Informationsdrucksache Nr. 0467/2022:
Handlungskonzept Küchengarten Limmerstraße 2022

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0467/2022 (Originalvorlage)

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Inhalt der Drucksache:

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Landeshauptstadt HannoverInformationsdrucksache-ZeichenInformationsdrucksache
In den Stadtbezirksrat Linden-Limmer
In den Ausschuss für Haushalt, Finanzen, Rechnungsprüfung, Feuerwehr und öffentliche Ordnung
In den Stadtentwicklungs- und Bauausschuss
In den Kulturausschuss
In den Jugendhilfeausschuss
In den Ausschuss für Umweltschutz und Grünflächen
In den Betriebsausschuss für Stadtentwässerung
In den Gleichstellungsausschuss
 
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0467/2022
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Handlungskonzept Küchengarten Limmerstraße 2022

I. Ausgangslage

Der Küchengartenplatz und die Limmerstraße sind seit Jahren beliebte Treffpunkte für Heranwachsende und junge Erwachsene. Insbesondere in der wärmeren Jahreszeit und an den Wochenenden treffen sich dort regelmäßig mehrere hundert Personen bis tief in die Nacht. Anwohner*innenbeschwerden über Ruhestörungen und eine zunehmende Verschmutzung des öffentlichen Raums haben bereits in der Vergangenheit ordnungsbehördliche Interventionen erforderlich gemacht (u.a. Einrichtung eines privaten Sicherheitsdienstes, intensive Bestreifung durch den städtischen Ordnungsdienst). Im vergangenen Jahr hat sich der Bereich erneut zusätzlich zur Limmerstraße zu einem Hauptanlaufpunkt für Partypublikum entwickelt. Nicht zuletzt aufgrund der pandemiebedingten Schließung der lokalen Gastronomie und Veranstaltungsstätten hat die Inanspruchnahme des öffentlichen Raums als „Party-Location“ noch einmal deutlich zugenommen.



Im Herbst 2021 war ein deutlich anwachsendes Konfliktpotential hinsichtlich der Nutzungsarten zu konstatieren. Es handelt sich somit um eine zusätzliche Problemverschärfung. Ebenso haben sich die damit einhergehenden Konflikte und auch die subjektive und objektive Belastung der Anwohner*innen verschärft. Die Nutzer*innen des öffentlichen Raumes hinterließen dabei zunehmend Unrat, teilweise Sperrmüll und sogar gefährliche Abfälle in Form erheblichen Glasbruches. Es war daher notwendig, kurzfristig Maßnahmen zur Reduzierung der Belastungen zu entwickeln und diese so zu konzipieren, dass sie zum Frühjahr 2022 Wirkung entfalten können.

Die Verwaltung hat aufgrund der oben beschriebenen Situation eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe unter Einbeziehung der Polizei, der Region Hannover und des Kollektiv17 einberufen und ein Handlungskonzept erstellt, das ab Frühjahr 2022 umgesetzt wird.

Um eine Verbesserung der Situation zu erreichen, müssen die in der Arbeitsgruppe entwickelten einzelnen Maßnahmen ineinandergreifen und gleichzeitig Wirkung entfalten. Hierzu soll es während der Durchführungsphase weitere regelmäßige Termine mit der Polizei, den diversen Stadtverwaltungsstellen und weiteren externen Kooperationspartner*innen wie z. B. dem Kollektiv 17 geben.

Im Folgenden werden die einzelnen Maßnahmen kurz dargestellt.

II. Maßnahmen

Präsenz

· Gemeinsame Bestreifung des Ordnungsdienstes und der Polizei sowie abgestimmte Einsatzpläne

Bereits im Jahr 2017 hat die Stadtverwaltung eine Kooperationsvereinbarung mit der Polizeidirektion Hannover unterzeichnet (vgl. DS-Nr. 1611/2017). Das enge Zusammenwirken der Sicherheitspartner und die Präsenz sowie Erreichbarkeit der jeweiligen Institutionen bilden die zentrale Voraussetzung für die notwendige Arbeitseffektivität zur gemeinsamen Zielerfüllung. Durch eine frühzeitige gegenseitige Unterrichtung, ein abgestimmtes Vorgehen und eine intensive themenbezogene und situative Zusammenarbeit der Sicherheitspartner soll eine bessere Wirkung einzelner Maßnahmen erreicht werden. Im Rahmen eines niedrigschwelligen Einschreitens soll erkannten problematischen Entwicklungen im öffentlichen Raum bereits im Ansatz konsequent und angemessen mit abgestuften behördlichen Reaktionen begegnet werden.

Um ein abgestimmtes niedrigschwelliges Einschreiten auf dem Küchengarten und der Limmerstraße zu gewährleisten, haben die Polizei und der städtische Ordnungsdienst ihre Einsatzzeiten abgestimmt und werden eine gemeinsame Bestreifungen des Platzes und in den angrenzenden Bereichen an den Wochenenden durchführen.

· Ausweitung einer Bestreifung des städtischen Ordnungsdienstes bis 3.00 Uhr

Für den Küchengarten, die Limmerstraße und die angrenzenden Straßen und Wege sollen die Einsatzzeiten des Ordnungsdienstes im Rahmen eines Pilotversuchs von April bis Oktober 2022 in den Nächten von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag ausgeweitet werden. Dafür werden 4 Beschäftigte aus dem Ordnungsdienst bis 3.00 Uhr auf dem Küchengarten und den angrenzenden Bereichen gemeinsam mit der Polizei vor Ort sein.

· Erprobung von sog. Awareness-Scouts und Konfliktmanagement „LimmernLichter“ durch das Kollektiv 17

Mithilfe der „LimmernLichter“ sollen Personen aktiv auf Regeln und persönliche Einstellungen anderer angesprochen und sensibilisiert werden. Auch auf dem Küchengarten und der Limmerstraße treffen Menschen in unterschiedlichen Zusammenhängen und mit unterschiedlichen persönlichen Grenzen und Backgrounds aufeinander. Vorstellungen davon, wo bestimmte Grenzen im Umgang miteinander liegen oder liegen sollten, können stark abweichen. Hinzu kommt, dass durch Alkohol und andere berauschende Substanzen die Hemmschwellen verschwimmen oder sogar verschwinden. Es geht darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen und einen transparenten und respektvollen Umgang miteinander und füreinander zu ermöglichen und sexuell übergriffigem und diskriminierendem Verhalten entgegenzuwirken.

Erstmalig hat das Kollektiv 17 mit einem Gesamtkonzept „LimmernLabor“ auch den Ansatz der Awareness (i. S. der Achtsamkeit und Rücksichtnahme) und des Konfliktmanagements für die Limmerstraße und den Küchengarten aufgegriffen. Das Kollektiv 17 hat ein solches Konfliktmanagement für den Raum des Küchengartens und die Limmerstraße entwickelt. Ziel ist, dass eine Verbesserung der Situation im Öffentlichen Raum rund um den Küchengarten und die Limmerstraße eintritt. Dabei werden divers besetze Teams die Nutzer*innen der Orte von 21.00 Uhr bis 02.00 Uhr gezielt ansprechen und auf die Grenzen und Regeln der Nutzung des öffentlichen Raums aufmerksam machen. Außerdem werden sie vermittelnd zwischen den Anwohner*innen und den Nutzer*innen der Flächen einschreiten. Das Projekt soll von April bis Oktober 2022 durchgeführt und evaluiert werden.

Prävention

· Präsenz der Straßensozialarbeit und des gesetzlichen Jugendschutzes

Die Straßensozialarbeit des Fachbereichs Jugend und Familie wird regelmäßig präsent sein. Der gesetzliche Jugendschutz wird in den Abendstunden beim Verkauf von Alkohol Alterskontrollen an den Kiosken und Supermärkten des Einzugsgebietes durchführen. Sofern sich Kinderschutzfälle abzeichnen, wird im Einzelfall geprüft, in welcher Form eine Intervention erfolgt.

· Freiwilliger Alkoholverkaufsverzicht für Kioske und Supermärkte

Die Region Hannover nimmt Vollzugsaufgaben im so genannten anlagenbezogenen Immissionsschutz nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) wahr. Das BImSchG ermöglicht zum Anwohner*innenschutz in konkreten Einzelfällen ein ordnungsbehördliches Einschreiten bei einzelnen Anlagen wie Kiosken. Gegenüber fünf Kiosken hat die Region Hannover nächtliche Alkoholverkaufsverbote im Sommerhalbjahr angeordnet. Im nahen Supermarkt konnten sich die Feiernden aber weiterhin alkoholische Getränke besorgen und an den benannten Plätzen verzehren, so dass die zentrale Lärmquelle in den Abend- und Nachtstunden auf verhaltensbezogenen Lärm zurückzuführen war. Um eine gerechte Regelung für den Alkoholverkauf und nach Möglichkeit eine auf Freiwilligkeit basierende Regelung zu treffen, wird zu einem Austausch zwischen den Kioskbetreiber*innen und den Supermarktbetreiber*innen eingeladen.Das Ziel ist, zu sondieren, in wieweit sich ein Konsens für eine Beschränkung des Alkoholverkaufs entwickeln lässt.

Ein generelles Alkoholverkaufsverbot oder Alkoholverzehrverbot soll zum aktuellen Zeitpunkt nicht erlassen werden. Nach § 55 NPOG wäre ein Verzehrverbot bei regionaler Begrenzbarkeit möglich. Dieses könnte allenfalls eine ultima ratio für den Küchengartenplatz darstellen, falls sich die Lage in 2022 noch einmal mehr zuspitzt. Wobei damit zu rechnen ist, dass durch ein Alkoholverzehrverbot für den Küchengarten eine Verlagerung der Menschenansammlungen in den Stadtbezirk erfolgt.

Lärm

· Lärm-Routine

Der Informationsaustausch zu behördlichen Genehmigungen, Erlaubnissen, Auflagen etc. zwischen den berührten Fachbereichen von Stadt- und Regionsverwaltung wird intensiviert. Die Akten der Bauverwaltung können der Region Hannover auf deren Anfrage digital und zeitnah bereitgestellt werden. Die Akten der Bauverwaltung werden auf Anforderung an die Region gegeben. Außerdem werden unter Federführung des Stadtbezirksmanagements regelmäßige Jour-Fixe zu den Lärm-Lagen im Stadtbezirk stattfinden.

· Mobile Lautsprecherboxen

Die Stadtverwaltung hat eine mit der Polizeidirektion Hannover abgestimmte Handlungsanweisung zur Einziehung der Musikboxen bei störendem Lärm erarbeitet. Der Betrieb von Lautsprecherboxen, der Lärm erzeugt, der nach seiner Intensität und dem Gebietscharakter geeignet ist, die Nachtruhe anderer Personen zu stören, soll dadurch unterbunden werden. Die eingezogenen Musikboxen können gegen eine Verwaltungsgebühr im Fundbüro ausgelöst werden.

Sollte die Handlungsanweisung keine Verbesserung der Lärmsituation bewirken, wird zur Sicherstellung der Nachtruhe eine Allgemeinverfügung, mit der der Betrieb der Boxen in den Nachtstunden dort generell verboten wird, auf gefahrenabwehrrechtlicher Grundlage kurzfristig erlassen werden. Die Anzeigenaufnahme wegen unzulässigen Lärms ist unabhängig davon schon jetzt nach § 117 OwiG möglich.

Sauberkeit

· Aktionen von Stadtreinigung und Kollektiv 17

Die zunehmende Frequentierung und Nutzung des Küchengartens, der Limmerstraße sowie der angrenzenden Straßen führte zu einem verstärkten Abfallaufkommen und leider auch illegalem Müll, Glasbruch und Unrat auf den genannten Flächen. Gemeinsam mit dem Zweckverband Abfallwirtschaft der Region Hannover (aha) und dem Kollektiv 17 sollen Aktionen zur Sensibilisierung der Nutzer*innen erfolgen. So sollen im Frühjahr/ Sommer 2022 Bodenhinweise zu Abfallbehältern mit farblicher Gestaltung an den Littering Hot-Spots angebracht werden. Auch die Abfallbehälter selbst sollen mit lokalen Botschaften versehen werden. Weiterhin sollen an Brennpunkten mit besonders intensiver Fastfood-Müll-Verschmutzung beispielsweise spezielle Abfallbehälter für Pizza-Verpackungen ergänzt werden, um reguläre Abfallbehälter zu entlasten.

Um einen Glasbruch selbst beseitigen zu können, wird es lokale Vorhaltungen von Kehrgarnituren, sog. „Flexi-Careblech“, geben.

· Öffnungszeiten der Toilette auf dem Küchengarten

Ein häufiger Beschwerdegrund von Anwohner*innen ist das Urinieren vor und in Hauseingängen. Eine Verfolgung von Urinierenden ist selten möglich.

Eine fest installierte Toilette auf dem Küchengarten musste häufig aufgrund von Vandalismusschäden außer Betrieb genommen werden. Zuletzt war sie regelmäßig im Zeitraum von 08.00-22.00 Uhr geöffnet.

Um dem wilden Urinieren entgegen zu wirken, werden die Öffnungszeiten für die Toilette auf dem Küchengartenplatz am Wochenende auf 3 Uhr nachts ausgeweitet. Eine regelmäßige Inaugenscheinnahme in den Abendstunden durch die LimmernLichter sowie den Ordnungsdienst, soll sicherstellen, dass keine Menschen in den Toiletten lagern.

Sofern die Kapazitäten der festen Toilette nicht genügen, wird die Aufstellung temporärer Toiletten, die gegen das Umkippen gesichert sind, vorgesehen.

Alternative Orte

· Öffentlichen Raum gezielt für junge Menschen anbieten

Junge Menschen benötigen öffentlichen Raum als wesentlichen Lernort bei ihrer Sozialisation und Identitätsbildung. Im Jahr 2021 führten Ansammlungen von jungen, teils feiernden Menschen in Wohngebieten zu verschärften Konfliktlagen.

Kleine Clubs fürchten wiederum seit der Pandemie um ihre Existenz, da sie unter Einhaltung der Corona-Auflagen keinen wirtschaftlichen Betrieb sicherstellen können. Die Verwaltung prüft unter der Federführung des Fachbereichs Sport, Bäder und Eventmanagement, der Kulturverwaltung, der Grünflächenverwaltung zunächst im Stadtbezirk Linden Limmer Flächen, die gezielt für junge Menschen bereitgestellt werden könnten.

In Frage kommen nach ersten Abstimmungsgesprächen verschiedene Flächen im Stadtteil Linden-Nord und dessen näherem Umfeld (Anlage 1, markierte Punkte). Die vorgeschlagenen Orte sollen im Rahmen einer Jugendbeteiligung vor Ort breit diskutiert und geprüft werden sollen. Es ist sowohl eine Reduzierung als auch eine Ausweitung denkbar. Gegebenenfalls können Maßnahmen zur Erschließung der Flächen und weiterer Beteiligungen der zukünftigen Nutzer*innengruppen notwendig sein. Diese Maßnahme wird ihre Wirkung voraussichtlich nicht zum April 2022 entfalten können.

Einstellung der Bewerbung des „Limmern“

Die Hannover Tourismus und Marketing GmbH wird im Jahr 2022 keine offensive Bewerbung des „Limmerns“ auf der Limmerstraße durchführen.

Berücksichtigung von Gender-Aspekten

Der Sozialraum Küchengarten, Limmerstraße sowie die angrenzenden Bereiche werden von verschiedenen Menschengruppen genutzt. Um möglichst viele Nutzer*innenperspektiven widerzuspiegeln und auf deren Bedürfnisse und Sichtweisen einzugehen, umfasst das Handlungskonzept ein Maßnahmenbündel mit vielfältigen Handlungsansätzen die z.B. Themen wie sexualisierte Gewalt beinhalten aber auch Anwohner*inneninteressen und ihre Bedürfnisse schützen.

Kostentabelle

Die Finanzierung der Maßnahmen erfolgt im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel.

Dez. II 
Hannover / 14.02.2022