Drucksache Nr. 0578/2020:
Stadtteilfriedhof Badenstedt (Neu): Einschränkungen des Grabartenangebotes

Informationen:

Beratungsverlauf:

Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverBeschlussdrucksache-ZeichenBeschlussdrucksache
In den Stadtbezirksrat Ahlem-Badenstedt-Davenstedt
In den Ausschuss für Umweltschutz und Grünflächen
In den Ausschuss für Haushalt Finanzen und Rechnungsprüfung
In den Verwaltungsausschuss
In die Ratsversammlung
 
Nr.
Anzahl der Anlagen
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0578/2020
2
 
BITTE AUFBEWAHREN - wird nicht noch einmal versandt

Stadtteilfriedhof Badenstedt (Neu): Einschränkungen des Grabartenangebotes

Antrag,

1. durch den Stadtbezirksrat gem. § 93 NKomVG i.V.m. § 9 (1) Nr. 1 der Hauptsatzung der LHH:
zu beschließen, das Angebot für Erdbestattungen auf dem Stadtteilfriedhof Badenstedt (Neu) schnellstmöglich einzustellen,

2. durch den Rat gem. § 58 NKomVG zu beschließen:
a. den Einschränkungen des Grabartenangebotes sowie den Alternativen in Form von Umwidmung von Erd- zu Urnengrabstätten und in Form von Umbettungen zuzustimmen,
b. der erforderlichen Neufassung des § 4 der Friedhofssatzung zuzustimmen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Genderaspekte werden nicht berührt, da die Einschränkung des Grabartenangebotes für alle Nutzer*innen des Stadtteilfriedhofes gilt.

Kostentabelle

Darstellung der zu erwartenden finanziellen Auswirkungen in Euro:
Teilfinanzhaushalt 67 - Investitionstätigkeit
Bezeichnung
EinzahlungenAuszahlungen
Zuwendungen für Investitionstätigkeit 0,00 €
Beiträge u.ä. Entgelte für Investitionstätigkeit 0,00 €
Veräußerung von Sachvermögen 0,00 €
Veräußerung von Finanzvermögensanlagen 0,00 €
Sonstige Investitionstätigkeit 0,00 €
  
  
  
Erwerb von Grundstücken und Gebäuden 0,00 €
Baumaßnahmen 0,00 €
Erwerb von bewegl. Sachvermögen 0,00 €
Erwerb von Finanzvermögensanlagen 0,00 €
Zuwendungen für Investitionstätigkeit 0,00 €
Sonstige Investitionstätigkeit 0,00 €
  
Saldo Investitionstätigkeit 0,00 €
0,00 €

Teilergebnishaushalt 67 - Investitionstätigkeit
Produkt 55301
Grabpflege und Bestattung
Angaben pro Jahr
Ordentliche ErträgeOrdentliche Aufwendungen
Zuwendungen und allg. Umlagen 0,00 €
Sonstige Transfererträge 0,00 €
Öffentlichrechtl. Entgelte -425.000,00 €
Privatrechtl. Entgelte 0,00 €
Kostenerstattungen 0,00 €
Auflösung Sonderposten (anteilige Zuwendungen) 0,00 €
Sonstige ordentl. Erträge 0,00 €
  
Außerordentliche Erträge 0,00 €
  
Erträge aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Personalaufwendungen 0,00 €
Sach- und Dienstleistungen 516.800,00 €
Abschreibungen 0,00 €
Zinsen o.ä. (TH 99) 0,00 €
Transferaufwendungen 0,00 €
Sonstige ordentliche Aufwendungen 0,00 €
  
Saldo ordentliches Ergebnis -941.800,00 €
Außerordentliche Aufwendungen 0,00 €
Saldo außerordentliches Ergebnis 0,00 €
Aufwendungen aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Saldo aus internen Leistungsbeziehungen 0,00 €
Saldo gesamt -941.800,00 €
Zur Finanzierung der prognostizierten Aufwendungen werden verfügbare Mittel aus Haushaltsresten 2019 und ab 2020 aus dem laufenden Etat einer noch zu bildenden Rückstellung zugeführt. Die geschätzten Ertragsausfälle reduzieren über mehrere Jahre die Gebühreneinnahmen. Die vorgesehenen Maßnahmen werden zwar Personal binden, doch werden keine zusätzlichen Personalkosten anfallen.

Begründung des Antrages


Allgemeines:
Die Boden- und Grundwasserbedingungen sind auf dem Stadtteilfriedhof Badenstedt (Neu) von so ungünstiger Beschaffenheit, dass selbst mehr als 40 Jahre nach der Bestattung immer noch Überreste von Särgen und Leichenteile gefunden werden. Dies entspricht weder den Anforderungen an die Funktion von Friedhöfen, noch den Erwartungen im Sinne des Pietätsgedankens. Außerdem wird das Grundwasser nachhaltig belastet, was nach wasserhaushaltsrechtlichen Aspekten nicht mehr zulässig ist. Daher soll der Friedhof für Erdbestattungen geschlossen werden. Den Angehörigen von Grabstätten mit bestehenden Nutzungsrechten soll angeboten werden, entweder das bestehende Erd-Wahlgrab künftig als Urnen-Wahlgrab weiter zu nutzen oder eine Umbettung auf Kosten der Stadt in ein Erd-Wahlgrab auf einem anderen Friedhof vorzunehmen zu lassen. Soll das bisherige Erd-Wahlgrab auf Wunsch der Angehörigen in ein Urnen-Wahlgrab umgewandelt werden, verbleiben die bisher bestatteten Särge in der Erde. Neu hinzukommende Urnen werden wie üblich mit deutlichem Abstand zu den darunter befindlichen Särgen beigesetzt. Wünschen die Angehörigen eine Umbettung auf einen anderen Friedhof, werden die Überreste entnommen und in Särgen oder Gebeinskisten von Bestattungsunternehmen an den neuen Bestattungsort transportiert.

Bisherige Entwicklung:


Der Stadtteilfriedhof Badenstedt (Neu) besteht seit 1909. Der Friedhof wurde in den 1930er Jahren, in den 1950er Jahren und zum letzten Mal in den 1960er Jahren erweitert. Eine Wiederbelegung der bereits bestehenden Friedhofsflächen schien jeweils nicht in Frage zu kommen.

1973 wurde begonnen, die bestehenden Erd-Reihengrabfelder zum zweiten Mal zu belegen. Es zeigte sich aber beim Öffnen dieser bereits einmal belegten Grabstätten, dass die Verwesung der ersten Belegung trotz Einhaltung der Ruhezeiten nicht vollständig abgeschlossen war. Dies liegt an den für Beisetzungen ungünstigen Boden- und Grundwasserverhältnissen: Die vor allem schluffhaltigen und tonhaltigen Böden sind aus bodenkundlicher Sicht für Bestattungen ungeeignet. Außerdem besteht teilweise Grundwasserkontakt. (Weitere Infos hierzu unter: Hinweise zu den Boden- und Grundwasserverhältnissen).

Diese Erkenntnisse führten Ende 1982 nach einem etwa zehnjährigen Entscheidungs- prozess zwischen Bezirksrat, engagierten Bürger*innen, dem Bürgerverein Badenstedt und Umgebung e.V. und der Verwaltung zum Beschluss des Rates, den Friedhof ab 1983 für Erdbestattungen zu schließen und künftig ausschließlich für Urnenbestattungen zu nutzen. Außerdem wurde beschlossen, den Friedhof auch nicht um die in der Diskussion befindliche Erweiterungsfläche zu vergrößern, da auch diese Fläche nach gutachterlicher Stellungnahme ungeeignete Boden- und Grundwasserbedingungen aufweist (DS 772/1982 und DS 1199/1982).

Aufgrund des engagierten Begehrens der Bevölkerung im Stadtteil Badenstedt wurde der Friedhof im Jahr 1991 mit Ratsbeschluss wieder für Erdbestattungen geöffnet (DS 337/1991), obwohl sich an den ungünstigen Boden- und Grundwasserverhältnissen nichts verändert hatte. Somit wurde auch entschieden, die Erd-Reihenbestattungen wiederaufzunehmen und die Zweitbelegung der bestehenden Erd-Reihengrabfelder fortzusetzen.

Bis heute wurden nahezu alle bestehenden Erd-Reihengräber zum zweiten Mal belegt. Viele dieser Erd-Reihengrabfelder sind seit längerer Zeit eingeebnet und könnten nun für eine Drittbelegung genutzt werden. Um den Verwesungsgrad der freien Erd-Reihengrabfelder festzustellen, führte die Verwaltung in 2019 Probeschachtungen in verschiedenen Bereichen des Friedhofs durch. Die ausgewählten Gräberfelder wurden zwischen 1976 und 1995 belegt. Sie zeigen einen sehr schlechten Verwesungszustand. Selbst in Gräbern, die mehr als die doppelte Ruhezeit (Friedhofssatzung: 20 Jahre Ruhezeit) zur Verfügung hatten, finden sich teilweise intakte Sarg- und Leichenteile in stark vernässtem Boden.

Hinweise aus wasserhaushaltsrechtlicher Sicht
Rechtlich ergibt sich mit der im Jahr 2000 erlassenen EU-Wasserrahmenrichtlinie eine neue Situation. Die Anforderungen dieser Richtlinie wurden in 2010 mit der Novelle des Wasserhaushaltsgesetzes vollständig in Bundesrecht überführt. Hierin ist neben einem Verbesserungs-Gebot auch ein Verschlechterungs-Verbot in Bezug auf Qualität und Quantität des Grundwassers enthalten. Da bei Wiederbeisetzungen regelmäßig Überreste gefunden werden und auch in den schon lange ruhenden Gräberfeldern bei Probeschachtungen gleiche Zustände gefunden wurden, muss als gesichert angenommen werden, dass durch eine dritte Belegung organische Stoffe in einen vorbelasteten Boden eingetragen werden, wodurch sich diese zusätzlichen Bestattungen durch den bestehenden Grundwasserkontakt (s.u.) negativ auf die Grundwasserqualität auswirken würden. Gemäß Verschlechterungs-Verbot des Wasserhaushaltsgesetzes wäre also ein solcher, neuer Eintrag von organischer Substanz in Form einer Drittbelegung unzulässig.

Stattdessen müssten Maßnahmen getroffen werden, die Qualität des Grundwassers zu verbessern. An erster Stelle steht hier die Reduzierung der Einträge von organischer Substanz in den vorbelasteten Boden. Der umgehende Verzicht auf weitere Erdbestattungen, sowohl für Reihengräber als auch für Wahlgräber auf dem Stadtteilfriedhof Badenstedt (Neu), entspricht aus Sicht der Verwaltung diesem Verbesserungs-Gebot.
Hinweise zu den Boden- und Grundwasserverhältnissen:
Der Boden auf Friedhöfen muss nicht nur der Zersetzung dienen, sondern in einer darunterliegenden Schicht auch als Filter, so dass eine verträgliche Menge gut abgebauter organischer Substanz nach einer gewissen Verweildauer in der Filterschicht von dort aus ins Grundwasser gelangen darf. Einen Kontakt von Filterschicht und Grundwasser darf es nicht geben, weil sonst unvollständig zersetzte Stoffe ins Grundwasser gelangen können.

Diese Voraussetzungen sind auf dem Stadtteilfriedhof Badenstedt (Neu) weiterhin nicht gegeben.

Die Böden im Bereich des Stadtteilfriedhofs Badenstedt (Neu) haben einen hohen Schluff- und Ton-Anteil bis in 6 Metern Tiefe. Der Boden ist dadurch sauerstoffarm und sehr fest. Fehlt Sauerstoff, erfolgt die Verwesung des Leichnams stark verzögert bzw. unvollständig. Schon allein die Bodenbedingungen sind also ein Faktor, der aus heutiger Sicht Erdbestattungen in solchen Böden ausschließt.

Nicht nur sind die Zersetzungsprozesse durch die schweren Böden sehr verlangsamt bis unvollständig, sondern es besteht hier auch noch Grundwasserkontakt in der Filterschicht und teils sogar in der Bestattungszone (siehe Abbildung 1, Seite 5). Aus der systematischen Erfassung verschiedener Messpunkte der Grundwasserflurabstände (Abstand von Geländeoberkante bis Beginn des Grundwasserleiters) ist ablesbar, dass der mittlere Grundwasserflurabstand auf dem Friedhofsgelände je nach Geländehöhe und Grundwasserlinie zwischen 1,80 m und 2,50 m unterhalb der Geländeoberkante liegt (siehe Anlage 1). In niederschlagsreichen Jahren, die inzwischen etwa alle zwei bis drei Jahre zu beobachten sind, kann sich der maximale Grundwasserflurabstand noch um einen Meter bis 1,20 m reduzieren, so dass die Messergebnisse Werte zwischen 0,80 m und 1,70 m ab Geländeoberkante zeigen (siehe Anlage 2). Aufgrund der Beisetzungstiefe von 1,80 m gibt es auf dem Friedhof keinen Bereich, der dauerhaft ohne Grundwasserkontakt wäre. Damit ist eine weitere Voraussetzung für eine vollständige Zersetzung nicht gegeben. Da die Zahl niederschlagsreicher Ereignisse klimabedingt weiter zunimmt, sind maximale Grundwasserstände statistisch häufiger zu erwarten als bisher, was die Situation noch verschärft. Die Zersetzung wird also nicht nur durch die schweren Böden, sondern auch durch die regelmäßige Nässe im Boden erschwert. Haben Filter- und Bestattungszone Grundwasserkontakt, gelangen außerdem die unvollständig zersetzten Stoffe direkt ins Grundwasser.


Umsetzbarkeit von technischen Alternativen anstelle der Schließung für Erdbestattungen:

Bodenaustausch:

Ein Bodenaustausch des Grabaushubs, wie er auch schon in den 1970er und 1980er Jahren zur Diskussion gestellt und verworfen wurde, ist auch nach heutiger Meinung der stadtinternen Fachleute nicht zielführend, was auch in einem in 2010 erstellten Gutachten zu Bodenbelastungen in der Nachbarschaft von Friedhöfen von Dr. Pelzer und Partner nachdrücklich bestätigt wird. Dem nachfolgenden Schema aus diesem Gutachten ist zu entnehmen, dass sich unterhalb der Deckschicht von 90 cm Stärke eine Zersetzungsschicht (mit Sarg) von 70 cm Stärke und eine Filterschicht von mindestens 50 cm anschließen muss, bevor frühestens auf 2,10 m Tiefe der maximale Grundwasserstand ab Geländeoberkante (GOK) liegen darf. In dem Gutachten aus 2010 heißt es dazu: „Ausschlaggebend ist das Niveau des geschlossenen Kapillarsaums bei Grundwasserhöchststand. Es darf nicht bis in die Filtrationsschicht reichen, da sonst Abbauprodukte und Mikroorganismen, die aus dem Zersetzungsbereich stammen, in Kontakt mit dem Grundwasser kommen können.“ (Pelzer, 2010, S. 15-16)
Da der maximale Grundwasserstand auf dem Stadtteilfriedhof Badenstedt (Neu) in Abhängigkeit vom Bodenniveau zwischen 0,80 und 1,70 m unter GOK liegt, können die geforderten Werte hier nicht annähernd erreicht werden.

Mit einem Bodenaustausch würde man zwar ein größeres Porenvolumen in der Deck- und Zersetzungsschicht erzielen, jedoch den Grundwasserstand nicht verändern können, da durch das sehr feinkörnige Material im Bereich der Zersetzungs- und Filterschicht sowie des Kapillarsaums das Grundwasser weiterhin nach oben gezogen würde.
„Für den Grundwasserstand folgert daraus, dass er bei feinkörnigen Schichten tiefer anzusetzen ist, als es im Fall grobkörniger Materialien der Fall sein muss.“ (Pelzer, 2010,
S. 17) Die kapillare Steighöhe von Grundwasser in schluffigen Schichten, wie sie auf dem Stadtteilfriedhof Badenstedt (Neu) vorherrschen, beträgt laut Gutachten drei bis zehn Meter – erst dann dürfte das Grundwasser maximal anstehen.



Abbildung 1: Bodenbelastungen in der Nachbarschaft von Friedhöfen
aus: Dr. Pelzer und Partner, Projekt 20114 aus 2010, S. 15

In Bezug auf einen Bodenaustausch ist auch zu bedenken, dass nur die oberen
130 cm entnommen und ausgetauscht werden könnten, da die noch vorhandenen Überreste von Leichen und Särgen aus der Zersetzungsschicht nicht auf einer Deponie entsorgt werden dürfen. Das verbieten das allgemeine Pietätsempfinden und das Bestattungsrecht. Ähnliches gilt für das Entnehmen dieser Überreste und Wiederbeisetzen an anderer Stelle auf diesem Friedhof. Ausreichend große Flächen ohne Grundwasserkontakt sind hier zudem nicht zu finden.



Drainage:
Für das Aufstauen, Absenken und Umleiten von Grundwasser ist gem. § 9 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) eine Erlaubnis einzuholen. Die untere Wasserbehörde der Region Hannover wäre die dafür zuständige Genehmigungsbehörde. Nach Rücksprache mit der unteren Wasserbehörde teilte diese mit, dass gem. § 12 WHG die Erlaubnis zu versagen ist, wenn schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten sind. Die Erteilung der Erlaubnis liegt im pflichtgemäßen Ermessen der unteren Wasserbehörde (§12 Absatz 2 WHG).

Im Grundsatz werden von der unteren Wasserbehörde zur Vermeidung von Gewässerveränderungen keine Drainagen bewilligt. Da die Landeshauptstadt Hannover auf ihren fast 270 Hektar Friedhofsflächen über ausreichend freie Flächen für Erdbestattungen, die den hydrogeologischen Anforderungen entsprechen verfügt, lässt sich kein übergeordnetes öffentliches Interesse erkennen, aus dem ggf. eine Erlaubnis für eine Drainage abgeleitet werden könnte.


Aufschütten des Geländes:
Bei einem Zielgrundwasserflurabstand von mindestens 2,10 m kann eine Aufschütthöhe von 0,70 bis 0,80 m angesetzt werden. Bei einer Fläche von 30.000 m² würden an Füllboden ca. 21.000 bis 24.000 m³ zur Anwendung kommen. Voraussetzung ist, dass der gesamte Friedhof aufgeschüttet wird. Es ist nicht möglich, innerhalb des Friedhofs kleinere Flächen aufzuschütten, da dort die nötige Wirkung nicht erzielt werden würde. Eine Aufschüttung des gesamten Geländes hätte eine sofortige Schließung für alle Bestattungsarten und ein Entfernen sämtlicher Gehölze zur Vorbereitung der Aufschüttung zur Folge. Da Ruhezeiten und Nutzungsrechte zu berücksichtigen wären, könnte der Friedhof frühestens in 20 Jahren hergerichtet werden. Eine solche Maßnahme ist aus Sicht der Verwaltung weder praktikabel noch verhältnismäßig.

Finanzielle Auswirkungen
Finanzielle Auswirkungen entstehen in den nächsten Haushaltsjahren zum einen, wenn Angehörige künftig ihr bestehendes Erd-Wahlgrab im Fall einer erneuten Beisetzung als (kostengünstigeres) Urnen-Wahlgrab weiternutzen. Damit sind Mindereinnahmen bei den Friedhofsgebühren verbunden. Zum anderen würden der Stadt zusätzliche Kosten entstehen, wenn sich Nutzungsberechtigte eines Erd-Wahlgrabes dazu entscheiden, weitere Sargbestattungen alternativ auf einem anderen Friedhof durchführen zu lassen, einschließlich der Umbettung der bisherigen Beisetzungen vom Stadtteilfriedhof Badenstedt (Neu) in die neue Grabstätte auf Kosten der Stadt.

Die Verwaltung kann die Zahl der theoretisch betroffenen Nutzungsberechtigten und den Zeitpunkt der Notwendigkeit einer erneuten Beisetzung in ihrer bestehenden Grabstätte auf dem Stadtteilfriedhof Badenstedt (Neu) nicht vorhersagen. Auch kann die Verwaltung die individuelle Entscheidung der einzelnen Nutzungsberechtigten nicht prognostizieren: Die Nutzungsberechtigten können die bestehende Grabstätte zukünftig als Urnen-Wahlgrabstätte mit Urnenbeisetzungen nutzen, eine Sargbestattung auf einem anderen städtischen Friedhof einschließlich Umbettung der bereits beigesetzten Särge und Urnen wählen oder die Grabstätte nach Ablauf der Nutzungszeiten zurückgeben. Hinzu kommt, dass die Höhe der für die Stadt anfallenden Kosten von der individuellen Gestaltung der bisherigen Grabstätte abhängig ist (in Bezug auf die Grabmalgestaltung - stehender Stein oder Liegeplatte - oder die gärtnerische Gestaltung für ein einstelliges oder zweistelliges Erd-Wahlgrab).

Aus diesem Grund können sowohl die Höhe als auch der Zeitpunkt der finanziellen Auswirkungen nur geschätzt werden.
Bei der nachfolgenden Schätzung wird angenommen, dass sich von derzeit insgesamt 563 Nutzungsberechtigten mit bestehenden Nutzungsrechten und Ruhezeiten für ein- und mehrstellige Erd-Wahlgräber knapp die Hälfte (250) dafür entscheiden, das bestehende Erd-Wahlgrab in ein 1,5-m²-Urnen-Wahlgrab umwandeln zu lassen und ca. 1/4 (140) eine Umbettung ihrer Grabstätte auf einen anderen Friedhof wünschen. Etwa ein Viertel würde ihre Grabstätte nicht weiter nutzen wollen und nach Ablauf der Nutzungszeit regulär an die Stadt zurückgeben.

Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen durch Umbettungen
Mit einer Umbettung sind Sach- und Dienstleistungen für das Entnehmen, Transportieren und Wiederbeisetzen der sterblichen Überreste und das Herrichten der neuen Grabstätte verbunden. Angenommen wird, dass über die Jahre ca. 140 Umbettungen durchgeführt werden sollen.
1) Für Leistungen eines Bestattungsunternehmens (Bereitstellen eines neuen Sarges für die Umbettung, Transport zum neuen Bestattungsort [gesetzlich vorgeschrieben]) bei geschätzten Kosten in Höhe von 1.500 € pro Grabstelle und in der Annahme, dass proportional gleich viele Nutzungsberechtigte von ein- und zweistelligen Grabstätten vom Umbettungsangebot Gebrauch machen würden (geschätzt 100 zweistellige Grabstätten, 40 einstellige Grabstätten = 140 = 1/4 der Nutzungsberechtigten):

100 x 2 x 1.500 € = 300.000 Euro
40 x 1.500 € = 60.000 Euro
Kosten Bestatter: 360.000 Euro
2) Für Leistungen eines Steinmetz-Unternehmens (Abnehmen des Grabmals, bei stehenden Steinen Fundamentieren am neuen Standort und Befestigen des Grabmals] bei geschätzten Kosten von 1.400 € pro Grabstätte und in der Annahme, dass ca. 2/3 der Nutzungsberechtigten (100 von 140), die eine Umbettung wünschen, das bisherige Grabmal am neuen Standort weiternutzen möchte.
Kosten Steinmetze:
100 x 1.400 € = 140.000 Euro

3) Für die Wiederherstellung des Grabbeetes, die durch städtisches Personal erfolgen würde, fallen Materialkosten je nach individueller Gestaltung des bestehenden Grabbeetes an (v.a. für Erde, Bodendecker, Wechselbepflanzung). Dabei wird die Schätzung unter 1) zugrunde gelegt, mit 100 zweistelligen Grabstätten und 40 einstelligen Grabstätten.

100 x ca. 140 € = 14.000 Euro (zweistelliges Erd-Wahlgrab)
40 x ca. 70 € = 2.800 Euro (einstelliges Erd-Wahlgrab)

Die Materialkosten für die Herrichtungen betragen ca. 16.800 Euro.

Gesamt-Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen 516.800 Euro

Ertragsausfälle durch Umwidmung in Urnenwahlgräber


Angenommen wird in diesem Rechenbeispiel, dass sich von ca. 560 Nutzungsberechtigten knapp die Hälfte (250) dafür entscheiden, die bestehende Grabstätte zu behalten und bei einem Wiedererwerb als kostengünstigere 1,5-m²-Urnen-Wahlgrabstätte weiter zu nutzen. Dadurch entstehen der Stadt Mindereinnahmen an Nutzungsrechten, denn Urnenwahlgräber sind günstiger als Erdwahlgräber.
Aktuell gibt es auf dem Stadtteilfriedhof Badenstedt (Neu) etwa 2/3 zweistellige Erd-Wahlgräber und 1/3 einstellige Erdwahlgräber. Davon ausgehend, dass 170 (2/3) dieser 250 Betroffenen ein zweistelliges Erd-Wahlgrab in ein 1,5-m²-Urnen-Wahlgrab umwandeln lassen und 80 (1/3) der Betroffenen ein einstelliges Erd-Wahlgrab in ein 1,5-m²-Urnen-Wahlgrab umwandeln lassen, ergibt sich folgende Rechnung:

170 x 4.078 = 693.260 Euro (Einnahmen bei zwei Erd-Wahlgrabstellen)
170 x 1.733 = 294.610 Euro (Einnahmen für ein 1,5-m²-Urnen-Wahlgab für 7 Urnen)

Mindereinnahmen bei zweistelligen Erd-Wahlgräbern = ca. 400.000 Euro.



80 x 2.039 = 163.120 (Einnahmen bei einer Erd-Wahlgrabstelle)
80 x 1.733 = 138.640 (Einnahmen für ein 1,5-m²-Urnen-Wahlgab für 7 Urnen)

Mindereinnahmen bei einstelligen Erd-Wahlgräbern = ca. 25.000 Euro.



Geschätzte Mindereinnahmen durch kostengünstigeren Wiedererwerb von Nutzungsrechten an Urnen-Wahlgräbern anstelle von Erd-Wahlgräbern in Höhe von ca. 425.000 Euro.

Gesamtkosten:

Aufwendungen: ca. 516.800 Euro
Ertragsausfälle: ca. 425.000 Euro

Gesamtkosten: ca. 941.800 Euro


Die Mittel für die geschätzten Aufwendungen sollen aus Haushaltsresten aus 2019 und ab 2020 sukzessive aus dem laufenden Etat in Form einer Rückstellung vorgehalten werden. Aus den Haushaltsresten aus 2019 sollen zunächst 100.000 Euro der Rückstellung zugeführt werden. Darüber hinaus sind keine zusätzlichen Mittel für den Haushalt vorgesehen. Durch die Ertragsausfälle ergibt sich über die Jahre ein höheres Defizit bei den Gebühreneinnahmen der städtischen Friedhöfe. Die Verwaltung geht aktuell von ca. 40.000 Euro Ertragsausfällen pro Jahr aus.

Rechtliche Auswirkungen
Die Friedhofssatzung enthält bisher nur die Möglichkeit der Schließung eines Friedhofs oder eines Friedhofsteils für jegliche Formen von Bestattungen, nicht aber das Schließen eines Friedhofs oder Friedhofsteils für bestimmte Bestattungs- oder Grabarten. Um die Umwandlung von Erd-Wahlgräbern zu Urnen-Wahlgräbern bzw. die Umbettung auf einen anderen Friedhof aus öffentlichem Interesse heraus und auf Kosten der Stadt zu legitimieren, bedarf es der Änderung des § 4 der Friedhofssatzung.

Für die Einschränkung des Angebotes für bestimmte Bestattungsarten einschließlich der zu schaffenden Alternativen ist folgende Neufassung des § 4 der Friedhofssatzung erforderlich:

§ 4 Schließung und Entwidmung
(1) Friedhöfe und Friedhofsteile können aus wichtigem öffentlichen Interesse geschlossen oder entwidmet werden.
(2) Durch Schließung (Außer-Dienst-Stellung) wird die Möglichkeit weiterer Beisetzungen im betroffenen Friedhof oder Friedhofsteil ausgeschlossen; die Schließung kann auch für einzelne Bestattungs- und Grabstättenarten erfolgen. Besteht die Absicht einer Schließung, so werden keine Nutzungsrechte mehr erteilt oder wiedererteilt.
Durch die Schließung werden bestehende Nutzungsrechte, die zum Zeitpunkt der Schließung nicht ausgeübt worden sind, nach Ablauf einer Übergangsfrist aufgehoben. Als Ersatz hierfür werden auf Antrag des*der Nutzungsberechtigten vergleichbare Nutzungsrechte auf einem anderen Friedhof oder Friedhofsteil bzw. Nutzungsrechte für andere Bestattungs- oder Grabarten auf demselben Friedhof eingeräumt. Werden vergleichbare Nutzungsrechte auf einem anderen Friedhof oder Friedhofsteil nach Satz 4 als Ersatz eingeräumt, sind auf Antrag des*der Nutzungsberechtigten die hierdurch betroffenen Verstorbenen in die neue Grabstätte umzubetten, ohne dass dem*der Nutzungsberechtigten durch das Umbetten, das Umsetzen der Grabmale und das Herrichten der neuen Grabstätte Kosten entstehen. Einzelheiten, insbesondere zu Übergangs- und Antragsfristen nach diesem Absatz 2, werden in einer Allgemeinverfügung geregelt.

(3) Durch Entwidmung verliert der Friedhof oder der Friedhofsteil seine Eigenschaft als öffentliche Bestattungseinrichtung. Die Entwidmung kann erst nach Ablauf aller Nutzungsrechte und Ruhefristen verfügt werden. Besteht die Absicht einer Entwidmung, so werden keine Nutzungsrechte mehr erteilt oder wiedererteilt.
(4) Die Absicht der Schließung, die Absicht der Entwidmung, die Schließung und die Entwidmung selbst sind jeweils öffentlich bekanntzumachen.

Mit Beschluss des Bezirksrates werden Erdbestattungen in Reihengräbern umgehend eingestellt. Der Verzicht auf Erdbestattungen in Wahlgräbern kann erst mit In-Kraft-Treten der Satzungsänderung nach Ratsbeschluss erfolgen, einschließlich der Regelung der Umsetzung der hierfür geschaffenen Alternativen in einer Allgemeinverfügung, die nach öffentlicher Bekanntmachung in Kraft treten wird.

67.4  Wächtler
Hannover / 27.02.2020