannover 2020 diskutieren ca. 30 der größten Unternehmen Hannovers regelmäßig seit nunmehr neun Jahren innovative Themen zur Energieeffizienz und zur Umstellung auf erneuerbare Energien. Im Programm Ökoprofit lernen und arbeiten zurzeit 10 Unternehmen zum betrieblichen Umweltschutz. Fast 50 Unternehmen tauschen sich im Ökoprofit-Club über Umweltthemen aus. Im Rahmen des Beratungsangebotes „e.coBizz – Energieeffizienz für Unternehmen“ wurden von der Klimaschutzagentur Region Hannover 86 kleine und mittlere Unternehmen im Jahr 2015 beraten (2014: 115 Betriebe).

Ziel 2030: Mindestens 30 % der Gesamtfläche aller Gewerbegebiete ist energieoptimiert.

Maßnahmen: Das Konzept zur nachhaltigen Entwicklung des Gewerbegebietes Lister Damm/Am Listholze wurde erstellt Dieses Pilotvorhaben geht aktuell in die Umsetzung. Verwendbare Ansätze können auf weitere Quartiere übertragen werden.


3. Sektor Verkehr

Der Verkehr hat einen Anteil von 22 % am Energieverbrauch in der Stadt Hannover.
Um hier den Verbrauch und die Emissionen nachhaltig zu senken, nimmt die Stadtverwaltung durch ihre Verkehrskonzepte und -planung direkten Einfluss sowie indirekt auch durch die Unterstützung des ÖPNV und der Unternehmen.

Ziel 2025: Radverkehrsanteil auf 25% steigern

Maßnahmen: Das Leitbild Radverkehr – Radverkehr als System wird umgesetzt. Das Aktionsprogramm 2016/2017 sieht vor, die Umsetzung des Radnetzkonzeptes zu beschleunigen (Fahren), das Angebot an offenen und geschlossenen Abstellmöglichkeiten nochmals zu erweitern (Parken) und die Öffentlichkeitsarbeit (Handeln) zu stärken.

Ziel 2025: Intelligente Verkehrssteuerung mit effizienter Nutzung vorhandener Kapazitäten

Maßnahmen: Schwerpunkte sind die sukzessive Umsetzung des Handlungskonzeptes zum Verkehrs- und Mobilitätsmanagement, die Beschaffung neuer Verkehrsrechner für Lichtsignalanlagensteuerung sowie das Qualitätsmanagement an Lichtsignalanlagen.

Ziel 2030: Anteil Elektrofahrzeuge für PKW und Nutzfahrzeuge auf 2 % steigern

Maßnahmen: Die Verwaltung beabsichtigt die Erstellung eines Umsetzungskonzeptes für Elektromobilität. Ein Baustein wird die Prüfung der Umstellung des eigenen Fuhrparks auf Elektrofahrzeuge sein.


4. Sektor private Haushalte

Wohngebäude haben einen Anteil von 24 % am Energieverbrauch in der Stadt Hannover.

Ziele 2050: Der gesamte Gebäudebestand in Hannover muss gut gedämmt sowie energetisch optimiert sein und die gesamte Energieversorgung auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Die jährliche Sanierungsrate wird auf 2 % gesteigert und gehalten. Darüber hinaus muss der Stromverbrauch um 30% gesenkt werden (ggü. 2010).

Maßnahmen: Die Verwaltung unterstützt Investoren durch kostenlose Beratungen zur Energieeffizienz in Zusammenarbeit mit dem enercity-Fonds proKlima. In Kooperation mit der Klimaschutzagentur werden auf dem Stadtgebiet unabhängige individuelle Beratungen zum Modernisieren durchgeführt. Aus den Ergebnissen der sechs energetischen Quartierskonzepte setzen Sanierungsmanager bereits erste Ansätze um. ProKlima fördert jährlich mit über einer Million Euro die hochwertige energetische Sanierung von Gebäuden. Um mögliche Mietsteigerungen abzufedern, hat die Stadt Hannover zusätzlich das Förderprogramm „Energieeffizienz mit stabilen Mieten“ mit jährlich 500.000 Euro bis 2017 aufgelegt. Die individuellen Stromsparberatungen mit dem Ziel des vollständigen Einsatzes effizienter Elektrogeräte und sparsamen Nutzerverhaltens werden konsequent weitergeführt.

Die Verwaltung betreut das Netzwerk der Wohnungswirtschaft „Partnerschaft für Klimaschutz“ mit ca. 30 aktiven Unternehmen, Kammern und Institutionen. Die am Monitoring teilnehmenden Unternehmen haben von 2005 bis 2013 bereits 19 % CO2 eingespart und den Heizenergieverbrauch im Mittel um 11 % verringert.

Für Liegenschaften der Sportvereine gibt es das Förderprogramm „e.coSport energetische Sportstättensanierung und Umweltberatung“, das seit 2002 bis zum Jahr 2015 bereits 12.614 Tonnen CO2 vermieden hat.

Ziel 2030: Alle Wohnungs-Neubauten in der Stadt im Passiv-, Null- oder Plusenergiestandard errichten

Maßnahmen: Bei der Entwicklung von neuen Baugebieten, so z.B. auch für den zero:e park, die Wasserstadt Limmer oder die Erweiterungen der Kronsbergsiedlung erstellt die Verwaltung innovative Energiekonzepte. Bei Grundstückskaufverträgen und städtebaulichen Verträgen findet eine frühzeitige Beratung der Investoren und Architekten zu den Themen Gebäudehülle (wünschenswert Passivhausbauweise), effiziente Wärmeversorgung, Bau von Solaranlagen sowie Fördermöglichkeiten statt.

5. Kraftwärmekopplung (KWK)

Die Förderung der gleichzeitigen Erzeugung von Strom und Wärme (KWK) ist bekennendes Ziel von Stadt und Stadtwerken. Der Fernwärmeanteil am Wärmemarkt lag 2013 bei 27 %, die BHKW-Leistung bei ca. 9 MWel.

Ziel 2030: Erhöhung des Anteils durch Kraftwärmekopplung erzeugter Fernwärme am Wärmemarkt auf 35 % und Erhöhung der elektrischen BHKW-Leistung auf 30 MWel.

Maßnahmen: Der Ausbau der Fernwärme im verdichteten Bestand wird vorangetrieben bzw. dort wo ein Fernwärme-Anschluss nicht wirtschaftlich ist, wird der Bau von Blockheizkraftwerken und Nahwärmenetzen unterstützt. Hierzu gibt es zurzeit Förderprogramme der Stadt und von proKlima. Alle Investoren, die mit der Stadt einen Kaufvertrag bzw. städtebaulichen Vertrag abschließen, erhalten eine KWK-Beratung durch die Verwaltung.

6. Erneuerbare Energien

Der Anteil von im Stadtgebiet regenerativ erzeugtem Strom liegt bei etwa 2,2 %. Dieser Strom wird durch Photovoltaik-Anlagen, Wasser- und Windkraftanlagen sowie Biogas- bzw. Deponiegas-BHKW erzeugt. Zurzeit sind auf hannoverschen Dächern etwa 200.000 m² Photovoltaik-Fläche durch ca. 1.100 Anlagen installiert.

Ziel 2020: Massive Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien auf 1 Million m² installierte Solarfläche Photovoltaik und Solarthermie

Maßnahmen: Die Verwaltung unterstützt den Bau der Wasserkraftanlage Döhrener Wolle (500 kW) und den Bau von zwei 3,3 MW-Windkraftanlagen am Kronsberg. Beide regenerativen Projekte gestalten sich im Genehmigungsprozess sehr anspruchsvoll.

Um vermehrt Solaranlagen auf die Dächer Hannovers zu bekommen, verstärkt die Verwaltung die Kampagne „Hannover auf Sonnenfang – 1 Million Quadratmeter Solar 2020“. Die gezielte Ansprache von Unternehmen mit großen Dächern in Gewerbegebieten erfolgt in 2016 durch einen von der Stadt finanzierten Solarberater. Die Klimaschutzagentur führt zudem Solarberatungen für Ein- und Zweifamilienhausbesitzer durch. Zur Unterstützung interessierter Hausbesitzerinnen und -besitzer ist bereits seit 2011 der Solaratlas Hannover online (www.solaratlas-hannover.de), mit dem schon heute die grundsätzliche Eignung von Dächern für die Installation einer Solaranlage geprüft werden kann.

7. Schließung von Stoffkreisläufen

Die Schonung von Ressourcen ist übergeordnetes Querschnittsthema aller Klimaschutz-Aktivitäten.

Ziel bis 2050: Es fällt nahezu kein Abfall mehr an.

Maßnahmen: Alle Unternehmen werden darin bestärkt, neben dem Energie- und Ressourcenmanagement alle Produkte so herzustellen, dass sie wiederverwendet werden können. Dazu gehört auch die Kennzeichnung aller Materialien und Inhaltsstoffe. Die Verwaltung betreut seit 2014 das Netzwerk „Kreislaufwirtschaft / Abfall“, in dem Themen wie die Wiederverwendung von Bauteilen oder der Aufbau eines regionalen Ressourcenkatasters diskutiert werden.

8. Lebensstil / Suffizienz


Ziel: Eine informierte Stadtgesellschaft übernimmt Verantwortung für die Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals - SDG), insbesondere des Ziels Nr. 12 „Für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sorgen“.

Maßnahmen: Das Agenda 21- und Nachhaltigkeitsbüro der Landeshauptstadt Hannover unterstützt die Stadtgesellschaft durch vielfältige Vernetzungs- und Bildungsangebote, um den Bewusstseinswandel für nachhaltige Lebensstile und für ein ökologisch und sozial gerechtes Konsumverhalten zu befördern.

Hierzu gehören Projekte und Kampagnen wie Fairtrade-Towns, Unsere Schule handelt fair, Gutes Klima an Hannovers Schulen, Nachhaltige Schülerfirmen, KonsuMensch, Kinderwald, Autofreier Sonntag, Kommunale Klimapartnerschaft Kolumbien, Papierwende und aromaTisch – vegetarisch.

Rückgrat für die Umsetzung ist die Vielzahl an lokalen Vereinen, Initiativen und ehrenamtlich Tätigen, die es weiter zu stärken und zu unterstützen gilt.




Ausblick

Die Region Hannover erstellt zurzeit eine CO2-Bilanz für den Zeitraum 1990 bis 2015. Die Daten für die Landeshauptstadt werden gesondert ausgewiesen. Die Ergebnisse sollen spätestens Ende 2017 vorliegen. Ohne dem Ergebnis vorgreifen zu wollen, geht die Verwaltung allerdings davon aus, dass Hannover keinen signifikanten CO2-Rückgang aufweisen können wird. Die genannten Einsparungen werden durch den Bevölkerungszuwachs verbunden mit starker Bautätigkeit kompensiert werden. Folglich werden die Anstrengungen massiv erhöht werden müssen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Bei allen kommunikativen Maßnahmen und bei der Öffentlichkeitsarbeit werden Gender-Aspekte berücksichtigt.

Kostentabelle

Es entstehen keine finanziellen Auswirkungen.

67.1 
Hannover / 29.03.2016