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zu beschließen, dass Pflegeeltern rückwirkend, ab dem 01.01.2024 mit Aufnahme eines Pflegekindes, auf der gesetzlichen Grundlage der Hilfen zur Erziehung gem. §33 SGB VIII
1.) eine 100% Auszahlung des Kindergeldes (bisher nur 50 %) erhalten sowie
2.) die monatliche Zuzahlung zum Rentenbeitrag verdoppelt wird.
Die Umsetzung erfolgt im Rahmen des Modernisierungsprojektes des Pflegekinderdienstes und zur Steigerung der Gewinnung von Pflegefamilien in der Landeshauptstadt Hannover.
Das Ergebnis der Klimawirkungsprüfung wird als neutral bewertet.
Die Summe der Transferaufwendungen setzt sich aus der Anpassung des Kindergeldes und einer Doppelung des monatlichen Rentenzuschusses für die aktuellen 263 Pflegestellen zusammen. Mit Beschluss dieser Drucksache soll das Kindergeld um 125,- € (insgesamt 32.857,- €) und der Rentenzuschuss um 42,53 € (insgesamt 11.185,39 €) je Pflegestelle erhöht werden. Die entsprechenden Mittel stehen im TH 51, Produkt Hilfe zur Erziehung zur Verfügung.
Leistungsbeschreibung
Auszahlung des 100%igen Kindergeldes und Verdoppelung des Rentenbeitrages kann im Sinne einer Leistung zum notwendigen Unterhalt des Kindes auf der Grundlage des § 39 Abs. 1 S. 1 SGB VIII gelten und dient zur Gleichstellung von Pflegepersonen gegenüber berufstätigen Sorgeberechtigten.
Leistungsberechtigt ist die hauptbetreuende Vollzeitpflegeperson.
Die Leistungsdauer umfasst den Zeitraum ab Aufnahme des Kindes bis zur Beendigung der Hilfe zur Erziehung gem. §33 SGB VIII.
Der Gesetzgeber sieht unter Berücksichtigung der altersspezifischen Bedarfe vor, dass unterschiedlichste Formen der (Fremd-)Unterbringung für Kinder und Jugendliche vorzuhalten sind.
Die Betreuung und Erziehung in einer Pflegefamilie soll Kindern und Jugendlichen eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Die Landeshauptstadt Hannover hat hier geeignete Angebote im Rahmen der Fremdplatzierung von Kindern und Jugendlichen vorzuhalten. Gegenwärtig wirbt, prüft und qualifiziert der Pflegekinderdienst (PKD) der Landeshauptstadt Hannover interessierte Paare und Alleinstehende im Zuständigkeitsbereich des Fachbereiches Jugend und Familie der Landeshauptstadt Hannover regelmäßig. In den letzten Jahren hat sich jedoch eine bundesweite Entwicklung abgezeichnet, die einen kontinuierlichen Rückgang an Interessierten deutlich macht. Da pädagogisch, wirtschaftlich und nachhaltig die Unterbringung eines Kindes in einer Pflegefamilie als erfolgreich(er) bezeichnet werden kann hat die Landeshauptstadt Hannover im Rahmen des HSK-Projektes
Modernisierung des Pflegekinderdienstes mit dem Ziel –
ein Baby gehört nicht in ein Kinderheim – hier klare Handlungsschritte hinterlegt.
Eine Betreuung eines Kindes in einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII setzt die Bereitschaft voraus, einen Säugling / ein Kind / eine*n Jugendliche*n an sieben Tagen die Woche, 24 Stunden zu betreuen, zu versorgen, zu erziehen und zu fördern. Ein Anspruch auf Erholungszeiten und Urlaub besteht nicht. Pflegestellen erhalten ein monatliches Pflegegeld z.B. für eine Vollzeitpflege eines Säuglings i.H.v. 1.241,- €, der Betrag setzt sich aus 821,- € materielle Aufwendung und 420,- € Kosten der Erziehung zusammen. Die Kosten der Erziehung sind faktisch der ‚Lohn‘ für die Leistung als Pflegeeltern und ist geringer als der Mindestlohn. Die Auszahlung des Kindergeldes erfolgt hälftig, da hier der Gesetzgeber vorsieht, dass eine Einbehaltung zur Deckung der Kosten der Unterbringung des Kindes durch die Sorgeberechtigten zu erfolgen hat.
Darüber hinaus erhält die hauptpflegende Person gem. §39 SGB VIII einen anteiligen Rentenzuschuss, von mindestens 42,53 € pro Monat. Dieser im Vergleich zur Berufstätigkeit einer Pflegeperson eher niedrige Rentenbeitrag hat zur Folge, dass hier mit Renteneintritt ein deutlicher Unterschied zu berufstätigen Sorgeberechtigten entsteht.
An dieser Stelle möchte die Landeshauptstadt Hannover Pflegeeltern aufwerten und eine Gleichstellung zu sorgeberechtigten Eltern, deren Kinder im eigenen Haushalt leben, anstreben.
Bundesweit erleben wir seit Jahren einen Rückgang der überwiegend berufstätigen Bewerber*innen. Ein wesentlicher Faktor für den Rückgang der berufstätigen Bewerber*innen sind die erheblichen finanziellen Einbußen, die im Besonderen in den ersten Jahren der Aufnahme des Pflegekindes entstehen. In dieser Zeit gilt es, den emotionalen, pädagogischen und psychischen Bedarfen der Kinder gerecht zu werden, die in der Regel bisher Instabilität und Vernachlässigung sowie psychischen und physischen Mangel und z. T. Gewalterleben erfahren haben. Es ist erforderlich, dass ein stabiles und tragfähiges Beziehungsangebot vorgehalten wird. Dies erfordert vom hauptbetreuenden Pflegeelternteil nicht nur Kraft, sondern auch eine quasi ständige zeitliche Verfügbarkeit. Dies beinhaltet in der Regel die Aufgabe der eigenen Berufstätigkeit oder Ausübung des Berufes in Teilzeit. Das führt dazu, dass potenziell gut geeignete Paare entweder ihre Bewerbung zurückziehen, da sie mit dem Gehalt eines Alleinverdieners nicht auskömmlich sind, oder der Fachdienst eine Bewerbung pädagogisch geeigneter Bewerber*innen zurückstellen muss, da diese durch die Aufnahme eines Pflegekindes bei gleichzeitigem Wegfall ihres Einkommens ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten könnten.
Der Pflegekinderdienst strebt an, auf eine Anzahl breit gefächerter Profile von Vollzeitpflegestellen in Familien zurückgreifen zu können, um möglichst individuelle Passungen von Kind und Pflegefamilie vornehmen zu können. Dies macht es notwendig, zum einen über einen ausreichend großen Pool offener Pflegestellen zu verfügen, zum anderen aber auch in diesem Pool möglichst breit gestreut Familien aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Lebensbereichen vorzuhalten. Die Möglichkeit zur Aufnahme eines Pflegekindes sollte nicht vorrangig eine Frage der persönlichen wirtschaftlichen Situation sein.
Aus Sicht der Verwaltung ist es deshalb anzustreben, die Aufnahme eines Pflegekindes für Familien nicht nur durch eine qualifizierte Vorbereitung und Begleitung, sondern auch durch den Ausgleich wirtschaftlicher Einbußen attraktiver zu machen. Nicht nur aus pädagogischer Sicht stellt die Unterbringung eines (Klein-)Kindes in einer Pflegefamilie eine für seine Entwicklung deutlich adäquatere Unterbringungsform als die Heimerziehung dar. Auch die finanziellen Aufwendungen liegen im Einzelfall in der Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII
unter denen für einen Erziehungsstellen- bzw. Heimplatz nach § 34 SGB VIII.
Die Umsetzung soll rückwirkend ab dem 01.01.2024 erfolgen. Die Auszahlung des vollständigen Kindergeldes i.H.v. 250,- € und der verdoppelte Rentenbeitrag i.H.v. 85,06 € erfolgt an Hauptbetreuende Pflegeperson im Rahmen der Hilfe zur Erziehung gem. §33 SGB VIII.